Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.12.2016, Az. IV R 14/13

4. Senat | REWIS RS 2016, 1112

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Gegenstand

(Keine erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils)


Leitsatz

Der Gewinn aus der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist nicht in die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG einzubeziehen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 20. Februar 2013  2 K 207/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, ist zum 1. Januar 2006 durch eine formwechselnde Umwandlung aus der [X.] hervorgegangen. An der [X.] war zunächst als einzige Kommanditistin mit einem Anteil von 100 % die B-AG beteiligt. Diese veräußerte im Streitjahr (2004) mehrere Teile ihres Kommanditanteils und hielt zuletzt noch einen Anteil von 6 %.

2

Die [X.] verwaltete im Streitjahr eine (einzige) Logistikimmobilie. Als [X.] i.G. hatte sie das Grundstück im Juni 2000 von der Gemeinde für 30 Jahre gemietet und von dieser die Erlaubnis erhalten, das Grundstück zu bebauen. Das Mietobjekt wurde für eine ...gewerbliche Nutzung in Form der Errichtung von Gebäuden und Anlagen für ein [X.] vermietet. Mit Mietvertrag vom 13. Juni 2000 vermietete (zunächst) die E-GmbH das Grundstück frühestens ab dem 1. Januar 2001 für zunächst zehn Jahre an ein Logistikunternehmen. Die Vermieterin verpflichtete sich, die [X.] auf dem Grundstück zu errichten. Die Innenausstattung der Gebäude war Sache des Mieters. Mit Vertrag vom 28. Mai 2001 übernahm die [X.] mit Zustimmung der ursprünglichen Vertragspartner die Rechte und Pflichten der E-GmbH aus dem Mietvertrag.

3

Mit notariellem [X.] veräußerte die Klägerin (als Rechtsnachfolgerin der [X.]) die [X.]. Der Mietvertrag wurde vom Erwerber übernommen. Die Vertragsparteien gingen dabei davon aus, dass die Gebäude als sog. Scheinbestandteile i.S. von § 95 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Eigentum der Klägerin waren.

4

Die [X.] erzielte im Streitjahr im Wesentlichen nur Erträge aus der Vermietung der Logistikimmobilie. In ihrer Gewerbesteuererklärung 2004 vom 13. Oktober 2005 erklärte sie einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €, in dem die Veräußerungsgewinne der B-AG enthalten sind. Für den gesamten Gewerbeertrag beantragte die [X.] die erweiterte Kürzung für [X.] von § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 des [X.] in der im Streitjahr geltenden Fassung (GewStG).

5

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) setzte mit [X.] 2004 vom 8. November 2006 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung ([X.]) zunächst erklärungsgemäß einen [X.] von 0 € fest.

6

In seinem aufgrund einer Außenprüfung nach § 164 Abs. 2 [X.] geänderten [X.] 2004 vom 28. Januar 2011 setzte das [X.] --u.a. ausgehend von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... € und einer erweiterten Kürzung bei [X.] in Höhe von ... €-- gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der [X.] den [X.] auf ... € fest. Unter Berufung auf § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG versagte es die erweiterte Kürzung für [X.], soweit der geltend gemachte Kürzungsbetrag auf die Gewinne aus der Veräußerung der Kommanditanteile durch die B-AG entfällt.

7

Der Einspruch der Klägerin, mit dem sie u.a. geltend machte, § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG sei durch das [X.] vom 9. Dezember 2004 ([X.], 3310) eingeführt worden, die Veräußerungen von [X.] durch die B-AG seien jedoch vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vollzogen worden und eine rückwirkende Anwendung der Vorschrift sei verfassungswidrig, hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2011).

8

Das [X.] ([X.]) wies die Klage der Klägerin mit Urteil vom 20. Februar 2013  2 K 207/11 ab.

9

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Nr. 1 Sätze 2 und 6 GewStG).

Sie beantragt,
das vorinstanzliche Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2011 aufzuheben und den geänderten [X.] 2004 vom 28. Januar 2011 dahin zu ändern, dass der [X.] auf 0 € festgesetzt wird.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und deshalb nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen.

Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die [X.] im Streitjahr die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] (jedenfalls) nicht auch hinsichtlich der streitbefangenen Veräußerungsgewinne in Anspruch nehmen durfte. Es ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Vorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] im Streitjahr ungeachtet der Gültigkeit von Satz 6 dieser Norm die Einbeziehung von Gewinnen aus der teilweisen Veräußerung von [X.] (auch) durch eine Kapitalgesellschaft (hier die B-AG) in die erweiterte Kürzung ausschließt.

1. Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] tritt an Stelle der Kürzung nach Satz 1 der Vorschrift auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt.

a) Dieser Wortlaut erfasst jedenfalls Erträge aus einer tatsächlich durchgeführten Grundstücksverwaltung (Urteil des [X.] --[X.]-- vom 18. Dezember 2014 IV R 22/12, [X.], 354, BStBl II 2015, 606, Rz 26). Er schließt es jedoch aus, dass auch Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr gültigen Fassung (EStG) erzielt werden, die nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 1 Satz 2 EStG laufende Gewinne sind, und die deshalb (bereits) nach § 7 Satz 1 [X.] in den Gewerbeertrag einzubeziehen sind, von der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] erfasst werden.

