Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.11.2023, Az. X ZR 83/21

10. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 8669

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsverfahren gegen ein Arzneimittelpatent zur Krebsbehandlung: Anforderungen an die Offenbarung eines bestimmten Salzes eines einzelnen Wirkstoffes in einer zur oralen Verabreichung geeigneten Form; Berechtigung zur Inanspruchnahme eines Prioritätsrechts; gemeinsame Einreichung einer PCT-Anmeldung; Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Voraussetzungen für eine wirksame Inanspruchnahme der Priorität - Sorafenib-Tosylat


Leitsatz

Sorafenib-Tosylat

1. Die Offenbarung von über 100 Wirkstoffen, die allein oder in Form eines pharmazeutisch verträglichen Salzes mit zahlreichen in Betracht kommenden Salzbildnern als zur Behandlung von Krebs geeignet bezeichnet werden, reicht für die unmittelbare und eindeutige Offenbarung eines bestimmten Salzes eines einzelnen Wirkstoffs in einer zur oralen Verabreichung geeigneten Form nicht aus.

2a. Für die Berechtigung zur Inanspruchnahme eines Prioritätsrechts bei der Anmeldung eines europäischen Patents spricht eine widerlegbare Vermutung.

2b. Die gemeinsame Einreichung einer PCT-Anmeldung, in der für einen oder mehrere Bestimmungsstaaten der Anmelder der prioritätsbegründenden Anmeldung und für einen oder mehrere andere Bestimmungsstaaten eine andere Person benannt wird, impliziert eine Abmachung der Beteiligten, die die andere Person zur Inanspruchnahme der Priorität berechtigt (ebenso EPA, Entscheidung vom 10. Oktober 2023 - G 1/22 - Prioritätsberechtigung).

3. Im Patentnichtigkeitsverfahren liegt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Voraussetzungen für eine wirksame Inanspruchnahme der Priorität beim Nichtigkeitskläger.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 3. Senats ([X.]) des [X.] vom 29. September 2021 abgeändert.

Das [X.] Patent 2 305 255 wird mit Wirkung für die [X.] dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass Patentanspruch 12 am Ende um folgende Wörter ergänzt wird:

"in an oral dosage form".

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerinnen je zwei Fünftel und die Beklagte ein Fünftel.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 2 305 255 (Streitpatents), das aus einer Teilanmeldung zweiter Generation hervorgegangen ist, deren Stammanmeldung am 3. Dezember 2002 unter Inanspruchnahme einer [X.] Priorität vom 3. Dezember 2001 eingereicht wurde. Das Streitpatent betrifft [X.] und umfasst zwölf Patentansprüche.

2

Der angegriffene Patentanspruch 12 lautet in der [X.]:

[X.], which is a tosylate salt of [X.])[X.])phenyl)urea.

3

Die Klägerinnen haben geltend gemacht, der angegriffene Gegenstand sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und hilfsweise in vier geänderten Fassungen verteidigt.

4

Das Patentgericht hat das Streitpatent im angefochtenen Umfang für nichtig erklärt. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Die Klägerinnen treten dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

5

[X.]ie zulässige Berufung ist begründet, soweit die Beklagte das Streitpatent mit Hilfsantrag 2 verteidigt.

6

I. [X.]as Streitpatent betrifft [X.].

7

1. In der Beschreibung des Streitpatents wird ausgeführt, das p21-Onkogen ([X.]) leiste einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung von humanen soliden Karzinomen und sei bei 30 % aller menschlichen Karzinome mutiert.

8

In seiner nicht mutierten Form sei das [X.]-Protein ein Hauptbestandteil der [X.], die in nahezu allen Geweben durch [X.] gesteuert werde. [X.] sei [X.] ein [X.] [X.], das sich periodisch zwischen einer [X.] aktivierten und einer [X.] inaktiven Form bewege. Bei Mutationen sei die endogene [X.] vermindert. [X.]aher gebe das Protein konstitutive Wachstumssignale an stromabwärts gelegene [X.] ab, zum Beispiel an das Enzym raf-Kinase. Es sei gezeigt worden, dass die Hemmung des [X.] führe (Abs. 2).

9

[X.]aher stellten Verbindungen, die als [X.] wirkten, eine bedeutsame Gruppe von Mitteln zur Behandlung zahlreicher Krebsarten dar (Abs. 3).

Ausgehend davon kann das dem Streitpatent zugrunde liegende Problem dahin gefasst werden, einen effektiven und gut verträglichen raf-Kinase-Inhibitor zur Verfügung zu stellen.

2. Als hierfür geeigneten Stoff zeigt das Streitpatent einen in der Beschreibung als Verbindung A (compound A) bezeichneten Stoff auf (Abs. 73). Hierbei handelt es sich um ein [X.]salz der Verbindung N-(4-Chlor-3-(trifluoromethyl)phenyl-N'(4-2-(N-methylcarbamoyl)-4-pyridyloxy)phenyl)-Harnstoff (Abs. 60). Letztere hat den internationalen Freinamen [X.].

a) [X.]ie nicht angegriffenen Patentansprüche 1 bis 11 schützen die Verwendung von [X.] und 5-Fluoruracil zur Behandlung von Krebs.

b) [X.]er angegriffene Patentanspruch 12 schützt [X.] als Stoff.

Wie die Klägerin zu 1 im [X.] zutreffend geltend macht und der High Court für [X.] und [X.] näher ausgeführt hat ([X.], [2021] [X.]] 2690 (Pat) Rn. 21), ist dieser Schutz unabhängig von einer bestimmten Verwendung oder Eignung der genannten Verbindung.

II. [X.]as Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

[X.]er Gegenstand von Patentanspruch 12 sei dem Fachmann, einem Team aus einem medizinischen Chemiker, einem Pharmakologen und einem Mediziner mit jeweils langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung und Verwendung von Chemotherapeutika zur Antitumorbehandlung, ausgehend von der Veröffentlichung von [X.] et al. ([X.] 2001, 8, 219-225, [X.]) in Verbindung mit dem Fachwissen nahegelegt, das dokumentiert sei in den Veröffentlichungen von [X.] (Pharmaceutics - The Science of [X.]osage Form [X.]esign, 1988, Nachdruck 1994, Kapitel 13 "Preformulation", NiK5; 2. Aufl. 2002, [X.]-138, [X.]), [X.] (Organic Process Research & [X.]evelopment 2000, 4, [X.]-435, [X.]) und [X.] (Pharmazeutische Technologie, [X.] Verlag Stuttgart - [X.], 2. Aufl. 1991, [X.], NIB15).

