Bundessozialgericht, Urteil vom 23.02.2021, Az. B 12 KR 32/19 R

12. Senat | REWIS RS 2021, 8497

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Kranken- und Pflegeversicherung - Beitragspflicht von überobligatorischen Anteilen einer schweizerischen Pensionskassenleistung


Leitsatz

Überobligatorische Anteile einer schweizerischen Pensionskassenleistung unterliegen als mit einer deutschen Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder der betrieblichen Altersversorgung vergleichbare Einnahmen der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 28. Juni 2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob (auch) die überobligatorischen Anteile der vom Kläger bezogenen Leistungen einer [X.] Pensionskasse bei der Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) und [X.] Pflegeversicherung ([X.]) zugrunde zu legen sind.

2

Der Kläger bezieht neben seiner Rente aus der [X.] gesetzlichen [X.] ([X.]) seit 1.7.2012 monatliche Renten aus der [X.] Ausgleichskasse ([X.]) und aus der Pensionskasse der [X.] (im Folgenden: [X.]), einer nach dem [X.] [X.] über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (<[X.]> vom 25.6.1982, Bundesblatt der [X.] II 385) ins Handelsregister eingetragenen Stiftung zur Vorsorge für die Arbeitnehmer der [X.]. Er ist im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner versicherungspflichtiges Mitglied der zu 1. beklagten Krankenkasse (im Folgenden: Beklagte) und der zu 2. beklagten Pflegekasse. Mit Bescheid vom 1.8.2012 setzte die Beklagte Beiträge zur [X.] und - im Namen der Beklagen zu 2. - zur [X.] auch auf die nach Abzug der Renten der [X.] und der [X.] von der Beitragsbemessungsgrenze verbleibenden Leistungen der Pensionskasse für die [X.] fest. Dabei legte sie den für Versorgungsbezüge geltenden allgemeinen Beitragssatz zugrunde. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 10.4.2013).

3

Im Laufe des Klageverfahrens hat die Beklagte die Beiträge auf der Grundlage des für einen Rentenbezug maßgebenden hälftigen allgemeinen Beitragssatzes (zeitweise nebst eines [X.]) rückwirkend für die [X.] (Bescheid vom [X.]) sowie ab 1.1.2018 (Bescheid vom 22.12.2017) neu festgesetzt.

4

Die vom Kläger aufrecht erhaltene Klage mit dem Begehren, die auf überobligatorischen Anteilen beruhenden Leistungen der Pensionskasse der [X.] nicht zu verbeitragen, hat das [X.] abgewiesen (Urteil vom [X.]). Nachdem die Beiträge zur [X.] und [X.] für die [X.] ab 1.1.2019 neu festgesetzt worden waren (Bescheid vom 15.12.2018), hat das [X.] die Berufung zurück- und die Klage abgewiesen. Die vom Kläger bezogene Leistung der Pensionskasse der [X.] sei insgesamt eine der Rente aus der [X.] vergleichbare Rente aus dem Ausland gemäß § 228 Abs 1 Satz 2 SGB V. Sie sei als Altersrente bezeichnet, beruhe auf der sogenannten [X.] der [X.] Altersversorgung nach den Regelungen des [X.] und werde von einem Träger einer gesetzlich angeordneten obligatorischen Versicherung erbracht. Dabei sei nicht zwischen obligatorischen und überobligatorischen Leistungen zu unterscheiden, die jeweils eine öffentliche Aufgabe erfüllten. Wäre der überobligatorische Teil der Leistung keine Rente iS von § 228 Abs 1 Satz 2 SGB V, würde jedenfalls ein Versorgungsbezug iS von § 229 Abs 1 Satz 1 [X.] vorliegen, auf den nach § 248 Satz 1 SGB V der volle Beitragssatz zu erheben sei (Urteil vom 28.6.2019).

