Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.12.2015, Az. IV R 4/13

4. Senat | REWIS RS 2015, 1294

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Gegenstand

(Anwendung des § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG auch für die Gewerbesteuer)


Leitsatz

1. § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG ist als typisierende Missbrauchsverhinderungsvorschrift über § 7 Satz 1 GewStG auch gewerbesteuerlich anzuwenden .

2. Eine teleologische Reduktion des § 7 Satz 1 GewStG kommt nicht in Betracht, soweit ein Mitunternehmer zunächst eine in seinem Sonderbetriebsvermögen gehaltene GmbH-Beteiligung an seine Mitunternehmerschaft veräußert, um sodann seinen gesamten Mitunternehmeranteil an einen Dritten zu veräußern .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 29. November 2012  3 K 3834/10 G aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I.  Die [X.]lägerin und Revisionsklägerin ([X.]lägerin) ist eine [X.]mbH & Co. [X.][X.], deren alleiniger [X.]ommanditist [X.] war, der auch alle Anteile an der [X.]omplementär-[X.]mbH hielt. Zum Sonderbetriebsvermögen des [X.] gehörten neben den Anteilen an der [X.]omplementär-[X.]mbH seine das gesamte Stammkapital der [X.] an der R-[X.]mbH ([X.]mbH).

2

[X.] veräußerte --dem Wunsch der [X.] (A[X.]) als späterer Erwerberin [X.] am selben Tag zunächst seine Beteiligung an der [X.]mbH an die [X.]lägerin und sodann seine Beteiligung an der [X.]lägerin an die A[X.]:

3

Mit notarieller Vereinbarung vom 15. September 2008 übertrug er dazu zunächst seine Anteile an der [X.]mbH insgesamt auf die [X.]lägerin. Die dingliche Wirkung der Übertragung sollte eintreten, sobald der [X.]aufpreis in Höhe von [X.] gezahlt, die Verpflichtungen der A[X.] aus einer weiteren notariellen Vereinbarung vom gleichen Tage in Form der Zahlung des [X.]aufpreises von ... € für die Anteile an der [X.]lägerin sowie der Auszahlung eines Darlehns in Höhe von [X.] erfüllt und die Freigabe des Zusammenschlusses der [X.]lägerin und der A[X.] durch das [X.] erteilt war.

4

Mit der genannten weiteren notariellen Vereinbarung vom 15. September 2008 übertrug [X.] sodann seine Anteile an der [X.]omplementär-[X.]mbH sowie seine [X.]ommanditbeteiligung an der [X.]lägerin auf die A[X.] zum [X.]aufpreis von ... €. Die A[X.] verpflichtete sich zudem, der [X.]lägerin ein Darlehn über [X.] zu gewähren. Der Übergang mit dinglicher Wirkung sollte erfolgen, sobald der [X.]aufpreis gezahlt und das Darlehen zur Verfügung gestellt, die Freigabe durch das [X.] erteilt und die A[X.] als [X.]ommanditistin der [X.]lägerin in das Handelsregister eingetragen war.

5

Aufgrund der von der [X.]lägerin eingereichten [X.]ewerbesteuererklärung 2008 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) den [X.] unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf ... € fest und erfasste dabei den [X.]ewinn aus der Veräußerung der Anteile an der [X.]mbH durch [X.] an die [X.]lägerin als [X.]ewerbeertrag gemäß § 7 des [X.] in der im Streitjahr geltenden Fassung ([X.]ewSt[X.]). Zur Begründung führte das [X.] unter Hinweis auf § 7 [X.]ewSt[X.] und § 16 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (ESt[X.]) aus, die Veräußerung der Beteiligung an der [X.]mbH sei nicht in einem einheitlichen Akt mit der Veräußerung der Beteiligung an der [X.]lägerin vollzogen worden und stehe daher nicht mit der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils im Zusammenhang. Bei der Veräußerung der [X.]mbH-Anteile stehe sich als Veräußerer und Erwerber dieselbe Person gegenüber.

6

Der dagegen eingelegte Einspruch blieb, nachdem das [X.] zwischenzeitlich den [X.] mit Änderungsbescheid vom 16. Juli 2010 aus hier nicht streitigen [X.]ründen auf ... € festgesetzt hatte, erfolglos.