[X.] beschäftige sich mit der Biologie der [X.]-Signalübertragung und der Epidemiologie von [X.]-Mutationen in Bezug auf Krebserkrankungen als Hintergrund für die Entwicklung des raf-Kinase-Inhibitors und stelle einen geeigneten Ausgangspunkt zur Lösung der Aufgabe dar, eine orale Verabreichungsform von [X.] bereitzustellen. [X.]er Fachmann entnehme [X.], dass die raf-Kinase ein attraktives Ziel für die Antitumorbehandlung darstelle und dass sich [X.] als wirkungsvoller oral zu verabreichender Inhibitor der raf-Kinase erweise, der eine signifikante Aktivität bei verschiedenen menschlichen Tumoren aufzeige und zugleich gut verträglich sei. Auch wenn in [X.] nähere Angaben zur Galenik der oral verabreichten [X.]-Tabletten fehlten, begründe der Umstand, dass die eingesetzte [X.]-Formulierung erfolgreich klinisch getestet worden sei, für den Fachmann einen starken Anreiz, nach einer [X.]-Zusammensetzung zu suchen, mit der sich die berichtete Wirksamkeit und Verträglichkeit verifizieren lasse. Vor die Aufgabe gestellt, eine geeignete orale Verabreichungsform von [X.] bereitzustellen, befasse sich der Fachmann ausgehend von [X.] zunächst mit den Ergebnissen der [X.]n zur freien Base von [X.], die zeigten, dass [X.] schlecht wasserlöslich sei. Als Maßnahme zur Erzielung einer besseren Löslichkeit und einer damit einhergehenden besseren Bioverfügbarkeit fasse der Fachmann ein Salzscreening ins Auge. [X.]abei habe die Auswahl von [X.] auf der Hand gelegen. Als mögliche [X.] kämen nur starke Säuren mit [X.]en im negativen Bereich in Betracht, da es zum Fachwissen gehöre, dass für die Bildung stabiler Salze eine [X.]ifferenz von mindestens drei Einheiten zwischen den [X.]en der basischen Gruppe und des Gegenions liegen müsse. Als pharmakologisch geeignete und fachübliche Gegenionen starker Säuren mit [X.]en im negativen Bereich seien dem Fachmann insbesondere vier Anionen bekannt, nämlich Hydrochlorid, Sulfat, [X.] und [X.]. [X.]iese beziehe er wegen der überschaubaren Anzahl alle in sein Salzscreening-Programm ein.

[X.]em Fachmann habe kein Hindernis im Weg gestanden, den [X.] von [X.] zu ermitteln. Ihm sei bekannt gewesen, dass zur Bestimmung des [X.]s von schlecht löslichen Wirkstoffen die gegenüber der Potentiometrie empfindlichere Messmethode der Spektroskopie anzuwenden sei. Außerdem habe es zum Prioritätszeitpunkt bereits Software gegeben, mit der [X.]e auf Basis der chemischen Struktur eines Wirkstoffs zumindest annäherungsweise hätten berechnet werden können. Laut Fachliteratur sei eine solche Kalkulation auch fachüblich gewesen. Entsprechend sei in der Entgegenhaltung [X.] der [X.] des am stärksten basischen Stickstoffatoms in [X.] berechnet worden.

Bei der routinemäßigen [X.]urchführung des Salzscreenings beachte der Fachmann außerdem, dass [X.] nach [X.] trotz der schlechten Löslichkeit eine gute Wirksamkeit bei oraler Verabreichung zeige. Er klassifiziere [X.] daher als Wirkstoff der Klasse 2 nach dem Biopharmaceutics Classification System ([X.]), d.h. als Wirkstoff mit schlechter Löslichkeit und guter Magen-[X.]arm-[X.]urchlässigkeit. [X.]araus ziehe er zwangsläufig den Schluss, dass bei der oralen Verabreichung nicht die Löslichkeit, sondern die Auflösungsgeschwindigkeit von [X.] der entscheidende Faktor für die Bioverfügbarkeit sei. [X.]er Fachmann bleibe daher nicht bei der Bestimmung der Löslichkeit von [X.] stehen, die gegenüber derjenigen von [X.] freie Base nicht besser sei. Aufgrund der genannten Klassifizierung sei er vielmehr motiviert, die Auflösungsgeschwindigkeit von [X.] im Vergleich zur freien Base zu bestimmen. Er werde davon weder durch die Schwierigkeiten aufgrund der schlechten Löslichkeit noch durch die Bewertung der in [X.] beispielhaft beschriebenen Messmethode als ungeeignet abgehalten. [X.]ie Bestimmung der Auflösungsgeschwindigkeit stelle eine Standarduntersuchungsmaßnahme in der Pharmakologie dar. Unter den verschiedenen ihm zur Verfügung stehenden Messmethoden wende sich der Fachmann unter Berücksichtigung der Ausführungen in [X.] anderen Methoden zu, beispielsweise der Spektroskopie oder der Messung der Leitfähigkeit.

[X.]ass es verschiedene Optionen zur Verbesserung der Löslichkeit und damit der Bioverfügbarkeit gegeben habe, führe zu keiner anderen Beurteilung. [X.]ie Salzbildung sei, wie auch die [X.] in ihrem Gutachten [X.] einräume, ein üblicher und nach [X.] sogar der bevorzugte Weg zur Verbesserung der Löslichkeit eines schwer löslichen Wirkstoffs gewesen. [X.]em zeitlichen und finanziellen Aufwand eines Salzscreenings komme bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit lediglich eine untergeordnete Bedeutung zu. [X.]ie physikalisch-chemische Analyse eines Wirkstoffs in der [X.] gehöre zur alltäglichen Routinetätigkeit des dem fachmännischen Team angehörenden Pharmakologen.

