Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.07.2015, Az. I ZR 83/14

1. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 7679

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ZIVIL- UND ZIVILVERFAHRENSRECHT PREISBINDUNG

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Gegenstand

Wettbewerbsverstoß: Verstoß eines Internet-Versandhändlers gegen die Buchpreisbindung - Gutscheinaktion beim Buchankauf


Leitsatz

Gutscheinaktion beim Buchankauf

1. Maßstab für die Prüfung eines Verstoßes gegen die Buchpreisbindung ist, ob das Vermögen des Buchhändlers beim Verkauf neuer Bücher in Höhe des gebundenen Preises vermehrt wird.

2. Wer im Zusammenhang mit preisbindungsfreien Geschäften Gutscheine, die zum Erwerb preisgebundener Bücher eingesetzt werden können, an Letztverbraucher abgibt, ohne dass ihm bei der Abgabe des Gutscheins eine entsprechende Gegenleistung der Kunden zugeflossen ist, verstößt gegen die Buchpreisbindung.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 28. Januar 2014 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist der Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Die Beklagte verkauft über ihre Webseite [X.].   .de Waren aller Art im [X.], darunter auch in [X.] preisgebundene Bücher.

2

Über das auf der Webseite der [X.] angebotene "[X.]" können Kunden gebrauchte Bücher an die Beklagte verkaufen. Sie erhalten dafür einen Wertgutschein, der ihrem Kundenkonto gutgeschrieben wird und mit dem sie beliebige Waren aus dem Sortiment der [X.] kaufen können. Über die Webseite der [X.] ist eine Datenbank abrufbar, aus der die Buchtitel, die über das "[X.]" angekauft werden, die für einen Ankauf an das äußere Erscheinungsbild der gebrauchten Bücher gestellten Anforderungen sowie die jeweiligen Ankaufspreise ersichtlich sind, die die Beklagte zu zahlen bereit ist.

3

Während einer Werbeaktion vom 27. Dezember 2011 bis 8. Januar 2012 schrieb die Beklagte Kunden, die ihr mindestens zwei Bücher gleichzeitig zum Kauf angeboten hatten, zusätzlich zum angegebenen Ankaufspreis einen Gutschein über 5 € auf dem Kundenkonto gut. Auch dieser Gutschein konnte auf der Webseite der [X.] zum Erwerb beliebiger Produkte einschließlich preisgebundener Bücher eingesetzt werden.

4

Der Kläger sieht in der Anrechnung der im Rahmen der Werbeaktion für das "[X.]" ausgegebenen 5 €-Gutscheine auf den Kauf preisgebundener Bücher einen Verstoß gegen die Buchpreisbindung. Er hat beantragt, der [X.] zu untersagen,

beim Verkauf von verlagsneuen Büchern an [X.] Gutscheine, die die Beklagte zuvor selbst an ihre Kunden ausgegeben hat, auf den Kaufpreis in Form des gebundenen Ladenpreises anzurechnen, soweit zusätzlich zu den für den Ankauf von Büchern gewährten Gutschein ein "[X.]" in Höhe von 5 € angerechnet wird, wie geschehen in dem nachfolgend wiedergegebenen Angebot:

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5

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben ([X.], [X.], 890). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

A. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch als aus § 9 Abs. 1 und 2 Nr. 2, §§ 3, 5 [X.] begründet erachtet und dazu ausgeführt:

7

Die [X.] gewähre einen unzulässigen Preisnachlass auf den nach § 5 [X.] festgesetzten Preis, weil die bei der Werbeaktion für [X.] ausgegebenen Gutscheine auch bei einem späteren Kauf preisgebundener Bücher eingelöst werden könnten. Anders als bei einem vorab bezahlten Geschenkgutschein, bei dem der Buchhändler den Gegenwert des Gutscheins bereits vor Abschluss des Kaufvertrags über das preisgebundene Buch mit dem Beschenkten erhalten habe, stehe dem [X.] hier keine entsprechende Gegenleistung an den Verkäufer gegenüber. Damit die [X.] stets den gebundenen Ladenpreis erhalte, müsse der Anrechnung des Gutscheins in jedem Einzelfall eine konkrete, dem Gutscheinwert exakt äquivalente Einsparung gegenüberstehen. Die [X.] habe aber nicht dargelegt, dass sie bei Einlieferung von mindestens zwei gebrauchten Büchern in jedem Einzelfall eine Gegenleistung in Höhe von 5 € erlange. Zwar möge sich der Verwaltungsaufwand der [X.] verringern, wenn nur ein Vorgang angelegt und bearbeitet werden müsse. Konkrete Zahlen, anhand deren sich der wirtschaftliche Wert der verringerten Transaktionskosten objektiv feststellen ließe, habe die [X.] aber nicht genannt. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, dass sie bei jedem einzelnen Ankaufsgeschäft einen dem exakten Gutscheinwert von 5 € entsprechenden Gegenwert erhalte. Zudem sei der [X.] auch ausgegeben worden, wenn zwei Bücher eingeliefert worden seien, von denen jedoch nur eines von der [X.] angekauft worden sei.

8

§ 3 [X.] schließe eine Quersubventionierung der [X.]e durch auf die Gesamtheit der Teilnehmer bezogene Effizienzgewinne aus, die sich aus Einsparungen aufgrund gesunkener Transaktionskosten bei gleichzeitiger Einlieferung mehrerer Bücher ergäben. Der beim [X.] erworbene Wertgutschein sei ein geldwerter Vorteil, der sich erst bei seiner späteren Einlösung für eine nachfolgende Bestellung realisiere. Deshalb gehe die Auffassung der [X.] fehl, der im Gutschein verkörperte wirtschaftliche Wert sei dem Kunden bereits im Rahmen des [X.] vollständig zugeflossen, so dass es keinen Preisnachlass darstelle, wenn der Gutschein später bei einem Buchkauf eingelöst werde.

9

B. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Unterlassungsklage des Klägers gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] begründet ist, weil die Einlösung der von der [X.] bei [X.]n im Rahmen der beanstandeten Werbeaktion ausgegebenen [X.]e gegen §§ 3, 5 [X.] verstößt.

I. Soweit die [X.] neue Bücher an [X.] verkauft, ist sie nach § 3 Satz 1 [X.] verpflichtet, die nach § 5 [X.] von den Verlagen festgesetzten Preise einzuhalten.

Ein Verstoß gegen die Preisbindung liegt vor, wenn ein Händler beim Verkauf nicht preisgebundener Ware für den Kunden kostenlose Gutscheine zum verbilligten Erwerb preisgebundener Bücher ausgibt. Der Buchhändler erhält in diesem Fall für den Verkauf neuer Bücher im Ergebnis ein geringeres Entgelt als den gebundenen Preis (vgl. [X.], Urteil vom 20. Juli 2004 - 11 U 15/04 [Kart], juris). Können solche Gutscheine auch anderweitig eingesetzt werden, ändert das nichts an einem Verstoß gegen die Preisbindung, falls sie für den Kauf preisgebundener Bücher verwendet werden. Im wirtschaftlichen Ergebnis wird in einem solchen Fall der Nachlass nicht auf die preisbindungsfreie, sondern auf die preisgebundene Ware gewährt.

