Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.12.2014, Az. IV R 59/11

4. Senat | REWIS RS 2014, 132

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Gegenstand

(Gewerbesteuerpflicht eines nach § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufender Gewinn zu erfassenden Veräußerungsgewinns)


Leitsatz

NV: Der Gewerbeertrag nach § 7 Satz 1 GewStG umfasst auch Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen, die gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufender Gewinn zu behandeln sind .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 25. Oktober 2011 6 [X.]/08 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die im Streitjahr (2005) gegründete Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine gewerblich geprägte [X.], deren Gegenstand der Erwerb sowie das Halten und Verwalten von Vermögen, insbesondere Grundvermögen ist. Als Kommanditisten waren zunächst [X.] mit einer Einlage in Höhe von 9.400 € und [X.] mit einer Einlage in Höhe von 600 € beteiligt. Komplementärin ohne [X.]eteiligung am Gesellschaftsvermögen war die [X.], an der die beiden Kommanditisten ebenfalls beteiligt waren.

2

Mit Kaufvertrag vom 8. September 2005 veräußerte [X.] seine Kommanditbeteiligung zum Nominalwert und mit sofortiger Wirkung an die [X.], an deren Gesellschaftsvermögen [X.] als einziger Kommanditist allein beteiligt war.

3

Mit Kaufvertrag vom gleichen Tag verkaufte die [X.] die erworbene Kommanditbeteiligung mit Wirkung zum 1. Januar 2006 an die in Gründung befindliche F-GmbH weiter.

4

In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der [X.]esteuerungsgrundlagen erklärte die Klägerin u.a. einen auf [X.] entfallenden Veräußerungsgewinn in Höhe von … €.

5

Mit [X.]escheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der [X.]esteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid) für 2005 stellte der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die an der Klägerin [X.]eteiligten fest. Zudem setzte das [X.] mit [X.]escheid vom gleichen Tage den [X.] für 2005 fest. Dabei behandelte es den für [X.] erklärten Veräußerungsgewinn gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) als laufenden Gewinn, da [X.] sowohl auf Seiten des Veräußerers als auch auf Seiten der Erwerberin gestanden habe.

6

Der Einspruch der Klägerin gegen den [X.] blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen erhobene Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 867 abgedruckten Gründen ab.

7

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Zur [X.]egründung verweist sie auf die Urteile des [X.]undesfinanzhofs ([X.]FH) vom 5. Juni 2008 IV R 81/06 ([X.]FHE 222, 295, [X.]St[X.]l II 2010, 974) und vom 29. Juni 2011 [X.] ([X.]FH/NV 2012, 16).

8

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und den [X.] in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahin zu ändern, dass der [X.] auf Null festgesetzt wird.

9

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] geht zwar zu Recht davon aus, dass ein aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils des [X.] an die [X.] erzielter Gewinn der Gewerbesteuer unterliegt. Die Feststellungen des [X.] tragen aber nicht seine rechtliche Würdigung, dass [X.] aus der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils an der Klägerin einen Gewinn in [X.]öhe von [X.] erzielt hat.

1. Zu Recht geht das [X.] davon aus, dass der Gewerbeertrag nach § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung ([X.]) auch Gewinne aus der Veräußerung von [X.] erfasst, die gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufender Gewinn zu behandeln sind.

a) Gemäß § 7 Satz 1 [X.] ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG oder des [X.] zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die [X.]inzurechnungen und Kürzungen nach den §§ 8 und 9 [X.]. Dieser ist um solche [X.]estandteile zu bereinigen, die nicht mit dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer übereinstimmen (vgl. z.[X.]. [X.]F[X.]-Urteile vom 15. April 2010 IV R 5/08, [X.]F[X.]E 229, 524, [X.]St[X.]l II 2010, 912; vom 24. August 2000 IV R 51/98, [X.]F[X.]E 192, 534, [X.]St[X.]l II 2005, 173, m.w.N.). Zu diesen --herauszurechnenden-- [X.]estandteilen gehören Gewinne, die nicht dem laufenden [X.]etrieb, sondern dessen Aufgabe oder Veräußerung zuzuordnen sind (vgl. z.[X.]. [X.]F[X.]-Urteile vom 1. August 2013 IV R 19/11, [X.]F[X.]/NV 2014, 75, m.w.N.; in [X.]F[X.]/NV 2012, 16; vom 15. Juni 2004 VIII R 7/01, [X.]F[X.]E 205, 307, [X.]St[X.]l II 2004, 754).