Es habe auch kein Vorurteil gegenüber der Verwendung von [X.]salzen bestanden. [X.] sei im Prioritätszeitpunkt in der Fachliteratur als mögliches Gegenion vorgeschlagen gewesen. Aus dem Umstand, dass in der zweiten Auflage von [X.] [X.] nicht mehr in der Tabelle mit potentiellen pharmazeutischen Salzen aufgeführt sei, könne ebenfalls nicht auf entsprechende Vorbehalte geschlossen werden. Auch die zweite Auflage weise weiterhin auf die Verwendung von [X.] hin.

Zusätzlich ergebe sich aus der internationalen Patentanmeldung 00/42012 ([X.]) für den Fachmann eine Anregung zur Berücksichtigung von [X.]. [X.] zeige die Verwendung von [X.]salzen als bevorzugtes pharmazeutisch akzeptables Salz für [X.] und offenbare [X.] als bevorzugtes Beispiel für eine raf-Kinase inhibierende Arylharnstoff-Verbindung.

Belege dafür, dass reine p-Toluolsulfonsäure in ausreichender Menge nicht zu beschaffen gewesen sei, habe die beweispflichtige Beklagte nicht vorgelegt. Außerdem gehöre es zur Routinetätigkeit des dem fachmännischen Team angehörenden Chemikers, Substanzen und Hilfsstoffe gegebenenfalls mit fachüblichen Standardmethoden derart aufzureinigen, dass sie für pharmazeutische Anwendungen geeignet seien.

[X.]er Fachmann lasse das [X.]salz auch nicht deshalb außer [X.], weil bis zum Prioritätszeitpunkt kein als [X.]salz formulierter und oral zu verabreichender Wirkstoff zugelassen gewesen sei. In allgemeinen Lehrbüchern würden neben dem am häufigsten eingesetzten [X.] auch andere Salze aufgezeigt. Bei einer schlechten Löslichkeit des [X.]es habe das [X.]salz für den Fachmann sogar im Vordergrund gestanden. Entgegen der Auffassung der [X.] habe der Fachmann dem der suboptimalen Löslichkeit von [X.]en zugrunde liegenden Common-Ion-Effekt nicht nur eine untergeordnete Bedeutung beigemessen. Nach [X.] zeigten [X.]e wegen dieses Effekts oft eine suboptimale Löslichkeit in gastrointestinaler Umgebung.

Mit ihrem Einwand, die Auflösungsgeschwindigkeit werde nur bei erfolgversprechenden Kandidaten ermittelt, lasse die Beklagte außer [X.], dass der Fachmann diesem Parameter in Kenntnis der Ergebnisse aus [X.] und der schlechten Löslichkeit der freien Base eine viel höhere Bedeutung zumesse.

Eine Berechnung der Auflösungsgeschwindigkeit aus der (Sättigungs-)Löslichkeit sei im Zeitpunkt der Wirkstoffentwicklung von [X.] noch nicht möglich gewesen. Zudem bedeute eine geringe Löslichkeit nicht zwangsläufig eine geringe Auflösungsgeschwindigkeit. [X.]aher werde die Auflösungsgeschwindigkeit in der Fachliteratur als in der [X.] standardmäßig durchzuführende Messung genannt.

[X.]er abweichenden Beurteilung des [X.] könne nicht gefolgt werden. [X.]as [X.] habe die Funktion eines Hinweises nach § 83 Abs. 1 [X.] verkannt. Eine Abweichung von der Einschätzung des Patentgerichts dürfte nur dann möglich und angemessen sein, wenn das Verletzungsgericht aufgrund sachverständiger Stellungnahmen eine ausreichende Grundlage habe.

[X.]er Gegenstand von Patentanspruch 12 sei auch in den hilfsweise verteidigten Fassungen nahegelegt. [X.]ie danach zusätzlich vorgesehenen Merkmale seien aus [X.] bekannt. [X.]ie Umformulierung eines Stoffanspruchs in einen Verwendungsanspruch könne eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen, weil [X.] bereits in [X.] zur Behandlung von menschlichen Krebserkrankungen eingesetzt worden sei.

III. [X.]iese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gegenstand der erteilten Fassung von Patentanspruch 12 ausgehend von [X.] nahegelegen hat.

a) [X.] schildert die Bedeutung von [X.]-Mutationen und [X.] in Bezug auf Krebserkrankungen.

Eine Untersuchung von vielen tausend Verbindungen aus der Klasse der Bis-Aryl-Harnstoffe habe ergeben, dass eine mit [X.] bezeichnete Verbindung das Tumorwachstum signifikant inhibiert habe (S. 223 f.).

Eine klinische Prüfung von oralen Tabletten mit [X.] habe im Juli 2000 begonnen. Bislang sei die Verbindung gut vertragen worden und die [X.]osissteigerung werde fortgesetzt. [X.]ie vorläufigen klinischen [X.]aten seien ermutigend. [X.] sei ein oral verfügbarer potenter Inhibitor der raf-Kinase mit signifikanter Aktivität bei vier verschiedenen humanen Tumorarten, darunter [X.], [X.], Lungen- und Eierstocktumoren (S. 224).

b) Hieraus ergab sich Anlass, eine [X.] zur Suche nach einer für die orale Verabreichung geeigneten Form von [X.] durchzuführen.

aa) [X.]ie in [X.] berichteten Ergebnisse begründeten die Erwartung, dass die orale Verabreichung von [X.] - d. h. von [X.] - in Form von Tabletten einen erfolgreichen Weg zur Behandlung von Krebspatienten darstellt.

bb) Um diesen Weg zu beschreiten, bedurfte es nicht nur einer geeigneten Formulierung, sondern auch näherer Erkenntnisse darüber, in welcher Form [X.] in dieser Formulierung enthalten sein soll.

Hierzu enthält [X.] keine Angaben.

