Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2014, Az. II ZR 289/13

II. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5395

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

VERSÄUMNISURTEIL
II ZR
289/13
Verkündet am:

20. Mai 2014

Stoll

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2014
durch
den
Richter am [X.] Prof.
Dr.
Strohn als Vorsitzenden, die Richterinnen [X.] und Dr.
Reichart und [X.]
Drescher und Born

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 7. August 2013 teilweise aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom 6. Februar 2013 teilweise abgeän-dert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.883,70

k-ten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.
Oktober 2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehenden Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin war Initiatorin und Gründungsgesell-.

[X.]

([X.], deren Zweck die Vermietung einer von ihr erwor-benen Immobilie ist. Der Beklagte ist an der [X.] seit 1993 als Kommanditist be-teiligt. Nach Gründung des Fonds erhielten die Kommanditisten zunächst [X.] und in den Jahren 1995 bis 2000 gewinnunabhängige [X.]. Die Klägerin nimmt in einer Vielzahl von Verfahren [X.] in Höhe der jeweils erhaltenen Ausschüttungen wegen [X.] der [X.] in Anspruch.
Der Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) enthält in §
3 Nr.
7 folgen-de Regelung:

l-schaftern noch gegenüber [X.] irgendwelche Zahlungs-verpflichtungen, Haftungen oder irgendwelche Nachschuss-verpflichtungen, die über die Verpflichtung zur Leistung der in der Beitrittserklärung gezeichneten Kommanditbeteiligung zuzüglich Agio hinausgehen. Dies gilt auch für den Fall der Liquidation. Der vertragliche Ausschluss einer Nachschuss-pflicht lässt die gesetzliche Regelung über die Haftung der Kommanditisten gegenüber [X.] gemäß

Auf Seite
24 des Emissionsprospekts finden sich unter der Rubrik

Soweit die Haftung beschränkt ist,
besteht keine Nach-schusspflicht, was insbesondere für die Fremdfinanzierung gilt.
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Die geplanten Auszahlungen übersteigen die im selben Zeit-raum erwirtschafteten Gewinne und führen gemäß § 172 Abs. 4 HGB zu einem Wiederaufleben der beschränkten Kommanditistenhaftung in Höhe der vorgenommenen Aus-

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin gewährte der [X.] ursprünglich für den Erwerb der Gewerbeimmobilie ein Darlehen in Höhe von 200 Mio. DM. Da die Immobilie sich ab September 2003 nicht mehr in der gewünschten Weise vermieten ließ, geriet die [X.] in wirtschaftliche Schwierigkeiten und konnte das Darlehen nicht länger bedienen. Die Klägerin gewährte der [X.] zur Vermeidung der Insolvenz mit Vertrag vom 22. März/15. Juni 2004 ein Folgedarlehen in [X.] von 35 [X.] abgelöst wurde. Die fälligen Tilgungs-
und Zinsraten stundete die Klägerin immer wieder zu großen Teilen. Parallel dazu forderte die [X.] ihre Kommandi-tisten auf, die erhaltenen Ausschüttungen zurückzuzahlen, um die [X.] Situation zu verbessern. Die Klägerin erstattete ihre als Kommanditistin erhaltenen Auszahlungen. Der Beklagte kam der Aufforderung nicht nach.
Nach der Behauptung der Klägerin bestand eine Verbindlichkeit der [X.] in Höhe von 500.000

n-barungen ausgenommene Darlehenszinsen für den Zeitraum 2.
Juli 2010 bis 30.
August 2011.
Die auf Zahlung von 8.883,70

erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ver-folgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

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Entscheidungsgründe:
Über die Revision ist, da der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden, das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sach-lichen Prüfung des Antrags beruht ([X.], Urteil vom 4.
April 1962 -
V
ZR
110/60, [X.]Z 37, 79, 81).

Die Revision der Klägerin hat weitgehend Erfolg.
[X.] Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Zwar habe der Beklagte Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 8.883,70

171 Abs.
1, §
172 Abs. 4 HGB gewesen seien, da den Anlegern bereits 1993 planmäßig ein Verlust in Höhe von etwa 80 % der geleisteten Einlage zugewiesen worden sei. Der Klägerin habe gegen die [X.] eine fällige Zinsforderung in Höhe von ur-sprünglich 500.000