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 228 Abs 1 Satz 2 SGB V. Der überobligatorische Teil der Pensionskassenleistung stelle eine private gewillkürte Altersvorsorge dar, die nicht der Beitragspflicht unterliege. Bei seinem ehemaligen Arbeitgeber gebe es zwei Pensionskassen mit voneinander abweichenden Versorgungsordnungen (Reglements), die Einkünfte mit unterschiedlichen Beitragssätzen versicherten. Nur das [X.] nehme ausdrücklich Bezug auf das [X.] und verwende den Begriff der "[X.]". Demgegenüber spreche das [X.] von einer "Kapitalversicherung", sodass das in der Pensionskasse 2 versicherte Überobligatorium einer Kapitallebensversicherung mit Rentenwahlrecht entspreche. Rechtsgrundlage der überobligatorischen Leistungen sei nicht das [X.], sondern allein der Arbeitsvertrag, nach dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils Beiträge aufzubringen hätten. Diese seien steuerrechtlich nicht begünstigt. Die Gleichsetzung von Obligatorium und Überobligatorium verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art 3 GG.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des [X.] vom 28. Juni 2019 und des [X.] vom 29. März 2018 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 29. Juni 2017, 22. Dezember 2017 und 15. Dezember 2018 insoweit aufzuheben, als Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und [X.] Pflegeversicherung auf die überobligatorischen Anteile der Leistungen der Pensionskasse der [X.] Nutritional Products [X.] erhoben werden.

7

Die Beklagten beantragen,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Sie halten das angefochtene Urteil des [X.] für rechtsfehlerfrei. Im Handelsregister sei lediglich eine Pensionskasse der [X.] eingetragen, die für obligatorische und überobligatorische Leistungen zuständig sei.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Leistungen der Pensionskasse der [X.] sind bis zum Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze in der [X.] und [X.] auch insoweit beitragspflichtig, als sie auf überobligatorischen Anteilen beruhen.

Zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, dass der Bescheid der Beklagten vom [X.] die vorhergehenden Bescheide ersetzt hat und die Beitragsfestsetzung in diesem ebenso wie im Beitragsbescheid vom 22.12.2017 nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens und die weitere Beitragsfestsetzung im Bescheid vom 15.12.2018 nach § 153 Abs 1, § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist.

Nach § 223 Abs 2 Satz 1, Abs 3 [X.] (idF des [X.] der Beitragssätze in der [X.] und in der [X.] vom [X.], [X.]) werden die Beiträge zur [X.] nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bis zur Beitragsbemessungsgrenze bemessen. Bei versicherungspflichtigen Rentnern (vgl § 5 Abs 1 [X.] idF des [X.] des [X.] in der [X.] <[X.]-[X.]stärkungsgesetz - [X.]-WSG> vom [X.], [X.]) werden nach § 237 [X.] (idF des [X.] vom 20.12.1988, [X.] 2477) der Beitragsbemessung in der [X.] der Zahlbetrag der Rente der [X.], der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen und das Arbeitseinkommen zugrunde gelegt (Satz 1); dabei gelten § 228 [X.] (Rente als beitragspflichtige Einnahmen) und § 229 [X.] (Versorgungsbezüge als beitragspflichtige Einnahmen) entsprechend (Satz 2; seit 1.1.2017 Satz 4 idF des [X.] und Anwendungen im Gesundheitswesen sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 21.12.2015, [X.] 2408). Auch die Beiträge zur [X.] werden nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bis zur Beitragsbemessungsgrenze erhoben (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGB XI). Insoweit gelten für die Beitragsbemessung bei Mitgliedern, die in der [X.] pflichtversichert sind, ebenfalls §§ 228, 229 [X.] (§ 57 Abs 1 Satz 1 SGB XI, insoweit unverändert seit Einführung der Pflegeversicherung durch das Gesetz zur [X.] Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit vom [X.], [X.] 1014).

