Bundessozialgericht, Urteil vom 18.01.2011, Az. B 4 AS 29/10 R

4. Senat | REWIS RS 2011, 10367

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Antragserfordernis - keine Fortwirkung des ursprünglichen Leistungsantrages - keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Hinweis auf Folgeantrag - sozialrechtlicher Herstellungsanspruch


Leitsatz

Das Jobcenter versäumt eine ihm obliegende Aufklärungspflicht, wenn es - nachdem es nach Ablauf des ersten Bewilligungszeitraums Alg II ohne einen Fortzahlungsantrag weitergezahlt hat - für den dritten Bewilligungsabschnitt nicht auf das Erfordernis eines Fortzahlungsantrags für die weitere Leistungsgewährung hinweist.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 18. Dezember 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] im Zeitraum vom 1.1. bis [X.] aufgrund eines [X.] vom [X.].

2

Der 1943 geborene Kläger bezog bis zum 31.12.2004 [X.]. Seit dem 1.1.2005 erhält er [X.] Die Leistungen wurden ihm für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005 aufgrund eines Antrags vom 20.12.2004 bewilligt. Ohne einen erneuten Antrag bewilligte der Beklagte durch sog "Änderungsbescheid" vom [X.] Leistungen für den Zeitraum vom 1.7. bis [X.] In dem Bescheid wurde der Kläger gebeten, für die erforderlichenfalls notwendige Weitergewährung rechtzeitig (4 Wochen vor Ablauf des "Gewährungszeitraums") Leistungen zu beantragen. Am [X.] reichte der Kläger einen von ihm am 30.1.2006 unterschriebenen Antrag auf Fortzahlung bei dem Beklagten ein. Daraufhin bewilligte der Beklagte ihm durch Bescheid vom 15.2.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab dem 13.2. bis zum 31.7.2006 und änderte diesen Bescheid durch weitere Bescheide vom 20./21.6. und [X.] der Höhe nach ab. Den Widerspruch des [X.], der sich nach dessen ausdrücklicher Erklärung vom [X.] nur noch gegen den Leistungsbeginn erst am [X.] richtete, wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15.11.2006 zurück.

