Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.04.2018, Az. II R 43/15

2. Senat | REWIS RS 2018, 10082

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Gegenstand

Vergnügungsteuersatz von 20 % des Einspielergebnisses in Berlin verfassungsgemäß


Leitsatz

Der in Berlin für Spielautomaten mit Geldgewinnmöglichkeit seit Januar 2011 geltende Steuersatz von 20 % des Einspielergebnisses ist verfassungsgemäß .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 7. Juli 2015  6 K 6071/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb im Januar und Februar 2011 in [X.] Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen i.S. des § 33i der Gewerbeordnung ([X.]). Sie meldete die [X.] für diese Spielautomaten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 des [X.]er [X.]gesetzes ([X.]) vom 20. Oktober 2009 (Gesetz- und Verordnungsblatt für [X.] --GVBl Bln-- 2009, 479) mit dem für das [X.] geltenden Steuersatz von 11 % des Einspielergebnisses an.

2

Das seinerzeit zuständige Finanzamt setzte die Steuer demgegenüber ausgehend von einem Steuersatz von 20 % (§ 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der für [X.] ab 2011 geltenden Fassung des [X.], [X.], 559) für Januar 2011 mit [X.] vom 22. Februar 2011 auf 250.539,66 € und für Februar 2011 mit [X.] vom 21. März 2011 auf 275.050,02 € fest. Die Einsprüche blieben erfolglos.

3

Das Finanzgericht ([X.]) wies die auf Anwendung eines Steuersatzes von 11 % gerichtete Klage mit der Begründung ab, die für [X.] ab 2011 vorgenommene Erhöhung des Steuersatzes auf 20 % sei verfassungsgemäß. Die Gesetzgebungskompetenz ergebe sich aus Art. 105 Abs. 2a Satz 1 des Grundgesetzes (GG). Es handle sich um eine örtliche Aufwandsteuer i.S. dieser Vorschrift. Die Erhöhung des Steuersatzes verstoße weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) noch gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG). Die Steuer habe auf die Spieler überwälzt werden können. Die Zahl der [X.] und der Spielautomaten in Spielhallen habe sich in den Jahren 2011 bis 2013 nur geringfügig vermindert. Das gesamte Steueraufkommen aus Geldspielautomaten in Spielhallen und an sonstigen Aufstellorten (insbesondere Gaststätten) habe in den Jahren 2009 ca. 12,3 Mio. € und 2010 ca. 17,2 Mio. € betragen und sich in den folgenden Jahren auf 28,7 Mio. € (2011), 36,8 Mio. € (2012), 39,3 Mio. € (2013) und 39,9 Mio. € (2014) erhöht. Das Urteil des [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2015, 1843 veröffentlicht.

4

Mit der Revision hält die Klägerin an ihrer Auffassung fest, die Steuer sei nach einem Steuersatz von 11 % festzusetzen. Die ab Januar 2011 vorgenommene Erhöhung des Steuersatzes auf 20 % sei verfassungswidrig.

5

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben, die [X.] für Januar 2011 unter Änderung des [X.]s vom 22. Februar 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2012 auf 137.796,81 € und die [X.] für Februar 2011 unter Änderung des [X.]s vom 21. März 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2012 auf 151.277,51 € festzusetzen.

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das inzwischen zuständig gewordene Finanzamt) beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

7

Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass die angefochtenen Steuerfestsetzungen rechtmäßig sind.

8

1. Das [X.] erhebt nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] eine [X.] u.a. auf den Aufwand für die [X.]enutzung von Spielautomaten mit Geld- oder Warengewinnmöglichkeit gegen Entgelt in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen i.S. des § 33i GewO. Spielautomaten mit Geld- oder Warengewinnmöglichkeit sind gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 [X.] Spielgeräte i.S. von § 33c Abs. 1 Satz 1 GewO. Die Steuer schuldet nach § 2 Abs. 1 [X.] das Unternehmen, das die Spielautomaten öffentlich zur [X.]enutzung gegen Entgelt aufstellt. [X.]esteuerungszeitraum für die [X.] ist gemäß § 4 [X.] der Kalendermonat.