Um die in [X.] offenbarte Lehre nachzuarbeiten und weiterzuentwickeln, war deshalb eine [X.] erforderlich.

cc) Entgegen der Auffassung der Berufung sprach gegen diese Vorgehensweise nicht der Umstand, dass für die in [X.] geschilderten Versuche eine geeignete Form von [X.] anscheinend bereits zur Verfügung stand.

Nähere Kenntnisse über die dort eingesetzte Form waren weder aus [X.] noch aus sonstigen Veröffentlichungen zugänglich. Nicht an der Entwicklung des in [X.] eingesetzten Medikaments beteiligte Personen waren mithin darauf angewiesen, durch eigene Studien nähere Erkenntnisse zu gewinnen.

Angesichts der auch nach den Ausführungen im Streitpatent schon im Stand der Technik bekannten großen Bedeutung von [X.] und den vielversprechenden Ergebnissen aus [X.] bildete der für solche Studien erforderliche Aufwand in der dafür maßgeblichen Gesamtschau keinen hinreichenden Grund, von der Beschreitung dieses Erfolg versprechenden Wegs abzusehen.

dd) Entgegen der Auffassung der Berufung ergaben sich ausgehend von [X.] keine ausreichenden Hinweise darauf, dass [X.] als freie Base eingesetzt werden kann und die Suche nach geeigneten Salzen deshalb nicht erforderlich ist.

[X.]er Umstand, dass [X.] kein [X.]-Salz erwähnt, gab keinen sicheren Aufschluss darüber, dass in den dort geschilderten Versuchen die freie Base eingesetzt worden ist.

[X.]ass die freie Base in den von der [X.] vorgetragenen Tierversuchen ([X.] S. 4 f. mit Tabelle 2) eine messbare Bioverfügbarkeit zeigte, führt schon deshalb nicht zu einer abweichenden Beurteilung, weil die Ergebnisse dieser Versuche - in die auch das [X.]-Salz einbezogen war - im Stand der Technik nicht bekannt waren.

Angesichts dieser Ungewissheit wäre ein Absehen von einer [X.] mit hohen Risiken verbunden gewesen. Auch unter diesem Gesichtspunkt lag es nahe, zunächst eine solche Studie durchzuführen.

c) Ebenfalls zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass Anlass bestand, im Rahmen einer [X.] nach geeigneten Salzen zu suchen und hierbei [X.] in die Untersuchung einzubeziehen.

aa) Wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, gehörte die Suche nach geeigneten Salzen zu den Maßnahmen, die im Rahmen einer [X.] nahelagen, weil zu erkennen war, dass [X.] nur schwer in Wasser löslich ist.

bb) Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass Anlass bestand, in diese Untersuchung [X.] einzubeziehen, weil vorrangig Säuren in Betracht kamen, deren [X.]issoziationskonstante (pKa oder [X.]) einen sehr niedrigen Wert aufweist, und die Auswahl insoweit begrenzt war.

(1) Wie auch die Berufung vorträgt, kann sich ein Salz bilden, wenn der [X.] einer Säure niedriger ist als der [X.] der ionisierbaren Gruppe des basischen Wirkstoffs.

Vor diesem Hintergrund bestand Anlass, zunächst den [X.] von [X.] zu bestimmen.

(2) Für [X.] war von einem [X.] im Bereich zwischen 2,03 und 4,5 auszugehen.

Nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Klägerin zu 1 führen hierzu geeignete Berechnungen zu Werten in dem genannten Bereich. [X.]er Wert von 2,66, der in dem von der Klägerin zu 2 vorgelegten Auszug aus der [X.]atenbank [X.] (Stand: 2021, [X.]) ausgewiesen ist und den das Patentgericht zugrunde gelegt hat, liegt innerhalb dieses Bereichs.

[X.]er von der Berufung zusätzlich angeführte, ebenfalls in [X.] angegebene Wert von 12,89 ist demgegenüber nicht von Bedeutung. Er betrifft ausweislich der Angaben in [X.] die am stärksten saure (most acidic) Gruppe. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Patentgerichts ist indes der Wert der am stärksten basischen (most basic) Gruppe maßgeblich.

(3) Auch wenn zugunsten der Berufung unterstellt wird, dass vor dem [X.] der in [X.] ausgewiesene Wert nicht ohne weiteres zu ermitteln und deshalb lediglich der sich aus Berechnungen ergebende Bereich zwischen 2,03 und 4,5 als gesichert angenommen werden konnte, lag die Einbeziehung von [X.] aus den vom Patentgericht angeführten Gründen nahe.

(a) Ausgehend vom Stand der Technik lag es nahe, nur solche Stoffe in Betracht zu ziehen, deren [X.] mindestens drei Einheiten unterhalb des [X.]s von [X.] liegt.

[X.]ies ergibt sich aus den Feststellungen des Patentgerichts, wonach es für die Bildung starker Salze üblich ist, einen solchen Mindestabstand zu wählen, wie dies in [X.] ([X.] rechts unten) wiedergegeben ist.

[X.]er von der Berufung aufgezeigte Umstand, dass [X.] selbst stabile Salze offenbart, obwohl die [X.]ifferenz der [X.]e lediglich im Bereich von 1 liegt, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

Auch wenn es sich bei der vom Patentgericht herangezogenen Regel nur um eine Faustformel handelt, die Ausnahmen nicht ausschließt, lag es mangels konkreter Erkenntnisse zu [X.] nahe, zunächst solche Stoffe zu untersuchen, die unter die genannte Regel fallen und deshalb erfahrungsgemäß eine höhere Erfolgsaussicht bieten. Auch [X.] zieht aus den dort gefundenen, von der Regel abweichenden Ergebnissen nicht die Schlussfolgerung, dass es sich generell anbieten könnte, von Beginn an Stoffe mit einem geringeren Abstand zu untersuchen.

(b) Vor diesem Hintergrund boten sich für eine [X.] mit [X.] Stoffe an, die für die Herstellung von [X.] geeignet sind und deren [X.] negativ ist oder allenfalls geringfügig über 0 liegt.

Zu diesen Stoffen gehörte [X.].

