Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2007, Az. IX ZB 229/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 443

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[X.] [X.] 229/06 vom 6. Dezember 2007 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 91 Abs. 2, § 203; BGB § 878 Die Anordnung der [X.] wegen eines versehentlich nicht ver-werteten Grundstücks ist unzulässig, wenn vor der Anordnung die Auflassung erklärt und der Antrag auf Eintragung beim Grundbuchamt vom Erwerber oder vom Notar für diesen gestellt worden war. [X.], [X.]uss vom 6. Dezember 2007 - [X.] 229/06 - AG [X.]

LG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] am 6. Dezember 2007 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der [X.]uss der 2. Zivilkammer des [X.]s [X.] vom 7. November 2006 aufgehoben. [X.] wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Verfahrens der Rechtsbeschwerde - an das [X.] zu-rückverwiesen. Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 5.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Am 5. Juli 2004 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Der weitere Beteiligte wurde zum Insolvenzverwalter be-stellt. Mit [X.]üssen vom 6. März 2006 wurden das Insolvenzverfahren auf-gehoben, Restschuldbefreiung angekündigt und der weitere Beteiligte zum Treuhänder für die Wohlverhaltensperiode bestellt. Unter dem 7. März 2006 bat 1 - 3 - das Insolvenzgericht den weiteren Beteiligten um Stellungnahme dazu, warum [X.] Grundbesitz des Schuldners nicht verwertet worden sei. Am 5. Juli 2006 beantragte der weitere Beteiligte die Anordnung der [X.] hinsichtlich der im Grundbuch von [X.]

auf Blatt 3208, lfd. [X.]. 1 und 2, und im Grundbuch von [X.]auf Blatt 1435, lfd. [X.], eingetragenen [X.]. Mit [X.]uss vom 5. Juli 2006, 11.15 Uhr, hat das Insolvenzgericht hin-sichtlich der genannten Grundstücke die [X.] und den erneuten Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den weiteren Beteilig-ten angeordnet. Wegen der im Grundbuch von [X.] eingetragenen Grundstücke hat der Schuldner sofortige Beschwerde eingelegt und vorgetra-gen, er habe diese Grundstücke mit notariellem Vertrag vom 28. Januar 2001 - also vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens - verkauft und an die Käuferin

[X.]

