Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.01.2023, Az. III ZA 15/22

3. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 1975

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Tenor

Der Antrag des Beklagten, ihm Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des [X.] vom 6. Juli 2022 - 7 [X.] - zu bewilligen, wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung stationärer Behandlungskosten in Höhe von 2.469,86 € verurteilt. Seine Berufung hat das [X.], soweit sie sich gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs hinsichtlich des Richters am Amtsgericht gerichtet hat, als unzulässig verworfen. Im Übrigen hat es das Rechtsmittel als unbegründet zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Den Antrag des Beklagten, ihm Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Berufungsurteil zu bewilligen, soweit seine Berufung als unbegründet zurückgewiesen worden ist, hat der Senat mit Beschluss vom 13. Januar 2022 - [X.]/21 - abgelehnt. Mit Schriftsatz vom 15. November 2021 hat der Beklagte gegenüber dem [X.] klargestellt, dass sein Vortrag in der Berufungsbegründung bezüglich des Beschlusses, durch den das Amtsgericht sein Ablehnungsgesuch als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen hat, als sofortige Beschwerde gewertet werden soll. Das [X.] hat sodann mit Beschluss vom 6. Juli 2022, der dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der Berufungsinstanz am 14. Juli 2022 zugestellt worden ist, die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit am 15. August 2022 (Montag) beim [X.] eingegangenem Schreiben vom selben Tag hat der Beklagte Rechtsbeschwerde gegen den vorgenannten Beschluss eingelegt. Zugleich hat er Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren beantragt und eine [X.]rklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen vorgelegt. Mit Schreiben der Rechtspflegerin vom 9. September 2022 ist der Beklagte unter Fristsetzung bis zum 7. Oktober 2022 um Mitteilung gebeten worden, wovon er derzeit seinen Lebensunterhalt bestreite, da er in seinem Antrag - abgesehen von einer Kurzzeitbeschäftigung im Mai 2022 - keinerlei [X.]inkünfte angegeben habe, und gegebenenfalls entsprechende Belege vorzulegen. Außerdem ist er aufgefordert worden, im Falle des Bezugs von Sozialleistungen einen aktuellen Bescheid zu übersenden. Der Beklagte hat darauf nicht geantwortet.

II.

2

Der Senat versteht das Schreiben des Beklagten vom 15. August 2022 als Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 575 ZPO gegen den Beschluss des [X.]s vom 6. Juli 2022. Der Antrag ist abzulehnen, weil die Rechtsbeschwerde keine Aussicht auf [X.]rfolg hat (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und der Beklagte zudem die ihm für ergänzende Angaben und zur Auflösung von Widersprüchen gesetzte Frist fruchtlos verstreichen ließ (§ 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO).

3

1. Die beabsichtigte Rechtsbeschwerde ist verfristet (§ 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO), weil sie nicht binnen eines Monats nach der am 14. Juli 2022 erfolgten Zustellung des landgerichtlichen Beschlusses durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO) eingelegt wurde.

4

2. [X.]in [X.]esuch des Beklagten auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur [X.]inlegung der Rechtsbeschwerde (§ 233 ZPO) verspricht keinen [X.]rfolg.

