Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2012, Az. V ZR 136/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 10146

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BUND[X.]SG[X.]RICHTSHOF

IM NAM[X.]N D[X.]S VOLK[X.]S

URT[X.]IL
V [X.]
Verkündet am:
13. Januar 2012
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 683, 677, 670
Der Anspruch auf [X.]rsatz der zu einer Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwen-dungen kann durch einen Abzug "neu für alt" gemindert sein.

[X.], Urteil vom 13. Januar 2012 -
V [X.] -
LG [X.]

AG [X.]schweiler

-
2 -
Der V. Zivilsenat des [X.] hat am
13. Januar 2012 durch [X.]
Dr.
Krüger, [X.] Lemke und Dr. Czub
und die Richterinnen Dr.
[X.] und Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des [X.] vom 3. Mai 2011
wird auf Kosten der Klägerin zu-rückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin ist [X.]igentümerin eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in [X.].

. Vor dem Grundstück steht
ein von der beklagten [X.] gepflanzter und unterhaltener
Baum. Dessen Wurzeln waren in den [X.] der Klägerin eingewachsen und hatten diesen beschädigt. Die Klägerin ließ die erforderlichen Reparaturarbeiten durchführen und erhielt dafür
von der Versicherung der [X.] einen
Ausgleichsbetrag. Mit ihrer Klage hat sie
einen weiteren Betrag von zuletzt 2.971,49

nebst Zinsen [X.]. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat der [X.] zugesprochen.
Mit der
von dem [X.] zuge-lassenen Revision möchte die Klägerin die Verurteilung der [X.] zur [X.] von insgesamt 2.011,0nebst Zinsen erreichen.
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
1
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3 -

[X.]ntscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht bejaht
einen Anspruch der Klägerin unter
dem Ge-sichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 670, 683
BGB.
Die Beklagte sei aus §
1004 Abs.
1 BGB zur Beseitigung der eingewachsenen Wurzeln und zur Reparatur des Kanals verpflichtet gewesen. Von dieser Verpflichtung sei sie durch das Tätigwerden der Klägerin befreit
worden. Grundsätzlich erstattungs-fähig sei von den Werklohnkosten des Bauunternehmers, der den [X.] eines neuen Kanals beseitigt habe, ein Betrag von 2.071,67

. Hiervon sei allerdings unter Berücksichtigung des Alters und der Lebensdauer des ersetzten Kanals ein Abzug "neu für alt"
zu machen, so dass nur ein Betrag von 215,13

zu erstatten sei.
Hinzu komme ein nach § 287 ZPO geschätzter Betrag von 1.014,59

für eigene Aufwendungen der Klägerin und ihres [X.]he-mannes sowie Kosten für einen Container in Höhe von 226,10

.
Von dem sich daraus ergebenden Gesamtbetrag von 1.455,82

bleibe unter Berücksichti-gung der erhaltenen Versicherungsleistung nur der zugesprochene Betrag von 119,52

von der [X.] zu erstatten.

II.
Das hält einer
revisionsrechtlichen Prüfung stand.
1. Die Berufung ist entgegen der Auffassung der [X.] zulässig. [X.]s ist zwar richtig, dass sich die Berechnung des mit dem Berufungsantrag weiter-hin verfolgten [X.] nicht erschließt. Das ändert aber nichts daran, dass Antrag und Begründung den Umfang und die Zielrichtung des Rechtsmit-tels klar erkennen lassen. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen 2
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4
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4 -

des Berufungsgerichts hat die Klägerin ihre erstinstanzlich gestellten Anträge mit Ausnahme einer Position weiterverfolgt. Ob sie dafür einen schlüssigen, insbesondere auch rechnerisch nachvollziehbaren Vortrag gehalten hat, ist [X.] Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels, sondern der Begründetheit.
Damit erledigt sich zugleich der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erho-bene [X.]inwand der Revision, das angefochtene Urteil lasse mangels Mitteilung der Anträge nicht den Gegenstand des Berufungsverfahrens erkennen.
2. Zutreffend -
und von der Revision nicht angegriffen
-
ist der Aus-gangspunkt des Berufungsgerichts.
Der
Klägerin stand nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen die Beklagte
ein Anspruch auf Beseitigung der durch die
Wurzeln
eingetretenen Beeinträch-tigung zu.
Der Anspruch umfasste
die Wiederherstellung des beschädigten [X.], da die [X.]ntfernung der Wurzeln zu dessen Zerstörung geführt
hatte
([X.] [X.]., siehe nur
Urteil vom 4. Februar 2005 -
V
ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1368
mwN).
Der
[X.]igentümer, der eine solche Beeinträchtigung selbst beseitigt, kann von dem
nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB an sich hierzu ver-pflichteten Störer [X.]rsatz der zu
der Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwen-dungen verlangen, und zwar
-
soweit sich die Voraussetzungen feststellen las-sen
-
aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677, 670
BGB), im Übrigen aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
2 BGB
([X.] Rspr.,
siehe nur Senat, Urteil vom 4.
Februar 2005 -
V
ZR 142/04, NJW 2005, 1366 f.
mwN).
3. Der sich danach
ergebende Zahlungsanspruch ist
durch einen
Abzug unter dem Gesichtspunkt "neu für alt"
gemindert.

a) [X.]s entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass der [X.] aus §
1004 Abs.
1 Satz
1 BGB durch ein Mitverschulden des [X.]igen-tümers entsprechend § 254 BGB beschränkt sein kann (Senat, Urteile vom 18.
April 1997 -
V
ZR 28/96, [X.]Z 135, 235, 239 und vom 21. Oktober 1994 5
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-
5 -