Von den Salzen, die in Tabelle 8.4 ([X.]) der zweiten Auflage des insoweit aufschlussreichen Lehrbuchs von [X.] ([X.]) aufgeführt sind, weisen lediglich Hydrochlorid ([X.] -6,10), Sulfat ([X.] -3,00) und [X.] ([X.] -1,20) einen so geringen [X.] auf, dass der Mindestabstand von 3 auf jeden Fall gewahrt werden kann.

Maleat ([X.] 1,92) und Phosphat ([X.] 2,15) liegen demgegenüber in einem Bereich, bei dem der genannte Abstand selbst dann nicht gewahrt ist, wenn der [X.] von [X.] am oberen Ende der errechneten Spanne liegt, also bei 4,5.

Bei dieser Ausgangslage bestand Anlass, [X.] als weiteren Kandidaten in Betracht zu ziehen.

[X.] ist in der ersten Auflage des Lehrbuchs von [X.] (NiK5) in Tabelle 13.4 (S. 227) noch als potentielles pharmazeutisches Salz aufgeführt. [X.]er angegebene [X.] von [X.] liegt zwischen den Werten von Sulfat und [X.].

[X.]ie entsprechende Tabelle in der zweiten Auflage des Lehrbuchs ([X.] Tabelle 8.4, [X.]) führt [X.] zwar nicht mehr an. Auch in dieser Auflage wird [X.] aber als Alternative für den Fall dargestellt, dass die Löslichkeit durch den sogenannten Common-Ion-Effekt beeinträchtigt wird ([X.] S. 124 links).

Auch wenn dem zu entnehmen sein mag, dass [X.]e im Allgemeinen nicht zu den in erster Linie in Betracht kommenden Salzen gezählt wurden, bot es sich angesichts der begrenzten Auswahl an Stoffen, die aufgrund ihres [X.]s überhaupt als [X.] für [X.] in Betracht kamen, dennoch an, [X.] als mögliche Alternative von Beginn an in Betracht zu ziehen. [X.]ies gilt unabhängig davon, ob Hinweise darauf vorlagen, dass der Common-Ion-Effekt bei [X.] eine Rolle spielen könnte. Schon der niedrige [X.] von [X.] sprach dafür, ein besonderes Augenmerk auf [X.] zu legen, die ebenfalls einen niedrigen [X.] aufweisen. Aus demselben Grund begründete der Umstand, dass [X.]e in [X.] nur in wenigen Einzelfällen zum Einsatz gelangt sind, keinen hinreichenden Anlass, diesen Stoff dennoch unberücksichtigt zu lassen.

d) Wie auch der High Court für [X.] und [X.] entschieden hat, ist der Gegenstand von Patentanspruch 12 bereits damit nahegelegt.

Wie bereits oben dargelegt wurde, schützt Patentanspruch 12 [X.] als Stoff. [X.]ie Herstellung dieses Stoffs und die Untersuchung seiner Löslichkeit gehören zum geschützten Gegenstand.

Mit der Einbeziehung vom [X.] in eine [X.] war mithin auch der Stoff nahegelegt.

2. Hinsichtlich des mit Hilfsantrag 1 verteidigten Gegenstands ergibt sich keine abweichende Beurteilung.

a) Nach Hilfsantrag 1 soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 12 ergänzt werden um die Wörter "for oral delivery".

[X.]iese Zweckangabe ist nicht auf eine bestimmte Verwendung gerichtet. Sie schränkt den Gegenstand des Patents lediglich dahin ein, dass der geschützte Stoff zur oralen Verabreichung geeignet sein muss. Eine bestimmte Formulierung ist hierfür nicht erforderlich.

b) [X.]ieser Gegenstand ist aus denselben Gründen nahegelegt wie [X.]-Tolysat selbst, weil dieser Stoff die mit Hilfsantrag 1 beanspruchte Eigenschaft ohne weiteres aufweist.

3. Eine andere Beurteilung ergibt sich hingegen im Hinblick auf Hilfsantrag 2.

a) Nach Hilfsantrag 2 soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 12 ergänzt werden um die Wörter "in an oral dosage form".

[X.]ieses zusätzliche Merkmal erfordert, dass [X.] so formuliert ist, dass es ohne weitere Verarbeitung oder Umwandlung oral verabreicht werden kann.

b) [X.]er damit verteidigte Gegenstand geht nicht über den Inhalt der Anmeldung (K[X.]) und der [X.] ([X.]) hinaus.

Ebenso wie das Streitpatent befasst sich die Anmeldung zwar vorwiegend mit einer Kombination von [X.] mit anderen Stoffen. Als zur Erfindung gehörend wird jedoch auch die separate Verabreichung der einzelnen Stoffe offenbart, und zwar auch in oraler Form ([X.] S. 8, K[X.] Abs. 29 f.).

c) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts hat dieser Gegenstand ausgehend von [X.] nicht nahegelegen.

aa) Zu Recht hat das Patentgericht allerdings angenommen, dass trotz der geringen Löslichkeit von [X.] Anlass bestand, ergänzend die Auflösungsgeschwindigkeit zu untersuchen.

Wie auch die Berufung im Ansatz nicht in Zweifel zieht, ist die Auflösungsgeschwindigkeit ein Parameter, der für die Bioverfügbarkeit von Bedeutung ist. Er ist zwar proportional zur Löslichkeit. Nach den Feststellungen des Patentgerichts besagt dies aber nicht, dass ein schlecht löslicher Stoff zwingend eine geringe Auflösungsgeschwindigkeit hat.

Ob angesichts dessen stets Anlass besteht, die Auflösungsgeschwindigkeit auch bei solchen Stoffen zu untersuchen, deren Löslichkeit sich als gering erwiesen hat, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.

Wie das Patentgericht zu Recht angenommen hat, bestand im Streitfall eine besondere Situation, weil sich [X.] ausweislich der Schilderung in [X.] als zur oralen Verabreichung in Form von Tabletten geeignet erwiesen hatte. [X.]amit stand zwar nicht fest, dass es ein geeignetes Salz geben muss. Es bestand aber jedenfalls Anlass, ein in die Untersuchung einbezogenes Salz nicht schon deshalb als ungeeignet zu verwerfen, weil es eine geringe Löslichkeit gezeigt hat, sondern zusätzlich die Auflösungsgeschwindigkeit als zweiten maßgeblichen Parameter in den Blick zu nehmen.

bb) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts bestand jedoch kein Anlass, zur Untersuchung der Auflösungsgeschwindigkeit Messmethoden einzusetzen, die im Stand der Technik für [X.]n nicht üblich waren.

