Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2013, Az. 2 StR 163/13

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 4120

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BUNDESGERICHTSHO[X.]

BESCHLUSS
2 StR 163/13
vom
16. Juli 2013
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

wegen
erpresserischen Menschenraubs u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer
am 16. Juli 2013 gemäß §§
349 Abs.
4,
357 StPO
beschlossen:

1.
Auf die Revisionen der Angeklagten [X.]

, S.

und [X.]

wird das Urteil des [X.] vom 13.
Dezember 2012, auch soweit es die Mitangeklagten St.

und Si.

betrifft, mit den [X.]eststellungen aufgehoben.
2.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Straf-kammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten [X.]

wegen erpresse-rischen Menschenraubs in Tateinheit mit versuchter räuberischer Erpressung und unerlaubtem [X.]ühren
einer Schusswaffe zu einer [X.]reiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Angeklagten S.

und [X.]

hat es jeweils des er-presserischen Menschenraubs in Tateinheit mit versuchter räuberischer [X.] schuldig gesprochen und den Angeklagten S.

zu einer [X.]reiheits-strafe von drei Jahren, den Angeklagten [X.]

zu
einer solchen von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausge-setzt wurde. Der Verurteilung der Angeklagten S.

und [X.]

ging eine 1
-
3
-
Verständigung (§
257c StPO) voraus. Die Rechtsmittel der Angeklagten haben jeweils mit der Sachrüge Erfolg.
1. Das [X.] hat im Wesentlichen folgende [X.]eststellungen getrof-fen:
Die Angeklagten [X.]

und [X.]

sowie die nicht revidierenden Mitangeklagten St.

und Si.

arbeiteten im [X.] 2012 als selbständi-ge Subunternehmer für die
vom Angeklagten S.

geführte
G.

GmbH an einem Bauvorhaben in [X.].

. Die G.

GmbH war wiederum von der B.

GmbH, die im Tatzeitraum jedenfalls faktisch von den Geschädigten R.

und Ku.

geleitet wurde, als Subunternehmerin beauftragt worden. Nach Unstim-migkeiten
über ihren sozialversicherungsrechtlichen Status stellten [X.]

, [X.]

, St.

und Si.

die Arbeiten ein, woraufhin die B.
GmbH den Subunternehmervertrag mit der G.

GmbH fristlos kündigte. In der [X.]olge kam es zu Streitigkeiten über die Zahlung des noch ausstehenden [X.]. Am 24. oder 25.
Juli 2012 kam es zu einer Vereinbarung zwischen dem Angeklag-ten S.

einerseits und den Geschädigten R.

und Ku.

andererseits, wo-nach ein Anspruch der G.

GmbH auf den ausstehenden Werklohn bestehe, dieser aber nur nach Vorlage diverser Unterlagen, insbesondere
steuer-
und sozialversicherungsrechtlicher Art, fällig sein sollte.
Ende Juli/Anfang August 2012 berichtete der Angeklagte S.

den Mitangeklagten [X.]

[X.]

, St.

und Si.

, dass der Geschädig-te R.

die Zahlung verweigere, da

was zutraf

nicht alle Unterlagen vorlä-gen und er

S.

nunmehr einen Rechtsanwalt beauftragt habe, um seine [X.]orderung einzuklagen. S.

zahlte den Mitangeklagten nach einer [X.] Ankündigung auch eine erste Rate in Höhe von 1.000,-
Euro auf ihren Arbeitslohn. In einer Email vom 31.
Juli 2012 warf S.

dem Geschädigten 2
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4
-
4
-
Ku.

u.a. vor, dass seine Betriebsführung darin bestehe, dass keiner Geld be-komme und immer versucht werde, sich herauszureden. Dies sei "ein klarer
[X.]all für den Anwalt bzw. ein Betrugsverfahren". Auch die Behörden seien be-reits informiert. Weiterhin gab der Angeklagte S.

sinngemäß an, er habe "den Leuten" seine [X.]orderungen "überreicht", so dass Ku.

mit einem Besuch zu Hause rechnen müsse.
Am 12.
August 2012 begab sich der Angeklagte S.

zusammen mit [X.]

, [X.]

, St.

und Si.

zum Wohnanwesen der Geschädig-ten R.

und Ku.

. Sie drangen in das Haus ein und verlangten unter wieder-holter Androhung, den Geschädigten "aufs Maul zu schlagen", von diesen
Geld. Weiter ließen sie sich von den Geschädigten deren Mobiltelefone [X.].
Nach einem [X.]luchtversuch des Geschädigten R.

entstand ein Ge-rangel, in dessen Verlauf der Angeklagte [X.]

eine geladene [X.] zog und diese dem Geschädigten R.

vorhielt. Dieses Vorgehen war mit den anderen Angeklagten, die bis dahin nichts von der Waffe wussten, nicht abgesprochen; trotzdem wirkten sie weiter an der Tat mit.
Auf Vorschlag des Geschädigten R.

fuhr dieser mit den Angeklagten [X.]

, [X.]

, St.

nach W.

, wo sich ein Bankautomat
befindet. S.

und Si.

blieben mit der Gaspistole zurück und bewachten den [X.].. In W.

steuerte der Geschädigte R.

jedoch mit Vollgas die dortige Polizeiwache an und konnte nach einer Vollbremsung vor
den über-raschten Angeklagten flüchten, die daraufhin zu dem Wohnanwesen zurück-kehrten, wo sie kurze Zeit später festgenommen werden konnten.
Den Angeklagten [X.]

, [X.]

, St.

und Si.

war bei der Tatausführung bekannt, dass sie einen Zahlungsanspruch allenfalls gegen die G.

GmbH, aber nicht gegen die B.

GmbH hatten. Dem Angeklagten S.