3

Das [X.] hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger Leistungen ab dem 1.1.2006 in gesetzlicher Höhe zu gewähren (Urteil vom [X.]). Auf die Berufung des Beklagten hat das L[X.] das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 18.12.2009). Zur Begründung hat es ausgeführt, für den Beginn des [X.] sei nach § 37 Abs 1 [X.] das Datum der Antragstellung maßgebend. Zwar sei im [X.] nicht geregelt, wann ein neuer Antrag nach einer vorhergehenden Leistungsbewilligung erforderlich sei und wann die Wirkung eines einmal wirksam gestellten Antrags ende. Aus § 39 [X.]B X folge jedoch die Erledigung des Bescheides durch Zeitablauf, also mit dem Auslaufen des [X.]. Wegen der Aktualität des Hilfebedarfs komme es zudem für den Leistungsanspruch nicht auf die Kenntnis des [X.] des Bedarfs an. Die gegenteilige Auffassung überzeuge nicht; insbesondere könne nicht auf die Rechtsprechung des B[X.] zur [X.] zurückgegriffen werden. Es sei mit dem [X.] eine neue Rechtslage entstanden, die mit § 37 [X.] eigene Regeln aufstelle. Der Antrag nach dem [X.] sei anders als im Recht der [X.] keine materiell-rechtliche Anspruchs-, sondern nur eine Verfahrensvoraussetzung. Zudem erfolge eine Begrenzung auf den Bewilligungszeitraum. Ein nicht rechtzeitig gestellter Antrag führe dazu, dass Leistungen erst ab dem Tag der Antragstellung zu erbringen seien. Im konkreten Fall sei ein früherer Antragszugang bei dem Beklagten nicht behauptet und nicht festgestellt. Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist komme nicht in Betracht, da § 37 [X.] keine gesetzliche Frist normiere. Auch könne der Kläger für den streitigen Zeitraum keinen Leistungsanspruch auf Grundlage des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs durchsetzen. Eine für die Versäumnis des [X.] kausale Pflichtverletzung des Beklagten sei nicht gegeben. Den Hinweis auf das Erfordernis eines [X.] im Bewilligungsbescheid für den vorhergehenden Leistungsabschnitt habe der Kläger nicht zur Kenntnis genommen. Auf Vertrauensschutz durch Fortzahlung der Leistungen ab dem [X.] ohne vorherigen Fortzahlungsantrag könne sich der Kläger nicht berufen. Dieses Vorgehen des Beklagten beruhe darauf, dass der Kläger für den Bewilligungszeitraum ab dem [X.] im vorherigen Bewilligungszeitraum nicht auf die Notwendigkeit eines [X.] hingewiesen worden sei.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 37 [X.]. Er habe aufgrund der Erfahrungen aus dem [X.]-Bezug darauf vertrauen können, dass - soweit erforderlich - vor dem Auslaufen des Bewilligungszeitraums ein neuer Antrag übersandt werde und eine Einladung zu einer persönlichen Vorsprache erfolge. Ein solches Vorgehen sei zudem auch dem Grundsatz des "Forderns und Förderns" geschuldet und ergebe sich als Nebenpflicht aus dem Leistungsverhältnis. Nach den fachlichen Hinweisen der [X.] ([X.]) zu § 37 [X.] (Ziffer 37.11a) habe der Beklagte zudem vier Wochen vor dem Ablauf des [X.] zentral mit einem Beendigungsschreiben ua einen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen nach dem [X.] zu übersenden. Für den Fall des verspäteten Eingangs des Antrags und fortbestehender Hilfebedürftigkeit hätten die Fachlichen Hinweise in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung eine Weiterbewilligung für den Fall des [X.] von Hilfebedürftigkeit vorgesehen (Fachliche Hinweise [X.]). Insoweit habe der Beklagte im Übrigen gegen seine Pflichten aus §§ 14, 2 Abs 2 und 17 [X.]B I verstoßen, worauf sich zumindest ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch gründe. Die Bedürftigkeit habe auch unverändert weiter bestanden.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 18. Dezember 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 19. Juni 2009 zurückzuweisen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision des [X.] zurückzuweisen.

7

Er hält die Ausführungen im Urteil des L[X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung an das [X.] begründet.

9

Ob der Kläger vom 1.1. bis 12.2.2006 einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] hat, konnte der [X.] nicht abschließend beurteilen. Es mangelt insoweit zwar an einem Leistungsantrag nach § 37 Abs 1 [X.] für den streitigen [X.]raum. Es war vorliegend auch nicht auf das Antragserfordernis zu verzichten, weil eine Fortzahlung von Leistungen im direkten [X.] an einen vorhergehenden Bewilligungszeitraum begehrt wird (2.). Ihm könnte jedoch ein Leistungsanspruch aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zustehen, weil der [X.] es pflichtwidrig unterlassen hat, ihn zeitnah vor dem Ende des vorhergehenden Bewilligungszeitraums auf die Notwendigkeit der Beantragung von Leistungen ab dem [X.] hinzuweisen (3a.). Ob eine derartige Pflichtverletzung des [X.]n kausal für den nicht rechtzeitigen Fortzahlungsantrag des [X.] war, konnte der [X.] nach den Feststellungen des [X.] ebenso wenig abschließend beurteilen, wie - sollte die Kausalität gegeben sein - das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen für [X.] im streitigen [X.]raum (3b.).

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind der Bescheid vom 15.2.2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 20.6., 21.6. und [X.], diese wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2006, mit denen der [X.] dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] für den [X.]raum vom [X.] bis 31.7.2006 bewilligt und eine Leistungsgewährung für den [X.]raum vom 1.1. bis 12.2.2006 abgelehnt hat.