b) Nicht herauszurechnen ist allerdings der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils, soweit er gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufender Gewinn gilt, weil auf Seiten des Veräußerers und des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind (vgl. [X.]F[X.]-Urteile in [X.]F[X.]E 205, 307, [X.]St[X.]l II 2004, 754; in [X.]F[X.]E 229, 524, [X.]St[X.]l II 2010, 912 Rz 27; vgl. auch [X.] 7.1 (3) des Amtlichen Gewerbesteuer-[X.]andbuchs 2009, Veräußerungs- und Aufgabegewinne). Mit der Verweisung im [X.] auf Vorschriften des EStG werden auch als Fiktion gestaltete Ausnahmeregelungen des EStG in das [X.] übernommen, sofern nicht die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion der Verweisungsnorm vorliegen (vgl. [X.]F[X.]-Urteil vom 20. November 2003 IV R 5/02, [X.]F[X.]E 204, 471, [X.]St[X.]l II 2004, 464). Für eine teleologische Reduktion des § 7 Satz 1 [X.] besteht indessen kein Anlass. Eine Ausgrenzung des nach § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufender Gewinn zu behandelnden Veräußerungsgewinns aus dem Gewerbeertrag nach § 7 Satz 1 [X.] entspräche weder der Entstehungsgeschichte noch dem Sinn und Zweck der Norm. Sie stünde auch nicht im Einklang mit der Systematik des Gewerbesteuerrechts (vgl. ausführlich [X.]F[X.]-Urteil in [X.]F[X.]E 205, 307, [X.]St[X.]l II 2004, 754).

c) Aus § 7 Satz 2 [X.] i.d.[X.] und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23. Juli 2002 ([X.]G[X.]l I 2002, 2715), der bestimmte Veräußerungsgewinne --darunter nach Nr. 2 der Vorschrift auch einen Gewinn aus der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters, der als Mitunternehmer des [X.]etriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist-- ausdrücklich dem Gewerbeertrag zuordnet, lässt sich nichts Gegenteiliges ableiten. Diese Vorschrift dient --ähnlich wie § 18 Abs. 4 des Umwandlungssteuergesetzes 1995-- dem Ziel, Steuerumgehungen zu verhindern, indem Veräußerungsgewinne unter bestimmten Voraussetzungen in den Gewerbeertrag einbezogen werden (vgl. [X.]F[X.]-Urteile vom 28. Februar 2013 IV R 33/09, [X.]F[X.]/NV 2013, 1122, und vom 22. Juli 2010 IV R 29/07, [X.]F[X.]E 230, 215, [X.]St[X.]l II 2011, 511). Anhaltspunkte dafür, dass mit dieser Regelung Gewinne, die bereits nach § 7 Satz 1 [X.] i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG [X.]estandteile des [X.] sind, aus dem Anwendungsbereich dieser Norm wieder herausgenommen werden sollten, vermag der Senat nicht zu erkennen.

d) Anders als die Klägerin meint, lässt sich auch den [X.]F[X.]-Urteilen in [X.]F[X.]E 222, 295, [X.]St[X.]l II 2010, 974 und in [X.]F[X.]/NV 2012, 16 nichts Abweichendes entnehmen.

