Bundesfinanzhof, Beschluss vom 07.06.2011, Az. VIII B 183/10

8. Senat | REWIS RS 2011, 6018

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Gegenstand

Gründe für das Absehen von einer (erneuten) Zeugenvernehmung


Leitsatz

1. NV: Die gerichtliche Pflicht zur Sachaufklärung gebietet keine erneute Vernehmung eines Zeugen der bereits im Strafverfahren umfangreich ausgesagt hat, wenn die Strafakten einwendungsfrei in den FG-Prozess eingeführt sind und der die Vernehmung beantragende Beteiligte nicht darlegt, dass der Zeuge nunmehr etwas anderes bekunden soll .

2. NV: Die Pflicht zur Sachaufklärung gebietet auch nicht die Vernehmung eines Zeugen zu nicht entscheidungserheblichen Verfahrensfehlern im Strafprozess .

Gründe

1

Die Beschwerde ist nicht begründet. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[[X.].]O--) liegen nicht vor.

2

1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) rügt einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [[X.].]O), der in der Nichtvernehmung zweier Zeugen ([[X.].] und Oberstaatsanwältin [[X.].]) durch das Finanzgericht ([[X.].]) liegen soll. Diese Rüge greift nicht durch.

3

a) Was die Vernehmung der Zeugin [[X.].] angeht, fehlt es schon an substantiierten Angaben zu den ermittlungsbedürftigen Tatsachen, zum voraussichtlichen Ergebnis der Beweisaufnahme und dazu, inwiefern das Urteil des [[X.].] auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann (s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 120 Rz 69, m.w.N.). Die Zeugin [[X.].] hat im Revisionsverfahren gegen das Urteil des [[X.].] vom 27. Dezember 2001 als Vertreterin der Staatsanwaltschaft zwei strafprozessrechtliche Verfahrensfehler bezeichnet. Dieses Vorbringen war indes nicht entscheidungserheblich, denn das [[X.].] hat die Revision im Urteil vom 20. Oktober 2003 verworfen.

4

b) Auch im Übrigen kann der Kläger nicht erfolgreich geltend machen, das [[X.].] sei seiner Amtspflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 [[X.].]O) nicht nachgekommen, weil es den weiteren Beweisantrag zur Vernehmung des [[X.].] übergangen habe.

5

In einem circa eineinhalb Stunden vor Beginn der Verhandlung per Fax übermittelten [[X.].] hat der Prozessbevollmächtigte des [[X.].] erklärt, er werde in der Verhandlung --im [[X.].] vorformulierte-- Beweisanträge stellen. Ausweislich des [[X.].] hat der Prozessbevollmächtigte während der Verhandlung eine Kopie (u.a.) dieses [[X.].]es an die Beklagtenvertreterin übergeben. Hingegen sind die vorformulierten Beweisanträge nicht ausdrücklich zu Protokoll erklärt worden. Laut Protokoll hat der Einzelrichter die mündliche Verhandlung geschlossen, ohne Beschlussverkündung, ob eine Entscheidung verkündet oder zugestellt werde.

6

Es kann dahingestellt bleiben, ob das [[X.].] bei diesen Besonderheiten des [[X.].] das schriftsätzlich bekundete [[X.].] des [[X.].] nur als Beweisanregung werten durfte oder nicht doch als Beweisantrag hätte ansehen müssen; es kann auch dahingestellt bleiben, ob dem Kläger trotz der [[X.].] vorgehalten werden kann, dass er die unterbliebene Sachaufklärung in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt hat (vgl. zum so genannten Rügeverzicht § 155 [[X.].]O i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; Gräber/Stapperfend, a.a.[[X.].], § 76 Rz 33, m.w.N.).

7

Jedenfalls hat das [[X.].] ohne Verstoß gegen Verfahrensvorschriften davon abgesehen, den [[X.].] (erneut) zu vernehmen. Zu Recht hat das [[X.].] hinsichtlich der Aussage des [[X.].] auf das Ergebnis der Beweisaufnahme im Strafverfahren Bezug genommen, da der Kläger der Beiziehung und Verwertung der in der mündlichen Verhandlung vor dem [[X.].] in das Verfahren eingeführten Strafakten nicht entgegengetreten ist. Im Strafverfahren hatte der Zeuge [X.] bereits umfangreich ausgesagt. Dort sind die Bekundungen des [[X.].] nicht zu Gunsten des [[X.].] gewertet worden. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der Zeuge [X.] vor dem [[X.].] etwas anderes bekunden sollte. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, weshalb das [[X.].] den [[X.].] noch einmal hätte vernehmen sollen und inwiefern die Vernehmung das Ergebnis des vorliegenden Verfahrens hätte beeinflussen können. Dies gilt umso mehr, als das [[X.].] bereits im Beschluss in der [X.] (vom 19. Dezember 2007  [X.]) auf die Widersprüche zwischen den Einlassungen des [[X.].] und den Bekundungen des [[X.].] eingegangen ist.

8

2. Soweit der Kläger eine fehlerhafte Ermittlung der Schätzungsgrundlage geltend macht, ist nicht ersichtlich, welchen Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 [[X.].]O er damit geltend machen will. Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils führen grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des [X.] vom 28. April 2003 VIII B 260/02, [X.] 2003, 1336; vom 23. Juni 2003 I[X.] B 119/02, [X.] 2003, 1289; vom 27. März 2007 [X.]/05, [X.] 2007, 1335, m.w.N.).

Meta

VIII B 183/10

07.06.2011

Bundesfinanzhof 8. Senat

Beschluss

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 27. Oktober 2010, Az: 2 K 2761/10, Urteil

§ 76 Abs 1 S 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 155 FGO, § 295 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 07.06.2011, Az. VIII B 183/10 (REWIS RS 2011, 6018)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6018

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