Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.02.2015, Az. 4 StR 516/14

4. Strafsenat | REWIS RS 2015, 14941

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 516/14

vom
25. Februar
2015
in der Strafsache
gegen

wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 25.
Februar
2015
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 19.
August 2014
a)
im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und des
unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in drei Fällen schuldig ist;
b)
hinsichtlich der Einzelstrafen in den Fällen
II.4 und 5 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafen-
und Maßregel-ausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgeho-ben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] zurück-verwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in drei Fällen unter Einbeziehung der Geldstrafe aus einem Strafbefehl zu der [X.] von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
I.
Nach den
zu den Fällen
II.4 und 5 der Urteilsgründe getroffenen Fest-stellungen bewahrte der Angeklagte am 15.
Januar 2014 in seinem am Bahnhof in S.

abgestellten Pkw einen Vorrat von 85,6
Gramm Marihuana mit einer
Wirkstoffmenge von 14,9
Gramm THC auf, der

nach den weiteren Aus-führungen in den Urteilsgründen

unwiderlegt zum Eigenkonsum bestimmt
war (Fall
II.4 der Urteilsgründe). Am gleichen Tag erwarb der Angeklagte in
H.

von einem unbekannt gebliebenen Lieferanten 28,6
Gramm Kokain-
zubereitung mit 15,2
Gramm Kokainhydrochlorid zum Preis von 1.500
Euro, 61,5
Gramm Amphetamin (4,8
Gramm Amphetaminbase) für 300
Euro sowie 195,9
Gramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von 22,6
Gramm THC für 1.000
Euro. Der Angeklagte beabsichtigte, die erworbenen Betäubungsmittel gewinnbringend weiterzuveräußern. Hierzu kam es nicht mehr, da der An-geklagte unmittelbar nach seiner Rückkehr nach S.

im Bereich des Bahn-
1
2
-
4
-
hofs festgenommen und die Betäubungsmittel sichergestellt werden konnten (Fall
II.5 der Urteilsgründe).
II.
Der Revisionsangriff erfasst neben der Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall
II.5 der Urteilsgründe auch die Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes
von Betäu-bungsmitteln
in nicht geringer Menge im Fall
II.4 der Urteilsgründe. Zwar hat der Angeklagte sein Rechtsmittel ausdrücklich auf die Verurteilung wegen unerlaub-ten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge beschränkt. Diese Beschränkung ist aber insofern unwirksam, als es sich bei dem delikti-schen Verhalten des Angeklagten in den Fällen
II.4 und 5 der Urteilsgründe bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung (unten
III.1) um eine Tat im mate-riell-rechtlichen Sinne handelt. Hat der Tatrichter die von ihm festgestellten [X.] als mehrere rechtlich selbständige Handlungen bewertet, obwohl tatsächlich nur eine Tat vorliegt, kann die Revision nicht auf die rechtliche Be-wertung einzelner dieser Geschehnisse beschränkt werden (vgl. [X.], Urteile vom 21.
November 2002

3
StR
296/02, [X.], 264, 265; vom 17.
Okto-ber 1995

1
StR
372/94, [X.], 203).
III.
Soweit das [X.] bei den Taten
II.4 und 5 der Urteilsgründe von jeweils rechtlich selbständigen, real konkurrierenden Taten ausgegangen ist, hält das angefochtene Urteil einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Ferner be-ruht der von der [X.] angenommene Schuldumfang des unerlaubten 3
4
-
5
-
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auf einer unvoll-ständigen Beweiswürdigung.
1.
Nach der Rechtsprechung des [X.] verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. [X.], [X.] vom 16.
Juli 2013

4
StR
144/13, [X.], 163; vom 17.
März 2010

2
StR
67/10 Rn.
2; vom 12.
Oktober 2004

4
StR
358/04, [X.], 228; Urteile vom 11.
Dezember 2003

3
StR
375/02, [X.], 146, 148; vom
1.
August 1978

1
StR
173/78). Dient der Besitz an den [X.] dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu-rück (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschlüsse vom 2.
Oktober 2008

3
StR
352/08, [X.], 58; vom 17.
Mai 1996

3
StR
631/95, [X.]St 42, 162, 165
f.). Besitzt der Täter Betäubungsmittel teils zum Eigenkonsum und teils zu [X.], geht lediglich der Besitz an der zum Handel bestimmten [X.] im Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf, während es für die Eigenbedarfsmenge bei der Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verbleibt. Zwischen dem Handeltreiben mit Betäubungs-mitteln und dem gleichzeitigen Besitz der davon nicht betroffenen [X.] besteht Tateinheit (vgl. [X.], Beschlüsse vom 30.
Juni 1998

1
StR
293/98, [X.], 593; vom 30.
November 1995

1
StR
578/95; vom 12.
Oktober 1990

1
StR
539/90; vom 29.
August 1984

2
StR
173/84, bei [X.], NStZ 1985, 58; [X.] in Körner/[X.]/[X.], BtMG, 7.
Aufl., §
29 Rn.
108; [X.] in MüKoStGB, 2.
Aufl., §
29 BtMG Rn.
1209). Danach hat sich der Angeklagte im vorliegenden Fall durch den gleichzeitigen Besitz des im Pkw aufbewahrten, zum Eigenkonsum dienenden Marihuanas und der in H.