9

Die Steuer für den in § 1 Abs. 1 [X.] bezeichneten Aufwand beträgt je Spielautomat und angefangenen Kalendermonat für Spielautomaten mit manipulationssicherem Zählwerk (§ 5 Abs. 1 Satz 2 [X.]) mit Geldgewinnmöglichkeit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der für [X.] ab dem [X.] geltenden Fassung 20 % des Einspielergebnisses. Einspielergebnis ist gemäß § 5 Abs. 3 [X.] der [X.]etrag der elektronisch gezählten [X.]ruttokasse. Diese errechnet sich aus der elektronisch gezählten Kasse zuzüglich Röhrenentnahme, abzüglich Röhrenauffüllung, Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld.

2. Die [X.] für Spielautomaten mit manipulationssicherem Zählwerk mit Geldgewinnmöglichkeit war in den [X.]n Januar und Februar 2011 mit dem dafür bestimmten Steuersatz von 20 % des Einspielergebnisses sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach verfassungsgemäß.

a) Die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers für das [X.]gesetz ergibt sich aus Art. 105 Abs. 2a Satz 1 [X.]. [X.]ei der [X.] handelt es sich dem Typus nach um eine örtliche Aufwandsteuer i.S. dieser Vorschrift.

aa) Nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 [X.] haben die Länder die [X.]efugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen [X.] und [X.], solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Die örtliche [X.] gehört zu den herkömmlichen örtlichen [X.] und [X.] ([X.]eschluss des [X.] vom 4. Februar 2009  1 [X.], [X.] 123, 1, unter [X.]1.a).

Die [X.] knüpft an die gewerbliche Veranstaltung von Automatenspielen an. Steuerschuldner ist das Unternehmen, das die Spielautomaten öffentlich zur [X.]enutzung gegen Entgelt aufstellt und somit das Vergnügen veranstaltet. Eigentliches [X.] ist gleichwohl der Vergnügungsaufwand des einzelnen Spielers, weil die Steuer darauf abzielt, die mit der Einkommens- und Vermögensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten (Urteil des [X.] --[X.]-- vom 7. Dezember 2011 II R 51/10, [X.]NV 2012, 790, Rz 39).

[X.]) [X.] sind wie die Verbrauchsteuern im Regelfall indirekte Steuern, bei denen Steuerschuldner und Steuerträger  --d.h. die (natürliche oder juristische) Person, die die Steuerlast im wirtschaftlichen Ergebnis trägt-- nicht identisch sind. Vielmehr ist die Steuer auf Abwälzung auf den Steuerträger angelegt, mit der Folge, dass die Unternehmer als Steuerschuldner von der Steuerlast wirtschaftlich ent- und die privaten Steuerträger wirtschaftlich belastet werden. Die [X.] sollen wie die Verbrauchsteuern die in der privaten Einkommens- und Vermögensverwendung zu Tage tretende steuerliche Leistungsfähigkeit des Endverbrauchers abschöpfen ([X.]-[X.]eschluss vom 13. April 2017  2 [X.]vL 6/13, [X.] 145, 171, Rz 118 f., m.w.N.).

cc) Es entspricht dem herkömmlichen [X.]ild der [X.], dass sie nicht bei dem Nutzer der Einrichtung oder Veranstaltung, dessen Aufwand besteuert werden soll, sondern beim Einrichtungsbetreiber oder Veranstalter als indirekte Steuer erhoben wird (Urteil des [X.] --[X.]VerwG-- vom 29. Juni 2017  9 [X.] 7.16, [X.]VerwGE 159, 216, Rz 15, m.w.N.). Dies gilt auch für eine Spielgerätesteuer, deren herkömmlichem [X.]ild es entspricht, dass sie steuertechnisch vom [X.] erhoben und sodann auf den Konsumenten als Steuerträger überwälzt wird ([X.]-Kammerbeschluss vom 1. März 1997  2 [X.]vR 1599/89, juris, unter [X.], m.w.N.). Die Steuer ist somit auf eine Überwälzbarkeit der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger "angelegt". Dadurch unterscheidet sich die [X.] maßgeblich von der Kernbrennstoffsteuer, die als [X.]undessteuer neu eingeführt worden war und vom [X.] mit [X.]eschluss in [X.] 145, 171, für verfassungswidrig erklärt wurde, weil sie in mehrfacher Hinsicht nicht dem Typus einer Verbrauchsteuer i.S. des Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 [X.] entsprach (Rz 134 ff. des [X.]eschlusses).

dd) Nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 [X.] dürfen örtliche [X.] bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig sein. Dieses Gleichartigkeitsverbot erfasst jedoch nicht die herkömmlichen örtlichen [X.] und [X.], selbst wenn diese dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpfen wie [X.]undessteuern. Andernfalls wären die Länder an der Regelung solcher Steuern schon im [X.]ereich der konkurrierenden Gesetzgebung gehindert; Art. 105 Abs. 2a Satz 1 [X.] würde deshalb entgegen der erkennbaren Intention des Verfassungsgebers leerlaufen.

