Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.06.2019, Az. B 11 AL 7/19 B

11. Senat | REWIS RS 2019, 6402

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Klärungsbedürftigkeit - Berechnung des Arbeitslosengeldes - Lohnsteuerklassenwechsel von Ehegatten außerhalb des Leistungsbezuges - Hinweis- und Beratungspflicht der Bundesagentur für Arbeit


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des [X.] vom 6. Februar 2019 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).

2

Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 [X.] SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des [X.] von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das [X.], der [X.] oder das [X.] aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das [X.] diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr; vgl etwa [X.] vom [X.] [X.] 142/02 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 1. Aufl 2017, § 160 Rd[X.] 119).

3

Die Beschwerdebegründung des [X.], der sich in der Sache gegen die Bemessung des ihm gewährten Alg unter Berücksichtigung der [X.] wendet, wird diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Er zeigt einerseits zwar Rechtssätze aus dem Urteil des [X.] (B 7 [X.] 52/03 R - [X.], 267 = [X.] 4-4300 § 137 [X.] 1) zur Beratungspflicht der [X.] bei einem [X.] von Ehegatten auf. Andererseits führt er aber aus, dass sich das [X.] hiermit auseinandergesetzt und ausgeführt hat, dieses Urteil betreffe wie auch weitere Urteile des [X.] nur den - hier nicht vorliegenden - Fall eines [X.]s von Ehegatten während des Leistungsbezugs. Die rechtlichen Aussagen des [X.] in dem vom Kläger angeführten Urteil waren deshalb, selbst wenn sie so weit zu fassen sein sollten, wie es der Kläger meint, für die Entscheidung des [X.] rechtlich nicht tragend. Eine Abweichung des [X.], die die Zulassung der Revision begründen könnte, liegt deshalb schon nach seinen eigenen Ausführungen nicht vor.

4

Auch eine grundsätzliche Bedeutung hat der Kläger nicht formgerecht dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 [X.] 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa [X.] vom [X.] [X.] 142/02 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.] S 70 mwN).

5

Auch diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des [X.] nicht gerecht. Er macht geltend, grundsätzliche Bedeutung komme der Rechtsfrage zu, ob § 153 Abs 3 [X.] überhaupt im Sinne der oben aufgeführten Rechtsprechung des [X.] verfassungskonform angewendet werden könne, wenn sich der verheiratete Versicherte zum Zeitpunkt des [X.] noch nicht im Leistungsbezug nach dem [X.] befinde. Dies zielt im Ergebnis auf die Frage, ob die aus verfassungsrechtlichen Gründen während des Leistungsbezugs anzunehmenden besonderen Hinweis- und Beratungspflichten der [X.] zu den leistungsrechtlichen Risiken des [X.]s von Ehegatten schon dann bestehen, wenn ein Leistungsbezug nach dem [X.] noch nicht absehbar ist.

6

Der Kläger zeigt indes nicht auf, warum diese Frage klärungsbedürftig sein soll, insbesondere, warum sie sich nicht vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung des [X.] zum [X.] von Ehegatten einfach beantworten lässt. Hierzu hätte es unter Auseinandersetzung mit der verfassungsrechtlichen Fundierung der besonderen Hinweis- und Beratungspflichten (vgl [X.] - B 7 [X.] 52/03 R - [X.], 267 = [X.] 4-4300 § 137 [X.] 1, juris Rd[X.] 11 ff) Ausführungen dazu bedurft, worin eine Rechtgrundlage für solche Pflichten mit korrespondierenden subjektiven Rechten zu sehen sein sollte, wenn noch gar kein Sozialrechtsverhältnis zur Beklagten besteht. Insoweit reicht es nicht aus, wenn sich der Kläger auf die apodiktische Behauptung beschränkt, der nicht bestehende Leistungsbezug nach dem [X.] zum Zeitpunkt des [X.] könne doch nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken, die durch das [X.] ausschließlich über umfassende Informationspflichten ausgeräumt worden seien, entfallen lassen. Die vom [X.] ausgelegten Normen des [X.] waren in den entschiedenen Fällen wegen des Leistungsbezugs zum Zeitpunkt des [X.] - anders als hier - immerhin schon anwendbar. Zudem führt das [X.] aus, dass die Informationspflichten der [X.] gegenüber "Arbeitslosen" bestehen (vgl nur [X.] - B 7 [X.] 52/03 R - [X.], 267 = [X.] 4-4300 § 137 [X.] 1, juris Rd[X.]), setzt also ein Sozialrechtsverhältnis voraus.

7

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die aufgeworfene Frage überhaupt klärungsfähig, dh im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich wäre. Der Hinweis des [X.], nach den konkreten Umständen sei der Steuerklassenwechsel sinnvoll und zweckmäßig gewesen und auch bei einer angenommenen Aufklärungspflicht hätte kein Anlass bestanden, hiervon abzuraten, spricht jedenfalls dagegen.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Meta

B 11 AL 7/19 B

12.06.2019

Bundessozialgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Lüneburg, 20. Februar 2018, Az: S 39 AL 105/14, Urteil

§ 153 Abs 3 SGB 3, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.06.2019, Az. B 11 AL 7/19 B (REWIS RS 2019, 6402)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6402

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