Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.07.2010, Az. IV ZR 63/08

4. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5110

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Gegenstand

Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht im Deckungsprozess gegen eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung: Überzogene Anforderungen an die Darlegungslast der Klägerin nach Zurückverweisung der Sache vom Revisionsgericht


Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das Urteil des 25. Zivilsenats des [X.] vom 26. Februar 2008 zugelassen.

Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 1. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Streitwert: 125.902 €

Gründe

1

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte mit der Behauptung, infolge eines Verkehrsunfalls vom 24. August 2000 in ihrem Beruf als Gastwirtin berufsunfähig geworden zu sein, auf Leistung aus zwei Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen in Anspruch. Die Klage ist zunächst in zwei Instanzen erfolglos geblieben. Mit Beschluss vom 20. Juni 2007 ([X.] - [X.], 1398) hat der [X.] die Sache nach § 544 Abs. 7 ZPO an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil es den Antrag der Klägerin auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zu Unrecht abgelehnt und dadurch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe.

2

Das [X.] hat die Berufung der Klägerin ohne weitere Beweisaufnahme erneut zurückgewiesen, weil die Klage unschlüssig sei. Die Klägerin habe die konkrete Ausgestaltung des von ihr zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles ausgeübten Berufs und die sich aus dieser Berufsausübung ergebenden Anforderungen nicht hinreichend substanziiert vorgetragen. Das Gegenteil ergebe sich nicht bindend aus folgendem Satz im [X.]sbeschluss: "Damit sind die Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit … hinreichend vorgetragen." Dieser beziehe sich ersichtlich nur auf die Systematik des § 2 Abs. 3 BB-BUZ.

3

II. Das Berufungsgericht hat erneut den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es von der beantragten Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens abgesehen hat. Dieser Verstoß führt wiederum gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung und Zurückverweisung.

4

1. Wie der [X.] bereits in seinem Beschluss vom 20. Juni 2007 ausgeführt hat, hat die Klägerin durch die Vorlage des für einen anderen Versicherer erstellten Gutachtens der Orthopädin und Sozialmedizinerin Dr. N. vom 6. April 2001 und die Bezugnahme auf die darin getroffenen Feststellungen hinreichend zu den Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit vorgetragen. Diese Feststellung ist nicht dadurch eingeschränkt, dass das [X.] nach den weiteren Darlegungen in diesem Beschluss seiner Beweiserhebung auch einen falschen Zeitpunkt für die Frage nach vorliegender Berufsunfähigkeit zugrunde gelegt hatte. Der [X.] hat dies zu 1. c) der Gründe erkennbar als einen zusätzlichen Mangel der landgerichtlichen Feststellungen neben dem Übersehen von § 2 Abs. 3 BB-BUZ angesehen.

5

An die rechtliche Beurteilung des [X.]s ist das Berufungsgericht gemäß § 563 Abs. 2 ZPO gebunden; es hätte schon deshalb das beantragte Sachverständigengutachten einholen müssen. Soweit der [X.] abschließend unter Verweis auf das [X.]surteil vom 7. Februar 2007 - [X.]/03 - [X.], 631 [X.]. 17 darauf hingewiesen hat, dass die erforderlichen Beweise "unter Beachtung der Rechtsprechung des [X.]s" zu erheben seien, ist damit nicht gesagt, dass zur Darlegung der Anspruchsvoraussetzungen zunächst weiterer Vortrag der Klägerin erforderlich sei. Vielmehr hat der [X.] damit nur verdeutlicht, auf welche Umstände sich die einzuholenden Feststellungen eines Sachverständigen zu beziehen haben.

6

Angesichts dieser nicht misszuverstehenden Vorgaben des [X.]s ist es willkürlich, wenn das Berufungsgericht in der angefochtenen Entscheidung von der Klägerin nach einem Zeitablauf von fast acht Jahren seit Beendigung der früheren Gastwirttätigkeit zur Darlegung der eingetretenen Berufsunfähigkeit weiteren Vortrag zur "durchschnittlichen Anzahl der gekochten Gerichte, dem Umfang der Einkäufe und der Aufteilung der Tätigkeiten auf die beiden Gaststätten unter Berücksichtigung des vorhandenen Personals" verlangt.

7

2. Die Sache war daher erneut zur Durchführung der gebotenen Beweisaufnahme an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, wobei der [X.] von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht hat.

[X.]                                               Dr. [X.]

                    [X.]

Meta

IV ZR 63/08

07.07.2010

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 26. Februar 2008, Az: 25 U 2960/04, Urteil

Art 103 Abs 1 GG, § 2 Abs 3 BUZBB, § 544 Abs 7 ZPO, § 563 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.07.2010, Az. IV ZR 63/08 (REWIS RS 2010, 5110)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5110

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