Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2000, Az. 1 StR 505/99

1. Strafsenat | REWIS RS 2000, 3563

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[X.] DES VOLKESURTEIL1 StR 505/99vom11. Januar 2000in der [X.] versuchter schwerer räuberischer Erpressung u. [X.] 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom [X.], an der teilgenommen haben:[X.] am [X.]. [X.] [X.] am [X.]. [X.],[X.],[X.],[X.],Oberstaatsanwalt beim [X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwältin als Verteidigerin des Angeklagten [X.],Rechtsanwältin als Verteidigerin des Angeklagten [X.],Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 6. Mai 1999 wird verworfen.Die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten durch [X.] Revision entstandenen notwendigen Auslagen f[X.] [X.] zur Last.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen Totschlags zu einerFreiheitsstrafe von zwölf Jahren sowie den Angeklagten [X.] wegen ver-suchter schwerer räuberischer Erpressung und wegen unterlassener Hilfelei-stung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten [X.] zur Bewährung verurteilt. Die vom Angeklagten [X.] inSpanien erlittene Auslieferungshaft ist im Verhältnis eins zu eins auf die ver-hängte Strafe angerechnet worden. Nach den Feststellungen waren die Ange-klagten und zwei gesondert verfolgte [X.] des Angeklagten [X.] am26. April 1998 übereingekommen, am Abend dieses Tages [X.] in dessen Haus zu überf[X.] und ihn zur Herausgabe von [X.] EC-Karte unter Preisgabe seiner Geheimzahl zu zwingen. Das [X.] scheiterte, weil der Geschädigte die Täter, die bereits in [X.] eingedrungen waren und sich zunächst versteckt hielten, [X.] sich unerwartet wehrhaft zeigte. Während sich der Angeklagte [X.] zu-- 4 -rückzog, kam es dazu, daß der Angeklagte [X.] zu seinem Messer griff [X.] Opfer mit zahlreichen Stichen tötete.Mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision erstrebt die Staatsan-waltschaft die Verurteilung des Angeklagten [X.] wegen Mordes und eineschärfere Bestrafung des Angeklagten [X.] . Das vom Generalbundesanwaltnicht vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.[X.] Die Revision, die sich in vollem Umfang gegen die Verurteilung [X.] [X.] richtet, ist unbegründet.An der Prüfung, ob die Tat des Angeklagten nicht nur Totschlag, wie indem der [X.] [X.] zugrunde liegenden [X.] Amtsgerichts [X.] vom 8. Mai 1998 angenommen, sondern Mord dar-stelle, war das [X.] nicht durch den auslieferungsrechtlichen Grundsatzder Spezialität gehindert. Dieser Grundsatz schließt eine Verurteilung [X.] unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt nicht aus, so-fern es sich um dieselbe Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO handelt und derweitere Straftatbestand ebenfalls auslieferungsfähig ist (vgl. [X.] in[X.]/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen 3. Aufl. § 72Rdn. 20). So verhält es sich im vorliegenden Fall, in dem die Auslieferungsbe-willigung hinsichtlich des dem Angeklagten [X.] zur Last gelegten Sachver-halts keine Einschränkung enthält.1. Die [X.] hat ihre Auffassung, es liege kein Mordmerkmali. S. v. § 211 Abs. 2 StGB vor, rechtsfehlerfrei begründet.a) Was ein mögliches Handeln in der Absicht, eine andere Straftat zuverdecken, angeht, hält sie es zu Recht für nicht erweislich, der Angeklagtehabe durch die Tötung des Geschädigten verhindern wollen, daß dieser eine- 5 -Anzeige wegen des unbefugten Eindringens in sein Haus in räuberischer Ab-sicht erstatte. Das Gericht berücksichtigt dabei, daß der Angeklagte und seineBegleiter ihn ohnehin unmaskiert überf[X.] wollten und offenbar auf dieschamhafte Verschwiegenheit des homosexuell veranlagten Opfers vertrauten.b) Entgegen der Meinung der Revision halten auch die Erwägungen, mitdenen die [X.] im übrigen ein Handeln aus niedrigen Beweggründenverneint, der Nachprüfung stand.Ob ein Beweggrund niedrig ist, also nach allgemeiner Wertung auf tief-ster Stufe steht, ist auf Grund einer Gesamtwürdigung zu beurteilen, welche [X.] der Tat und ihre Vorgeschichte sowie die Persönlichkeit des Tätersund seine seelische Situation einbezieht ([X.] 1981, 509, 510; [X.]; 1981, 400). Zwar kommt dem krassen Mißverhältnis zwischen [X.] Tötung, wie es hier außer Frage steht, maßgebliche Bedeutung zu. DieFeststellung eines solchen Mißverhältnisses allein genügt aber nicht für [X.] eines niedrigen Beweggrundes. [X.] der Täter den Tötungs-entschluß ohne Plan und Vorbereitung "spontan" aus der Situation heraus, istbesonders sorgfältig zu prüfen, ob er sich bei der Tat der Umstände [X.], die seine Beweggründe als niedrig erscheinen lassen ([X.], 566= NStZ 1983, 19; [X.], 72; 1984, 465; Urt. vom 25. Mai 1983 - 3 [X.]/83). Nach diesen Grundsätzen ist das [X.] verfahren.