Kommanditisten noch in Höhe von 59.810,82

Einem Anspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten stehe aber die Regelung in § 3 Nr. 7 des Gesellschaftsvertrags entgegen. Die Klausel enthalte einen umfassenden Haftungsausschluss, der auch Ansprüche von Gesellschaf-tern, die aus
einem Drittgeschäft Forderungen gegen die Gesellschaft hätten, gegen ihre Mitgesellschafter aus § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB [X.]. Der potenzielle Anleger habe durch ein überschaubares Haftungsrisiko zum Beitritt zur [X.] bewegt werden sollen.
Der Beklagte könne die Klägerin ferner darauf verweisen, in erster Linie die [X.] in Anspruch zu nehmen. Kommanditisten hafteten für Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus sogenannten Drittgeschäften mit Gesellschaftern lediglich 7
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subsidiär. Dass eine Inanspruchnahme der [X.] aussichtslos wäre, weil sie den von der Stundung ausgenommenen Zinsanteil nicht aufbringen könne, sei we-der dargetan noch sonst ersichtlich. Die mangelnde Zahlungsbereitschaft der [X.] rechtfertige im vorliegenden Fall keine andere Beurteilung, da die Klägerin einen dominierenden Einfluss auf die Geschäftsführung der [X.] habe.
Schließlich verstoße eine Inanspruchnahme des Beklagten gegen §
242
BGB. Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht der Klägerin gegenüber ihren Mitgesellschaftern verbiete es jedenfalls aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls, dass die Klägerin ihre drohenden Verluste auf die Anleger abwälze. Die Klägerin schiebe bewusst die Insolvenz der [X.] durch die [X.] hinaus, lasse aber jeweils einen Teilbetrag der Zinsen fällig, um gegen die Mitkommanditisten vorgehen zu können. Käme es [X.] zu einem Insolvenzverfahren, müssten die Kommanditisten die Ausschüt-tungen zwar auch zurückzahlen, hätten aber nicht die mit der klageweise Gel-tendmachung verbundenen Nachteile. Zum anderen sei es aufgrund der wieder erreichten Vollvermietung der Immobilie denkbar, dass eine Insolvenz auch oh-ne die Rückzahlungen vermieden werden könne. [X.] sei auch, dass die Klägerin lediglich einen Teil der Kommanditisten in Anspruch nehme, ohne dass für die Auswahl nachvollziehbare Kriterien ersichtlich seien.
I[X.] [X.] hält der revisionsrechtlichen Nach-prüfung im Wesentlichen nicht stand.
1. Der Anspruch der Klägerin aus §
171 Abs.
1, §
172 Abs.
4 HGB ist nicht durch die Regelung in §
3 Nr.
7 Satz
1 GV ausgeschlossen. Die [X.] ist (nur) im Sinne einer Klarstellung auszulegen, dass die [X.] lediglich in Höhe ihrer Einlagen haften und keine von §
161 Abs.
2, §
105 Abs.
3 HGB, §
707 BGB abweichende Vereinbarung einer Nachschusspflicht 13
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getroffen wurde. Ansprüche eines Gesellschafter-Gläubigers gegen seine Mit-gesellschafter aus §
171 Abs. 1, §
172 Abs.
4 HGB sind durch die Regelung dagegen nicht ausgeschlossen, ohne
dass insoweit Zweifel im Sinne des §
305c Abs.
2 BGB bestehen würden (vgl. im Übrigen [X.], Urteil vom 8.
Oktober 2013 -
II ZR 310/12, [X.], 2305 Rn.
19 ff.).
2. Die Klägerin ist nicht verpflichtet, zunächst die [X.] in Anspruch zu nehmen, bevor sie ihre Drittgläubigerforderung gegen die Kommanditisten gel-tend macht. Der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, der eine Dritt-gläubigerforderung gegen einen persönlich haftenden Mitgesellschafter geltend macht, muss nicht zunächst die Gesellschaft in Anspruch nehmen. Eine gene-rell nur subsidiäre Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesell-schaft aus Drittgeschäften mit anderen Gesellschaftern lässt sich aus der
Treuepflicht mangels Schutzbedürftigkeit der Mitgesellschafter nicht ableiten. Zwar ist anzuerkennen, dass ein Gesellschafter, [X.]n möglich, nicht sein eige-nes Vermögen einsetzen soll, vielmehr [X.]en vor allem aus dem Gesellschaftsvermögen beglichen werden sollen. Der Mitgesellschafter, der von dem Gesellschafter-Gläubiger in Anspruch genommen wird, hat jedoch in der Regel nicht nur einen Auf[X.]dungsersatzanspruch gegen die Gesell-schaft gemäß § 110 HGB, [X.]n er die [X.] begleicht. Er kann auch bereits aufgrund der drohenden Inanspruchnahme Freistellung
verlangen ([X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 2.
Aufl., §
110 Rn.
33; MünchKommHGB/K.
Schmidt, 3. Aufl., §
128 Rn.
35 mwN). Ist die [X.] in der Lage, sollte es somit gar nicht dazu kommen, dass der Mitgesellschafter auf sein privates Vermögen zurückgreifen muss, selbst [X.]n sich der Gesellschafter-Gläubiger direkt an ihn [X.]det. Kann oder will die Gesellschaft ihre Schuld dagegen nicht tilgen, würde der Gesellschafter auch unter grundsätzlicher Annahme der Subsidiarität haften ([X.], Urteil vom 8. Oktober 2013 -
II ZR 310/12, [X.], 2305 Rn.
34).
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3. Mit der Inanspruchnahme der Kommanditisten verstößt die Klägerin auch sonst nicht gegen ihre gesellschaftsrechtliche Treuepflicht. Die Klägerin muss entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht deshalb gegenüber den Kommanditisten auf ihre Forderung verzichten, weil anderenfalls das wirt-schaftliche Risiko des Fonds auf diese abgewälzt würde. Die Kommanditisten durften nicht darauf vertrauen, ihre Ausschüttungen endgültig behalten zu [X.]. Sie sind im Emissionsprospekt auf ihr Haftungsrisiko nach §
171 Abs.
1, §
172 Abs.
4 HGB hingewiesen worden. Dass die Bank, die einen solchen Fonds auflegt, nicht uneigennützig handelt und ein gewährtes Darlehen zurück-fordern wird, ist zudem für den Anleger offensichtlich. Naheliegend ist auch, dass die Bank dabei alle ihr zur Verfügung stehenden Schuldner in Anspruch nehmen wird. Der Prospekt enthält keinen Hinweis darauf, dass die Klägerin anders zu behandeln wäre als andere Drittgläubiger und nicht frei entscheiden dürfte, [X.] sie in Anspruch nimmt (vgl. im Übrigen [X.], Urteil vom 8. Oktober 2013 -
II ZR 310/12, [X.], 2305 Rn.
36 ff.).
II[X.] Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs.
3 ZPO).
1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Zahlungsanspruch in [X.] der ihm gewährten Ausschüttungen von 8.883,70