2. Es kann auf der Grundlage der vom [X.] getroffenen Feststellungen bislang nicht beurteilt werden, ob im streitigen [X.]raum ein Leistungsanspruch des [X.] besteht. Insoweit gilt zwar, dass auch ein Fortzahlungsbegehren eines Antrags nach § 37 [X.] bedarf und bei verspäteter Antragstellung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand iS des § 27 [X.] X nicht in Betracht kommt. Hierzu wird auf die Ausführungen in der Entscheidung des [X.]s vom selben Tag zu dem Aktenzeichen [X.] [X.]/10 R verwiesen.

3. Dem Kläger könnte für den streitigen [X.]raum jedoch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zur Seite stehen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung (vgl ua [X.] vom 31.10.2007 - [X.]/11b [X.]/06 R, [X.] 4-1200 § 14 [X.]), dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 [X.]), verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des [X.] und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (vgl zum [X.] [X.] B 7 [X.] 52/03 R, [X.]E 92, 267 , 279 = [X.] 4-4300 § 137 [X.] mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

a) Der [X.] hat es vorliegend pflichtwidrig unterlassen, den Kläger über die Erforderlichkeit eines Antrags auf Fortzahlung von [X.] in zeitlichem Zusammenhang mit dem Ende des letzten Bewilligungszeitraums hinzuweisen. Anders als vom [X.] zugrunde gelegt, erschöpft sich die Beratungspflicht des [X.]n im konkreten Fall nicht in einer Bitte, bei Fortbestehen der Hilfebedürftigkeit rechtzeitig einen Antrag auf Weiterzahlung zu stellen. Aus dem Sozialrechtsverhältnis zwischen dem Grundsicherungsträger und dem Hilfebedürftigen folgt vielmehr die Verpflichtung - wie sie auch in den Fachlichen Hinweisen der [X.] unter Ziffer 37.11a ihren Niederschlag gefunden hat -, den Leistungsempfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vor dem Ende des letzten Bewilligungszeitraums darauf aufmerksam zu machen, dass eine Fortzahlung der Leistungen von einer Antragstellung abhängig ist und erst der Antrag die Leistungsgewährung auslöst, wenn das Antragserfordernis für den Leistungsempfänger nicht offensichtlich sein muss. So liegt der Fall hier.

Rechtsgrundlage für die Beratungspflicht in Form einer Hinweispflicht sind §§ 14, 15 [X.]. Eine umfassende Beratungspflicht des Sozialversicherungsträgers bzw des [X.] besteht zunächst regelmäßig bei einem entsprechenden Beratungs- und Auskunftsbegehren des Leistungsberechtigten (vgl [X.] vom [X.] [X.] R; [X.] vom 14.11.2002 - B 13 RJ 39/01 R, [X.] 3-2600 § 115 [X.]). Ausnahmsweise besteht nach ständiger Rechtsprechung des [X.] auch dann eine Hinweis- und Beratungspflicht des Leistungsträgers, wenn anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung in einem Sozialrechtsverhältnis dem jeweiligen Mitarbeiter eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit ersichtlich ist, die ein verständiger Versicherter/Leistungsberechtigter wahrnehmen würde, wenn sie ihm bekannt wäre ([X.] vom [X.] [X.] 22/06 R; stRspr des [X.]; vgl [X.] vom 27.7.2004 - B 7 SF 1/03 R, [X.] 4-1200 § 14 [X.] mit [X.], [X.] 2005, 239 ; [X.] vom 10.12.2003 - [X.] VJ 2/02 R, [X.]E 92, 34 = [X.] 4-3100 § 60 [X.]; [X.] vom 14.11.2002 - B 13 RJ 39/01 R, [X.] 3-2600 § 115 [X.] mit [X.], [X.] 2003, 407 ; [X.] vom [X.] - [X.] RJ 50/98 R, [X.] 3-1200 § 14 [X.] 29 mit [X.], [X.] 2001, 593 ; [X.] vom 5.8.1999 - B 7 [X.] 38/98 R, [X.] 3-4100 § 110 [X.] 2; [X.] vom 26.10.1994 - 11 [X.], [X.] 3-1200 § 14 [X.]6; [X.] vom 6.5.1992 - 12 RK 45/91, [X.] 3-1200 § 14 [X.] 6 S 13; [X.] vom [X.] - [X.] RJ 56/97 R - [X.] 1999, 26 ). Dabei ist die Frage, ob eine Gestaltungsmöglichkeit klar zu Tage liegt, allein nach objektiven Merkmalen zu beurteilen ([X.] vom 26.10.1994 - 11 [X.], [X.] 3-1200 § 14 [X.]6). Eine derartige Situation liegt hier vor.