7

Auch die dagegen vor dem Finanzgericht ([X.]) erhobene [X.]lage hatte keinen Erfolg. Das [X.] entschied dabei auf der [X.]rundlage des am 26. Juni 2012 erneut geänderten [X.]ewerbesteuermessbescheids, mit welchem der [X.] wiederum aus hier nicht streitigen [X.]ründen auf ... € festgesetzt wurde. Ein weiterer Änderungsbescheid vom 30. Oktober 2012, mit welchem der [X.] erneut aus hier nicht streitigen [X.]ründen auf ... € reduziert wurde, gelangte demgegenüber während des [X.]-Verfahrens nicht zu den [X.]erichtsakten. In seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2013, 388 veröffentlichten Urteil ging das [X.] bezogen auf den Änderungsbescheid vom 26. Juni 2012 davon aus, dass das [X.] den [X.]ewinn aus der Veräußerung der Anteile an der [X.]mbH an die [X.]lägerin zu Recht der [X.]ewerbesteuer unterworfen habe.

8

Dagegen richtet sich die Revision der [X.]lägerin, mit der sie die Verletzung der §§ 2, 7 [X.]ewSt[X.] i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 3 ESt[X.] geltend macht.

9

Die [X.]lägerin beantragt, unter Aufhebung des Urteils des [X.] Münster vom 29. November 2012  3 [X.] 3834/10 [X.] den [X.]ewerbesteuermessbescheid vom 30. Oktober 2012 dergestalt zu ändern, dass der [X.]ewinn aus der Veräußerung der Anteile an der R-[X.]mbH nicht als [X.]ewerbeertrag gemäß § 7 [X.]ewSt[X.] erfasst wird.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist aus verfahrensrechtlichen Gründen begründet, da das [X.] über den geänderten [X.] vom 26. Juni 2012 entschieden hat, obwohl unter dem 30. Oktober 2012 und damit vor dem Ergehen des [X.]-Urteils am 29. November 2012 --für das [X.] nicht erkennbar-- ein weiterer Änderungsbescheid ergangen ist. Insoweit ist die Vorentscheidung aufzuheben. Der geänderte [X.] vom 30. Oktober 2012 ist nach § 68 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden (vgl. Urteile des [X.] --[X.]-- vom 14. April 2011 IV R 36/08, [X.], 1361; vom 26. Juni 2014 IV R 51/11, [X.] 2014, 1716; vom 4. Dezember 2014 IV R 53/11, [X.], 57, [X.], 483). Da das [X.] damit über einen Bescheid entschieden hat, der zum Zeitpunkt seiner Sachentscheidung nicht mehr Verfahrensgegenstand war, kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben (vgl. [X.]-Urteile vom 31. Mai 2006 II R 32/04, [X.] 2006, 2232, und vom 26. Januar 2011 IX R 7/09, [X.], 463, [X.], 540, m.w.N.).

III.

Der Senat entscheidet aufgrund seiner Befugnis aus den §§ 121 und 100 [X.]O auf der Grundlage der verfahrensfehlerfrei zustande gekommenen und damit nach § 118 Abs. 2 [X.]O weiterhin bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O in der Sache selbst, da der Änderungsbescheid vom 30. Oktober 2012 hinsichtlich des streitigen Sachverhalts keine Änderungen enthält und die Sache spruchreif ist (vgl. [X.]-Urteile vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, [X.], 269, [X.], 43, und vom 22. Januar 2013 IX R 18/12, [X.] 2013, 1094). In der Sache hat die [X.]lage keinen Erfolg, denn das [X.] ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der GmbH durch [X.] an die [X.]lägerin als Gewerbeertrag der [X.]lägerin zu erfassen war.

1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] unterliegt die [X.]lägerin mit ihrem im Inland betriebenen stehenden Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer. Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag (§ 6 [X.]), also der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14 [X.]) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigten ist, vermehrt und vermindert um die in §§ 8 und 9 [X.] bezeichneten Beträge (§ 7 Satz 1 [X.]). Der der Gewerbesteuer zu Grunde zu legende Gewerbeertrag entspricht damit von den gewerbesteuerlichen Zu- und Abrechnungen abgesehen grundsätzlich dem Gewinn aus Gewerbebetrieb, der der Bemessung der Einkommensteuer zu Grunde zu legen ist. Davon ist nur insoweit abzuweichen, als sich unmittelbar aus dem [X.] etwas anderes ergibt oder soweit die Vorschriften des Einkommensteuerrechts mit dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer nicht in Einklang stehen (vgl. dazu [X.]-Urteile vom 8. Mai 1991 I R 33/90, [X.], 191, [X.] 1992, 437, unter [X.] der Gründe; vom 15. Juni 2004 VIII R 7/01, [X.], 307, [X.], 754, unter II.1. der Gründe).