Wie der [X.] bereits in seinem Urteil in [X.], 354, BStBl II 2015, 606 (Rz 26) ausgeführt hat, erfasst die nach dem Wortlaut der Vorschrift maßgebliche "Verwaltung und Nutzung" eigenen Grundbesitzes offenkundig nicht die (vollständige oder teilweise) Veräußerung von [X.]. Selbst wenn man berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des [X.] der Gesellschaftsanteil an einer Personengesellschaft kein (eigenständiges) immaterielles Wirtschaftsgut ist, sondern dass die gesellschaftsrechtliche Beteiligung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO die quotale Berechtigung des Gesellschafters an den zum Gesamthandsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern verkörpert (z.B. [X.]-Urteil vom 12. Mai 2016 IV R 1/13, [X.]E 255, 65, Rz 42, m.w.[X.]), wird bei der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils an einer grundstücksverwaltenden Gesellschaft regelmäßig nicht allein die quotale Berechtigung an deren Grundstücken vergütet, sondern es werden durch die Beteiligung vermittelte Ertragserwartungen, potentielle Wertentwicklungen, Gewinnchancen u.Ä. ebenfalls mit abgegolten. Die teilweise Veräußerung eines Mitunternehmeranteils entspricht insoweit nicht der bloßen Verwertung eines Grundstücks und geht jedenfalls über die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes hinaus.

Dementsprechend hat der [X.] bereits in seinem Urteil in [X.], 354, BStBl II 2015, 606 (Rz 26, m.w.[X.]) u.a. darauf verwiesen, dass der Gewinn aus der Veräußerung eines ganzen Mitunternehmeranteils nicht Ausfluss der grundstücksverwaltenden Tätigkeit der Personengesellschaft, die gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.] Steuerschuldner der Gewerbesteuer ist, sondern der mitunternehmerischen Beteiligung sei, wobei das einkommensteuerliche Transparenzprinzip im Bereich der Gewerbesteuer --einer auf den tätigen Gewerbebetrieb, auch den einer Personengesellschaft, bezogenen [X.] wegen deren [X.] nicht zum Tragen komme. Dies gilt in gleicher Weise auch für die teilweise Veräußerung eines Mitunternehmeranteils. Eine solche Veräußerung wird deshalb vom Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] nicht erfasst.

b) Dieser Auslegung des Wortlauts des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] steht nicht der [X.] der Norm entgegen. Hierfür müsste aus dem Gesetz heraus belegt werden können, dass der Gesetzgeber den zur Entscheidung anstehenden Lebenssachverhalt begünstigen wollte (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 3. Juni 1997 IX R 24/96, [X.]/NV 1998, 155, und vom 30. September 2015 II R 13/14, [X.]E 251, 569, Rz 16, jeweils m.w.[X.]). Selbst wenn man davon ausgeht, dass der die Steuerbegünstigung prägende [X.] Maßstab der teleologischen Auslegung ist, ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit der erweiterten Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] auch [X.] der hier streitigen Art begünstigen wollte. Denn diese Vorschrift ist --nicht anders als § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.]-- als Fiskalzwecknorm anzusehen. Sie dient dazu, Gewerbebetriebe kraft Rechtsform bei Ausübung einer rein vermögensverwaltenden Tätigkeit mit natürlichen Personen und Personengesellschaften gleichzustellen, die bei Ausübung derartiger Tätigkeiten von vornherein nicht als Steuergegenstand anzusehen sind ([X.]-Urteil vom 22. Juni 2016 [X.], [X.]E 254, 354, Rz 33). Die teilweise Veräußerung eines Mitunternehmeranteils geht indes --wie ausgeführt-- über eine rein vermögensverwaltende Tätigkeit hinaus.

c) Sind die streitbefangenen Veräußerungsgewinne --wie ebenfalls ausgeführt-- als laufender Gewinn zu behandeln, so braucht bei der Auslegung und Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] im [X.] als bei der dem [X.]-Urteil in [X.], 354, BStBl II 2015, 606 zugrunde liegenden Fallgestaltung-- die Vorschrift des § 7 Satz 2 [X.] nicht berücksichtigt zu werden.

d) Scheidet danach die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] im Streitfall aus, so ist auch nicht zu entscheiden, ob bzw. inwieweit § 9 Nr. 1 Satz 6 [X.] auf die streitbefangenen Veräußerungsgewinne anzuwenden ist. Auf die von der Klägerin im Zusammenhang mit § 9 Nr. 1 Satz 6 [X.] angesprochenen Rückwirkungsfragen kommt es folglich nicht an.

2. Nicht nachzugehen braucht der [X.] bei dieser Sachlage zudem der auch vom [X.] zutreffend offengelassenen Frage, ob die [X.] im Streitjahr i.S. von § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet hat und ob sie begünstigungsschädlich Betriebsvorrichtungen, die nicht für die "Nutzung" des Grundstücks (wirtschaftlich) zwingend notwendig sind (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 26. August 1993 IV R 18/91, [X.]/NV 1994, 338, und vom 17. Mai 2006 VIII R 39/05, [X.]E 213, 64, [X.], 659; [X.]-Beschluss vom 7. April 2011 IV B 157/09), oder --gleichfalls begünstigungsschädlich (z.B. [X.]-Urteil in [X.]E 254, 354, Rz 40)-- fremden Grundbesitz mitvermietet hat.

3. Das [X.] hat somit zu Recht die streitbefangenen Veräußerungsgewinne nicht bei der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] berücksichtigt.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IV R 14/13

08.12.2016

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Hamburg, 20. Februar 2013, Az: 2 K 207/11, Urteil

§ 9 Nr 1 S 2 GewStG 2002, § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.12.2016, Az. IV R 14/13 (REWIS RS 2016, 1112)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1112

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