Die herkömmlichen örtlichen [X.] und [X.] gelten demnach als nicht mit bundesrechtlich geregelten Steuern gleichartig i.S. des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 [X.] ([X.]-[X.]eschlüsse vom 4. Juni 1975  2 [X.]vL 16/73, [X.] 40, 52; vom 4. Juni 1975  2 [X.]vR 824/74, [X.] 40, 56; vom 23. März 1977  2 [X.]vR 812/74, [X.] 44, 216, und vom 26. Februar 1985  2 [X.]vL 14/84, [X.] 69, 174).

Zu diesen herkömmlichen Kommunalsteuern gehört auch die [X.] ([X.]-[X.]eschlüsse in [X.] 40, 52, und [X.] 40, 56; [X.]-Kammerbeschluss vom 1. März 1997  2 [X.]vR 1599/89, juris, unter [X.] [X.]), und zwar auch, wenn ihre Ausgestaltung verändert und fortentwickelt wird ([X.]-Kammerbeschluss vom 1. März 1997  2 [X.]vR 1599/89, juris, unter [X.].II.2.). Veränderungen im Maßstab und in der absoluten Höhe berühren den [X.]harakter als herkömmliche Aufwandsteuer danach nicht ([X.]eschluss des [X.] --OVG-- für das [X.] vom 29. Januar 2018  14 A 595/17, juris, Rz 29). Dies gilt insbesondere, wenn der bisherige Steuermaßstab wie etwa der Stückzahlmaßstab bei Gewinnspielgeräten mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht mehr vereinbar ist und daher durch einen anderen Steuermaßstab ersetzt werden muss, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht ([X.]-[X.]eschlüsse in [X.] 123, 1, unter [X.]., und vom 12. Februar 2014  1 [X.]vL 11, 14/10, [X.] 135, 238; [X.]VerwG-Urteil vom 13. April 2005  10 [X.] 5.04, [X.]VerwGE 123, 218).

ee) Für die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 [X.] ist es unerheblich, ob die Steuer in ihrer konkreten Ausgestaltung insbesondere hinsichtlich des [X.] und der Frage ihrer Abwälzbarkeit auf die Spieler den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht ([X.]-[X.]eschluss in [X.] 123, 1, unter [X.]; [X.]-Urteil in [X.]NV 2012, 790, Rz 37, m.w.N.). Die Kompetenznormen des [X.] enthalten keine Aussage zu diesen materiellen Fragen ([X.]-[X.]eschluss in [X.] 145, 171, Rz 127, m.w.N.; [X.] vom 14. Oktober 2015  9 [X.] 22.14, [X.], 116, Rz 11, und in [X.]VerwGE 159, 216, Rz 13, m.w.N.).

ff) Mit einer örtlichen Aufwandsteuer i.S. des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 [X.] dürfen auch Lenkungswirkungen mitverfolgt werden, mag die Lenkung Haupt- oder [X.] sein. Einer zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretenden Sachkompetenz bedarf es dafür nicht. Erst dann, wenn die steuerliche Lenkung nach Gewicht und Auswirkung einer verbindlichen Verhaltensregel nahekommt, die Finanzierungsfunktion der Steuer also durch eine [X.] mit [X.] verdrängt wird, indem der steuerpflichtige Vorgang unmöglich gemacht wird, bietet die [X.] keine ausreichende Rechtsgrundlage ([X.]VerwG-Urteil vom 15. Oktober 2014  9 [X.] 8.13, [X.]VerwGE 150, 225, Rz 18, 23, m.w.N.).

Dies gilt auch für eine [X.] auf Spielautomaten. Mit ihr dürfen [X.], namentlich in Gestalt einer Eindämmung der Spielsucht, verfolgt werden. Der Gesetzgeber darf durch die spezifische Ausgestaltung eines mit Art. 3 Abs. 1 [X.] grundsätzlich zu vereinbarenden Steuermaßstabs für eine Verwirklichung des [X.] sorgen ([X.]-[X.]eschluss in [X.] 123, 1, unter [X.].2.b cc, m.w.N.). Er darf den [X.] der Steuer deutlicher in den Vordergrund rücken und den [X.] zurücktreten lassen ([X.]-Kammerbeschluss vom 1. März 1997  2 [X.]vR 1599/89, juris, unter [X.].II.2.a).