(1) Nach dem insoweit nicht bestrittenen Vorbringen der Berufung führen [X.] ([X.]) und [X.] (S. 429 Tabelle 2) als übliche Vorgehensweise im Rahmen vom [X.]n die Bestimmung der intrinsischen Auflösungsgeschwindigkeit an, also der Geschwindigkeit, die sich bei dem untersuchten Salz ohne Einfluss anderer Faktoren einstellt.

Mit der in [X.] hierzu vorgeschlagenen Vorgehensweise waren nach den Feststellungen des Patentgerichts keine relevanten Erkenntnisse zu erwarten, weil die Löslichkeit von [X.] zu gering ist. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit dieser Feststellung begründen, sind weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich.

(2) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts und der [X.] bestand auch vor dem Hintergrund der positiven Ergebnisse aus [X.] kein Anlass, andere Messmethoden heranzuziehen.

(a) Aus den Feststellungen des Patentgerichts, wonach andere Standardmessmethoden wie zum Beispiel Spektroskopie oder Messung der Leitfähigkeit zur Verfügung standen, ergibt sich nicht, dass diese Methoden auch für [X.]n üblich waren.

Nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Berufung wird Spektroskopie auch bei dem in [X.] vorgeschlagenen Verfahren eingesetzt. Verbesserungen lassen sich nach dem Vorbringen der [X.] durch Zusatz von Lösungsvermittlern erreichen, etwa in Form von Tensiden. Auf diese Weise kann aber nicht die intrinsische Auflösungsgeschwindigkeit ermittelt werden, sondern nur ein relativer Vergleich zwischen einzelnen untersuchten Stoffen angestellt werden.

(b) Für den seitens der [X.] als weitere Alternative aufgezeigten Einsatz von [X.] gilt Entsprechendes.

Wie die [X.] insbesondere anhand der Veröffentlichung von Langenbucher et al. (Standardized Flow-cell Method as an Alternative to Existing Pharmacopoeial [X.]issolution Testing, Pharm. [X.]. 51 (1989), 1276, K[X.]5) aufgezeigt haben, waren geeignete Geräte, wie sie die Beklagte nach dem Prioritätstag zur Vorbereitung einer Eingabe an das Europäische Patentamt ([X.]) eingesetzt hat, schon vor dem Prioritätstag bekannt.

Aus K[X.]5 ergab sich aber keine Anregung, solche Geräte - die ebenfalls nur einen relativen Vergleich ermöglichen - im Rahmen von [X.]n einzusetzen.

K[X.]5 hebt zwar als einen Vorteil von [X.] hervor, dass Wirkstoffe, Granulate und fertige Formulierungen mit demselben Gerätetyp untersucht werden können. [X.]iese Ausführungen stehen aber in Zusammenhang mit dem einleitenden Hinweis, der Einsatz von [X.] habe sich zu einem etablierten Werkzeug zum Testen oraler [X.]osierungsformen entwickelt. Als mögliche weitere Einsatzmöglichkeit wird hierbei nur das Testen rektaler Formen angeführt, das Gegenstand von Untersuchungen sei (S. 1280 rechts unten). Ein Hinweis, dass [X.] auch im Rahmen von [X.]n in Betracht gezogen werden könnten, ergibt sich aus diesen Ausführungen nicht.

cc) Vor diesem Hintergrund ergab sich auch aus der durch [X.] begründeten erhöhten Erfolgsaussicht keine Anregung, in [X.]n nicht übliche Methoden zur Messung der Auflösungsgeschwindigkeit von [X.] einzusetzen.

[X.]ie Ausführungen in [X.] gaben allerdings grundsätzlich Anlass, auch über den üblichen Umfang hinausgehende Maßnahmen in Betracht zu ziehen, soweit diese nicht mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden waren. Nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der [X.] hätte sich der Aufwand für eine Untersuchung mit Hilfe einer kleinen Messzelle zudem in überschaubarem Rahmen gehalten.

Aus dieser Ausgangslage ergaben sich jedoch keine Hinweise darauf, welche über das im Rahmen von [X.]n Übliche hinausgehenden Maßnahmen Erfolg versprachen und dass gerade ein Vergleich der Auflösungsgeschwindigkeit der untersuchten Salze - die durchweg eine geringe Löslichkeit aufweisen - zum Ziel führen könnte. Vor diesem Hintergrund boten sich weder der Einsatz von Lösungsvermittlern noch Untersuchungen mit [X.] als naheliegende Möglichkeit an.

dd) Entgegen der Auffassung der [X.] bestand vor diesem Hintergrund auch kein Anlass, die Bioverfügbarkeit verschiedener Formen von [X.] ohne weitere Laboruntersuchungen im Rahmen von Tierversuchen zu ermitteln.

[X.] begründete zwar die Aussicht, dass es eine für die orale Verabreichung geeignete Form von [X.] geben muss. [X.]ies bot aber keine hinreichende Gewähr dafür, dass der gesuchte Stoff zum Kreis der untersuchten Substanzen gehört.

IV. [X.]ie angefochtene Entscheidung stellt sich hinsichtlich des [X.] nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar (§ 119 Abs. 1 [X.]).

1. Entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1 ist der Gegenstand von Patentanspruch 12 nicht durch [X.] vorweggenommen.

a) [X.] befasst sich vor demselben Hintergrund wie das Streitpatent mit Verbindungen, die als Inhibitoren von raf-Kinase geeignet sind.

Als geeignet schlägt [X.] Verbindungen mit der allgemeinen Strukturformel A -[X.] -B vor, wobei [X.] die Struktur -NH-C([X.] aufweist, es sich mithin um eine [X.] handelt. [X.]ie Komponenten A und B können aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Strukturen bestehen.