Der [X.] lässt offen, ob danach überobligatorische Leistungen der Pensionskasse der [X.] beitragspflichtig sind, weil sie einer [X.] Rente der [X.] (hierzu 1.) oder [X.] Versorgungsbezügen der betrieblichen Altersversorgung (hierzu 2.) vergleichbar sind. Jedenfalls scheidet eine beitragsfreie rein private Altersvorsorge aus (hierzu 3.). Die steuerrechtliche Beurteilung ist für das Beitragsrecht der [X.] und [X.] unerheblich (hierzu 4.). Der Kläger hat Beiträge zumindest nach dem von der Beklagten festgesetzten Beitragssatz zu zahlen (hierzu 5.).

1. Als Rente der [X.] gelten gemäß § 228 Abs 1 Satz 1 [X.] (idF des [X.] in der [X.] vom 9.12.2004, [X.] 3242) Renten der allgemeinen Rentenversicherung sowie Renten der knappschaftlichen Rentenversicherung einschließlich der Steigerungsbeträge aus Beiträgen der Höherversicherung. Dies gilt nach § 228 Abs 1 Satz 2 [X.] (eingefügt mit Wirkung zum 1.7.2011 durch das Gesetz zur Koordinierung der Systeme der [X.] Sicherheit in [X.] und zur Änderung anderer Gesetze vom 22.6.2011, [X.] 1202) auch, wenn vergleichbare Renten aus dem Ausland bezogen werden. Zu den Kriterien für eine Vergleichbarkeit ausländischer Sozialleistungen mit [X.] Rentenleistungen kann inzwischen auf eine gefestigte Rechtsprechung verschiedener [X.]e des [X.] zurückgegriffen werden. Danach ist im Kontext der Vergleichbarkeit von Altersrenten eine rechtsvergleichende Qualifizierung von Funktion und Struktur der bezogenen Sozialleistung geboten. Da eine völlige Identität der Leistungsmerkmale in- und ausländischer Renten kaum denkbar ist, liegt Vergleichbarkeit vor, wenn die ausländische Leistung in ihrem "Kerngehalt" den anhand der [X.] der nationalen Norm bemessenen typischen Merkmalen der inländischen Leistung entspricht, dh nach Motivation und Funktion gleichwertig ist. Vergleichbarkeit mit einer [X.] Altersrente kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die ausländische Leistung an das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze anknüpft und [X.] nach einer im Allgemeinen den Lebensunterhalt sicherstellenden Gesamtkonzeption darstellt (vgl [X.] Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 22/14 R - [X.] 4-2500 § 228 [X.] Rd[X.]1 ff, 40 ; [X.] Urteil vom 18.12.2008 - [X.] [X.] 32/07 R - [X.]E 102, 211 = [X.] 4-4300 § 142 [X.], Rd[X.]2, 14 und [X.] Urteil vom 21.7.2009 - [X.]/7a [X.] 36/07 R - juris Rd[X.]3 § 142 SGB III aF>; [X.] Urteil vom [X.] - B 3 KR 15/18 R - [X.]E 128, 179 = [X.] 4-2500 § 50 [X.], Rd[X.]8 ff § 50 [X.]>; [X.] Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 105/11 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]0 Rd[X.] 24 ff und [X.] Urteil vom 7.12.2017 - [X.] [X.]/17 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.] Rd[X.]5 mwN § 7 Abs 4 SGB II>).

Der erkennende [X.] hat bereits entschieden, dass es sich bei den als Zweite Säule der [X.] Altersvorsorge bezeichneten Leistungen einer [X.] Pensionskasse, die auf den Regelungen des [X.] beruhen, um "vergleichbare Renten aus dem Ausland" iS von § 228 Abs 1 Satz 2 [X.] handelt ([X.] Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 22/14 R - [X.] 4-2500 § 228 [X.]). Er hält daran auch für überobligatorische Leistungsanteile fest. Damit kann dahinstehen, in welchem Umfang die Leistungen der Pensionskasse der [X.] überobligatorischer Natur sind.

