Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.10.2013, Az. II ZR 229/12

II. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2220

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 229/12
Verkündet am:
8. Oktober 2013
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2013 durch [X.] am [X.] Prof. Dr.
Strohn als Vorsitzenden, die Richterin Dr.
Reichart sowie die Richter Dr.
Drescher, [X.] und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 17. Zivilsenats des [X.] vom 10. Juli 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin war Initiatorin und Gründungsgesell-.

[X.]

einer Publikumsgesellschaft, deren Zweck die Vermietung einer von ihr erwor-benen Immobilie ist. Der Beklagte ist an der [X.] seit 1993 als Kommanditist be-teiligt. Nach Gründung des Fonds erhielten die Kommanditisten zunächst [X.] und in den Jahren 1995 bis 2000 gewinnunabhängige [X.]. Die Klägerin nimmt in einer Vielzahl von Verfahren [X.]
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ten in Höhe der jeweils erhaltenen Ausschüttungen wegen [X.] der [X.] in Anspruch.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin gewährte der [X.] ursprünglich für den Erwerb der Gewerbeimmobilie ein Darlehen in Höhe von 200 Mio. DM. Da die Immobilie sich ab September 2003 nicht mehr in der gewünschten Weise vermieten ließ, geriet die [X.] in wirtschaftliche Schwierigkeiten und konnte das Darlehen nicht länger bedienen.
Die Klägerin gewährte der [X.] zur Vermeidung der Insolvenz mit Vertrag vom 22. März/15. Juni 2004 ein Folgedarlehen in Hö-he von

e-hen abgelöst wurde. Die fälligen Tilgungs-
und Zinsraten stundete die Klägerin immer wieder zu großen Teilen. Parallel dazu forderte die [X.] ihre [X.] auf, die erhaltenen Ausschüttungen zurückzuzahlen, um die [X.] Situation zu verbessern. Die Klägerin erstattete ihre als Kommanditistin erhaltenen Auszahlungen. Der Beklagte kam der Aufforderung nicht nach.
Nach der Behauptung der Klägerin besteht eine Verbindlichkeit
der [X.] in [X.] ausgenommene Darlehenszinsen für den Zeitraum 2.
Juli 2010 bis 30.
August 2011. Von dem Beklagten werde ein letztstelliger Teilbetrag der im August 2011 aufgelaufenen
Zinsen verlangt.
Die auf Zahlung von 8.883,70

Klage blieb
in beiden
Instan-zen
erfolglos. Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen
Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