2. Als eine auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogene Sachsteuer erfasst die Gewerbesteuer bei natürlichen Personen und Personengesellschaften, sofern bei Letzteren keine Sonderregelungen eingreifen, nur die durch den laufenden Betrieb anfallenden Gewinne (vgl. Urteil des Großen Senats des [X.] vom 13. November 1963 GrS 1/63, [X.]E 78, 315, [X.]I 1964, 124; [X.]-Urteile vom 25. Juli 2001 [X.], [X.]E 195, 402, [X.] 2001, 809; vom 26. Juni 2007 IV R 49/04, [X.]E 217, 150, [X.] 2009, 289). In den Gewerbeertrag sind danach u.a. nicht die nach Einkommensteuerrecht mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernden Veräußerungs- und [X.] einzubeziehen (vgl. [X.]-Urteile vom 7. Februar 1995 VIII R 36/93, [X.]E 178, 110, [X.] 1995, 770; vom 29. Oktober 1987 IV R 93/85, [X.]E 151, 181, [X.] 1988, 374, und vom 28. Februar 1990 I R 92/86, [X.]E 160, 262, [X.] 1990, 699). Zu den aus dem Gewinn aus Gewerbebetrieb auszugrenzenden Bestandteilen gehören auch solche, die zwar nach dem Einkommensteuerrecht nicht Veräußerungs- oder [X.] darstellen, die aber in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe stehen und deshalb gleichfalls keine "laufenden" Gewinne darstellen (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 217, 150, [X.] 2009, 289).

3. Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für Gewinne aus der Veräußerung einer im [X.] eines Mitunternehmers gehaltenen Beteiligung an einer GmbH (vgl. [X.]-Urteil vom 3. April 2008 IV R 54/04, [X.]E 220, 495, [X.] 2008, 742, unter [X.] (3) der Gründe). Von einem der Zurechnung zum Gewerbeertrag [X.] des § 7 Satz 1 [X.] entgegenstehenden Zusammenhang der Veräußerung einer solchen Beteiligung mit der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs oder eines Mitunternehmeranteils ist dabei grundsätzlich auszugehen, wenn die Anteilsveräußerung Bestandteil des einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs der Betriebsveräußerung oder Betriebs- bzw. Mitunternehmeranteilsaufgabe ist, welche zur Einstellung der werbenden Tätigkeit des Unternehmens führt (vgl. [X.]-Urteil vom 7. September 2005 VIII R 99/03, [X.] 2006, 608, unter II.3. der Gründe).

4. Im Streitfall ist zwar ein solcher Zusammenhang zwischen der Veräußerung des GmbH-Anteils und der Aufgabe eines Mitunternehmeranteils an der [X.]lägerin gegeben (s. unter [X.]). Gleichwohl zählt unter den im Streitfall vorliegenden Umständen der Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligung zum laufenden Gewinn und damit zum Gewerbeertrag der [X.]lägerin [X.] von § 7 Satz 1 [X.] (s. unter III.4.b).

a) Der Senat geht für den Streitfall --entgegen der Auffassung der Beteiligten und des [X.]-- davon aus, dass [X.] durch die gestufte Veräußerung zunächst seiner Beteiligung an der GmbH an die [X.]lägerin und sodann seiner Beteiligung an der [X.]lägerin an die [X.] seinen Mitunternehmeranteil an der [X.]lägerin [X.] des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG aufgegeben hat. Danach gilt als Veräußerung auch die Aufgabe eines Anteils [X.] des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, also des gesamten Anteils eines [X.]ers, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Die Aufgabe eines Anteils eines Mitunternehmers setzt voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang aufgegeben werden. Der Mitunternehmeranteil [X.] von § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG umfasst dabei nicht nur den Anteil des Mitunternehmers am Vermögen der [X.], sondern auch etwaiges Sonderbetriebsvermögen des [X.]ers, denn das Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers gehört zu seiner gewerblichen Tätigkeit und damit zum Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft (vgl. [X.]-Urteil vom 2. Oktober 1997 IV R 84/96, [X.]E 184, 425, [X.] 1998, 104, m.w.N.). [X.] hat durch die gewählte gestufte Veräußerung einerseits seines Sonderbetriebsvermögens an die [X.]lägerin und andererseits seines [X.]G-Anteils an die [X.] danach nicht etwa seinen Mitunternehmeranteil [X.] des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG an einen einzigen Erwerber veräußert, sondern in der Sache das Sonderbetriebsvermögen und das Gesamthandsvermögen seines Mitunternehmeranteils getrennt veräußert und dadurch seinen Mitunternehmeranteil in zwei unmittelbar zeitlich und sachlich zusammenhängenden Akten aufgegeben (vgl. dazu auch [X.]-Beschluss vom 31. August 1995 VIII B 21/93, [X.]E 178, 379, [X.] 1995, 890).

