Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2006, Az. I ZR 143/03

I. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3281

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[X.]IM NAMEN [X.]ES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 1. Juni 2006 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

[X.] als Rechtsbeistand [X.] § 1 Abs. 3; GG Art. 12 Abs. 1 Einem als Rechtsbeistand in Nachlassangelegenheiten zugelassenen Erben-ermittler ist es nicht verwehrt, dem von ihm ermittelten Erben die zur Nach-lassabwicklung gebotenen rechtsbesorgenden Tätigkeiten unaufgefordert an-zubieten. [X.], [X.]. v. 1. Juni 2006 - [X.] - [X.] LG [X.] - 2 - [X.]er I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 1. Juni 2006 durch [X.] [X.]r. [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.]r. Schaffert für Recht erkannt:
[X.]ie Revision gegen das [X.]eil des 5. Zivilsenats des Kammerge-richts vom 21. März 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückge-wiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand: [X.]er [X.] ist als [X.] tätig. Er ist [X.]iplom-Kaufmann und hat die Erlaubnis des Präsidenten des [X.] zur geschäfts-mäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten als Rechtsbeistand in Nachlassangelegenheiten. Im Rahmen seiner Ermittlungen zur Auffindung der Erben der verstorbenen Frau [X.]geb. [X.]richtete er am 28. Sep- tember 2000 an Heinz [X.]in [X.] ein Schreiben mit folgendem Wortlaut: 1 - 3 - - 4 - [X.] ie Klägerin ist eine Partnerschaftsgesellschaft, deren Mitglieder als Rechtsanwälte in [X.] tätig sind. Sie sieht in dem Schreiben des [X.]n vom 28. September 2000 eine auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall ge-richtete und daher gemäß § 43b [X.] unzulässige und deshalb auch wettbe-werbswidrige Werbung. [X.]ie Klägerin hat den [X.]n daher auf Unterlassung in Anspruch genommen und beantragt, 2 es dem [X.]n unter Androhung näher bezeichneter Ordnungs-mittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des [X.] folgende [X.]ienstleistungen anzubieten: - 5 - a) den Entwurf des [X.] und die Übersendung des Entwurfs an einen Notar zur Beurkundung und Unter-zeichnung durch einen Erben, b) die Einreichung des beurkundeten [X.] beim Nachlassgericht unter Beifügung der notwendigen Unterla-gen, c) die Abgabe der Erbschaftsteuererklärung, d) das Betreiben der Auseinandersetzung über den Nachlass, sofern dies geschieht wie in dem nachfolgend in Ablichtung beigefügten Schreiben vom 28. September 2000 an [X.]: (Es folgt eine Kopie des Schreibens vom 28. September 2000). [X.]er [X.] ist der Klage entgegengetreten. 3 [X.]as [X.] hat der Klage stattgegeben. 4 [X.]ie Berufung des [X.]n hat zur Abweisung der Klage geführt ([X.], 2176). 5 Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen [X.]eils. [X.]er [X.] beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. 6 - 6 - Entscheidungsgründe: 7 I. [X.]as Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet und hier-zu ausgeführt: [X.]ie Bestimmung des § 1 Abs. 3 der [X.] zur Ausführung des [X.]es (2. [X.] [X.]), die es [X.] un-tersage, [X.]ritten unaufgefordert [X.]ienste der in Art. 1 § 1 [X.] bezeichneten Art anzubieten, sei verfassungskonform dahin auszulegen, dass [X.] ebenso werben könnten wie Rechtsanwälte. [X.]iesen sei nach § 43b [X.] Werbung erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichte und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzel-fall gerichtet sei. Eine Einzelmandatswerbung liege vor, wenn der Umworbene in einem konkreten Einzelfall der Beratung oder der Vertretung bedürfe und der Werbende diesen Umstand zum Anlass für seine Werbung nehme. [X.]as Schrei-ben des [X.]n vom 28. September 2000 stelle seinem Inhalt nach Werbung für die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall dar. [X.]er [X.] suche mit ihm die Gelegenheit, sich gegenüber einem möglichen Rechtsuchenden, mit dem bis-lang kein Mandatsverhältnis bestanden habe, zu präsentieren und ihm Leistun-gen zur [X.]urchsetzung seines Erbschaftsanspruchs anzubieten. Ein solches Verhalten wäre einem Rechtsanwalt oder Rechtsbeistand verboten, der die [X.] nicht selbst betrieben, sondern zufällig von einer potenziellen Erben-stellung des Angeschriebenen erfahren hätte und diesem nun seine [X.]ienste bei der Nachlassabwicklung anböte. 8 [X.]er [X.] handele nicht verbotswidrig, weil er mit dem Schreiben an den von ihm ermittelten Erben unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Ge-samtzusammenhangs seiner Tätigkeit nicht für ein Mandat als Rechtsbeistand, 9 - 7 - sondern für ein Mandat als [X.] werbe, der als Hilfstätigkeit die Nach-lassabwicklung anbiete. [X.]er [X.] müsse, um das Ergebnis seiner [X.] verwerten zu können, die ermittelten Erben gezielt ansprechen. Es stellte einen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsaus-übungsfreiheit des [X.]n dar, wenn dieser zwar sowohl die Erbensuche betreiben als auch die Nachlassabwicklung vornehmen, nicht aber um die Ertei-lung eines entsprechenden Auftrags durch den ermittelten Erben werben dürfte. [X.]er [X.] habe ein berechtigtes Interesse daran, seine Vorleistungen bei der Ermittlung des Erben durch einen Auftrag zur Nachlassabwicklung amorti-sieren zu können. [X.] [X.]iese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. 