[X.] ist die Darstellung der Revision, das Gericht habe seineEntscheidung letztlich nur damit begründet, daß sich der Angeklagte [X.] Tötung des Opfers entschlossen habe. Vielmehr hat sich die [X.]mit [X.] hier in Betracht kommenden Motiven des Angeklagten auseinander-gesetzt. So hat sie neben dem Ermöglichen oder dem Verdecken einer Straftatauch Wut oder Verärgerung über das Scheitern des [X.], [X.] -gegenüber Männern von der Art des Geschädigten sowie Imponiergehabe [X.] als Beweggrund für die Tötung des Opfers in Erwägung gezogenund jeweils mit tragfähiger Begründung verworfen.Demgegenüber stellt das Gericht zur psychischen Lage des Angeklag-ten fest, daß dieser, nachdem er die ursprünglich geplante Erpressung "offen-bar unbekümmert" angegangen war, "aufgrund einer unvorhergesehenen Ent-wicklung des Geschehens durch das unerwartete Eintreffen des [X.] und den von Handgreiflichkeiten begleiteten [X.] in eine alsbedrohlich empfundene Augenblickssituation geriet und in dieser - nicht zuletztaufgrund seiner Persönlichkeitsmängel - angstvoll und völlig unangemessenreagierte". Dabei kennzeichnet die [X.] - sachverständig beraten - [X.] als eine narzißtische Persönlichkeit mit emotional instabilen undasthenischen Zügen. Er weise eine erhebliche Selbstwertproblematik auf [X.] "in hohem Maße stör- und irritierbar und wenig belastbar".Die [X.] hat eine Gesamtwürdigung vorgenommen, die [X.] erweckt, daß den Angeklagten bei der Tat niedrige Beweggründe be-stimmten. Ihre Wertung ist aus Rechtsgründen nicht zu [X.] Der Strafausspruch weist keinen Rechtsfehler zugunsten des Ange-klagten oder, was gemäß § 301 StPO zu prüfen war, zu seinen Lasten auf.Die [X.] hat straferschwerend berücksichtigt, daß der Ange-klagte [X.] vor der Tat zusammen mit zwei Begleitern unbefugt, heimlichund in unlauterer Absicht in das Haus des ihm völlig unbekannten Opfers - [X.] in dessen als Intimsphäre besonders geschützten Bereich - eingedrun-gen war. Die Ansicht seiner Verteidigerin, diese Erwägung sei unvereinbar mitdem auslieferungsrechtlichen Grundsatz der Spezialität (vgl. [X.]St 22, 318- 7 -sowie [X.], 417), trifft nicht zu. Wie bereits dargelegt, erfaßt die[X.] mangels näherer Beschränkung die gesamte Tat [X.] des § 264 Abs. 1 StPO. Dazu gehört auch der gemeinschaftlich began-gene Versuch einer schweren räuberischen Erpressung.3. Was den Vorwurf der versuchten schweren räuberischen Erpressungangeht, hat bereits das [X.] diese Gesetzesverletzung gemäß § 154 aAbs. 2 StPO ausgeschieden. Für eine Einbeziehung wäre kein Raum, weil [X.] Revisionsgericht daran hindern würde, die rechtsfehlerfrei erfolgte Verur-teilung des Angeklagten wegen des erörterten [X.] zu bestäti-gen (vgl. [X.]St 21, 326 sowie [X.], 1365).Im übrigen hat der Senat - mit Beschluß vom 11. Januar 2000 - auchden Vorwurf eines tateinheitlich begangenen Verbrechens des versuchtenRaubes mit Todesfolge (§§ 251, 22, 23 Abs. 1 StGB; vgl. [X.] NStZ 1998,511 f.) gemäß § 154 a Abs. 2 StPO ausgeschieden.I[X.] Die zu Ungunsten des Angeklagten [X.] eingelegte Revision,die sich gegen den Rechtsfolgenausspruch richtet, bleibt ebenfalls erfolglos.1. Vergeblich wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die Höhe derverhängten Strafe, die sie als unvertretbar niedrig ansieht. Die Feststellung derbeiden Einzelstrafen und die Bildung der Gesamtstrafe sind nicht zu [X.]. Die [X.] hat die wesentlichen für und gegen den [X.] bedacht. Sie hat erschwerend herangezogen,daß der Geschädigte von vier Personen in seinem Privathaus überraschendüberf[X.] werden sollte, wobei einer der Täter sein Vertrauen mißbrauchte, umin das Anwesen mitgenommen zu werden, und drei weitere in bewußtem undgewolltem Zusammenwirken heimlich in seine Wohnung als geschützten Be-- 8 -reich eindrangen. Mit ihrem Vorbringen, bei seiner Entscheidung habe das [X.] den strafschärfenden Umständen zu wenig Bedeutung beigemessen, zeigtdie Revision keinen Rechtsfehler auf.2. Die Einwände der Revision gegen die dem Angeklagten [X.] zur Bewährung greifen nicht durch. Die landgerichtliche Ent-scheidung zur günstigen Kriminalprognose, zu den besonderen Umständenund zur Verteidigung der Rechtsordnung (§ 56 StGB) ist rechtsfehlerfrei [X.]. Bei der Gesamtwertung gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 StGB durfte die[X.] den im Urteil dargelegten Milderungsgründen besonderes Ge-wicht beimessen (der nur geringfügig vorbestrafte Angeklagte befand sich [X.] Monate in Untersuchungs- und Strafhaft; in dieser [X.] mußte er sich einerOperation wegen eines Prostatakarzinoms unterziehen; in das Erpressungs-vorhaben ließ er sich in einer schwierigen finanziellen Situation durch [X.] -hineinziehen; der Versuch der schweren räuberischen Erpressung schlug be-reits im Anfangsstadium fehl). Entgegen der Meinung der Staatsanwaltschaft [X.] zu besorgen, hierbei seien die im Urteil aufgeführten [X.] außer Betracht geblieben. Herr Ri[X.] Dr. [X.] ist wegen Erkrankung an der Unterschrift verhindert.[X.] Boetticher [X.]

Meta

1 StR 505/99

11.01.2000

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2000, Az. 1 StR 505/99 (REWIS RS 2000, 3563)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3563

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