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Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin hat Erfolg.
[X.] Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Es könne dahinstehen, ob die Klägerin nachvollziehbar dargelegt habe, dass ihr gegen die [X.] eine fällige Forderung zustehe, die nicht bereits durch Zahlungen anderer Kommanditisten erfüllt worden sei. Der Beklagte könne die Klägerin jedenfalls darauf verweisen, in erster Linie die [X.] in Anspruch zu nehmen. Kommanditisten hafteten für Verbindlichkeiten der [X.] aus sogenannten Drittgeschäften mit [X.]ern lediglich subsidiär.
Bei der Klägerin sei die Pflicht, gegenüber den Anlegern Rücksicht zu nehmen, auf-grund ihrer Stellung als Initiatorin und Gründungsgesellschafterin sogar beson-ders ausgeprägt. Dass eine Inanspruchnahme der [X.] aussichtslos wäre, sei nicht ersichtlich. Die [X.] sei zur Leistung des von der Stundung [X.] in der Lage, aber
nicht bereit. Damit könne die subsidiäre Haf-tung der [X.]er nicht begründet
werden.
I[X.] [X.] hält der revisionsrechtlichen Nach-prüfung nicht stand. Die Klägerin ist nicht verpflichtet, zunächst die [X.] in [X.] zu nehmen, bevor sie ihre Drittgläubigerforderung gegen die [X.] geltend macht.
Im Schrifttum wird teilweise vertreten, dass persönlich haftende Gesell-schafter und damit auch Kommanditisten, die Ausschüttungen im Sinne des §
172 Abs. 4 [X.] erhalten haben, einem [X.]er-Gläubiger lediglich subsidiär haften und sich der Gläubiger zunächst an die [X.] halten muss. Der [X.]er-Gläubiger werde zwar
grundsätzlich wie jeder dritte Gläubiger behandelt, wenn es sich um ein Drittgeschäft handele. Die [X.] Haftung werde aber von der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht 5
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überlagert, die gebiete, dass der Mitgesellschafter -
in der Regel -
nur dann
in Anspruch genommen werden dürfe, wenn eine Befriedigung aus dem Gesell-schaftsvermögen nicht zu erwarten sei (vgl.
[X.] in [X.], [X.] [X.], 5. Aufl., § 128 Rn. 13, 26; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, [X.], 2. Aufl., § 128 Rn. 10; [X.] in Baumbach/[X.], [X.], 35. Aufl., §
128 Rn.
24; [X.] Henssler/Strohn, [X.], §
128 [X.] Rn. 10; K.
Schmidt, [X.]srecht, 4. Aufl., § 49 I 2, S. 1412; K.
Schmidt in [X.], [X.], 5. Aufl., § 128 Rn. 12, 20; MünchKomm[X.]/K.
Schmidt, 3.
Aufl., § 128 Rn. 12, 20; [X.] in [X.], [X.], 2. Aufl., § 128 Rn. 21; [X.], [X.] 1983, 258, 260; a.A. [X.]/[X.], 5. Aufl., §
705 Rn.
203, 220; Westermann in Erman, [X.], 13. Aufl., § 705 Rn. 61; [X.] in [X.], [X.], Bearbeitung 2003, § 705 Rn. 43; [X.]/[X.] in Soergel, [X.], Stand 2011, § 705 Rn. 57; Prediger, BB 1971, 245, 248 f.).
Das [X.] hat stattdessen angenommen, dass der [X.] einem Dritten vollständig gleichgestellt sei und sich deshalb nicht zunächst an die [X.] halten müsse. Es sei lediglich darauf zu achten, dass der Anteil abgezogen werde, der seiner eigenen Mithaftung entspreche. Anderenfalls erhalte der [X.]er-Gläubiger etwas, das er unter [X.] zurückgewähren müsse und was damit die [X.] begründe ([X.], Urteil vom 16. Juni 1914 -
III 37/13, [X.]Z 85, 157, 162 f.; Urteil vom 5.
Januar 1937 -
II 182/36, [X.]Z 153, 305, 313 f.; dem folgend [X.], Urteil vom 1.
Dezember 1982 -
VIII ZR 206/81, [X.], 30, 32; Urteil vom 15. Januar 1988 -
V [X.], [X.]Z 103, 72, 76).
Der erkennende Senat hat die Frage in einer Entscheidung vom 10.
November 1969 ([X.], [X.], 280) offen gelassen. Sie ist im [X.] der Rechtsprechung des [X.]s zu entscheiden. Der [X.]er einer Kommanditgesellschaft, der eine Drittgläubigerforderung gegen einen 10
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persönlich haftenden Mitgesellschafter geltend macht, muss nicht zunächst die [X.] in Anspruch nehmen. Eine generell nur subsidiäre Haftung der [X.]er für Verbindlichkeiten der [X.] mit anderen [X.]ern lässt sich aus der Treuepflicht mangels Schutzbedürf-tigkeit der Mitgesellschafter nicht ableiten. Zwar ist anzuerkennen, dass ein Ge-sellschafter, wenn möglich