Überobligatorische Leistungsanteile der Pensionskasse der [X.] entsprechen - ebenso wie die obligatorischen Leistungsanteile - den maßgeblichen Kriterien einer [X.] Altersrente. Sie knüpfen an das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze an und dienen als [X.] der Sicherung des Lebensunterhalts im Alter oder bei Erwerbsunfähigkeit. Dies hat das [X.] auf der Grundlage der Auslegung des [X.] [X.] sowie des Reglements der Pensionskasse der [X.] festgestellt. Die zum ausländischen Recht getroffenen Feststellungen des [X.], die darauf beruhende Rechtsauslegung und die daraus für das ausländische Recht gezogenen Schlussfolgerungen sind der Entscheidung über die Revision grundsätzlich unverändert zugrunde zu legen, weil es sich insoweit nicht um revisibles Recht iS des § 162 SGG handelt ([X.] Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 22/14 R - [X.] 4-2500 § 228 [X.] Rd[X.]9 mwN).

Dem Altersversorgungszweck steht insbesondere nicht entgegen, dass nach den bindenden Feststellungen des [X.] die Regelungen des [X.] und des Reglements der Pensionskasse der [X.] [X.]möglichkeiten zur Finanzierung von Wohneigentum oder als Freizügigkeitsleistung bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl hierzu [X.] vom 26.11.2014 - [X.]/10 - [X.], 22 = [X.], 657 = juris Rd[X.] 62 f) vorsehen. Dadurch wird der zentrale Zweck der Leistungen, den Lebensunterhalt im Alter zu sichern und vor den Risiken des Todes und der Invalidität zu schützen, nicht in Frage gestellt. Das zeigt sich schon daran, dass solche [X.]möglichkeiten nach den ebenfalls nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des [X.] für die obligatorischen und die überobligatorischen Leistungen in gleicher Weise bestehen. Zudem macht die Zweckbindung des [X.] zur Finanzierung des Erwerbs von Wohneigentum oder zur Gewährleistung von Freizügigkeit deutlich, dass der Zeitpunkt der Auszahlung der Leistung nicht frei wählbar ist. Vielmehr bleibt es dabei, dass die Auszahlung regelmäßig an das Erreichen der Altersgrenze oder das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gebunden ist. Hinzu kommt, dass der Erwerb von Wohneigentum ebenfalls im Regelfall einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung des Lebensstandards im Ruhestand zu leisten vermag, der Altersversorgungszweck also nicht vereitelt, sondern lediglich auf andere Weise umgesetzt wird.

Die Vergleichbarkeit wird dadurch untermauert, dass die [X.] Pensionskassen nach dem einschlägigen über- und zwischenstaatlichen Recht als "Sozialversicherungsträger" in Bezug auf Invalidität, Alter sowie Tod gelten und danach Rentenleistungen grundsätzlich der [X.] gesetzlichen Rente gleichgestellt sind (vgl [X.] Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 22/14 R - [X.] 4-2500 § 228 [X.] Rd[X.] 53). Das Abkommen vom [X.] zwischen der [X.] und ihren Mitgliedstaaten einerseits sowie der [X.] andererseits über die Freizügigkeit ([X.]I 2001, 810; im Folgenden: [X.]) regelt die Anwendbarkeit [X.] in der [X.]. Danach sind die Vertragsparteien verpflichtet, ihre Systeme der [X.] Sicherheit gemäß [X.] zu koordinieren (Art 8 [X.]). Sie wenden nach [X.] Art 1 iVm Abschn A [X.] [X.] die Verordnung ([X.]) [X.]/2004 des [X.] und des Rates vom [X.] zur Koordinierung der Systeme der [X.] Sicherheit ([X.] 884/2004 - [X.]) mit im Einzelnen aufgeführten, die [X.]änge des [X.] betreffende Anpassungen an. Nach Art 3 Abs 1 [X.] 883/2004 gilt diese Verordnung für alle Rechtsvorschriften über Zweige der [X.] Sicherheit, die ua Leistungen bei Invalidität oder Alter sowie an Hinterbliebene betreffen. Im [X.] Abschn A [X.] über die in Bezug genommenen Rechtsakte werden unter den im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit der [X.] 883/2004 genannten Anpassungen ua die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenrenten des gesetzlichen Systems der beruflichen Vorsorge ([X.]) genannt. Altersleistungen einer [X.] Pensionskasse, der der letzte Arbeitgeber angeschlossen war, sind Leistungen bei Alter iS des Art 3 Abs 1 Buchst d) [X.] 883/2004. Die [X.] 883/2004 hat die Verordnung ([X.]) [X.]408/71 des Rates vom 14.6.1971 über die Anwendung der Systeme der [X.] Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der [X.] zu- und abwandern ([X.]V 1408/71 - [X.]) zum [X.] abgelöst, aktualisiert und vereinfacht (in der [X.] ab 1.4.2012 Beschluss [X.]/2012 des [X.] vom 31.3.2012 - ABl EU L 103/51 vom 13.4.2012). Dabei entspricht Art 3 Abs 1 [X.] 883/2004 der Vorschrift des Art 4 Abs 1 [X.]V 1408/71. Hierzu hat der [X.] bereits entschieden, dass Leistungen bei Alter und an Hinterbliebene aus dem Ausland iS des Art 4 Abs 1 Buchst b) oder c) [X.]V 1408/71 ihrer Art nach Renten darstellen (zur Rechtslage vor dem 1.7.2011: [X.] Urteil vom 30.3.1995 - 12 RK 45/93 - [X.] 3-2500 § 229 [X.] 9). Daran hält der [X.] unter Geltung des Art 3 Abs 1 [X.] 883/2004 fest.

