Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2011, Az. XII ZB 79/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 895

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]/11
vom

30. November 2011

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§
1, 14 Abs.
2 Nr.
2, 17, 18 Abs.
2, 3
a)
Setzt sich eine betriebliche Altersversorgung aus verschiedenen [X.] mit unterschiedlichen wertbildenden Faktoren zusammen (hier: [X.]), ist jeder Baustein im Versorgungsausgleich wie ein einzelnes Anrecht gesondert zu behandeln und auszugleichen.
b)
Die Regelung des §
18 Abs.
2 [X.] soll einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand des Versorgungsträgers durch die Teilung und Aufnahme eines neuen [X.] ersparen, wenn der geringe Ausgleichs-wert des Anrechts diesen Aufwand nicht lohnt. Kann die mit der Regelung des §
18 Abs.
2 [X.] bezweckte Verwaltungsvereinfachung nicht in einem den Ausschluss des Ausgleichs rechtfertigenden Maße erreicht wer-den, gebührt dem Halbteilungsgrundsatz der Vorrang.
[X.], Beschluss vom 30. November 2011 -
XII [X.]/11 -
OLG [X.]/M. in [X.]

AG [X.]
-
2 -

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 30.
November 2011
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Hahne,
die Richterin
Weber-Monecke
und die Richter
Dr.
[X.], Schilling und Dr. Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2.
Familien-
senats in [X.] des [X.]s [X.] am Main vom 14.
Februar 2011 wird auf Kosten der Beteiligten zu
1 zurückge-wiesen.
Verfahrenswert:
1.000

.

Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über den Versorgungsausgleich.
Das [X.] hat die Ehe der Beteiligten durch
Beschluss vom 26.
Juli 2010 -
insoweit rechtskräftig
-
geschieden und den Versorgungsaus-gleich geregelt.
Beide Ehegatten erwarben
während der Ehezeit (1.
Juni 1999 bis 31.
Ok-
tober 2009; §
3 Abs.
1 [X.]) Rentenanwartschaften
in der gesetzlichen Rentenversicherung, die Ehefrau darüber hinaus Anrechte aus einer privaten Altersversorgung bei einer Lebensversicherung, der Ehemann Anrechte aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der Beteiligten zu
1 ([X.]).
Letztere
unterteilt sich nach der Versorgungsordnung der [X.] in 1
2
3
-
3 -

eine "Betriebliche Grundversorgung", eine "Beteiligungsrente
I"
und eine "Betei-ligungsrente
II".
Das [X.] hat den Versorgungsausgleich in der Weise
durch-geführt, dass es im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Ehemanns in der gesetzlichen Rentenversicherung 9,8911
Entgeltpunkte auf das Konto der Ehefrau und zu
Lasten des Anrechts der Ehefrau in der [X.] 5,0812
Entgeltpunkte auf das Konto des Ehemanns übertragen hat. Weiter hat es
im Wege der externen Teilung bezogen auf den 31.
Oktober 2009 zu Lasten der
Anwartschaften des Ehemanns bei der [X.] Anrechte
aus der "Betrieblichen Grundversorgung"
in Höhe von 12.895,80

aus der "Beteiligungsrente
I"
in Höhe von 2.472,53

aus der "Beteiligungsrente
II"
in Höhe von 3.266,29

zu Gunsten der Ehefrau auf ei-nem für sie bei der Versorgungsausgleichskasse zu errichtenden Versiche-rungskonto begründet. Von einem weiteren Ausgleich des durch
die
Ehefrau mit einem
Kapitalwert
von 338,75

erworbenen Anrechts aus einer Lebensversi-cherung hat das [X.] nach §
18 Abs.
2, 3 [X.] abgesehen.
Gegen die Einbeziehung der Beteiligungsrente
I in den Versorgungsaus-gleich hat die [X.]
Beschwerde
eingelegt, da es sich hierbei um ein nicht auszugleichendes Anrecht mit einem geringen Ausgleichswert handle (§
18 Abs.
2 [X.]). Das [X.]
hat die Beschwerde
zurück-gewiesen; hiergegen richtet sich die
zugelassene Rechtsbeschwerde
der [X.].
4
5
-
4 -