-
V
ZR 12/94, NJW 1995, 395 f. mwN).
Der Senat hat dies damit begründet, dass der auf lediglich objektiver Rechtswidrigkeit beruhende [X.] nicht weiter gehen kann
als ein auf schuldhaftem Handeln beruhender Schadensersatzanspruch (vgl. zu § 251 BGB Senat, Urteil vom 21. Dezember 1973 -
V
ZR 107/72, [X.], 572 f.) und dass bei dem in der Rechtspre-chung des Senats angenommenen weiten Umfang des Beseitigungsanspruchs ein Bedürfnis zur entsprechenden Anwendung schadensersatzrechtlicher [X.] besteht
(Senat, Urteil vom 18. April 1997 -
V
ZR 28/96, [X.]Z 135, 235, 239). [X.] erfolgt die Berücksichtigung des Mitver-schuldens in der Weise, dass der Beseitigungsanspruch durch eine Feststel-lung zur Kostenbeteiligung des Anspruchsberechtigten in Höhe von dessen Haftungsquote eingeschränkt wird
(Senat, Urteil vom 18. April 1997
-
V
ZR 28/96, [X.]Z 135, 235, 239 f.).

b) Nichts anderes gilt für die Berücksichtigung eines Abzugs
"neu für alt".

aa) In der Rechtsprechung finden sich [X.], die bei dem Beseiti-gungsanspruch aus
§
1004 Abs.
1 Satz
1 BGB die Berücksichtigung eines
Ab-zugs
"neu für alt"
für möglich erachten
([X.], [X.], 140 f.; vgl. auch [jeweils zu §
812 BGB]
[X.] 1968, 76, 84 f.
und -
die Frage offen lassend
-
OLG [X.], NVwZ-RR 2004, 11 f.).
In der Literatur wird die Möglichkeit eines Abzugs "neu für alt"
teilweise
als konsequente Fortführung der Rechtsprechung des Senats zur Anwendbarkeit des § 254 BGB im Rahmen von §
1004 BGB angesehen ([X.], NJW 2005, 241, 243; Wolf, [X.] §
254 [Bb], Nr. 13, [X.]. 5).
bb)
Dem ist zuzustimmen. Soweit diese Rechtsfortbildung von der Litera-tur vereinzelt abgelehnt wird ([X.], [X.] 2009, 215, 217 f., siehe
auch [X.]/[X.], BGB [2006], §
1004 Rn.
154
ff., insbes. Rn.
162
und [X.], [X.], 312, 315 [X.]. 28), beruhen die
Argumente
auf einem engeren 9
10
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-
6 -

von der Rechtsprechung des Senats nicht zugrunde gelegten Begriff der Beein-trächtigung und ihrer Beseitigung.
Zwar trifft es zu, dass der [X.] nach § 1004 Abs. 1 BGB eine andere Funktion
hat
als
Schadensersatz-ansprüche
([X.]/[X.], BGB [2006], §
1004 Rn.
156
f; [X.], [X.]
2009, 215, 218). Das ändert aber nichts daran,
dass er, so wie er von dem Senat verstanden und gehandhabt wird,
teilweise schadensersetzende Wirkung hat
(Urteil vom 18. April 1997 -
V
ZR 28/96, [X.]Z 135, 235, 239; sie-he
auch
zum Beseitigungsanspruch als Schadensersatzanspruch im Sinne der Haftpflichtversicherung [X.], Urteil vom 8. Dezember 1999
-
IV
ZR 40/99, [X.], 1194, 1196 f.). [X.]s ist daher folgerichtig, die Grundsätze über den Abzug "neu für alt"
darauf anzuwenden. So wie der Geschädigte durch eine
Scha-densersatzleistung nicht besser gestellt werden soll, als wenn das zum [X.]rsatz verpflichtende [X.]reignis nicht eingetreten wäre, so soll auch derjenige, dessen [X.]igentum (nur) beeinträchtigt wird, durch die Beseitigung der Störung keinen Vorteil erlangen. Dies ginge über das Pflichtenprogramm der [X.] hinaus, und zwar gerade dann, wenn -
und weil
-
ihr eine schadensersatz-rechtliche Komponente zukommt.
c) Ist
schon
der Beseitigungsanspruch durch einen
Abzug "neu für alt"
beschränkt, so versteht es sich von selbst, dass dies auch für Ansprüche gilt, die dem [X.] zustehen, wenn er die Störung und ihre Folgen selbst beseitigt.
Der [X.] kann nicht weiter reichen als der primäre Stö-rungsbeseitigungsanspruch.

4.
Die [X.]rmittlung der Höhe des Abzugs ist Aufgabe des Tatrichters. Das Berufungsgericht hat, sachverständig beraten,
auf Grundlage der hypotheti-schen Lebensdauer des alten Kanals ohne [X.]intritt der [X.] und der Lebensdauer des nun neu errichteten Kanals eine Schätzung durchgeführt. Dieses Vorgehen ist entgegen der Auffassung der Revision nicht zu beanstan-den.
12
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-
7 -

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger
Lemke
Czub

[X.]
Weinland
Vorinstanzen:
AG [X.]schweiler, [X.]ntscheidung vom [X.] -
27 [X.]/09 -

LG [X.], [X.]ntscheidung vom 03.05.2011 -
7 S 38/10 -

14

Meta

V ZR 136/11

13.01.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2012, Az. V ZR 136/11 (REWIS RS 2012, 10146)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 10146

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V ZR 136/11

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