Zudem ist nach den Feststellungen des [X.] die als Vorsorgeeinrichtung registrierte Pensionskasse der [X.] nach dem [X.] organisiert, finanziert und verwaltet. Da sie verpflichtet ist, mindestens die Leistungen gemäß dem [X.] zu erbringen, gewährt sie die nach dem [X.] obligatorischen Leistungen - vergleichbar einem [X.] Rentenversicherungsträger - als öffentlich-rechtliche Pflichtleistungen. Soweit zusätzlich überobligatorische Leistungen ausgekehrt werden, für die in der Ansparphase keine gesetzliche Verpflichtung bestand, steht dies einer Vergleichbarkeit mit einer Rente der [X.] nicht von vorneherein und zwangsläufig entgegen. Auch die nach § 228 Abs 1 Satz 1 [X.] beitragspflichtigen Renten der [X.] [X.] beruhen gegebenenfalls auf einer freiwilligen Versicherung nach § 7 [X.]I und/oder Steigerungsbeträgen aus Beiträgen der Höherversicherung (§ 234 [X.]I in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung).

2. Für die Beitragsbemessung zur [X.] und [X.] differenziert das [X.] Recht allerdings zwischen Renten der [X.] und Renten der betrieblichen Altersversorgung.

Die Beiträge zur [X.] und [X.] bemessen sich nach dem Zahlbetrag sowohl einer Rente der [X.] als auch einer der Rente vergleichbaren Einnahme 237 Satz 1 [X.] und 2 [X.]). Nach § 229 Abs 1 Satz 1 [X.] 5 [X.] gelten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge), soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. Das gilt nach Satz 2 der Vorschrift auch, wenn Leistungen dieser Art aus dem Ausland oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung bezogen werden. Unterscheidet das [X.] Recht damit zwischen Renten der [X.] und mit solchen Renten vergleichbaren Einnahmen und wird zudem für die jeweils entsprechende ausländische Leistung die Beitragspflicht angeordnet, sind bei der Gegenüberstellung in- und ausländischer Leistungen über den Altersversorgungszweck hinaus diejenigen Merkmale in den Blick zu nehmen, die einerseits für Renten der [X.] und andererseits für eine damit vergleichbare Einnahme gerade typisch sind. Ein ausländisches System der [X.] Sicherheit wird dann als "gesetzliche Rentenversicherung" angesehen, wenn es auf öffentlich-rechtlicher Pflichtzugehörigkeit beruht, wiederkehrende Leistungen für den Fall der Erwerbsminderung, des Alters und des Todes vorsieht und kein reines Zusatzversorgungssystem darstellt ([X.] Urteil vom 6.2.1991 - 13/5 RJ 16/89 - [X.] 3-2400 § 18a [X.] S 3). Bei der betrieblichen Altersversorgung handelt es sich hingegen typischerweise um ein Zusatzsystem. Sie steht im [X.] Recht als sog "Zweite Säule" neben den gesetzlichen Versorgungssystemen ([X.] oder berufsständische Versorgung <"Erste Säule">) und den privaten Versorgungen. Ihre finanziellen Leistungen beruhen weder auf einer öffentlich-rechtlichen Pflichtmitgliedschaft noch auf einer rein privat organisierten Versicherungsform. Vielmehr steht die Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem der betrieblichen Altersversorgung im Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit.