Der Zweck der Buchpreisbindung, durch Festsetzung verbindlicher Preise beim Verkauf an [X.] ein umfangreiches, der breiten Öffentlichkeit zugängliches Buchangebot in einer großen Zahl von Verkaufsstellen zu sichern (§ 1 [X.]), kann nur erreicht werden, wenn Unterschreitungen des gebundenen Preises wirksam verhindert werden. Deshalb ist es unerheblich, dass im vorliegenden Fall Gutscheinausgabe und Buchverkauf zwei selbständige Rechtsgeschäfte sind und der Bezug zwischen dem Gutschein und dem Verkauf eines preisgebundenen Buches erst durch eine spätere autonome Entscheidung des Kunden hergestellt wird, nachdem er bereits den Gutschein erhalten hat (zur gebotenen wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung bei der Prüfung von Preisbindungsverstößen vgl. [X.], Urteil vom 9. September 2010 - I ZR 193/07, [X.], 1136 Rn. 19 = [X.], 1482 - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE; Urteil vom 8. Mai 2013 - [X.], [X.], 1264 Rn. 14 = [X.], 1264 - [X.] [jeweils zur Arzneimittelpreisbindung]; aA im Zusammenhang mit der Buchpreisbindung [X.], [X.], 366, 371; [X.]/Bunte/[X.], [X.], 12. Aufl., nach § 30 [X.], § 3 [X.] Rn. 1; kritisch dazu Deichfuß, [X.], [X.]. 4 unter [X.]). Wirtschaftlich ohne Bedeutung und daher unerheblich ist, ob ein später für den Kauf preisgebundener Ware eingesetzter Gutschein vom Kunden zuvor durch ein Kauf- oder ein Verkaufsgeschäft erworben worden ist.

II. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht im Streitfall im Ergebnis zu Recht einen Verstoß der [X.] gegen die Preisbindung angenommen, soweit Kunden im Rahmen der Werbeaktion für [X.] erworbene [X.]e zum Erwerb preisgebundener Bücher bei der [X.] einsetzen konnten.

1. Der Klageantrag ist beschränkt auf die Verletzungsform einer Anrechnung der bei der konkret bezeichneten Werbeaktion an [X.] ausgegebenen Gutscheine beim Kauf preisgebundener Bücher.

Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das nach diesem Antrag gegen die [X.] ausgesprochene Verbot nicht deren unternehmerische Freiheit bei der Bestimmung der Konditionen für den Ankauf gebrauchter Bücher beschränkt. Der Ankauf gebrauchter Bücher unterliegt nicht der Buchpreisbindung, weil nach § 3 [X.] lediglich der Verkauf neuer Bücher zum gebundenen Preis erfolgen muss. Beim Ankauf gebrauchter Bücher ist es der [X.] unbenommen, im Rahmen von Sonderaktionen [X.]e auszugeben, solange darin kein Preisnachlass für einen späteren Kauf neuer Bücher bei der [X.] liegt. Das kann gewährleistet werden, indem eine Verwendung des Gutscheins für den Erwerb preisgebundener Bücher ausgeschlossen wird.

2. Die [X.] hat mit der beanstandeten Werbeaktion gegen § 3 [X.] verstoßen, weil sie Gutscheine, die zum Erwerb preisgebundener Bücher eingesetzt werden konnten, an Letztverbraucher abgegeben hat, ohne dass ihr bei der Abgabe des Gutscheins eine entsprechende Gegenleistung der Kunden zugeflossen ist.

a) Entgegen der Ansicht der Revision ist die beanstandete Werbeaktion nicht mit Fallgruppen vergleichbar, in denen ein Preisbindungsverstoß zu verneinen ist.

aa) In der Entscheidung "[X.]" (Urteil vom 12. November 1974 - [X.], [X.], 203) hat der Senat einen Verstoß gegen das damals geltende Rabattgesetz verneint, wenn treuhänderisch an einem Buchhandelsunternehmen beteiligten Kunden nach Ablauf eines Geschäftsjahres eine umsatzbezogene Gewinnausschüttung gewährt wurde. Abgesehen von anderen wesentlichen Unterschieden ist dieser Sachverhalt schon deshalb nicht mit der vorliegenden Konstellation vergleichbar, weil dort die jährliche Gewinnausschüttung wirtschaftlich und rechtlich von den einzelnen [X.] über Bücher gelöst war, während im Streitfall der Einsatz des Gutscheins im Zusammenhang mit dem konkreten Erwerb bestimmter preisgebundener Bücher beanstandet wird.