Es ist - auch im zeitlich befristeten Leistungsbezug - von einem bestehenden Sozialrechtsverhältnis auszugehen. Zum Leistungsrecht der [X.] nach dem [X.]I hat der 7. [X.] des [X.] entschieden, dass ein solches Sozialrechtsverhältnis bereits durch die Arbeitslosmeldung bzw die Antragstellung bei der [X.] entsteht ([X.] vom [X.] [X.] 22/06 R, [X.]E 98, 108 = [X.] 4-4300 § 324 [X.] 3; [X.] vom 26.10.1976 - 12/7 [X.], [X.] 4100 § 44 [X.] S 28; [X.] B 7 [X.] 52/03 R , [X.]E 92, 267 , 269 = [X.] 4-4300 § 137 [X.]). Selbst wenn, wie in der Entscheidung des [X.]s vom selben Tag (Az: [X.] [X.]/10 R) dargelegt, der Arbeitslosmeldung bzw den Anträgen im Bereich von [X.]I und [X.] unterschiedliche rechtliche Bedeutung zukommt, so ist eine derartige Beratungspflicht jedoch einerseits bereits der gesetzlichen Konzeption des [X.], insbesondere dem Grundsatz des Forderns und Förderns und der Ableitung des Existenzsicherungsanspruchs aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG (vgl [X.] vom 31.10.2007 - [X.]/11b [X.]/06 R, [X.] 4-1200 § 14 [X.]; [X.] vom 27.7.2004 - B 7 SF 1/03 R, [X.] 4-1200 § 14 [X.]) und andererseits der konkreten Situation im vorliegenden Fall geschuldet. Der [X.] hat im Bescheid vom [X.] für den [X.]raum nach dem 31.12.2005 um eine rechtzeitige Beantragung von Leistungen für den Fall des [X.] von Hilfebedürftigkeit "gebeten". Darauf, dass im Falle des [X.] der Hilfebedürftigkeit über den Bewilligungszeitraum hinaus Leistungen nur auf einen Fortzahlungsantrag hin und erst ab dem [X.]punkt des Eingangs des Antrags beim Grundsicherungsträger zu gewähren sind, hat er den Kläger nicht hingewiesen. Dieses wäre jedoch erforderlich gewesen, weil er die Leistungen für den Bewilligungszeitraum beginnend am [X.] ohne einen Fortzahlungsantrag gewährt hatte. Der Kläger konnte mithin nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass der Fortzahlungsantrag konstitutive Wirkung hat. Durch sein Verhalten hat der [X.] vielmehr den gegenteiligen Eindruck vermittelt. Zudem ist, wenn in einem vorhergehenden Bewilligungsabschnitt Leistungen bezogen worden sind - mit Ausnahme weniger besonders gelagerter Fälle - auch ein Begehren auf Fortzahlung der Leistungen immer als eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit eines verständigen Leistungsbeziehers in Betracht zu ziehen.