(1) Gegenstand jener Verfahren war die Frage, ob die Veräußerung von Anteilen an gewerblich geprägten Personengesellschaften, in deren [X.]etriebsvermögen sich Grundstücke befinden, der Veräußerung von Grundstücken gleichzustellen ist und damit auf [X.] des Gesellschafters zu laufenden gewerblichen Einkünften aus gewerblichem Grundstückshandel führen kann. Anders als im Streitfall lagen den Urteilen Veräußerungen von [X.] an fremde Dritte zugrunde. Die Veräußerungsgewinne unterlagen daher auf [X.] der Personengesellschaft nicht der Gewerbesteuer (vgl. [X.]F[X.]-Urteile in [X.]F[X.]/NV 2012, 16, unter II.2., und in [X.]F[X.]E 222, 295, [X.]St[X.]l II 2010, 974, unter [X.]). Die Urteile setzen sich folglich nicht mit § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG und dessen Verhältnis zu § 7 Satz 1 [X.] auseinander.

(2) [X.]eide Urteile betonen vielmehr die Grundregel, dass der Gewinn einer Personengesellschaft regelmäßig bei deren Gewerbeertrag zu erfassen ist. Sofern er anteilig auch in den gewerblichen Gewinn des Gesellschafters eingeht, ist dessen Gewinn nach § 9 Nr. 2 [X.] um die betreffenden Gewinnanteile zu kürzen.

Die "Abweichung" von dieser Grundregel war in den Urteilsfällen dadurch bedingt, dass der Veräußerungsgewinn nicht in den Gewerbeertrag der Personengesellschaft nach § 7 Satz 1 [X.] einzubeziehen war und damit auf [X.] des Gesellschafters nicht von § 9 Nr. 2 [X.] erfasst wurde. Die den Urteilen zugrunde liegenden Fälle wiesen insofern die [X.]esonderheit auf, dass sich die Gewinne aus der Veräußerung der Anteile an den [X.] erst bei der Gesamtbetrachtung auf der [X.] des Gesellschafters (Obergesellschaft) als laufende gewerbliche Einkünfte erwiesen (vgl. [X.]F[X.]-Urteil in [X.]F[X.]E 222, 295, [X.]St[X.]l II 2010, 974).

Ein Grundsatz, dass bei Vorliegen eines gewerblichen [X.] auf [X.] des Gesellschafters der Gewinn aus der Veräußerung von [X.] an grundstücksbesitzenden Personengesellschaften stets auf [X.] des Gesellschafters zu erfassen sei, lässt sich den Urteilen aber nicht entnehmen. Dies widerspräche auch der Grundregel des § 9 Nr. 2 [X.].

2. Das [X.] ist zwar von den vorstehenden Grundsätzen ausgegangen. Seine Feststellungen tragen aber nicht das Ergebnis, dass [X.] aus der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils an der Klägerin einen Gewinn in [X.]öhe von [X.] erzielt hat. Das [X.] führt nur aus, dass [X.] seine Kommanditbeteiligung zum Nominalwert in [X.]öhe von 9.400 € veräußert hat. Dies allein vermag die vom [X.] angenommene [X.]öhe des Veräußerungsgewinns nicht zu begründen. Das [X.] wird die Frage, ob und ggf. in welcher [X.]öhe [X.] aus der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils einen Gewinn erzielt hat, im zweiten Rechtsgang aufzuklären haben.

3. [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IV R 59/11

18.12.2014

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 25. Oktober 2011, Az: 6 K 6183/08, Urteil

§ 7 S 1 GewStG 2002, § 7 S 2 GewStG 2002, § 9 Nr 2 GewStG 2002, § 16 Abs 2 S 3 EStG 2002, § 34 Abs 1 EStG 2002, § 34 Abs 2 Nr 1 EStG 2002, § 18 Abs 4 UmwStG 1995, EStG VZ 2005, GewStG VZ 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.12.2014, Az. IV R 59/11 (REWIS RS 2014, 132)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 132

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