II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
Das [X.] hat seine
in FamRZ 2011, 980 ([X.])
veröffent-lichte
Entscheidung
wie folgt begründet:
Zwar sei der Ausgleichswert der Beteiligungsrente I geringwertig iSd
§
18 Abs.
2, 3 [X.]. Die Vorschrift eröffne jedoch ein
Ermessen, nach einer Gesamtbetrachtung aller in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften den Schluss zu ziehen, den Versorgungsausgleich trotz [X.]fügigkeit des [X.] Anrechts durchzuführen.
Mit der Ausschlussregelung des §
18 Abs.
2 [X.] solle eine Re-duzierung unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwandes beim Versorgungsträ-ger vermieden werden. Dem Senat sei bekannt, dass die Rentenbescheide der [X.] die unterschiedlichen selbständigen Versorgungsbausteine aufführe, es aber nur zu einer einheitlichen Auszahlung komme. Eine Begrün-dung von Kleinstanrechten, die der Gesetzgeber habe verhindern wollen, werde dadurch
vermieden, dass letztlich die der Ehefrau zuwachsende Betriebsrente
einheitlich aus einer Hand gewährt werde.
In
der Regel sei davon auszugehen, dass allein der bei dem [X.] entstehende Aufwand einer
externen
Teilung des geringfügigen Anrechts den Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach §
18 Abs.
2 [X.]
nicht rechtfertigen könne.
2.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen
Überprüfung im Ergebnis stand. Das [X.] hat sämtliche Anrechte des Ehemanns aus der [X.] Altersversorgung zutreffend nach §§
14 Abs.
2 [X.], 17 [X.]
-
auf Verlangen der [X.] extern
-
geteilt. Die Einbeziehung auch der 6
7
8
9
10
11
-
5 -

Beteiligungsrente
I in den Versorgungsausgleich ist rechtlich nicht zu beanstan-den.
a) Zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Beteiligungsrente
I ein einzelnes, gesondert zu [X.] Anrecht darstellt.
Die betriebliche
Altersversorgung des Ehemanns bei der [X.] beruht auf einer Direktzusage und setzt sich aus den drei genannten [X.] zusammen. Die Betriebliche Grundversorgung wird allein vom Arbeitgeber zusätzlich zum Arbeitsentgelt finanziert. Die Beteiligungsrente
I erwirbt der Ar-beitnehmer durch vermögenswirksame Leistungen
des Arbeitsgebers; die
Bei-träge für die Beteiligungsrente
II erbringt der Arbeitnehmer durch Entgeltum-wandlung
auf freiwilliger Basis. Zwar wird im Leistungsfall die aus den [X.] Bausteinen ermittelte [X.] in einer Summe ausgezahlt. Aus den Unterschieden bei den Finanzierungsverfahren und anderer wertbildender
Fak-toren der einzelnen Bausteine
folgt indessen, dass jeder Baustein wie ein ein-zelnes Anrecht im Versorgungsausgleich gesondert zu behandeln ist.
b) Das
[X.] hat weiter zu Recht angenommen, dass der auszugleichende Kapitalwert der Beteiligungsrente
I einen geringen [X.]wert iSd
§
18 Abs.
2 [X.] darstellt.
Nach §
18 Abs.
2 [X.] soll das [X.] einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgleichen. [X.] ist ein
[X.]wert
gemäß §
18 Abs.
3 [X.], wenn er am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 1
Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120
Prozent der
monatlichen Bezugsgröße nach §
18 Abs.
1 SGB
IV beträgt.
12
13
14
15
-
6 -

Die für das Versorgungssystem
der [X.] maßgebliche Be-zugsgröße iSd
§
5 Abs.
1 [X.] ist nach deren
Teilungsordnung und
ge-mäß §
45 Abs.
1 [X.] iVm
§
4 Abs.
5 BetrAVG ein Kapitalwert.
Die [X.], deren Auskunft inhaltlich von keiner Seite angegriffen ist, hat für die Beteiligungsrente
I einen Ausgleichs-Kapitalwert von 2.472,53

ge-schlagen. Dieser Wert liegt unter der bei [X.] geltenden Bagatellgrenze von 3.024

