Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2000, Az. 1 StR 441/99

1. Strafsenat | REWIS RS 2000, 2752

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[X.] DES VOLKESURTEIL1 StR 441/99[X.]in der Strafsachegegenwegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung [X.], an der teilgenommen haben:[X.] am [X.]. [X.]als Vorsitzenderund die [X.] am [X.]. [X.],Dr. [X.],[X.],[X.],Staatsanwalt als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 22. April 1999 [X.]) in den [X.] und 8 der Urteilsgründe (bewaffnetes [X.] mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) mit [X.] zum Mitsichführen einer Schußwaffe;b) im Ausspruch über- die Gesamtstrafe,- den [X.] der Maßregel (Unterbringung in einer Ent-ziehungsanstalt) sowie- die Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlungund Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, aneine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.Die weitergehende Revision wird verworfen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Diebstahls in neun Fällen,wegen schwerer räuberischer Erpressung in fünf Fällen, wegen versuchterschwerer räuberischer Erpressung in einem Falle sowie wegen zweier Fälle- 4 -des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Men-ge zur Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Überdies hat es die Un-terbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt sowie den [X.] von sieben Jahren und sechs Monaten der erkannten Freiheitsstrafeangeordnet und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von [X.] keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Die Revision des Angeklagten,die die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat teilweise Erfolg; sie führt zurAufhebung der Verurteilung in den [X.] und 8 der Urteilsgründe sowie [X.] über die Gesamtstrafe und eines Teils der [X.].Im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der [X.] Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Ange-klagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht ge-ringer Menge in den [X.] und 8 der Urteilsgründe nicht (§ 30a Abs. 2 Nr. 2BtMG).Die im Schlafzimmer des Angeklagten deponierte durchgeladene undentsicherte Gaspistole hat das [X.] zwar zu Recht als Schußwaffe imSinne des Tatbestandes qualifiziert; denn bei ihr traten die Partikel der Patro-nenladung nach vorne aus ([X.]; vgl. BGHSt 24, 136 sowie BGHR [X.] 250 Abs. 1 Nr. 1 Schutzwaffe 1 und 3 zur früheren Fassung dieser Vorschrift,an die sich der Gesetzgeber bewußt angelehnt hat; vgl. BT-Drucks. 12/6853S. 41).Der Tatbestand setzt darüber hinaus aber voraus, daß der Täter [X.] beim Handeltreiben mit sich führt. Ein Mitsichführen liegt dann vor,wenn er die Schußwaffe bewußt gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat,daß er sich ihrer jederzeit bedienen kann. Am eigenen Körper muß die [X.] 5 -nicht getragen werden; es genügt, wenn sie sich in Griffweite befindet. [X.] des Täters, die Waffe gegebenenfalls einzusetzen, ist nicht erforderlich.Setzt sich die Tat aus mehreren Einzelakten zusammen, reicht es zur Tatbe-standserfüllung aus, wenn der qualifizierende Umstand nur bei einem Einzelaktverwirklicht ist (vgl. nur [X.], 368; 43, 8, 10; [X.], 3206,3207). Je ferner allerdings die Gefahr des Einsatzes der Waffe liegt, desto hö-here Anforderungen sind an die Prüfung und Darlegung des subjektiven Merk-mals des Bewußtseins der Verfügbarkeit der Waffe zu stellen (vgl. BGHSt 43,8, 14).Die Übergabe von Heroin und Geld fand den Feststellungen zufolge "inder Wohnung" des Angeklagten statt. Dieser hatte "im Schlafzimmer nebendem