Mit der Erhöhung des Steuersatzes auf 20 % des Einspielergebnisses ab dem [X.] ist die Finanzierungsfunktion der Steuer nicht durch eine [X.] mit [X.] verdrängt worden. Eine solche Verdrängung lässt sich weder den Feststellungen des [X.] entnehmen noch bringt dies die Klägerin substantiiert vor. Dass der steuerpflichtige Vorgang nicht unmöglich gemacht wurde, ergibt sich bereits daraus, dass sich nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 [X.]O) in den Jahren 2011 bis 2013 die Zahl der [X.] und der Spielautomaten in Spielhallen nur geringfügig vermindert und das Steueraufkommen deutlich erhöht hat. Der [X.] beabsichtigte mit der Erhöhung des Steuersatzes auf 20 % des Einspielergebnisses nicht, die Finanzierungsfunktion der Steuer durch eine [X.] mit [X.] zu verdrängen, und hat dies tatsächlich auch nicht bewirkt. Er hat vielmehr in der Vorlage zur [X.]eschlussfassung über den Entwurf des [X.] u.a. ausgeführt, durch die Erhöhung des Steuersatzes werde das Aufkommen der [X.] erhöht, ohne dass dies zu einer Übermaßbesteuerung führe und die Ausübung des [X.]erufs des Spielgeräteaufstellers unmöglich gemacht werde (Drucks des [X.] vom 9. November 2010  16/3616, Vorblatt Teil [X.]. und [X.]egründung).

Da die Spielautomatenaufsteller und nicht die Spieler die Steuer schulden, knüpft die [X.] an das Einspielergebnis an und wirkt sich nur mittelbar (durch Abwälzung) auf die Spieler aus. Zur Verfassungswidrigkeit der maßgebenden Vorschriften führt dies nicht.

b) Die in § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] vorgesehene Heranziehung des Einspielergebnisses als [X.]emessungsgrundlage der Steuer ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Maßstab des Einspielergebnisses weist einen ausreichenden [X.]ezug zu dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Spielers auf. Der hohe Aufwand des viel Spielenden schlägt sich in höheren Einspielergebnissen des [X.] nieder und führt folglich zu einer entsprechend höheren [X.]esteuerung. Somit korrespondiert das Einspielergebnis mit dem Vergnügungsaufwand der Spieler. Es ist daher als zulässiger Maßstab anerkannt ([X.] in [X.], 116, Rz 12, m.w.N., und in [X.]VerwGE 159, 216, Rz 54, m.w.N.).

c) Der in § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] für die Zeit ab dem [X.] bestimmte Steuersatz von 20 % des Einspielergebnisses ist mit den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 [X.]) und der [X.]erufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 ggf. i.V.m. Art. 19 Abs. 3 [X.]) vereinbar.

aa) Eine am Gleichheitssatz ausgerichtete, gerechte Zuteilung der Steuerlast bei indirekten [X.] erfordert, dass die Steuer jedenfalls im Ergebnis von demjenigen aufgebracht wird, der den von der Steuer erfassten Aufwand betreibt. Nur wenn sie dessen hierin zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit als den eigentlichen Gegenstand der [X.]esteuerung zu erreichen vermag, kann die indirekte Erhebung der Steuer bei einem Dritten wie etwa dem Halter der Spielgeräte vor dem Grundsatz der gerechten Lastenverteilung [X.]estand haben. Es genügt dabei die kalkulatorische Abwälzbarkeit in dem Sinn, dass der Steuerpflichtige den von ihm zu zahlenden [X.]etrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen kann ([X.]-[X.]eschluss in [X.] 123, 1, unter [X.].1.c und [X.].3.; [X.]-Urteile in [X.]NV 2012, 790, Rz 60; vom 15. Juli 2015 II R 32/14, [X.]E 250, 427, [X.]St[X.]l II 2015, 1031, Rz 34, und vom 15. Juli 2015 II R 33/14, [X.]E 250, 449, [X.], 126, Rz 33, jeweils m.w.N.). Es ist nicht notwendig, dass die Möglichkeit einer Abwälzung in jedem Einzelfall besteht; auch eine rechtliche Gewähr dafür, dass dem Unternehmer eine Abwälzung tatsächlich gelingt, ist nicht erforderlich ([X.]-[X.]eschluss in [X.] 145, 171, Rz 124, m.w.N.; [X.]VerwG-Urteil in [X.], 116, Rz 33). Die Voraussetzung einer kalkulatorischen Abwälzbarkeit ist zumindest so lange gegeben, wie der Umsatz nicht nur den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Kosten deckt, sondern in der Regel sogar noch Gewinn abwirft ([X.]-[X.]eschluss in [X.] 145, 171, Rz 125, m.w.N.).