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5
-
war bekannt, dass weder er noch die G.

GmbH mangels Vorlage der [X.] einen fälligen, einredefreien Anspruch gegen die B.

GmbH hatten.
2. Der
Schuldspruch wegen
erpresserischen Menschenraubs in Tatein-heit mit versuchter räuberischer Erpressung hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Beweiswürdigung des Urteils leidet, was das Vorstellungsbild der Angeklagten in Bezug auf die Rechtswidrigkeit des angestrebten Vermö-gensvorteils angeht, an durchgreifenden Erörterungsmängeln.
a) Bei der Erpressung ist die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermö-gensvorteils normatives Tatbestandsmerkmal, auf das sich der zumindest [X.] Vorsatz des [X.] erstrecken muss. Der Täter will sich oder einen [X.] dann zu Unrecht bereichern, wenn er einen Vermögensvorteil erstrebt, auf den er oder der Dritte keinen rechtlich begründeten Anspruch haben (vgl. [X.], Urteil vom 28.
Oktober 2010

4 [X.], [X.], 519 mwN). Stellt sich der Täter für die erstrebte Bereicherung eine in Wirklichkeit nicht bestehende Anspruchsgrundlage vor, so handelt er dagegen in einem Tatbestandsirrtum im Sinne des §
16 Abs.
1 Satz
1 StGB (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 14.
März 2012

2 [X.], insoweit in [X.], 73 nicht abgedruckt; [X.], Urteil vom 7.
August 2003

3 [X.], [X.]St 48, 322, 328; [X.], StGB, 60.
Aufl., §
253 Rn.
20, jeweils mwN).
b) Das [X.] hat seine Annahme, der Angeklagte S.

habe nicht über die Existenz eines ihm zustehenden, rechtlich begründeten An-spruchs geirrt, wie folgt begründet: Dem Angeklagte sei auf Grund der am 24. bzw. 25.
Juli 2012 geschlossenen Vereinbarung und vor dem Hintergrund [X.] Erfahrungen im Baugewerbe bewusst gewesen, dass die [X.]älligkeit seines Zahlungsanspruchs von der Vorlage sämtlicher Unterlagen abhängig war. Auf Grund des Email-Verkehrs mit dem Zeugen Ku.

, insbesondere auf Grund 8
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zweier Emails vom 25. und 30. Juli 2012 habe er gewusst, dass noch nicht alle Unterlagen vorgelegt worden seien. Das [X.] teilt indes schon den In-halt dieser Emails nicht mit, so dass der Senat diese Wertung nicht nachvoll-ziehen kann. Im Übrigen geht aus der Email vom 31.
Juli 2012 an den Geschä-digten
Ku.

hervor, dass der Angeklagte S.

dessen Vorgehen als bloße Hinhaltetaktik und "klaren [X.]all für den Anwalt bzw. ein Betrugsverfahren" ange-sehen hat. Dies könnte aber dafür sprechen, dass er die Vorstellung hatte, ei-nen von der Rechtsordnung anerkannten und daher gerichtlich durchsetzbaren Anspruch (vgl. [X.], Urteil vom 7. August 2003

3 [X.], [X.]St 48,
322, 329) zu haben. Mit diesem Indiz hätte sich die [X.] auseinander-setzen müssen.
c) Auch hinsichtlich der Mitangeklagten [X.]

und [X.]

greift die Beweiswürdigung der [X.] zu kurz. Danach
sei diesen [X.] auf Grund der vom Angeklagten S.

geleisteten Ratenzahlung bewusst gewesen, dass allein dieser bzw. die G.

GmbH Schuldner ihrer Lohnforde-rung gewesen sei. Eine Abtretung der [X.]orderung der G.

GmbH an die B.
GmbH ließe sich den Umständen nicht entnehmen, zumal der Angeklagte S.

gerade einen Rechtsanwalt mit ihrer Durchsetzung beauftragt habe. Diese Umstände sprechen zwar gegen die Annahme, die Mitangeklagten
[X.]

und [X.]

eine irrig davon ausgegangen, auf die erstrebte Leis-tung einen eigenen
Anspruch zu haben. Dagegen hat das [X.] eine mögliche fremdnützige
Bereicherungsabsicht nicht erkennbar bedacht. Nach den [X.]eststellungen erscheint es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die [X.] [X.]

und [X.]

handelten, um das Geld für die G.

GmbH bzw. den Angeklagten S.

einzutreiben, damit dieser in die Lage ver-setzt wird, ihre eigenen Lohnansprüche befriedigen zu können. In diesem [X.]all wäre aber zu erörtern gewesen, ob die Mitangeklagten davon ausgingen, dem Angeklagten S.

habe ein rechtlich begründeter Anspruch zugestanden. 11
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Dafür könnte insbesondere sprechen, dass sie von diesem darüber informiert wurden, dass er einen Rechtsanwalt beauftragt habe, um die ausstehenden Zahlungen einzuklagen ([X.]). Auch dazu verhält sich das Urteil nicht.
d) Diese Erörterungsmängel nötigen zur Aufhebung des Schuldspruchs mit den [X.]eststellungen, wobei sich die Aufhebung auch auf die

für sich ge-nommen rechtsfehlerfreie

tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten
[X.]

wegen unerlaubten [X.]ührens einer Schusswaffe erstreckt.
3. Die Aufhebung ist gemäß §
357 Satz 1 StPO auf die nicht [X.], durch die materiell-rechtlichen Aufhebungsgründe in gleicher Weise be-troffenen Mitangeklagten St.

und Si.

zu erstrecken.

[X.]

Schmitt

Krehl

Ott

Zeng
12
13

Meta

2 StR 163/13

16.07.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2013, Az. 2 StR 163/13 (REWIS RS 2013, 4120)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4120

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