bb) Buchhandlungen dürfen Geschenkgutscheine verkaufen, mit denen vom Käufer beschenkte Dritte neue Bücher unter Anrechnung des [X.] günstiger erwerben können. Dieser Fall weist mit dem Streitfall zwar insofern Gemeinsamkeiten auf, als auch dort der in dem Gutschein verkörperte Vorteil im Zusammenhang mit dem Erwerb eines konkreten Buches erst aufgrund einer autonomen Entscheidung des beschenkten Gutscheininhabers realisiert wird, die sich auf ein vom Gutscheinerwerb getrenntes Rechtsgeschäft bezieht. Darauf kommt es aber nicht entscheidend an. Bei von ihm zum Nennwert verkauften Geschenkgutscheinen erhält der Buchhändler für das dem Beschenkten verschaffte Buch insgesamt den gebundenen Preis in Form des bereits zuvor vereinnahmten Kaufpreises für den Gutschein und der Zahlung eines etwaigen, nach Anrechnung des Gutscheins verbleibenden Differenzbetrags auf den gebundenen Preis durch den Beschenkten.

Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass demgegenüber die beanstandete Ausgabe der [X.]e durch die [X.] einen Verstoß gegen die Preisbindung darstellt, wenn die Gutscheine ohne entsprechende Gegenleistung des Kunden ausgegeben wurden und für den Erwerb preisgebundener Bücher eingesetzt werden können (vgl. [X.], Urteil vom 20. Juli 2004, juris Rn. 20; zur fehlenden Gegenleistung des Buchhändlers bei Einräumung eines Barzahlungsrabatts vgl. [X.], Urteil vom 24. Juni 2003 - [X.], [X.]Z 155, 189, 196 f. - Buchpreisbindung).

b) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass es im Streitfall an einer dem Gutscheinwert von 5 € entsprechenden Gegenleistung der Kunden des [X.] der [X.] fehlt.

aa) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, dass der Kunde bei Einsatz des Gutscheins für den Kauf neuer Bücher die Möglichkeit verliert, ihn mit demselben Wert für den Erwerb einer anderen Ware bei der [X.] einzusetzen. Das Vermögen des Kunden wird zwar durch Einsatz des Gutscheins in entsprechender Höhe belastet, wenn der Vorteil aus dem Gutschein in einem Zweitgeschäft realisiert wird. Darauf kommt es bei der Prüfung, ob ein Verstoß gegen die Preisbindung vorliegt, aber nicht an. Im Hinblick auf die vom Buchpreisbindungsgesetz bezweckte Regulierung des Preiswettbewerbs im Buchhandel ist Bezugspunkt für die Prüfung eines Verstoßes gegen die Buchpreisbindung, ob das Vermögen des Buchhändlers beim Verkauf neuer Bücher in Höhe des gebundenen Preises vermehrt wird.

bb) Nimmt man das Vermögen der [X.] in den Blick, so wird sie durch den Kauf eines preisgebundenen Buches unter Anrechnung des Gutscheins von ihrer mit Ausgabe des Gutscheins gegenüber dem Kunden des [X.] übernommenen Verpflichtung befreit. Sie erhält gleichwohl für den Verkauf des preisgebundenen Buches insgesamt nicht den gebundenen Preis, wenn ihr für die Ausgabe des Gutscheins keine entsprechende Gegenleistung zugeflossen ist. Bei dieser Betrachtung werden Erst- und Zweitgeschäft entgegen der Ansicht der Revision nicht in einer die Buchpreisbindung in unzulässiger Weise ausdehnenden Weise als Einheit betrachtet, sondern es wird allein geprüft, ob die [X.] beim Buchverkauf ihre aus § 3 [X.] folgende Verpflichtung erfüllt hat, den gebundenen Preis in voller Höhe zu berechnen.

cc) Die Revision hat geltend gemacht, die [X.] erhalte für den Gutschein im Wert von 5 € einen angemessenen Gegenwert in Form ersparter Transaktionskosten. Beim Einkauf mehrerer Waren steige der für jedes einzelne Produkt kalkulierte Vorteil der [X.], weil geringere Transaktionskosten für Prüfung und Ankauf entstünden, wenn nur ein Vorgang angelegt und bearbeitet werden müsse. Das Berufungsgericht hat jedoch zutreffend ausgeführt, dass es § 3 [X.] nicht zulässt, den Vorteil der [X.] bei den Transaktionskosten für jedes von der Gutscheinaktion erfasste [X.] pauschal mit 5 € anzusetzen.