Die Überwälzung der Steuerlast muss allerdings rechtlich und tatsächlich möglich sein. Ausgeschlossen wäre eine solche Überwälzbarkeit im Fall einer [X.] für Spielautomaten etwa dann, wenn sich der Steuerbetrag zusammen mit den sonstigen notwendigen Kosten für den [X.]etrieb der Geräte nicht mehr aus dem Spielereinsatz decken ließe und daher die Veranstalter zur Zahlung der Steuer ihre Gewinne aus anderen rentablen [X.]etriebssparten verwenden müssten (sogenannte schräge Überwälzung; vgl. [X.] in [X.], 116, Rz 34, und in [X.]VerwGE 159, 216, Rz 44, m.w.N.).

[X.]) Ein Eingriff in die Freiheit der [X.]erufswahl (Art. 12 Abs. 1 ggf. i.V.m. Art. 19 Abs. 3 [X.]) liegt vor, wenn die Steuer ihrer objektiven Gestaltung und Höhe nach es in aller Regel unmöglich macht, den angestrebten [X.]eruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen. Einer kommunalen Steuer kommt danach eine [X.]e Wirkung zu, wenn mit der Ausübung des in Rede stehenden [X.]erufs in der [X.] infolge dieser Steuer nach Abzug der notwendigen Aufwendungen kein angemessener Reingewinn erzielt werden kann. Der [X.]etrachtung ist nicht der einzelne, sondern ein durchschnittlicher [X.]etreiber im [X.]gebiet zugrunde zu legen. Art. 12 Abs. 1 [X.] gewährleistet keinen [X.]estandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen [X.]etriebsführung.

cc) Die Frage, ob die Steuer nicht auf die Spieler überwälzt werden kann, sondern [X.] wirkt, muss nicht allein auf der Grundlage betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Daten von Unternehmen im Geltungsbereich der maßgebenden Rechtsvorschriften beurteilt werden. Vielmehr kann auch der Entwicklung der Anzahl der entsprechenden [X.]etriebe im [X.]gebiet und der dort aufgestellten Spielgeräte seit Erlass der Vorschriften indizielle [X.]edeutung zukommen ([X.]VerwG-Urteil in [X.], 116, Rz 20; [X.]VerwG-[X.]eschluss vom 10. August 2017  9 [X.] 68.16, juris, Rz 32; jeweils m.w.N.). Es ist nicht erkennbar, weshalb ein wirtschaftlich denkender Unternehmer Spielgeräte über längere Zeit weiterbetreiben sollte, wenn es ihm wegen der Höhe der zu entrichtenden [X.] nicht möglich wäre, Gewinn zu erzielen ([X.]eschluss des OVG für das [X.] vom 29. Januar 2018  14 A 595/17, juris, Rz 40). Für eine [X.]e Wirkung spricht eine erkennbare Tendenz zum Absterben der [X.]ranche ([X.]VerwG-Urteil in [X.]VerwGE 159, 216, Rz 42).

dd) [X.] und das Gebot der kalkulatorischen Überwälzbarkeit haben zwar unterschiedliche Rechtsgrundlagen, führen aber zu einer im Ergebnis identischen [X.]egrenzung der verfassungsrechtlich zulässigen Höhe der Steuer ([X.]VerwG-Urteil in [X.], 116, Rz 35).

ee) Die [X.]ekämpfung der Spielsucht und weiterer negativer [X.]egleiterscheinungen des Spielbetriebs stellt ein legitimes Ziel für die [X.]erufsfreiheit einschränkende Regelungen dar. Spielsucht kann zu schwerwiegenden Folgen für die [X.]etroffenen, ihre Familien und die Gemeinschaft führen ([X.]-[X.]eschluss vom 7. März 2017  1 [X.]vR 1314/12 u.a., [X.] 145, 20, Rz 122, 133).