b) Die erforderliche Beratung hat der [X.] im vorliegenden Fall zwar unterlassen. Für sich genommen steht damit jedoch noch nicht fest, dass der Kläger deswegen im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen wäre, als habe er rechtzeitig die Fortzahlung des [X.] beantragt. Denn ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch setzt - wie oben schon dargelegt - die Kausalität der Pflichtverletzung zum eingetretenen sozialrechtlichen Schaden voraus (vgl zB [X.] vom 23.5.1996 - 13 RJ 17/95, [X.] 3-5750 Art 2 § 6 [X.]5 S 52), konkret also, dass der Kläger dann, wenn er den Hinweis - entsprechend den obigen Anforderungen - erhalten hätte, den Antrag rechtzeitig gestellt hätte ([X.] vom [X.] RJ 4/06 R, [X.] 4-2600 § 115 [X.] 2). Insoweit trägt der Kläger die negative Feststellungslast (Beweislast). War der Kläger zB auch ohne einen entsprechenden Hinweis über die Erforderlichkeit einer Antragstellung informiert, könnte dies dagegen sprechen, dass er auf einen Hinweis den Antrag tatsächlich gestellt hätte. Hierzu hat das [X.] ausgeführt, der Kläger habe den Hinweis auf die Notwendigkeit eines [X.] im Bescheid vom [X.] vorwerfbar nicht zur Kenntnis genommen. Eine etwaige Verletzung der Beratungspflicht sei damit nicht kausal für das weitere Verhalten des [X.] geworden. Dem Kläger hätte es vielmehr oblegen, sich durch Nachfrage bei dem [X.]n Klarheit über die Rechtslage zu verschaffen. Auch hat der Kläger der Würdigung des [X.] nicht widersprochen, dass er nicht aufgrund der [X.] Weitergewährung von [X.]-Leistungen über den 30.6.2005 hinaus habe davon ausgehen können, ein Antrag sei nicht erforderlich. Diese Ausführungen des [X.] binden den [X.] jedoch nur im Hinblick auf die vom [X.] zugrunde gelegte Tatsachenlage, also die "Bitte" des [X.]n in dem Bescheid vom [X.], rechtzeitig einen Fortzahlungsantrag zu stellen. Insoweit lässt das [X.] außer Betracht, dass sich die Situation dann anders darstellen könnte, wenn den [X.]n eine weitergehende Beratungspflicht trifft. Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei zutreffender Erfüllung der Beratungspflicht durch den [X.]n den Antrag nicht rechtzeitig gestellt hätte. Die Beurteilung, ob das Fehlverhalten des [X.]n kausal für das Verhalten des [X.] war, ist jedoch Aufgabe der Tatsacheninstanz ([X.] vom [X.] - B 7a [X.] 70/05 R, [X.] 4-4100 § 106 [X.]). Zwar hat der Kläger die erforderliche Antragstellung am [X.] nachgeholt; dieser Umstand ersetzt indes andererseits nicht die Feststellung, dass er dies auch schon vor dem Ende des Bewilligungsabschnitts getan hätte, wenn er ordnungsgemäß beraten worden wäre. Sollte das [X.] zu der Erkenntnis kommen, dass der Kläger bei entsprechender Beratung seinen Antrag "rechtzeitig" gestellt hätte, müssten alle sonstigen Voraussetzungen des [X.]-Anspruchs für die [X.] ab [X.] geprüft werden. Nur wenn alle Voraussetzungen vorliegen, wäre der [X.] zur [X.]-Zahlung zu verurteilen.

Das [X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 4 AS 29/10 R

18.01.2011

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Frankfurt, 19. Juni 2009, Az: S 33 AS 1252/06, Urteil

§ 37 Abs 1 SGB 2, § 37 Abs 2 S 1 SGB 2, § 41 SGB 2, § 27 Abs 1 S 1 SGB 10, § 39 SGB 10, § 14 SGB 1, § 15 SGB 1

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 18.01.2011, Az. B 4 AS 29/10 R (REWIS RS 2011, 10367)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10367

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