(1) Ohne Erfolg macht die [X.] geltend, die von ihr angewandte Pauschalierung sei nicht zu beanstanden, weil es [X.] zulässig sei, beim Vertrieb von Büchern über Büchertische in Kirchen und Kindergärten einen pauschalen Ausgleich für die hierdurch entstehenden Aufwendungen in Höhe von 10% des dabei getätigten Umsatzes zu bezahlen (vgl. [X.], [X.], 6. Aufl., § 7 Rn. 40). Die Gutscheinaktion der [X.] ist mit dem Vertrieb über Büchertische in Kirchen und Kindergärten schon deshalb nicht vergleichbar, weil sie nicht im Sinne von § 7 Abs. 4 Nr. 4 [X.] handelsüblich ist.

(2) Entgegen der Ansicht der Revision ist die [X.] auch nicht im Hinblick auf die Senatsentscheidung "[X.]" (Urteil vom 4. November 1977 - [X.], [X.] 1978, 375, 376 = WRP 1978, 442) befugt, den ihr durch mehrfache Ankäufe entstandenen Vorteil unabhängig von der Höhe der tatsächlich ersparten Transaktionskosten pauschal zu bewerten. Gegenstand jener unter Geltung des Rabattgesetzes ergangenen Entscheidung war der Verkauf eines Kraftwagens mit einem 3% übersteigenden Preisnachlass an eine Spitzensportlerin, die sich verpflichtet hatte, das Fahrzeug mindestens ein halbes Jahr zu behalten und dem Verkäufer einige Fotografien zu Werbezwecken zu überlassen, die die Käuferin in Sportkleidung mit dem Wagen zeigten. Der Senat hat in jenem Fall die Beurteilung des Berufungsgerichts gebilligt, die Vereinbarung des Sonderpreises sei im Hinblick auf die übernommene Gegenleistung rabattrechtlich zulässig. Für diese Beurteilung war maßgeblich, dass der Hersteller des in Rede stehenden Kraftfahrzeugs zu Werbezwecken ein besonderes Interesse an Verkäufen an Spitzensportler hatte und über einen längeren Zeitraum entsprechende oder sogar höhere Preiszuschüsse für Spitzensportler ausgezahlt worden waren. Im vorliegenden Fall konnte das Berufungsgericht dagegen nicht die Überzeugung gewinnen, dass pauschal 5 € eine marktübliche und angemessene Gegenleistung für Transaktionskostenvorteile bei Einlieferung mehrerer Bücher im Rahmen eines [X.]s sind.

(3) Soweit die Revision geltend macht, die [X.] habe mit der Gutscheinausgabe in erster Linie einen Werbeerfolg für ihr [X.] erreichen wollen, enthebt sie dies nicht von der Notwendigkeit, den Erhalt eines dem Gutscheinwert entsprechenden Vorteils darzulegen, wenn der Gutschein für den Ankauf preisgebundener Bücher verwendet werden konnte.

dd) Das Berufungsgericht hat angenommen, eine Anrechnung des [X.] auf den Kauf preisgebundener Bücher sei [X.] nur zulässig, soweit die konkrete Einsparung der [X.] bei der Einlieferung mehrerer gebrauchter Bücher in jedem Einzelfall exakt dem [X.]wert in Höhe von 5 € entspreche. Die Revision macht zu Recht geltend, dass das Berufungsgericht damit die an die Gutscheinaktion der [X.] zu stellenden Anforderungen überspannt hat.

