Bundessozialgericht, Beschluss vom 29.07.2019, Az. B 11 AL 15/19 B

11. Senat | REWIS RS 2019, 4994

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassung der Revision - Darlegung der Divergenz und grundsätzlichen Bedeutung - Lebenszeitbeamter - Gleichstellungsanspruch mit schwerbehinderten Menschen - keine Breitenwirkung - konkreter Einzelfall


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des [X.] vom 13. März 2019 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 [X.], § 169 [X.]).

2

Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.] ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des [X.] von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] abweicht. Dabei ist auf die aktuelle Rechtsprechung von [X.], [X.] oder [X.] abzustellen ( vgl [X.] vom 16.10.1986 - [X.] 338/85 - [X.] 1500 § 161 [X.]; [X.] in [X.], [X.], § 160 Rd[X.] 149, Stand September 2018 ; [X.] in [X.][X.], jurisPK-[X.], 1. Aufl 2017, § 160 Rd[X.] 137), denn auch die [X.] zielt auf die Herstellung von Rechtseinheit, die aber dann nicht mehr in Frage steht, wenn möglicherweise divergierende Rechtsprechung aufgegeben oder geändert wurde.

3

Die Beschwerdebegründung des [X.], der sich in der Sache gegen die Ablehnung seiner Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen wendet, zeigt, soweit sie sich auf § 2 Abs 3 Alt 1 [X.] ([X.]) bezieht, keine Divergenz der Entscheidung des [X.] mit der aktuellen Rechtsprechung des [X.] auf. Denn zutreffend führt die Beschwerde aus, dass das [X.] in seiner jüngsten Entscheidung zu § 2 Abs 3 [X.] ausdrücklich den Rechtssatz aufgestellt hat, der [X.] setzt voraus, dass der behinderte Mensch einen konkreten Arbeitsplatz anstrebt ([X.] vom 6.8.2014 - B 11 [X.] 5/14 R - [X.] 4-3250 § 2 [X.] Rd[X.] 19). Die Beschwerde stellt auch nicht in Abrede, dass das [X.] genau von diesem Rechtssatz ausgegangen ist. Sie macht vielmehr geltend, das [X.] sei von früheren eigenen Entscheidungen abgewichen, ohne dass es dies ausreichend begründet habe. Dieser Vortrag vermag keine Divergenz zwischen [X.] und [X.], sondern allenfalls eine grundsätzliche Bedeutung zu begründen, was allerdings Ausführungen dazu bedurft hätte, warum diese Rechtsfrage durch die aktuelle Entscheidung (noch) nicht abschließend geklärt sein sollte, an denen es fehlt.

4

Im Übrigen liegt eine Abweichung nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das [X.], der [X.] oder das [X.] aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das [X.] diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr, vgl etwa [X.] vom [X.] [X.] 142/02 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.]; [X.] in [X.][X.], jurisPK-[X.], 1. Aufl 2017, § 160 Rd[X.] 119). Soweit der Kläger in Bezug auf § 2 Abs 3 Alt 2 [X.] ([X.]) auch eine Abweichung der Entscheidung des [X.] von der Entscheidung des [X.] vom 1.3.2011 (B 7 [X.] 6/10 R - [X.]E 108, 4 = [X.] 4-3250 § 2 [X.] 4) geltend macht, verkennt er dies. Ob aus den vom Kläger angeführten Gründen hier besondere Umstände im Sinne der Rechtsprechung des [X.] vorliegen, die auch bei Unkündbarkeit eines Lebenszeitbeamten eine Gleichstellung erfordern, um einen Arbeitsplatz behalten zu können, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls, die keine Zulassung der Revision wegen Divergenz rechtfertigt.

5

Schließlich ist durch die Beschwerde auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] 1 [X.]) nicht formgerecht dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr, vgl etwa [X.] vom [X.] [X.] 142/02 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.] S 70 mwN).

6

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des [X.] nicht gerecht. Es fehlt schon an der Formulierung einer Rechtsfrage, die mit Mitteln der juristischen Methodik entweder mit "Ja" oder "Nein", jedenfalls aber durch verallgemeinerungsfähige Aussagen des Revisionsgerichts beantwortbar ist (vgl zu diesen Anforderungen nur [X.] in [X.][X.], jurisPK-[X.], 1. Aufl 2017, § 160 Rd[X.] 85 f; [X.] in [X.], [X.], § 160 Rd[X.] 109, Stand September 2018). Wenn die formulierte Rechtsfrage erstens an die Polizeivollzugsdienstuntauglichkeit, zweitens an die Umsetzung auf einen nicht qualifizierten Arbeitsplatz und drittens an eine geringere Besoldung anknüpft, bezieht sie sich tatsächlich auf den konkreten Einzelfall des [X.], stellt also im [X.] die Subsumtion des [X.] in Frage und nicht die angelegten rechtlichen Maßstäbe. Noch deutlicher wird dies durch den zweiten Teil der formulierten Frage mit Bezug auf konkrete Maßnahmen des Arbeitgebers unter Berücksichtigung einer behinderungsbedingten Umsetzung im Zusammenhang mit der Gleichstellung, die nur schwerlich verallgemeinerungsfähige Antworten zulassen würde. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob im Hinblick auf die Entscheidung des [X.] vom 1.3.2011 (B 7 [X.] 6/10 R - [X.]E 108, 4 = [X.] 4-3250 § 2 [X.] 4) weiterer rechtlicher Klärungsbedarf zu den besonderen Umständen, unter denen Lebenszeitbeamte gleichzustellen sind, überhaupt noch angenommen werden kann. Dem könnte entgegenstehen, dass dabei doch eher die Würdigung von [X.] in Rede steht, die den Tatsachengerichten obliegt.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 [X.].

Meta

B 11 AL 15/19 B

29.07.2019

Bundessozialgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Neubrandenburg, 5. Januar 2017, Az: S 1 AL 39/15, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 2 Abs 3 Alt 2 SGB 9

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 29.07.2019, Az. B 11 AL 15/19 B (REWIS RS 2019, 4994)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4994

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