10 1. [X.]as Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Be-stimmung des § 1 Abs. 3 2. [X.] [X.] Rechtsbeistände keinem weiterrei-chenden Werbeverbot unterwirft, als § 43b [X.] es Rechtsanwälten auferlegt (vgl. OLG Karlsruhe Rbeistand 1995, 49, 50; KG NJW 2001, 3132; Ren-nen/[X.], [X.], 3. Aufl., 2. [X.], § 1 [X.]. 31; [X.] in Henssler/Prütting, [X.], 2. Aufl., [X.], 2. [X.], § 1 [X.]. 24; vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl. [X.]. 1180; weitergehend Kleine-Cosack, [X.], 2. [X.], § 1 [X.]. 6, wonach das Werberecht der Inhaber von Erlaubnissen nach dem [X.] mangels einer verfassungskonformen Beschränkung allein durch die allgemeinen Bestimmungen des UWG begrenzt wird). 11 Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Selbstdarstellung des Rechtsbe-raters die Grenze des Zulässigen überschreitet, sind Anlass und Art der Wer-bung maßgebliche Kriterien. [X.]ie besonderen Umstände des Streitfalls liegen darin, dass die dem Rechtsbeistand erlaubte Rechtsbesorgung zur Nachlass-abwicklung anknüpft an seine gewerbliche Tätigkeit, den Erben des Nachlasses 12 - 8 - zu ermitteln. [X.]as in § 1 Abs. 3 2. [X.] [X.] normierte Verbot, wonach es In-habern von Erlaubnissen zur Rechtsberatung verwehrt ist, ihre [X.]ienste unauf-gefordert [X.]ritten anzubieten, erfährt im Streitfall eine verfassungsrechtlich (Art. 12 Abs. 1 GG) gebotene Einschränkung. [X.]em [X.]n ist es gestattet, dem von ihm ermittelten Erben seine rechtsbesorgenden [X.]ienste zur Abwicklung des Nachlasses unaufgefordert anzubieten. 2. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass die vom [X.]n angebotene Nachlassabwicklung mit Rechtsbesorgung ein sachge-rechter und für eine wirtschaftlich sinnvolle Betätigung auch nicht verzichtbarer Annex zu der den Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildenden Erbensuche ist. In seinem Gewerbe als [X.] ist der [X.] lediglich den allgemeinen Werberegeln des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb unterworfen. Zu einer wirtschaftlich vernünftigen Betätigung als [X.] rechnet auch, dass dieser mit dem Erben in geschäftlichen Kontakt kommt, der sich [X.] auf die mit der Nachlassabwicklung zusammenhängenden Tätigkeiten erstreckt. Eine dabei anfallende rechtsbesorgende Tätigkeit rechtfertigt das Verbot der Kontaktaufnahme nicht. 13 [X.]es Weiteren ist das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung mit Recht davon ausgegangen, dass dem [X.] für die je nach den Umständen des Einzelfalls mehr oder weniger zeit- und kostenaufwändige Tätigkeit, die er entfaltet hat, um einen bislang unbekannten Erben zu ermitteln, kein Vergü-tungsanspruch zusteht, wenn ihm kein entsprechender Auftrag erteilt worden ist. Er hat gegen den ermittelten Erben insbesondere keine Ansprüche aus Ge-schäftsführung ohne Auftrag und aus ungerechtfertigter Bereicherung (vgl. [X.], [X.]. v. 23.9.1999 - [X.], [X.], 72 f.; [X.], [X.]. v. 13.3.2003 - I ZR 143/00, [X.], 886, 888 = [X.], 1103 - [X.]; [X.], [X.]. v. 23.2.2006 - III ZR 209/05, NJW-RR 2006, 656 [X.] 5 m.w.N.). [X.]er [X.] ist daher, wenn er nicht lediglich darauf hoffen will, dass ihm der ermittelte Erbe in Anerkennung seiner erfolgreichen Bemühungen freiwillig eine Art "Finderlohn" zukommen lässt, darauf angewiesen, seine Vorleistungen bei der Erbringung weiterer [X.]ienste für den Erben gewinnbringend zu verwerten. Seine [X.]ienste werden regelmäßig - je nach den Umständen des Einzelfalls mehr oder weniger - neben erlaubnisfrei auszuführenden geschäftsbesorgen-den Tätigkeiten rein wirtschaftlicher Art auch solche Tätigkeiten betreffen, die teilweise oder ganz auf rechtlichem Gebiet liegen. [X.]ementsprechend würde der [X.] durch das von der Klägerin erstrebte Verbot, den von ihm ermittelten Erben bei der Nachlassabwicklung andere als geschäftsbesorgende Tätigkeiten in dem zuerst genannten Sinne anzubieten, d.h. rechtsbesorgende Tätigkeiten von seinem unaufgefordert abgegebenen Leistungsangebot auszunehmen, bei der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit unverhältnismäßig beeinträchtigt. - 10 - I[X.] [X.]anach war die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. 15 [X.] Bornkamm [X.]

Büscher Schaffert Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom [X.] - 15 O 694/01 - KG [X.], Entscheidung vom 21.03.2003 - 5 U 328/02 -

Meta

I ZR 143/03

01.06.2006

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2006, Az. I ZR 143/03 (REWIS RS 2006, 3281)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3281

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