b) Anders als die [X.]lägerin meint, ist der im Rahmen der Aufgabe des Mitunternehmeranteils des [X.] erzielte Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligung aber nach § 7 Satz 1 [X.] i.V.m. § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG als laufender Gewinn in die Gewerbesteuer einzubeziehen. Anderes folgt auch nicht aus § 7 Satz 2 [X.].

aa) Nach § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs (hier: des Mitunternehmeranteils des [X.] an der [X.]lägerin) als laufender Gewinn, soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind. Unzweifelhaft hat [X.] seine dem Betrieb der [X.]lägerin gewidmete Beteiligung an der GmbH im Rahmen der Aufgabe seines Mitunternehmeranteils an der [X.]lägerin veräußert. Er stand auch sowohl auf der [X.] und der Veräußererseite, denn bei Veräußerungen zwischen Mitunternehmer (hier: [X.]) und Mitunternehmerschaft (hier: der [X.]lägerin) ist zur Bestimmung der personellen Identität auf die jeweiligen Beteiligungsverhältnisse im Veräußerungszeitpunkt abzustellen. Die in § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG angeordnete Fiktion eines laufenden Gewinns betrifft insoweit diejenigen Mitunternehmer, die auf beiden Seiten des [X.] stehen (vgl. [X.]ulosa in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 16 EStG Rz 578 i.V.m. [X.]/[X.]obor, § 16 EStG Rz 457). Da [X.] seine Beteiligung an der GmbH an die [X.]lägerin veräußert hat, an der er vermögensmäßig alleine beteiligt war, ist der Tatbestand des § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG in seiner Person erfüllt.

bb) § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG gilt über § 7 Satz 1 [X.] auch für die Gewerbesteuer. Für eine teleologische Reduktion des § 7 Satz 1 [X.] besteht insoweit kein Anlass (für § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG bereits [X.]-Urteile in [X.], 307, [X.], 754; vom 15. April 2010 IV R 5/08, [X.]E 229, 524, [X.] 2010, 912; vom 18. Dezember 2014 IV R 59/11, [X.] 2015, 520).

(1) Die durch das [X.] vom 21. Dezember 1993 ([X.] 1993, 2310) zunächst als Satz 2 in das Gesetz gelangte Vorschrift des § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG soll --parallel zu den gleichzeitig eingeführten und inhaltsgleich begründeten Vorschriften des § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG und des § 24 Abs. 3 Satz 2 des [X.] sicherstellen, dass im Rahmen einer Betriebsaufgabe anfallende Veräußerungsgewinne nur steuerlich begünstigt werden, soweit Wirtschaftsgüter an Dritte veräußert werden (BTDrucks 12/5630, S. 58). Entsprechend sollen bei Veräußerungen, die wirtschaftlich "an sich selbst" erfolgen, die anfallenden Gewinne als laufende Gewinne behandelt werden, die auch der Gewerbesteuer unterliegen (so ausdrücklich BTDrucks 12/5630, S. 80; vgl. auch [X.] 612/93, S. 60, 82). Durch die Neuregelungen sollen die mit dem sog. Aufstockungsmodell angestrebten Rechtsfolgen verhindert werden (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 307, [X.], 754), die darin bestehen, dass ein Betrieb oder diesem Betrieb dienende Wirtschaftsgüter unter Ausnutzung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG und des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG an eine Personengesellschaft veräußert oder in diese eingebracht werden, an der der Veräußerer beteiligt ist, und es diesem dadurch ermöglicht wird, die um die stillen Reserven aufgestockten Wirtschaftsgüter bei der erwerbenden [X.] sowohl mit Wirkung für die Einkommensteuer als auch mit Wirkung für die Gewerbesteuer nochmals abzuschreiben.