Es trifft zu, dass der vom Berufungsgericht geforderte exakte Nachweis in jedem Einzelfall nicht erbracht werden kann. Das folgt aus der Unterschiedlichkeit denkbarer Fallkonstellationen sowie der Ungewissheit über die Anzahl der Teilnehmer der Sonderaktion und der jeweils gleichzeitig angebotenen Bücher. Auch wird die Qualität der durch die Kunden eingesandten Bücher sehr unterschiedlich sein. Die Ansicht des Berufungsgerichts führte daher dazu, dass die [X.] eine Gutscheinaktion der vorliegenden Art von vornherein nur durchführen könnte, wenn die Verwendung der Gutscheine für den Kauf preisgebundener Bücher ausgeschlossen würde.

Damit wäre nicht mehr gewährleistet, dass die [X.] mit ihrer Aktion auch die Kunden erreichen könnte, die gebrauchte Bücher einliefern, um dafür neue Bücher bei der [X.] erwerben zu können. Die daraus folgende nicht unerhebliche Beschränkung der [X.] in ihren Werbemöglichkeiten ist nach Sinn und Zweck des Buchpreisbindungsgesetzes nicht erforderlich und deshalb unverhältnismäßig. Maßstab für die Frage, ob der gebundene Preis beim Buchverkauf eingehalten worden ist, ist die Vermögenslage des Buchhändlers. Wie sich aus der Zulässigkeit von Geschenkgutscheinen für Bücher ergibt, muss der volle gebundene Preis dem Buchhändler jedoch nicht gleichzeitig mit der Übergabe des Buches an den [X.] zufließen. Vielmehr liegt auch dann kein Verstoß gegen die Preisbindung vor, wenn der Buchhändler den Gutscheinwert erhalten hat, bevor der Beschenkte dessen Verwendung im Hinblick auf den Erwerb eines bestimmten Buches konkretisiert hat. Ist das Vermögen des Buchhändlers insgesamt in einem Maße angewachsen, das dem Wert aller von ihm ausgegebenen Gutscheine entspricht, so führt die spätere Verwendung dieser Gutscheine nicht zu einem Verstoß gegen die Preisbindung.

Danach darf im Streitfall der Wert der Gutscheine beim Kauf preisgebundener Bücher angerechnet werden, wenn im Durchschnitt aller Ankaufsgeschäfte ein Transaktionskostenvorteil durch Einlieferung von zwei oder mehr Büchern in Höhe von mindestens 5 € entsteht. Führt die Abgabe preisgebundener Bücher unter Anrechnung des [X.] im Vergleich zu einem Barverkauf ohne Gutscheinanrechnung zu keiner Vermögenseinbuße bei der [X.], so bestehen gegen eine Gutscheinaktion keine Bedenken im Hinblick auf die Buchpreisbindung. Sinn und Zweck der Buchpreisbindung gebieten nicht, die [X.] in ihrer unternehmerischen Handlungsfreiheit bei der Entwicklung und dem Einsatz von Marketinginstrumenten beim Ankauf gebrauchter Bücher, der nicht der Buchpreisbindung unterliegt (§ 3 Satz 2 [X.]) zu beschränken.

ee) Obwohl das Berufungsgericht danach einen zu strengen Prüfungsmaßstab auf die Gutscheinaktion der [X.] angewandt hat, erweist sich das Berufungsurteil aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Auf der Grundlage der insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist nicht erkennbar, dass ein Gutscheinwert von 5 € der Ersparnis entspricht, die die [X.] im Rahmen ihrer Gutscheinaktion durchschnittlich bei der Einlieferung von zwei oder mehr gebrauchten Büchern erwarten konnte.

(1) Entgegen der Revisionserwiderung kommt es für die Frage, ob beim Verkauf eines neuen Buches der gebundene Preis eingehalten worden ist, allerdings nicht auf die Auslegung einer Werbeaktion aus der Sicht der Kunden an, sondern darauf, ob für den Buchkauf tatsächlich ein entsprechendes Entgelt an den Buchhändler bezahlt wird. Insoweit ist von einem objektiven Maßstab auszugehen.