5

a) Zwar ist anerkannt, dass die Versäumung einer Frist unverschuldet und einer [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, wenn die rechtzeitige Vornahme einer fristwahrenden Handlung (hier: die formgerechte [X.]inlegung der Rechtsbeschwerde durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt) wegen des wirtschaftlichen Unvermögens der [X.] unterbleibt. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die [X.] bis zum Ablauf der Frist einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Antrag auf Prozesskostenhilfe eingereicht und alles in ihren Kräften Stehende getan hat, damit über den Antrag ohne Verzögerung sachlich entschieden werden kann, und sie deshalb vernünftigerweise nicht mit einer Verweigerung der Prozesskostenhilfe mangels Bedürftigkeit rechnen musste. Insbesondere ist erforderlich, dass die [X.] dem rechtzeitig eingereichten [X.] gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 ZPO eine vollständig und wahrheitsgemäß ausgefüllte [X.]rklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beifügt (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 24. Juli 2014 - [X.], BeckRS 2014, 16213 Rn. 3 und vom 25. April 2019 - [X.]/18, BeckRS 2019, 11419 Rn. 6; [X.], Beschlüsse vom 13. Februar 2008 - [X.] 151/07, NJW-RR 2008, 942 Rn. 10; vom 16. November 2017 - [X.], NJW-RR 2018, 190 Rn. 5, 7 und vom 27. Juli 2021 - [X.] 1/21, [X.], 1722 Rn. 4). Wird Prozesskostenhilfe von Personen beantragt, die - wie der Beklagte - nach ihren Angaben nur über geringfügige [X.]eldmittel und keine regelmäßigen [X.]innahmen verfügen, muss dargelegt und glaubhaft gemacht werden, auf welche Weise der Lebensunterhalt finanziert wird. Freiwillige Zuwendungen Dritter stellen grundsätzlich [X.]inkommen im Sinne des § 115 ZPO dar, wenn sie regelmäßig und in nennenswertem Umfang gewährt werden. Bei derartigen Leistungen müssen eidesstattliche Versicherungen der [X.] über Umfang und [X.]rund der Hilfeleistung vorgelegt werden. Von einem arbeitsfähigen Antragsteller ist zudem zu erwarten, dass er darlegt und glaubhaft macht, warum sein Lebensbedarf nicht durch Aufnahme einer [X.]rwerbstätigkeit gedeckt werden kann (Senat, Beschluss vom 25. April 2019 aaO; [X.], Beschlüsse vom 16. November 2017 aaO Rn. 7, 9 f und vom 27. Juli 2021 aaO Rn. 7).

6

b) Diesen Anforderungen an die Darlegung seiner Bedürftigkeit hat der Beklagte nicht genügt. Zwar wurde der [X.] am 15. August 2022 und mithin am letzten Tag der [X.] eingereicht (§ 222 Abs. 1, 2 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1, § 193 B[X.]B). Mangels nachvollziehbaren Vortrags zu der Frage, wie er seinen Lebensunterhalt konkret bestreitet, musste der Beklagte jedoch mit einer Verweigerung der Prozesskostenhilfe rechnen. In dem Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er im Abschnitt [X.] lediglich eine Lohnzahlung aus einer einmaligen Kurzzeitbeschäftigung im Mai 2022 in Höhe von 1.232,52 € angegeben und weitere (einmalige oder regelmäßige) [X.]innahmen verneint. Im Abschnitt [X.] wurden ein Bargeldbestand von 88,60 € und als sonstiger Vermögenswert eine [X.]ntgeltnachzahlungsforderung von 1.477,80 € aufgeführt. Darüber hinausgehende Angaben hat der Beklagte in dem Formular nicht gemacht. Aus dem [X.] vom 15. August 2022 selbst ergibt sich lediglich, dass er ohne festen Wohnsitz sei und teilweise von Spenden lebe. Nähere Angaben hierzu fehlen. Der Beklagte konnte daher vernünftigerweise bereits nicht darauf vertrauen, dass er auf [X.]rund dieser rudimentären Angaben in dem [X.] und in der „[X.]rklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse“ Prozesskostenhilfe (ohne Ratenzahlung) erhalten würde.

7

3. Da der Beklagte die Anfrage der Rechtspflegerin vom 9. September 2022, auf welche Weise er derzeit seinen Lebensunterhalt bestreite und ob er Sozialleistungen beziehe, nicht beantwortet hat, war die beantragte Prozesskostenhilfe auch aus diesem [X.]rund zu versagen (§ 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO).

Herrmann                                                         [X.]

Meta

III ZA 15/22

26.01.2023

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZA

vorgehend LG Gera, 6. Juli 2022, Az: 7 T 344/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.01.2023, Az. III ZA 15/22 (REWIS RS 2023, 1975)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 1975

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IX ZA 17/10 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

IX ZA 15/23

Zitiert

XI ZA 1/21

IX ZA 21/17

III ZB 104/18

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