Ausländische Renten sind mit einer [X.] Rente der betrieblichen Altersversorgung iS von § 229 Abs 1 Satz 1 [X.] 5, Satz 2 [X.] vergleichbar, wenn sie nicht auf einer öffentlich-rechtlichen Pflichtzugehörigkeit, sondern auf einer vom Arbeitgeber aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses nach Maßgabe einer einzel- oder kollektivvertraglichen Grundlage (mit-)organisierten Altersversorgung beruhen und daher in einem hinreichenden Zusammenhang zu einer Erwerbstätigkeit stehen. Werden sie von demselben Träger oder derselben Kasse ohne gesetzliche Verpflichtung zusätzlich nebst öffentlich-rechtlichen Pflichtleistungen erbracht, müssen sich die jeweiligen Leistungsanteile zudem organisatorisch/institutionell und rechnerisch hinreichend deutlich voneinander abgrenzen lassen. Denn nur wenn aufgrund des eigenständigen Charakters solcher überobligatorischen Leistungen keine einheitliche, dem System der [X.] zuzuordnende Leistung vorliegt, ist eine gesonderte Zuordnung der überobligatorischen Leistungsanteile zum System der betrieblichen Altersversorgung verfassungsrechtlich gerechtfertigt (vgl [X.] Nichtannahmebeschluss vom 6.9.2010 - 1 BvR 739/08 - [X.] 4-2500 § 229 [X.]0 Rd[X.]2 f mwN) und nach zwischenstaatlichem Recht zulässig (Art 5 [X.] 883/2004 iVm Art 8 und [X.] FreizügigkAbk CHE).

3. Die überobligatorischen Leistungen der Pensionskasse der [X.] bleiben unabhängig davon nicht beitragsfrei, ob sie einer [X.] Rente der [X.] oder der betrieblichen Altersversorgung zuzuordnen sind. Daher bedurfte es keiner Klärung, in welcher Höhe der Kläger überobligatorische Leistungsanteile tatsächlich bezieht.

Die Beitragsfreiheit ergibt sich nicht bereits aus der zum 1.1.2018 eingeführten Vorschrift des § 229 Abs 1 Satz 1 [X.] 5 Halbsatz 2 [X.] (idF des [X.] der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze vom 17.8.2017, [X.] 3214). Eine danach als beitragspflichtige Rente außer Betracht bleibende Leistung aus [X.] iS des § 92 Einkommensteuergesetz (EStG; sog betriebliche Riesterrente; vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand 10/19, § 229 Rd[X.] 24; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl 2018, § 229 Rd[X.] 7a) liegt hier nicht vor. Der Kläger hat die Leistungen der Pensionskasse der [X.] auch nicht ganz oder teilweise nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Versicherungsnehmer aus nicht durch den Arbeitgeber finanzierten Beiträgen erworben (§ 229 Abs 1 Satz 1 [X.] 5 Halbsatz 2 Alt 2 [X.] in der seit 15.12.2018 geltenden Fassung des Gesetzes zur Beitragsentlastung der Versicherten der [X.] <[X.]-Versichertenentlastungsgesetz - [X.]-VEG> vom 11.12.2018, [X.] 2387).