aufgelassen. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens, am 5. Juli 2006 um 10.00 Uhr, sei der Antrag auf Eintragung der Käuferin in das Grundbuch beim Grundbuchamt abgegeben worden. Die sofortige Beschwerde ist zurückgewiesen worden. Mit seiner Rechtsbeschwerde will der Schuldner weiterhin die Aufhebung der Anordnung der [X.] hinsichtlich der im Grundbuch von [X.] eingetragenen Grundstücke erreichen. 2 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist nach § 204 Abs. 2 Satz 2, §§ 6, 7 [X.], § 574 Abs. 1 [X.] ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 1, § 575 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur [X.] an das [X.]. 3 - 4 - 1. Nach Ansicht des [X.] sind die Voraussetzungen der Anordnung einer [X.] gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 [X.] erfüllt. Aus welchem Grunde der weitere Beteiligte die Grundstücke nicht verwertet habe, sei unerheblich. Entscheidend sei allein, dass die Grundstücke im alleini-gen Eigentum des Schuldners stünden und damit zur Masse gehörten. Die [X.] und der Eintragungsantrag änderten daran nichts; denn die Käuferin sei noch nicht als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden. Auch die Vorschrift des § 878 BGB stehe nicht entgegen. 4 2. Diese Ausführungen sind in einem wesentlichen Punkt unvollständig. 5 a) Gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 [X.] wird die [X.] auf [X.] oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen angeordnet, wenn Gegenstände der Masse ermittelt werden. Hierbei geht es einerseits um Gegenstände, deren Existenz oder Aufenthaltsort dem Verwalter unbekannt geblieben sind, etwa weil sie ihm verheimlicht wurden. Die Vorschrift erfasst aber auch Gegenstände, die der Verwalter zunächst nicht für verwertbar hielt und deswegen nicht zur Masse gezogen hat (vgl. [X.], [X.]. v. 1. Dezember 2005 - [X.] 17/04, [X.], 180 f). Aus welchem Grunde im vorliegenden Fall die Verwertung unterblieben ist, haben die Vorinstanzen nicht festgestellt, spielt im Ergebnis aber auch keine Rolle. Zur Masse gehörende, vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht verwertete Gegenstände sind gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 [X.] der [X.] zuzuführen, selbst wenn die Verwertung nur aufgrund einer Nachlässigkeit des Verwalters unter-blieben ist. 6 - 5 - b) Die Grundstücke standen während des Insolvenzverfahrens und ste-hen auch jetzt noch im Eigentum des Schuldners. Sie gehören deshalb zur Masse i.S.v. § 203 Abs. 1 Nr. 3 [X.]. Der nach Darstellung des Schuldners am 5. Juli 2006 um 10.00 Uhr - also vor Anordnung der [X.] am 5. Juli 2006 um 11.15 Uhr - beim Grundbuchamt eingegangene Antrag auf Ein-tragung der Käuferin als Grundstückseigentümerin ändert daran nichts. Zwar endete der [X.] mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Der Schuldner erhielt die volle Verfügungsbefugnis über sein Vermögen zurück (vgl. [X.], Urt. v. 22. Februar 1973 - [X.], NJW 1973, 1198, 1199; [X.] 1972, 265, 266). Er war daher auch rechtlich in der Lage, der [X.] das Grundstück zu übereignen. Seine Verfügungsbefugnis endete erst [X.] mit der Anordnung der [X.] (vgl. [X.], Urt. v. 22. Februar 1973, aaO; [X.], aaO). Das Eigentum an Grundstücken geht jedoch ge-mäß §§ 873, 925 BGB erst mit der Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch auf den Erwerber über. Bislang ist die Käuferin nicht als Eigentüme-rin eingetragen worden. 7 c) Die Anordnung der [X.] ist jedoch dann gemäß § 203 Abs. 3 [X.] unzulässig, wenn der weitere Beteiligte den Eigentumserwerb im Hinblick auf § 91 Abs. 2 [X.], § 878 BGB nicht verhindern kann. 8 aa) Gemäß § 203 Abs. 3 [X.] kann das Gericht von der Anordnung der [X.] absehen und den ermittelten Gegenstand dem Schuldner überlassen, wenn dies mit Rücksicht auf den geringen Wert des Gegenstandes und die Kosten einer [X.] angemessen erscheint. Diese Vor-schrift ist in die [X.] aufgenommen worden, um den Bedürfnissen in der Praxis entgegenzukommen (BT-Drucks. 12/2443, [X.]). Der zu erwar-tende Ertrag der nachträglichen Verwertung muss den zu erwartenden Kosten 9 - 6 - der Verwertung einschließlich der Verwaltervergütung (vgl. § 6 Abs. 1 InsVV) und der Veröffentlichungs- und Zustellkosten des Gerichts (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], § 203 Rn. 27) gegenübergestellt werden. Übersteigen die Kosten den Ertrag, hat die Verwertung zu unterbleiben. Dadurch soll eine unnötige Verschleuderung des [X.] verhindert werden ([X.]/[X.], [X.] § 203 Rn. 16). [X.]) Nach § 91 Abs. 2 [X.], § 878 BGB kann die Käuferin trotz des [X.] und trotz der Anordnung der [X.] Eigentümerin der jetzt noch dem Schuldner gehörenden Grundstücke werden, wenn die [X.] erklärt und der Antrag auf Eintragung bei dem Grundbuchamt gestellt worden war. Kann der weitere Beteiligte im vorliegenden Fall den [X.] auf die Käuferin nicht mehr verhindern, ist die dem Schuldner verblie-bene Rechtsposition wertlos. Ein Ertrag, welcher an die Gläubiger ausgekehrt werden könnte, ist dann nicht zu erwarten. Vielmehr würden nur zusätzliche Kosten entstehen, ohne dass die Gläubiger davon irgendeinen Vorteil hätten. Sind also Auflassung und Eintragungsantrag zu einem Zeitpunkt erfolgt, als der Schuldner verfügungsbefugt war, und kann der Eintragungsantrag auch nicht mehr vom - jetzt wieder verfügungsbefugten - weiteren Beteiligten zurückge-nommen werden (vgl. [X.], Urt. v. 9. Januar 1997 - [X.] ZR 47/96, [X.], 436, 437), ist eine [X.] wirtschaftlich sinnlos und hat daher zu unterbleiben. Sind diese Voraussetzungen hingegen nicht erfüllt, ist insbeson-dere der Eintragungsantrag vom Schuldner allein gestellt worden, kann der wei-tere Beteiligte nach Rücknahme des Eintragungsantrags (vgl. dazu [X.], Z[X.] 2002, 954, 955) nach § 103 Abs. 1 [X.] vorgehen und die Grundstücke anderweitig verwerten. Feststellungen dazu, ob und wann die Auflassung er-klärt und wann und von wem der Eintragungsantrag gestellt worden ist, haben die Vorinstanzen nicht getroffen. 10 - 7 - II[X.] Der angefochtene [X.]uss kann folglich keinen Bestand haben. Er wird aufgehoben; die Sache wird an das Beschwerdegericht zurückverwiesen, das die erforderlichen Feststellungen zum Wert der dem Schuldner verbliebe-nen Eigentumsposition einerseits, zu den Kosten der [X.] ande-rerseits nachzuholen haben wird (§ 577 Abs. 4 ZPO). 11 [X.] [X.] Kayser [X.] [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 05.07.2006 - 14 IN 155/04 - LG [X.], Entscheidung vom 07.11.2006 - 2 [X.] -

Meta

IX ZB 229/06

06.12.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2007, Az. IX ZB 229/06 (REWIS RS 2007, 443)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 443

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