zu Handelszwecken erworbenen Betäubungsmittel des unerlaubten [X.]
-
6
-
bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaub-tem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht.
2.
Soweit das [X.] davon ausgegangen ist, dass auch das in H.

erworbene Kokain und Amphetamin vollständig zur gewinnbringen-
den Weiterveräußerung bestimmt waren, beruhen die Feststellungen auf einer unvollständigen Beweiswürdigung. Die [X.] hat ihre Überzeugung von der umfassenden Veräußerungsabsicht des Angeklagten unter anderem darauf gestützt, dass die Geldzuwendungen, die der Angeklagte im Tatzeitraum von Verwandten erhielt, bei weitem nicht ausreichten, um den täglichen Drogenkon-sum des Angeklagten von 3 bis 4
Gramm Marihuana und je 1
Gramm Kokain und Amphetamin zu finanzieren, und der Angeklagte am Tattag eine größere Menge Marihuana erwarb, obwohl er noch über einen beachtlichen Konsumvor-rat verfügte. Angesichts des ihren Erwägungen zugrunde gelegten [X.] des Angeklagten
an Kokain und Amphetamin
sowie des Umstands, dass anders als bei
Marihuana das Vorhandensein eines Vorrats an Kokain und Am-phetamin
nicht festgestellt werden konnte, hätte sich die [X.]
näher mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob das in H.

erworbene Kokain
und Amphetamin jedenfalls teilweise zum Eigenkonsum verwendet werden soll-te. Da diese Möglichkeit nach den Umständen nicht fernliegt, erweist sich die Beweiswürdigung des [X.] insoweit als lückenhaft.
Der Rechtsfehler betrifft indes lediglich den Schuldumfang der Tat. Denn der Schuldspruch wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß §
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG wird durch den Erwerb der nicht geringen Menge Marihuana getragen, deren Beschaffung zum Zwecke der gewinnbringenden Weiterveräußerung das [X.] rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Auch im Übrigen wird der Schuldspruch durch einen eventuel-6
7
-
7
-
len Erwerb von Kokain und Amphetamin zum Eigenverbrauch nicht berührt, weil der sich auf eine mögliche Erwerbsmenge zum Eigenkonsum beziehende Be-sitz in dem bereits
ohnehin
durch den Marihuanavorrat im Pkw verwirklichten unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aufginge, der in Tateinheit mit dem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge steht und hinter dem eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln nach §
29 Abs.
1 Nr.
1 BtMG hinsichtlich der möglicherweise in H.

erworbenen Eigenbedarfs-
mengen zurückträte (vgl. [X.], Beschluss vom 19.
September 2001

3
StR 268/01, [X.]R BtMG §
29 Abs.
1 Nr.
1 Konkurrenzen
5; Urteil vom 8.
April 1997

1
StR
65/97, NStZ-RR 1997, 227).
3.
Der [X.] kann daher den Schuldspruch entsprechend ändern. §
265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Bereits die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der [X.] in den Fällen
II.4 und 5 der Urteilsgründe und des Gesamtstrafenausspruchs zur Fol-ge. Die Aufhebung der zugehörigen Feststellungen erfasst insbesondere auch die Feststellungen zu der vom Angeklagten beabsichtigten Verwendung des in
H.

erworbenen Kokains und Amphetamins.
Wegen des Sachzusammenhangs
zwischen Gesamtstrafenausspruch und Maßregelanordnung, der sich hier aus der einer Aussetzung der Unterbrin-gung zur Bewährung ausschließenden Vorschrift des §
67b Abs.
1 Satz
2 StGB ergibt, kann auch der an sich rechtsfehlerfrei
getroffene [X.] nicht bestehen bleiben.

8
9
-
8
-
4.
Für die neu zu treffende Entscheidung weist der [X.] darauf hin, dass die im Ermessen des Tatrichters stehende Entscheidung, von der Mög-lichkeit des §
53 Abs.
2 Satz
2 StGB keinen Gebrauch zu machen, einer nähe-ren Begründung im Urteil bedarf, wenn die Gesamtstrafe

etwa wegen ihrer nicht mehr aussetzungsfähigen Höhe

das schwerere Strafübel darstellt
(vgl. Fischer, StGB, 62.
Aufl., §
53
Rn.
5 mwN). Nach §
55 Abs.
2 StGB aufrechtzu-erhalten sind
schließlich
nur solche Maßnahmen, die noch nicht erledigt sind (vgl. Fischer aaO, §
55 Rn.
29 mwN).
Sost-Scheible
Roggenbuck
Cierniak

Mutzbauer
Bender
10

Meta

4 StR 516/14

25.02.2015

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.02.2015, Az. 4 StR 516/14 (REWIS RS 2015, 14941)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14941

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Wird zitiert von

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4 StR 516/14

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