171 Abs.
1, §
172 Abs.
4 Satz
1 HGB zu, weil seine Einlage teilweise zurückbezahlt worden ist, so dass seine persönliche Haftung gegenüber Gläubigern der [X.] in diesem Umfang wiederaufgelebt ist.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Klägerin ein fälliger Zins-anspruch gegen die [X.] zusteht, der den vom Beklagten geforderten Betrag übersteigt, der Anspruch noch nicht durch Zahlungen anderer in Anspruch ge-nommener Kommanditisten getilgt wurde und der Beklagte Ausschüttungen in 17
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Höhe der Klagesumme erhalten hat, durch die ihm die Einlage zurückbezahlt wurde. Gegen diese Feststellungen hat der Beklagte keine Einwände erhoben.
2. Verzugszinsen sind der Klägerin allerdings erst ab dem 29. Oktober 2011 und nicht wie beantragt ab Rechtshängigkeit zuzusprechen. Die Klägerin hat ihren Anspruch gegen den Beklagten erstmals mit Schriftsatz vom 26.
Oktober 2011 auf den Zinsanspruch in Höhe von 500.000

t-raum 2.
Juli 2010 bis 30.
August 2011 gestützt. Nachdem der bis dahin geltend gemachte Zinsanspruch gestundet worden war, ist der Beklagte erst mit Zu-gang dieses Schriftsatzes in Verzug geraten. Der Schriftsatz wurde ausweislich der Akten vom Klägervertreter direkt an den Beklagtenvertreter versandt. Daher kann vom Zugang des Schreibens am zweiten Werktag nach der Aufgabe zur Post (vgl. § 270 Satz 2 ZPO), mithin am 28. Oktober 2011 ausgegangen wer-den. Die Klägerin hat daher erst ab 29. Oktober 2011 einen Anspruch auf Er-satz des [X.] gemäß §
280 Abs.
1, Abs.
2, §§
286, 289 Satz
2 BGB. Gegen die Höhe des geltend gemachten Verzugsschadens hat der Beklagte keine Einwände erhoben.
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Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Versäumnisurteil kann die säumige Partei innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung des Versäumnisurteils beginnt, schriftlich Einspruch durch eine von einer beim [X.] zugelasse-nen Rechtsanwältin oder einem beim [X.] zugelassenen Rechts-anwalt unterzeichnete Einspruchsschrift beim [X.],
Herrenstr.
45a, 76133 [X.] (Postanschrift: 76125 [X.]) einlegen.

Strohn

[X.]

Reichart

Drescher

Born
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.02.2013 -
5 [X.]/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 07.08.2013 -
9 [X.] -

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Meta

II ZR 289/13

20.05.2014

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2014, Az. II ZR 289/13 (REWIS RS 2014, 5395)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5395

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZR 310/12

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