Überobligatorische Leistungen der Pensionskasse der [X.] sind nicht mit einer beitragsfreien rein privaten Altersvorsorge vergleichbar. Bei der "institutionellen Abgrenzung" beitragspflichtiger betrieblicher [X.] von nicht beitragspflichtigen Leistungen der privaten Altersvorsorge ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] typisierend darauf abzustellen, ob die Leistung von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt wird ([X.] Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 22/14 R - [X.] 4-2500 § 228 [X.] Rd[X.]7 mwN). Die betriebliche Altersversorgung ist eine Versorgungszusage (§ 1 Abs 1 Satz 1 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung <[X.]> idF des [X.] [X.] und zur Förderung eines kapitalgedeckten [X.]s vom 26.6.2001 <[X.] 1310>), die nach § 1b [X.] (idF des [X.] einer kapitalgedeckten [X.] Zusatzversicherung und zur Änderung anderer Gesetze vom 21.6.2002, [X.] 2167) im Wege einer Direktversicherung (Abs 2), über eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds (Abs 3) oder eine Unterstützungskasse (Abs 4) durchgeführt werden kann. Wird der Bezug einer Leistung nicht schon institutionell aufgrund der Versicherungseinrichtung und/oder dem Versicherungstyp vom Betriebsrentenrecht erfasst, sind die wesentlichen Merkmale einer Rente der betrieblichen Altersversorgung iS des Beitragsrechts der [X.] ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Rente und der früheren Beschäftigung sowie ihre Entgelt-Ersatzfunktion (stRspr; zB [X.] Urteil vom 26.2.2019 - B 12 KR 17/18 R - [X.]E 127, 254 = [X.] 4-2500 § 229 [X.] 24, Rd[X.]4 mwN). Der Zusammenhang zur aktiven oder früheren beruflichen Tätigkeit kann sich aus Beiträgen oder anderen finanziellen Zuschüssen des Arbeitgebers oder aus seiner organisatorischen Beteiligung bei der Einrichtung und Umsetzung der Altersversorgung ergeben. Nicht zur beitragspflichtigen betrieblichen Altersversorgung gehört deshalb ein Versorgungsvertrag, den ein Arbeitnehmer ohne (finanzielle oder organisatorische) Beteiligung des Arbeitgebers mit einem Dritten abschließt ([X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand 10/19, § 229 Rd[X.] 20 f; vgl auch [X.] in [X.]/[X.]/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 9. Aufl 2020, § 1 [X.] Rd[X.]4).

Nach diesen Grundsätzen wurde mit den Leistungen der Pensionskasse der [X.] eine betriebliche Altersversorgung gewährt. Nach den Feststellungen des [X.] handelt es sich bei der Pensionskasse der [X.] um eine Versorgungseinrichtung, die als Stiftung nach schweizerischem Recht in das Handelsregister eingetragen und damit rechtsfähig ist. Unabhängig davon, ob sie damit den Anforderungen an eine Pensionskasse oder sonstige Einrichtung iS des [X.] genügt und die streitigen Leistungen institutionell vom Betriebsrentenrecht erfasst werden, erfüllen diese die wesentlichen Merkmale einer Rente der betrieblichen Altersversorgung iS des Beitragsrechts der [X.] und [X.]. Aus den Feststellungen des [X.] ergeben sich sowohl die Entgelt-Ersatzfunktion der zum Zweck der Altersversorgung gewährten Leistungen (siehe hierzu bereits oben 1.) als auch der notwendige betriebliche Bezug. Die festgestellte umfangreiche organisatorische und finanzielle Beteiligung des früheren Arbeitgebers des [X.] sowohl an der Einrichtung und Verwaltung der Pensionskasse der [X.] als auch an der Durchführung und Umsetzung der [X.] lassen an einem hinreichenden Zusammenhang zur früheren Berufstätigkeit des [X.] keinen Zweifel. Die Pensionskasse der [X.] wird vom Arbeitgeber und den Arbeitnehmern paritätisch verwaltet und der Arbeitgeber hat auch seinerseits überobligatorische Beiträge in nicht ganz unerheblicher Höhe geleistet. Hinweise darauf, dass der berufliche Bezug bereits vor Beginn der [X.] gelöst wurde, bestehen nicht.