nicht sein eigenes Vermögen einsetzen soll, viel-mehr [X.]en vor allem aus dem [X.]svermögen begli-chen werden sollen. Der Mitgesellschafter, der von dem [X.]er-Gläubiger in Anspruch genommen wird, hat jedoch in der Regel nicht
nur einen Aufwendungsersatzanspruch gegen die [X.] gemäß § 110 [X.], wenn er die [X.] begleicht. Er kann auch bereits aufgrund der [X.] Inanspruchnahme Freistellung verlangen ([X.] in [X.]/
Boujong/[X.]/Strohn, [X.], 2. Aufl., § 110 Rn. 33; MünchKomm-[X.]/K.
Schmidt, 3. Aufl., §
128 Rn.
35 mwN). Ist die [X.] in der Lage, sollte es somit gar nicht dazu kommen, dass der [X.] auf sein privates Vermögen zurückgreifen muss, selbst wenn sich der [X.]er-Gläubiger direkt an ihn wendet. Kann oder will die Gesell-schaft ihre Schuld dagegen nicht tilgen, würde der [X.]er auch unter grundsätzlicher Annahme der Subsidiarität haften.
Aus der Rechtsprechung des Senats zum Innenausgleich zwischen [X.], nachdem ein [X.]er einen (dritten) [X.] befriedigt hat, lässt sich nichts Gegenteiliges herleiten. Diese Fallgestaltung ist mit der Geltendmachung einer Drittgläubigerforderung durch den [X.]er nicht vergleichbar. Obwohl der Aufwendungsersatzanspruch des leistenden [X.]ers gegen die [X.] aus § 110 [X.] ein Sozialanspruch ist und Sozialansprüche während des Bestehens der [X.] grundsätzlich nicht gegen die [X.]er geltend gemacht werden können, ist eine Re-gressmöglichkeit des leistenden [X.]ers nach §
426 [X.] bei [X.]
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tungsunfähigkeit der [X.] anerkannt. Diese Ausnahme ist geboten, da es mehr oder weniger vom Zufall abhängen kann, welcher [X.]er von einem [X.] in Anspruch genommen wird. Insoweit reicht aber eine Haftung in den Fällen aus, in denen von der [X.] keine Befriedi-gung zu erlangen ist. Diese Besonderheit schlägt auf den gemäß §
426 Abs.
2 [X.] übergehenden Anspruch durch (vgl. [X.], Urteil vom 2. Juli 1962 -
II ZR 204/60, [X.]Z 37, 299, 302 f.; Urteil vom 15. Januar 1988 -
V [X.], [X.]Z 103, 72, 76 ff.; Urteil vom 17. Dezember 2001 -
II ZR 382/99, [X.], 394, 396; Urteil vom 15. Oktober 2007 -
II ZR 136/06, [X.], 2313, 2314 Rn.
17), so dass auch dieser nicht mit der hier vorliegenden Konstellation eines Anspruchs eines [X.]er-Gläubigers aus einem Drittgeschäft vergleich-bar ist.
II[X.] Eine abschließende Sachentscheidung des Senats nach § 563 Abs.
3 ZPO ist nicht möglich, da das Berufungsgericht -
von seinem Standpunkt aus folgerichtig
-
keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob und in welcher Höhe eine fällige Forderung der Klägerin gegen die [X.] besteht, für die
der Beklagte in Höhe der erhaltenen Ausschüttungen einstehen muss. Ferner fehlen Fest-stellungen zu dem vom Beklagten zur Aufrechnung gestellten Gegenanspruch auf Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinn. Die Sache ist daher 13
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zur neuen Verhandlung und Entscheidung
an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen. Der Senat weist ergänzend auf seine
Ausführungen in dem in einem Parallelverfahren am heutigen Tag ergangenen Urteil ([X.]/12, juris)
hin.
Strohn Reichart

Drescher

[X.] Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.10.2011 -
1 O 19/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom [X.] -
17 [X.] -

Meta

II ZR 229/12

08.10.2013

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.10.2013, Az. II ZR 229/12 (REWIS RS 2013, 2220)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2220

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II ZR 229/12

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