[X.] schildert ein Verfahren zur Synthese solcher Verbindungen und listet insgesamt 103 Verbindungen, die in solchen Versuchen entstanden sind, mit ihrer chemischen Bezeichnung ([X.] 17 bis [X.]) und mit ihren Strukturformeln (Tabellen 1 bis 7, [X.] 1 bis [X.] 4) auf.

[X.] ist als Eintrag 42 aufgeführt und in den Ansprüchen 61 und 67 jeweils zusammen mit anderen Verbindungen als Stoff per se bzw. zur Behandlung von krebsartigem, durch raf-Kinase vermitteltem Zellwachstum beansprucht.

Als ebenfalls zur Erfindung gehörend gibt [X.] pharmazeutisch akzeptable Salze an. Als Beispiele nennt die Entgegenhaltung neben vielen anderen auch Salze der p-Toluolsulfonsäure ([X.]), also [X.]e. Solche Salze, darunter auch [X.]e, werden in Anspruch 50 für alle Verbindungen nach Anspruch 1 und in nachfolgenden Ansprüchen für Verbindungen nach den [X.] 2, 33, 38 und 39 beansprucht.

b) [X.]amit ist, wie das Patentgericht in dem nach § 83 Abs. 1 [X.] erteilten Hinweis zu Recht ausgeführt hat, [X.] nicht unmittelbar und eindeutig offenbart.

Entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1 reicht für eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung dieser Verbindung nicht der in [X.] enthaltene Hinweis, dass die aufgeführten Salze grundsätzlich für alle offenbarten [X.]en in Frage kommen. Aus diesem Hinweis ergibt sich nicht die in Patentanspruch 12 in der Fassung von Hilfsantrag 2 geschützte Lehre, dass gerade das [X.] von [X.] für eine orale Verabreichung gut geeignet ist.

2. [X.]er im [X.] veröffentlichte Stand der Technik ist für die Entscheidung des Streitfalls nicht erheblich.

[X.]ie [X.] haben keine konkreten Umstände aufgezeigt, die Zweifel an der wirksamen Inanspruchnahme des [X.] aus der [X.]/3344609 begründen.

a) [X.]ie [X.] des [X.] hat in einem am Tag der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Rechtsstreit verkündeten, dem Senat aber erst danach bekannt gewordenen Beschluss entschieden, dass die Wirksamkeit der Inanspruchnahme einer Priorität für die Anmeldung eines [X.] Patents gemäß Art. 87 Abs. 1 EPÜ autonom auf der Grundlage des [X.] zu beurteilen ist, dass für die Berechtigung zur Inanspruchnahme eine widerlegbare, aber starke Vermutung spricht und dass die gemeinsame Einreichung einer [X.], in der für einen oder mehrere Bestimmungsstaaten der Anmelder der prioritätsbegründenden Anmeldung und für einen oder mehrere andere Bestimmungsstaaten eine andere Person benannt wird, eine Abmachung der Beteiligten impliziert, die die andere Person zur Inanspruchnahme der Priorität berechtigt ([X.], Entscheidung vom 10. Oktober 2023 - [X.]/22, Rn. 86, Rn. 101 ff. und Rn. 122 - Prioritätsberechtigung).

[X.]er Senat tritt dieser Auslegung der auch für die Entscheidung des Streitfalls ausschlaggebenden Regelung in Art. 87 Abs. 1 EPÜ bei. Sie ist sorgfältig und überzeugend begründet und führt zu lebensnahen und interessengerechten Ergebnissen.

b) Bei Anlegung dieses Maßstabs ist die Priorität im Streitfall wirksam in Anspruch genommen.

aa) [X.]ie sich aus dem [X.] ergebende Vermutung der rechtmäßigen Inanspruchnahme kann nicht durch Geltendmachung spekulativer Zweifel widerlegt werden. Vielmehr müssen konkrete Umstände aufgezeigt werden, die ernstliche Zweifel an der Berechtigung des späteren Anmelders begründen ([X.], Entscheidung vom 10. Oktober 2023 - [X.]/22, Rn. 110 - Prioritätsberechtigung).

Solche Umstände haben die [X.] nicht aufgezeigt.

[X.]as bloße Bestreiten des gegnerischen Vortrags mit Nichtwissen ist zur Widerlegung der Vermutung schon im Ansatz nicht geeignet.

[X.]er Umstand, dass die Beklagte nur für einen Teil der insgesamt achtzehn Anmelder der früheren Anmeldung Verträge vorgelegt hat, die eine Übertragung von Rechten an im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses entstandenen Erfindungen vorsehen, mag es möglich erscheinen lassen, dass einige der Arbeitnehmer keinen schriftlichen Vertrag oder einen Vertrag ohne die vorgelegte Klausel geschlossen haben. [X.]amit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass im Zusammenhang mit dem Streitpatent eine individuelle Vereinbarung getroffen wurde. Eine solche Vereinbarung bedarf keiner besonderen Form und ist auch konkludent möglich ([X.], Entscheidung vom 10. Oktober 2023 - [X.]/22, Rn. 100 - Prioritätsberechtigung).

Hinsichtlich des Umstands, dass das Arbeitsverhältnis eines der achtzehn Anmelder möglicherweise dem [X.] Recht unterlag und die mit diesem Anmelder getroffene Abtretungsvereinbarung danach als unwirksam zu qualifizieren sein könnte, gilt nichts anderes. Auch unter diesen Prämissen ist nicht ausgeschlossen, dass es im Streitfall eine individuelle Abtretungsvereinbarung gegeben hat.

bb) [X.]arüber hinaus ist im Streitfall eine zur Inanspruchnahme der Priorität berechtigende Abmachung der Beteiligten auch deshalb impliziert, weil die achtzehn Anmelder der früheren Anmeldung auch an der [X.] beteiligt waren, aus der das Streitpatent (im Wege der mehrfachen Teilung) hervorgegangen ist, und darin als Anmelder für die [X.] benannt sind.

c) [X.]er Umstand, dass die Entscheidung der [X.] erst nach der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Rechtsstreit bekannt geworden ist, erfordert nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Auf der mit den Parteien erörterten Grundlage des [X.] Rechts ergibt sich keine abweichende Beurteilung.

aa) Nach [X.] Recht obliegt die [X.]arlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Voraussetzungen für eine wirksame Inanspruchnahme der Priorität ebenfalls den [X.].