(2) Das Berufungsgericht hat angenommen, der gewählte Wert des von der [X.] ausgegebenen [X.]s sei offensichtlich zu hoch gegriffen. Die [X.] habe nicht nachvollziehbar und überprüfbar dargetan, dass sich bei einer Einlieferung von mindestens zwei gebrauchten Büchern in jedem Einzelfall ein Vorteil in Höhe von 5 € ergebe. Konkrete Zahlen, anhand deren sich der wirtschaftliche Wert verringerter Transaktionskosten für Prüfung und Ankauf bei Einlieferung von mindestens zwei Büchern nach objektiven Kriterien feststellen ließe, habe die [X.] nicht genannt. Es hätten auch Kunden den Gutschein erhalten, bei denen von zwei oder mehr eingelieferten Büchern lediglich ein Buch zum Ankauf angenommen worden sei, obwohl die [X.] für diese Fälle unstreitig gestellt habe, dass keine Effizienzgewinne erzielt worden seien. Danach sei davon auszugehen, dass die [X.] letztlich die [X.]e - jedenfalls zum Teil - durch eigene Aufwendungen finanziert habe.

(3) Die Revision macht demgegenüber nicht geltend, die [X.] habe die durchschnittlichen Effizienzgewinne bei Einlieferung von mindestens zwei gebrauchten Büchern dargelegt. Die Revision hat sich vielmehr allein auf die unternehmerische Handlungsfreiheit der [X.] bei der Bestimmung der Ankaufskonditionen für gebrauchte Bücher und bei der Festlegung von Werbestrategien für das [X.] berufen. Auf diese Betrachtungsweise kann sich die [X.] jedoch nur zurückziehen, soweit die von ihr ausgegebenen Gutscheine nicht zum Ankauf preisgebundener Bücher verwendet werden dürfen. Lässt die [X.] den Einsatz der Gutscheine für den Kauf neuer Bücher zu, so stellt sie damit einen Bezug zum preisgebundenen Buchverkauf her, der es rechtfertigt, von ihr den Nachweis zu verlangen, eine dem Gutscheinwert entsprechende Gegenleistung erhalten zu haben.

(4) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung sind Gutscheinaktionen der beanstandeten Art allerdings nicht bereits wegen des den Wettbewerb der Buchhändler beeinflussenden Werbeeffekts unzulässig. Die Buchpreisbindung will den Wettbewerb zwischen den Buchhändlern keineswegs insgesamt ausschließen. Allein der Preiswettbewerb beim Absatz neuer Bücher ist unzulässig. Gegen die Ausgabe von Gutscheinen, die zumindest auch zum Erwerb preisgebundener Bücher eingesetzt werden können, bestehen daher so lange keine Bedenken, wie der Ausgabe des Gutscheins ein entsprechender Gegenwert gegenübersteht.

c) Das Berufungsgericht hat somit im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die [X.] die beanstandeten [X.]e - jedenfalls zum Teil - durch eigene Aufwendungen finanziert, so dass der Kunde bei ihrem späteren Einsatz zum Kauf preisgebundener Bücher im wirtschaftlichen Ergebnis einen unzulässigen Rabatt auf den gebundenen Preis erhält. In der beanstandeten Form und ohne Darlegung einer jedenfalls durchschnittlich dem Gutscheinwert entsprechenden Ersparnis darf die [X.] die Verwendung der Gutscheine nicht zum Erwerb neuer Bücher zulassen. Sie ist indes nicht gehindert, die beanstandete Werbeaktion mit einer solchen Verwendungsbeschränkung durchzuführen. Die sich daraus ergebende Beeinträchtigung ihrer unternehmerischen Freiheit ist Folge der gesetzlichen Preisbindung für Bücher, gegen die verfassungsrechtliche Bedenken weder von der [X.] geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich sind.

III. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Büscher                   Schaffert                         Kirchhoff

                Koch                        [X.]

Meta

I ZR 83/14

23.07.2015

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 28. Januar 2014, Az: 11 U 93/13

§ 3 BuchPrG, § 5 BuchPrG, § 9 Abs 1 S 1 BuchPrG, § 1 UWG, §§ 1ff UWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.07.2015, Az. I ZR 83/14 (REWIS RS 2015, 7679)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7679

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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