4. Die steuerrechtliche Beurteilung überobligatorischer Leistungsanteile ist für das Beitragsrecht der [X.] und [X.] grundsätzlich unerheblich. Die Frage der Vergleichbarkeit einer ausländischen Leistung mit einer Rente der [X.] oder der betrieblichen Altersversorgung ist sozialversicherungsrechtlich und dabei im Kontext der beitragsrechtlichen Vorschriften zu beantworten. Fehlt es im Beitragsrecht an einer Geltungsanordnung hinsichtlich des Steuerrechts, tragen unterschiedliche Beurteilungen in der Regel den Besonderheiten der jeweiligen Rechtsmaterie Rechnung. Der [X.] war daher nicht veranlasst, eine Entscheidung des Gemeinsamen [X.]s der obersten Gerichtshöfe des [X.] nach § 2 Abs 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des [X.] einzuholen, weil er in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen [X.]s abweichen will. Bei der Vergleichbarkeit überobligatorischer Leistungen einer [X.] Pensionskasse mit Renten der [X.] oder betrieblichen Altersversorgung im Hinblick auf die Beitragspflicht nach dem Recht der [X.] und [X.] einerseits und die Steuerpflicht nach dem EStG (vgl hierzu [X.] vom 1.10.2015 - [X.]/11 - [X.], 313 = [X.], 685 mwN) andererseits handelt es sich nicht um dieselbe Rechtsfrage, die sich auf der Grundlage von Vorschriften stellt, die in ihrem Regelungsgehalt gänzlich übereinstimmen und nach denselben Grundsätzen auszulegen sind ([X.] Urteil vom 7.9.2017 - B 10 ÜG 3/16 R - [X.] 4-1720 § 198 [X.]4 Rd[X.] 22 mwN).

5. Auch für die Prüfung der Beitragshöhe bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob überobligatorische und nicht auf dem [X.] beruhende Leistungsanteile mit einer Rente der [X.] oder der betrieblichen Altersversorgung vergleichbar sind. Die Beklagte hat die Beiträge zur [X.] nicht nach dem für Versorgungsbezüge maßgebenden allgemeinen Beitragssatz (§ 248 Satz 1 [X.] idF des [X.]-WSG vom [X.], [X.]), sondern dem für den Kläger günstigeren und die Bemessung von Beiträgen aus ausländischen Renten heranzuziehenden hälftigen allgemeinen Beitragssatz (§ 247 Satz 2 [X.] in den seit 1.7.2011 gültigen Fassungen des [X.] der [X.] Sicherheit in [X.] und zur Änderung anderer Gesetze vom 22.6.2011, [X.] 1202, des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der [X.] <[X.]-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz - [X.]-FQWG> vom 21.7.2014, [X.] 1133, und des [X.]-VEG vom 11.12.2018, [X.] 2387) festgesetzt. Im Übrigen sind Fehler in der Beitragsberechnung weder geltend gemacht worden noch ersichtlich.

6. [X.] beruht auf § 193 Abs 1 Satz 1 SGG.

Meta

B 12 KR 32/19 R

23.02.2021

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Freiburg (Breisgau), 29. März 2018, Az: S 11 KR 402/17, Urteil

§ 228 Abs 1 S 2 SGB 5, § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB 5, § 229 Abs 1 S 2 SGB 5, § 237 S 1 SGB 5, § 237 S 4 SGB 5, § 57 Abs 1 S 1 SGB 11

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 23.02.2021, Az. B 12 KR 32/19 R (REWIS RS 2021, 8497)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8497

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VIII R 38/10

1 BvR 739/08

X R 43/11

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