Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.11.2021, Az. 3 StR 200/21

3. Strafsenat | REWIS RS 2021, 10116

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Betäubungsmitteldelikte: Bewertungseinheit bei Zusammenführen von Drogen aus verschiedenen Erwerbsvorgängen; Sperrwirkung des minder schweren Fallen


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. Juli 2020

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist;

b) in den Aussprüchen über die Einzelstrafe in den Fällen [X.] 2.3 bis [X.] 2.5 der Urteilsgründe sowie über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben; jedoch bleiben die jeweils zugehörigen Feststellungen bestehen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ʺin nicht geringer Mengeʺ in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Fälle [X.] 2.3 bis [X.] 2.5 der Urteilsgründe), wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Fälle [X.] 2.1 und 2.2 der Urteilsgründe) und wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall [X.] 1 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Bewertung des konkurrenzrechtlichen Verhältnisses der drei Betäubungsmitteltaten in den Fällen [X.] 2.3 bis 2.5 der Urteilsgründe hält materiell-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Diese bilden eine Bewertungseinheit und damit eine einheitliche Tat im Rechtssinne.

3

Eine Bewertungseinheit kommt nicht nur in Betracht, wenn die Betäubungsmittel aus einem einheitlichen Erwerbsvorgang stammen (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Februar 2008 - 2 StR 619/07, [X.], 470), sondern auch dann, wenn Drogen aus verschiedenen Erwerbsvorgängen zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat vereint werden ([X.], Beschlüsse vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16, [X.], 711, 712; vom 11. Januar 2012 - 5 [X.], [X.], 121, 122; vom 28. Juli 2011 - 3 [X.], [X.]R BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11).

4

So liegt der Fall hier. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen erwarb der Angeklagte zum einen 250 Gramm Marihuana Mitte Februar 2019 (Fall [X.] 2.3 der Urteilsgründe) und zum anderen 10 g Kokain zwischen dem 15. und 17. Februar 2019 (Fall [X.] 2.4 der Urteilsgründe). Beide Mengen bot er im selben Café zum Verkauf an und nahm die nicht verkauften Restmengen an Marihuana und Kokain schließlich im März 2019 mit in seine Wohnung, in der sich auch ein Teleskopschlagstock und ein funktionsfähiger Elektroschocker befanden. Nach den [X.] führte der Angeklagte somit beide getrennt erworbenen Betäubungsmittel zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat zusammen und verband sie zu einer Bewertungseinheit.

5

Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend (§ 354 Abs. 1 StPO anlog). § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil der geständige Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

6

2. [X.] betreffend die Fälle [X.] 2.3 bis [X.] 2.5 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

7

Rechtsfehlerfrei hat die [X.] nach Annahme eines minder schweren Falles des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 3 BtMG dem - ebenfalls rechtsfehlerfrei nicht gemilderten - Strafrahmen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG eine umfassende Sperrwirkung zugesprochen. Nach inzwischen einhelliger Auffassung aller Strafsenate des [X.] erstreckt sich die Sperrwirkung jedoch lediglich auf die Strafrahmenuntergrenze des § 29a Abs. 1 BtMG, nicht aber auf dessen Obergrenze ([X.], Beschlüsse vom 1. September 2020 - 3 [X.], NJW 2021, 175 Rn. 5; vom 7. November 2017 - 1 StR 515/17, juris Rn. 3; vom 14. August 2013 - 2 StR 143/13, juris; vom 26. September 2019 - 4 StR 133/19, juris Rn. 7; Urteil vom 12. Februar 2015 - 5 StR 536/14, juris Rn. 5; jeweils mwN). Es ist nicht auszuschließen, dass die Festsetzung der Einzelstrafe von vier Jahren und sechs Monaten auf der fehlerhaften Annahme einer Strafrahmenobergrenze von 15 Jahren gemäß § 29a Abs. 1 BtMG statt zehn Jahren gemäß § 30a Abs. 3 BtMG beruht.

8

Die Aufhebung der genannten Einzelstrafe zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Hiervon unberührt bleiben die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen, die den getroffenen nicht widersprechen, sind möglich.

Schäfer     

        

Anstötz     

        

Erbguth

        

Kreicker     

        

Voigt     

        

Meta

3 StR 200/21

16.11.2021

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Duisburg, 8. Juli 2020, Az: 32 KLs 18/19

§ 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 30a Abs 3 BtMG, § 46 StGB, § 52 Abs 1 StGB, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.11.2021, Az. 3 StR 200/21 (REWIS RS 2021, 10116)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 10116

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 487/16 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Bewertungseinheit bei Besitz mehrerer verschiedenartiger Rauschgiftmengen; tateinheitlicher Besitz von Rauschgiftteilmengen


3 StR 295/22 (Bundesgerichtshof)


1 StR 300/19 (Bundesgerichtshof)

Betäubungsmittelhandel bei Waffenmitführung während Tatteil


1 StR 9/20 (Bundesgerichtshof)

Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Konkurrenzverhältnis bei mehreren Ausführungshandlungen


3 StR 615/17 (Bundesgerichtshof)

Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Konkurrenzverhältnis bei gleichzeitigem Vorhalten mehrerer für den Verkauf bestimmter Vorräte


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.