% der monatlichen Bezugsgröße von 2.520

c) Mit seiner
Entscheidung, den geringen Ausgleichswert aus der Beteili-gungsrente
I auszugleichen, hat das [X.] das ihm durch §
18 Abs.
2 [X.] eingeräumte tatrichterliche Ermessen rechtsfehlerfrei aus-geübt.
aa) Durch
§
18 Abs.
2 [X.] ist bestimmt, dass
einzelne Anrechte
mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgeglichen werden sollen. Das be-deutet, dass geringwertige Anrechte nur dann auszugleichen sind, wenn nach gerichtlichem Ermessen
besondere Gründe
hierfür sprechen. Welche konkreten
Erwägungen in die
Ermessensausübung
einzustellen sind, lässt das Gesetz offen.
Nach der Begründung des [X.] (BT-Drucks.
16/10144 S.
38, 60)
will die in §
18 [X.] enthaltene Regelung eine Antwort auf solche Fallkonstellationen
geben, bei denen die Durchführung des [X.] unverhältnismäßig und aus Sicht der Parteien nicht vorteilhaft ist. Die Regelung will insbesondere vermeiden, dass dem zuständigen [X.] durch die Teilung und Aufnahme eines neuen [X.] -
wie es
dem gesetzlichen Leitbild der internen Teilung entspricht
-
ein gemessen am geringen Ausgleichswert unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand
ent-steht. Nach
dem Gesetzeszweck sind daher -
ähnlich wie bei der Ermessens-prüfung nach dem früheren §
3
c [X.] aF
-
die Belange der Verwaltungseffi-16
17
18
19
-
7 -

zienz auf Seiten des
Versorgungsträgers
gegen das Interesse des ausgleichs-berechtigten Ehegatten an der Erlangung auch geringfügiger Anrechte abzuwä-gen (vgl. zu §
3
c [X.]: Senatsbeschlüsse vom 23.
Mai 1990

XII
ZB
117/89
-
FamRZ 1990, 1097, 1098 und vom 12.
Oktober 1988

IVb
ZB
186/87
-
FamRZ 1989, 37, 39).
Bei dieser Abwägung darf der Halbteilungsgrundsatz als
Maßstab des
Versorgungsausgleichsrechts (§
1 Abs.
1 [X.])
nicht außer Betracht bleiben; dieser
ist bei der Auslegung einzelner Vorschriften und Ermessensent-scheidungen des Versorgungsausgleichs stets zu berücksichtigen (BT-Drucks. 16/10144 S.
45). Kann die mit der Regelung des §
18 Abs.
2 [X.]
be-zweckte Verwaltungsvereinfachung nicht in einem den Ausschluss des [X.] rechtfertigenden
Maße
erreicht werden, gebührt dem Halbteilungs-grundsatz der Vorrang.
[X.]) Gemessen daran hat das [X.] sein Ermessen in [X.] nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Im Rechtsbeschwerdeverfahren unterliegt die Ermessensausübung
einer eingeschränkten rechtlichen Kontrolle. Sie kann nur darauf überprüft werden, ob das [X.] sein Ermes-sen ausgeübt oder die Notwendigkeit dazu verkannt hat und ob es die gesetzli-chen Grenzen des Ermessens überschritten oder davon einen unsachgemä-ßen, den Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht hat (vgl. [X.]/[X.] FamFG 17.
Aufl. §
72 Rn.
8 mwN).
Im vorliegenden Fall hat das [X.] seine Ermessenserwä-gungen
letztlich tragend darauf gestützt, dass ein wesentlicher Teil des
vom Gesetzgeber
im
Blick gehabten Verwaltungsaufwandes
von vornherein nicht anfällt, wenn der Versorgungsträger -
wie hier
-
die externe Teilung wählt. [X.] fußend hat das [X.] weiter erwogen, dass die Belastung des Versorgungsträgers mit den Kosten einer externen
Teilung für sich genommen 20
21
22
-
8 -

regelmäßig nicht den Ausschluss eines Ausgleichs wegen [X.]wertigkeit nach §
18 Abs.
2 [X.] zu rechtfertigen vermag. Gegen diese Erwägun-gen, mit denen das [X.] fallbezogen einer Normzweckverfehlung vorbeugt,
ist rechtlich nichts
zu erinnern.
Auch wird durch die angeordnete Teilung kein unwirtschaftliches
Kleinst-anrecht begründet, da sich der Ausgleichsbetrag aus der Beteiligungsrente
I zusammen mit anderen Ausgleichsbeträgen auf dem bei der [X.] zu errichtenden [X.] vereinigt.

Hahne

Weber-Monecke

[X.]

Schilling

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 26.07.2010 -
511 F 3052/09 S -

OLG [X.]/M.
in [X.], Entscheidung vom 14.02.2011 -
2 UF 358/10 -

23

Meta

XII ZB 79/11

30.11.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2011, Az. XII ZB 79/11 (REWIS RS 2011, 895)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 895

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