Bett auf dem Boden und somit in unmittelbarer Nähe der Übergabe" die"griffbereite" durchgeladene und entsicherte Gaspistole in einem Kästchen"deponiert".Diese Feststellungen sind lückenhaft. Es versteht sich nicht von selbst,daß die in Rede stehenden Einzelakte des Handeltreibens in der Wohnung [X.] ebendort im Schlafzimmer stattgefunden haben. Bei der gegebe-nen Fallgestaltung wäre aber nur dann, wenn der Angeklagte ohne weiteresZugriff auf die Pistole gehabt hätte, von einem Mitsichführen im Sinne des Tat-bestandes auszugehen. Ein Vorhandensein der in einem Behältnis gelagertenSchußwaffe in einem anderen Raum erweist sich in der Regel dafür nicht alsgenügend (siehe zu einem ähnlichen Sachverhalt auch BGHR BtMG § 30aAbs. 2 Mitsichführen 1). Die allgemein gehaltene Wendung des [X.],der Angeklagte habe "in unmittelbarer Nähe der Übergabe von [X.]" und "griffbereit" die Pistole "deponiert" gehabt, belegt für sich nicht [X.] des [X.]. Es hätte vielmehr der konkreten Darlegung be-- 6 -durft, wie die räumlichen Verhältnisse im einzelnen waren, die es dem Ange-klagten nach Ansicht der [X.] ermöglichten, sich jederzeit der [X.] bedienen.Auch die Begründung für das Bewußtsein des Angeklagten von derVerfügbarkeit der Waffe im Zusammenhang mit den [X.] genügt unter den gegebenen besonderen Umständen nicht den zustellenden Anforderungen. Das [X.] hat hierzu lediglich ausgeführt, [X.] sei sich der Existenz der Waffe am Aufbewahrungsort bewußt ge-wesen. Das reicht hier jedoch nicht aus. Der ansonsten geständige Angeklagtehatte sich darauf berufen, die Waffe habe keinen Bezug zu den [X.] gehabt; sie sei vielmehr von den letzten Banküberfällen "übrig geblie-ben". Damit hätte sich die [X.] auseinandersetzen müssen. Es lagnicht fern, daß dem Angeklagten das aktuelle Bewußtsein des [X.] seinen Verhandlungen mit dem Drogenkurier fehlte. Immerhin hatte [X.] Angeklagte im übrigen mit seiner Einlassung zur guten Qualität des [X.] und zum Ladezustand der bei den Banküberfällen verwendeten Gaswaffeselbst in erheblichem Maße belastet. Um so mehr hätte seine Erklärung [X.] der Würdigung bedurft.Dieser Mangel des Urteils führt zur Aufhebung des Schuldspruchs inden [X.] und 8. Der Aufhebung unterliegen auch die Feststellungen zumMitsichführen der Waffe; im übrigen haben die Feststellungen zu diesen [X.]. Ergänzende Feststellungen sind zulässig.Danach entfallen die insoweit in Ansatz gebrachten Einzelstrafen. [X.] führt zur Aufhebung des Ausspruchs über die [X.] -2. [X.] hält jedoch auch sonst rechtlicher Nach-prüfung nicht stand. Die Urteilsgründe verhalten sich nicht dazu, ob die mit Be-schluß des [X.] vom 29. Dezember 1993 gebildete Ge-samtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, deren Rest bis zum28. September 1998 zur Bewährung ausgesetzt war ([X.] unter Ziffer 7),bereits erledigt war. Wäre das nicht der Fall, käme hier die Bildung zweier Ge-samtstrafen in Betracht, weil der Angeklagte in den Fällen 1, 2, 3a und 3b [X.] die Taten vor den Verurteilungen durch das [X.] vom 12. Februar 1993 und das [X.] vom17. Februar 1993 begangen hat (§ 55 Abs. 1 StGB). Die Strafen aus diesenVerurteilungen waren Gegenstand des genannten anderweitigen [X.]