Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2014, Az. II ZR 154/13

II. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8327

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Versäumnisurteil
II ZR 154/13
Verkündet am:
28. Januar 2014
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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2
-
Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 28.
Januar 2014 durch [X.] am [X.] Prof.
Dr.
Strohn als Vorsitzenden,
die Richterin Dr.
Reichart
sowie
die Richter Dr.
Drescher, [X.] und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 17.
Zivilsenats des [X.] vom
9.
April 2013
aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin war Initiatorin und Gründungsgesell-schafterin sowie Darlehensgeberin der [X.] gegründeten "E.

[X.]

([X.])" (im Folgenden: [X.]), einer Publikumsgesellschaft, deren Zweck die Vermietung einer von ihr erwor-benen Immobilie ist. Der Beklagte ist an der [X.] seit 1993 als Kommanditist be-teiligt. Nach Gründung des Fonds erhielten die Kommanditisten zunächst [X.] und in den Jahren 1995 bis 2000 gewinnunabhängige [X.]. Die Klägerin nimmt in einer Vielzahl von Verfahren [X.]
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ten in Höhe der jeweils erhaltenen Ausschüttungen wegen [X.] der [X.] in Anspruch.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin gewährte der [X.] ursprünglich für den Erwerb der Gewerbeimmobilie ein Darlehen in Höhe von 200
Mio.
DM. Da die Immobilie sich ab September 2003 nicht mehr in der gewünschten Weise vermieten ließ, geriet die [X.] in wirtschaftliche Schwierigkeiten und konnte das Darlehen nicht länger bedienen. Die Klägerin gewährte der [X.] zur Vermeidung der Insolvenz mit Vertrag vom 22.
März/15.
Juni 2004 ein Folgedarlehen in Hö-he von 35
Mio.

e-hen abgelöst wurde. Die fälligen Tilgungs-
und Zinsraten stundete die Klägerin immer wieder zu großen Teilen. Parallel dazu forderte die [X.] ihre [X.] auf, die erhaltenen Ausschüttungen zurückzuzahlen, um die [X.] Situation zu verbessern. Die Klägerin erstattete ihre als Kommanditistin erhaltenen Auszahlungen. Der Beklagte kam der Aufforderung nicht nach.
Nach der Behauptung der Klägerin besteht eine Verbindlichkeit der [X.] in Höhe von 500.000

a-rungen ausgenommene Darlehenszinsen für den Zeitraum 2.
Juli 2010 bis 30.
August 2011. Von dem Beklagten werde ein letztstelliger Teilbetrag der im August 2011 aufgelaufenen Zinsen verlangt.
Die auf Zahlung von 8.883,70

n-zen erfolglos. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

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4
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Entscheidungsgründe:

Über die Revision ist, da der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden, das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sach-lichen
Prüfung des Antrags beruht ([X.], Urteil vom 4.
April 1962