(1) In einem Patentnichtigkeitsverfahren liegt die Beweislast hinsichtlich aller Tatsachen, aus denen sich die Nichtigkeit des erteilten Patents ergeben sollen, grundsätzlich beim [X.].

Ungeachtet des im Patentnichtigkeitsverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes geht es zu Lasten des [X.], wenn das Ergebnis der Verhandlung und der Beweisaufnahme zu keiner eindeutigen Feststellung im Sinne des Klagevorbringens geführt hat. Nachdem das Patent ordnungsgemäß erteilt worden ist, kann dem Patentinhaber die dadurch erlangte Rechtsstellung nur dann genommen werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass er sie zu Unrecht erlangt hat ([X.], Urteil vom 23. Januar 1990 - [X.], [X.], 522, juris Rn. 36 - Feuerschutzabschluss; Urteil vom 12. Mai 1992 - [X.], [X.]Z 118, 221 = [X.], 839, juris Rn. 49 - Linsenschleifmaschine; Urteil vom 4. Mai 1995 - [X.], [X.], 757, juris Rn. 77 - [X.]; Urteil vom 11. Mai 2010 - [X.], [X.], 901 Rn. 32 - Polymerisierbare Zementmischung; Urteil vom 22. März 2018 - [X.] Rn. 42).

(2) Grundlage der Beurteilung ist hierbei grundsätzlich das Vorbringen der Parteien.

[X.]er in § 87 Abs. 1 [X.] normierte Grundsatz der Amtsermittlung besagt lediglich, dass das Gericht an Vorbringen und Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden ist. In dem als Parteiprozess ausgestalteten [X.] ist es hingegen nicht Aufgabe des Gerichts, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus vagen Angaben des [X.] zusammenzustellen oder aus anderen Quellen selbst in Erfahrung zu bringen. Vielmehr geht es darum, unparteiisch zu wägen, ob der Klagevortrag das Klagebegehren rechtfertigt ([X.], Urteil vom 27. August 2013 - [X.], [X.]Z 198, 187 = [X.], 1272 Rn. 36 - Tretkurbeleinheit).

(3) Bezüglich der Frage, ob ein Patent eine Priorität zu Recht in Anspruch nimmt, ergibt sich hieraus, dass es nicht die Aufgabe des Gerichts ist, tatsächliche Vorgänge, die zur Übertragung eines ursprünglich anderen Personen zustehenden [X.] auf den Patentanmelder geführt haben, im Einzelnen zu ermitteln und auf ihre Rechtswirksamkeit zu überprüfen. Vielmehr liegt es grundsätzlich am [X.], Umstände aufzuzeigen, aus denen sich die Unwirksamkeit der maßgeblichen Vorgänge ergibt.

Entgegen der Auffassung der [X.] wird dem [X.] damit keine unzumutbare Belastung auferlegt. [X.]er [X.] war in der Regel zwar nicht an den Vereinbarungen beteiligt, aus denen sich die Berechtigung zur Inanspruchnahme der Priorität ergibt. Wenn er den Verdacht hegt, der Patentanmelder könnte das einem [X.]ritten zustehende Prioritätsrecht zu Unrecht in Anspruch genommen haben, steht es ihm jedoch frei, den [X.]ritten hierzu zu befragen. Sofern dieser keine Auskünfte erteilt, spricht dies typischerweise dafür, dass er mit der Inanspruchnahme des [X.] einverstanden war.

bb) [X.]ie [X.] haben keine Umstände aufgezeigt, die zu der Überzeugung führen könnten, dass zumindest einer der Übertragungsvorgänge unwirksam war oder nicht stattgefunden hat.

[X.]as bloße Bestreiten des gegnerischen Vortrags mit Nichtwissen reicht nicht aus. [X.]ie [X.]arlegungslast hinsichtlich der relevanten Tatsachen obliegt derjenigen Partei, die die Beweislast trägt, im Streitfall also den [X.].

[X.]er Umstand, dass die Beklagte nur für einen Teil der achtzehn Anmelder Übertragungsvereinbarungen vorgelegt hat, vermag keine durchgreifenden Zweifel daran zu begründen, dass im Streitfall eine individuelle Vereinbarung getroffen worden ist. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass die Vereinbarung mit einem der Anmelder bei Anwendbarkeit [X.] Arbeitsrechts möglicherweise unwirksam ist.

Für den Abschluss individueller Vereinbarungen spricht auch auf der Grundlage des [X.] Rechts zusätzlich der Umstand, dass die achtzehn ursprünglichen Anmelder auch an der [X.] beteiligt waren und darin als Anmelder für die [X.] benannt worden sind.

V. [X.]ie Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 119 Abs. 5 Satz 2 [X.]).

Aus den oben dargelegten Umständen ergibt sich, dass Patentanspruch 12 in der mit Hilfsantrag 2 verteidigten Fassung Bestand hat.

VI. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 [X.] und § 92 Abs. 1 ZPO.

[X.]     

      

Hoffmann     

      

Marx   

      

Rombach     

      

Rensen     

      

Meta

X ZR 83/21

28.11.2023

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BPatG München, 29. September 2021, Az: 3 Ni 12/20 (EP)verb.m. 3 Ni 13/21 (EP), Urteil

Art 54 Abs 1 EuPatÜbk, § 3 Abs 1 PatG, § 87 Abs 1 PatG, § 286 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.11.2023, Az. X ZR 83/21 (REWIS RS 2023, 8669)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 8669


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 3 Ni 12/20 (EP)verb.m. 3 Ni 13/21 (EP)

Bundespatentgericht, 3 Ni 12/20 (EP)verb.m. 3 Ni 13/21 (EP), 29.09.2021.


Az. X ZR 83/21

Bundesgerichtshof, X ZR 83/21, 28.11.2023.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

X ZR 74/21

Zitiert

X ZR 19/12

X ZR 128/15

X ZR 51/06

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