Wird mit der Steuererhebung auch ein [X.] wie etwa die Eindämmung der Wett- oder Spielleidenschaft der [X.]evölkerung verfolgt, wie es auch bei der Erhöhung des Steuersatzes auf 20 % des [X.] war (Drucks des [X.] vom 9. November 2010  16/3616, Vorblatt Teil A. und [X.]egründung Allgemeiner Teil), ist Art. 12 Abs. 1 [X.] selbst dann nicht verletzt, wenn die Steuererhebung nicht geeignet ist, diesen Zweck zu erreichen. Denn die Steuer rechtfertigt sich --unbeschadet eines [X.]s-- allein schon aus der Absicht, Einnahmen zu erzielen ([X.]VerwG-Urteil in [X.]VerwGE 159, 216, Rz 42).

ff) Die [X.]erliner [X.] auf Spielautomaten mit manipulationssicherem Zählwerk (§ 5 Abs. 1 Satz 2 [X.]) mit Geldgewinnmöglichkeit entsprach in den [X.]n Januar und Februar 2011 diesen Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 [X.]. Sie war auf Überwälzung auf die Spieler angelegt und hatte keine [X.]e Wirkung. Dass die Steuer in diesen Zeiträumen nicht kalkulatorisch auf die Spieler überwälzbar gewesen sei, hat weder das [X.] festgestellt noch bringt dies die Klägerin konkret vor. Eine Tendenz zum Absterben der [X.]ranche der [X.]etreiber von Spielgeräten in [X.]erlin war ausweislich der vom [X.] festgestellten Entwicklung der Zahl der [X.] und der Spielautomaten sowie der ebenfalls festgestellten laufenden deutlichen Erhöhung des Steueraufkommens nicht erkennbar. Unter diesen Umständen begründet es auch keinen Verfassungsverstoß, dass die Erhöhung des Steuersatzes bereits zum 1. Januar 2011 in [X.] getreten ist und die Klägerin kurzfristig nicht auf die Erhöhung reagieren konnte. Auf die bei der Klägerin konkret bestehenden Verhältnisse kommt es nicht an. Maßgeblich ist die generelle Möglichkeit, die Steuer kalkulatorisch abzuwälzen. Unerheblich ist, ob die Erhöhung des Steuersatzes geeignet ist, der Spielleidenschaft der Spieler entgegenzuwirken.

Ein zur Verfassungswidrigkeit führender additiver Grundrechtseingriff lag im Januar und Februar 2011 nicht vor. Das Spielhallengesetz [X.]erlin vom 20. Mai 2011 (GV[X.]l [X.]ln 2011, 223) muss bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des [X.]gesetzes in diesen [X.]n schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil es nach seinem § 10 erst am Tage nach der Verkündung in [X.] getreten ist und zudem in seinem § 8 für bereits bestehende Spielhallen Übergangsbestimmungen vorsieht. Es wirkt somit nicht auf Januar und Februar 2011 zurück. Davon abgesehen lässt sich den vom [X.] getroffenen Feststellungen zur Entwicklung der Zahl der [X.] und der Spielautomaten sowie des Steueraufkommens nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes entnehmen, dass die [X.] auch in diesem Zeitraum weder eine [X.]e Wirkung hatte noch ihre kalkulatorische Überwälzung auf die Spieler ausgeschlossen war.

Ein Steuersatz von 20 % auf das Einspielergebnis von Spielautomaten mit Geldgewinnmöglichkeit wird in der Rechtsprechung soweit ersichtlich allgemein als verfassungsgemäß angesehen (Urteile des Verwaltungsgerichtshofs [X.]aden-Württemberg vom 20. Juli 2017  2 S 1671/16, juris, Rz 43, 45; des [X.] vom 5. Dezember 2017  9 KN 208/16, juris, Rz 25 ff., und vom 5. Dezember 2017  9 KN 226/16, juris, Rz 53, 70, 82, 92 ff., m.w.N., sowie des [X.] ([X.]) vom 6. Dezember 2017  1 K 418/17.NW, juris, Rz 23 ff.).

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O, die Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung auf § 90 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II R 43/15

25.04.2018

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 7. Juli 2015, Az: 6 K 6071/12, Urteil

Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 105 Abs 2a S 1 GG, § 1 Abs 1 VergnStG BE 2009, § 2 Abs 1 VergnStG BE 2009, § 4 VergnStG BE 2009, § 5 VergnStG BE 2009 vom 15.12.2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.04.2018, Az. II R 43/15 (REWIS RS 2018, 10082)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10082

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