. War diese Strafe indessen erledigt, wäre ein Härteausgleich we-gen nicht mehr möglicher Einbeziehung zu erwägen gewesen.3. Die Anordnung des teilweisen [X.]es der Freiheitsstrafe vorder Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt kann danachkeinen Bestand haben. Auswirkungen der Aufhebung des Ausspruchs über [X.] sind insoweit nicht auszuschließen. Der Senat weist darauf hin,daß der neue Tatrichter - sollte er erneut den [X.] eines Teils [X.] bestimmen (§ 67 Abs. 2 StGB) - unter besonderer Beachtung des [X.] und im Blick auf die Höhe der Strafe auch die Dauer einessolchen [X.]es sorgfältig zu begründen und gegebenenfalls zumAusdruck zu bringen hätte, woraus sich die bei einer längeren Dauer des [X.] für den Angeklagten ergebende zusätzliche Belastung rechtfer-tigt (vgl. [X.], 613; NStZ-RR 1999, 44). Die Unterbringung des [X.] in einer Entziehungsanstalt bleibt von der Aufhebung des [X.] indessen unberührt (vgl. [X.], 483).- 8 -4. Die Anordnung einer Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis(§ 69a Abs. 1 StGB) unterliegt ebenfalls der Aufhebung, weil das Urteil [X.] Begründung enthält (§ 267 Abs. 6 StPO).5. Die in den Fällen 1 bis 6 b verhängten Einzelstrafen sind von [X.] ersichtlich nicht beeinflußt; gegen sie ist auch sonst im [X.] wegen nichts zu erinnern.a) Das [X.] hat für die Fälle 1, 2 und 3 b, in denen es minderschwere Fälle der schweren räuberischen Erpressung bzw. der versuchtenschweren räuberischen Erpressung angenommen hat, irrig § 250 Abs. 3 [X.] herangezogen, der mit dem [X.] in [X.] getreten ist. Das ist fehlerhaft,weil das alte Recht insoweit milder ist (vgl. § 2 Abs. 3 StGB). § 250 Abs. 2StGB aF sah Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren vor; nach § 250Abs. 3 StGB nF reicht der Strafrahmen bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. [X.] kann sich das indes nicht zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkthaben, weil das [X.] tatsächlich in diesen Fällen einen Strafrahmenvon einem Jahr bis zu fünf Jahren zugrundegelegt hat. Überdies hat es in [X.] 4 b, 5 b und 6 b die Untergrenze des Strafrahmens nach § 250 Abs. 2StGB nF, die derjenigen nach § 250 Abs. 1 StGB aF entspricht, im Anschluß andie Milderung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 Nr. 3 StGB rechtsfehlerhaft mit [X.] anstatt richtig mit zwei Jahren angegeben; auch das beschwert [X.] jedoch nicht.b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Verneinung minderschwerer Fälle der schweren räuberischen Erpressung in den Fällen 4 b, 5 bund 6 b. Die zugrundeliegenden Erwägungen des [X.] lassen [X.] nicht erkennen. Die Differenzierung zwischen den Fällen 1, 2 und3 b einerseits (minder schwere Fälle) sowie den Fällen 4 b, 5 b und 6 b (keine- 9 -minder schweren Fälle) hat die [X.] mit der zwischen den Taten [X.] verstrichenen [X.] und der zwischenzeitlich vom Angeklagten an-derweit verbüßten Haft begründet. Das ist tragfähig.c) Die in Ansatz gebrachten Einzelstrafen stehen auch noch in einemgerechten Verhältnis zu denjenigen Strafen, die dem Mittäter [X.] worden sind. Das [X.] hat die Frage des Verhältnisses [X.]n der beiden Mittäter ausdrücklich erörtert. Es hat die sogenannte Le-bensbeichte D. s hervorgehoben, ohne die die Taten und die Beteili-gung des Angeklagten wohl unaufgeklärt geblieben wären. Überdies hat esersichtlich nicht außer acht gelassen, daß es in den Fällen 1, 3 b, 4 b, 5 b und6 b der Angeklagte war, der mit der Gaswaffe die Banken betrat und den ei-gentlichen Überfall verübte, während der Mittäter jeweils vor den Banken [X.]. Bei dieser Sachlage erweist sich die Strafbemessung nicht als rechtsfeh-lerhaft; sie ist vielmehr Ausdruck des dem Tatrichter bei der Straffindung einge-räumten Beurteilungsrahmens.[X.] [X.] [X.] [X.] [X.]

Meta

1 StR 441/99

21.03.2000

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2000, Az. 1 StR 441/99 (REWIS RS 2000, 2752)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2752

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