V
ZR
110/60, [X.]Z 37, 79, 81). Die Revision der Klägerin hat Erfolg.
[X.] Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Es könne dahinstehen, ob die Klägerin nachvollziehbar dargelegt habe, dass ihr gegen die [X.] eine fällige Forderung zustehe, die nicht bereits durch Zahlungen anderer Kommanditisten erfüllt worden sei. Der Beklagte könne die Klägerin jedenfalls darauf verweisen, in erster Linie die [X.] in Anspruch zu nehmen. Kommanditisten hafteten für Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus sogenannten Drittgeschäften mit Gesellschaftern lediglich subsidiär. Bei der Klägerin sei die Pflicht, gegenüber den Anlegern Rücksicht zu nehmen, auf-grund ihrer Stellung als Initiatorin und Gründungsgesellschafterin sogar beson-ders ausgeprägt. Dass eine Inanspruchnahme der [X.] aussichtslos wäre, weil sie den von der Stundung ausgenommenen Zinsanteil nicht aufbringen könne, sei weder ersichtlich
noch dargetan.
I[X.] [X.] hält der revisionsrechtlichen Nach-prüfung nicht stand. Die Klägerin ist nicht verpflichtet, zunächst die [X.] in [X.] zu nehmen, bevor sie ihre Drittgläubigerforderung gegen die [X.] geltend macht.
Der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, der eine Drittgläubiger-forderung gegen einen persönlich haftenden Mitgesellschafter geltend macht, 5
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muss nicht zunächst die Gesellschaft in Anspruch nehmen. Eine generell nur subsidiäre Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der [X.] mit anderen Gesellschaftern lässt sich aus der Treuepflicht mangels
Schutzbedürftigkeit der Mitgesellschafter nicht ableiten. Zwar ist anzu-erkennen, dass ein Gesellschafter, [X.]n möglich nicht sein eigenes Vermögen einsetzen soll, vielmehr [X.]en vor allem aus dem Gesell-schaftsvermögen beglichen werden sollen. Der Mitgesellschafter, der von dem Gesellschafter-Gläubiger in Anspruch genommen wird, hat jedoch in der Regel nicht nur einen Auf[X.]dungsersatzanspruch gegen die Gesellschaft gemäß §
110 HGB, [X.]n er die [X.] begleicht. Er kann auch bereits aufgrund der drohenden Inanspruchnahme Freistellung verlangen ([X.]
in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 2.
Aufl., §
110 Rn.
33;
MünchKommHGB/K.
Schmidt, 3.
Aufl., §
128 Rn.
35 mwN). Ist die [X.] in der Lage, sollte es somit gar nicht dazu kommen, dass der Mitgesellschafter auf sein privates Vermögen zurückgreifen muss, selbst [X.]n sich der Gesellschafter-Gläubiger direkt an ihn [X.]det. Kann oder will die Gesellschaft ihre Schuld dagegen nicht tilgen, würde der Gesellschafter auch unter grundsätzlicher Annahme der Subsidiarität haften
([X.], Urteil vom 8.
Oktober 2013

II
ZR
310/12, [X.], 2305
Rn.
34).
Mit der Inanspruchnahme der Kommanditisten verstößt die Klägerin auch sonst nicht gegen ihre gesellschaftsrechtliche Treuepflicht. Die Klägerin muss entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts nicht deshalb gegenüber den Kommanditisten auf ihre Forderung verzichten, weil anderenfalls das wirtschaft-liche Risiko des Fonds auf diese abgewälzt würde. Die Kommanditisten durften nicht darauf vertrauen, ihre Ausschüttungen endgültig behalten zu dürfen. Sie sind im Emissionsprospekt auf ihr Haftungsrisiko nach §
171 Abs.
1, §
172 Abs.
4 HGB hingewiesen worden. Dass die Bank, die einen solchen Fonds [X.]
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6
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legt, nicht uneigennützig handelt und ein gewährtes Darlehen zurückfordern wird, ist zudem für den Anleger offensichtlich. Naheliegend ist auch, dass die Bank dabei alle ihr zur Verfügung stehenden Schuldner in Anspruch nehmen wird. Der Prospekt enthält keinen Hinweis darauf, dass die Klägerin anders zu behandeln wäre als andere Drittgläubiger und nicht frei entscheiden dürfte, [X.] sie in Anspruch nimmt (vgl. im Übrigen [X.], Urteil vom 8.
Oktober 2013

II
ZR
310/12, [X.], 2305 Rn.
36
ff.).
II[X.] Eine abschließende Sachentscheidung des Senats nach §
563 Abs.
3 ZPO ist nicht möglich, da das Berufungsgericht

von seinem Standpunkt aus folgerichtig

keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob und in welcher Höhe eine fällige Forderung der Klägerin gegen die [X.] besteht, für die der Beklagte in Höhe der erhaltenen Ausschüttungen einstehen muss. Ferner fehlen Fest-stellungen zu dem vom Beklagten zur Aufrechnung gestellten Gegenanspruch auf Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinn. Die Sache ist daher

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zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen. Der Senat weist ergänzend auf seine Ausführungen in dem in einem Parallelverfahren am 8.
Oktober 2013
ergangenen Urteil (II
ZR
310/12, ZIP
2013, 2305) hin.

Strohn Reichart Drescher

[X.] Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.07.2012
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2 O
167/11
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OLG [X.], Entscheidung vom 09.04.2013
-
17 U 197/12
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Meta

II ZR 154/13

28.01.2014

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2014, Az. II ZR 154/13 (REWIS RS 2014, 8327)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8327

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