(2) Der Gesetzgeber hat die vorgenannte Gestaltung typisierend als rechtsmissbräuchlich angesehen. Diese Beurteilung betrifft nicht nur die Einkommensteuer, sondern bezogen auf die ohne die neu eingeführten Sonderregelungen mögliche Inanspruchnahme der Steuerfreiheit für die Veräußerungsgewinne auch die Gewerbesteuer. Der Gesetzgeber verfolgt insoweit das Ziel, die durch die Veräußerung aufgedeckten stillen Reserven einkommen- und gewerbesteuerlich zu erfassen, weil bei "Veräußerungen an sich selbst" der Gewerbebetrieb vom [X.] ([X.] im Umfang seiner Beteiligung an der erwerbenden [X.] faktisch nicht beendet, sondern unter Auflösung der stillen Reserven fortgeführt wird (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 307, [X.], 754).

(3) Die Zuordnung eines Veräußerungsgewinns zum laufenden Gewinn nach § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG kann auch nicht für Zwecke der Gewerbesteuer durch eine teleologische Reduktion des § 7 Satz 1 [X.] vermieden werden. Die [X.]lägerin kann sich zur Begründung der Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion des § 7 Satz 1 [X.] nicht mit Erfolg darauf berufen, in ihrem konkreten Fall liege keine Steuerumgehung vor, weil die unter § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG fallende Veräußerung des GmbH-Anteils des [X.] an die [X.]lägerin in die unmittelbar nachfolgende Veräußerung seines nunmehr um die GmbH-Beteiligung angereicherten [X.]G-Anteils an die [X.] gemündet habe. Dies folgt schon daraus, dass es bei der Anwendung einer typisierenden Missbrauchsverhinderungsvorschrift --wie hier des § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG-- gerade nicht des Nachweises bedarf, der im Einzelfall verwirklichte Sachverhalt sei für sich betrachtet als missbräuchlich zu werten ([X.]-Urteil vom 26. Januar 1978 IV R 97/76, [X.]E 124, 516, [X.] 1978, 368, unter 4.a der Gründe). Hinzu kommt, dass es den [X.] gerade darauf ankam, dass zunächst die Beteiligung des [X.] an der GmbH an die [X.]lägerin veräußert werden und sodann der Erwerb des Mitunternehmeranteils an der [X.]lägerin durch die [X.] erfolgen sollte, weil die [X.] nur eine Beteiligung erwerben wollte.

(4) Gegen die Einbeziehung des genannten Veräußerungsgewinns aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligung in die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage spricht schließlich auch nicht, dass die [X.] den erstrebten Zustand ggf. auch ohne gewerbesteuerliche Belastung hätten erreichen können, denn sie haben einen solchen Weg nicht gewählt und müssen sich daher an der von ihnen gewählten Gestaltung festhalten lassen.

c) Nichts anderes folgt aus § 7 Satz 2 [X.] i.d.[X.] und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23. Juli 2002 ([X.] 2002, 2715), der bestimmte Veräußerungsgewinne ausdrücklich dem Gewerbeertrag zuordnet. Diese Vorschrift dient nach den Ausführungen im [X.]-Urteil in [X.] 2015, 520 (unter [X.] der Gründe) ebenfalls dem Ziel, Steuerumgehungen zu verhindern, indem Veräußerungsgewinne unter bestimmten Voraussetzungen in den Gewerbeertrag einbezogen werden (vgl. [X.]-Urteile vom 28. Februar 2013 IV R 33/09, [X.] 2013, 1122, und vom 22. Juli 2010 IV R 29/07, [X.]E 230, 215, [X.], 511). Anhaltspunkte dafür, dass mit dieser Regelung Gewinne, die bereits nach § 7 Satz 1 [X.] i.V.m. § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG Bestandteile des [X.] sind, aus dem Anwendungsbereich dieser Norm wieder herausgenommen werden sollten, sind für den Senat nicht zu erkennen.

6. Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

IV R 4/13

03.12.2015

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 29. November 2012, Az: 3 K 3834/10 G, Urteil

§ 7 S 1 GewStG 2002, § 7 S 2 GewStG 2002 vom 23.07.2002, § 16 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002, § 16 Abs 2 S 3 EStG 2002, § 16 Abs 3 S 1 EStG 2002, § 16 Abs 3 S 5 EStG 2002, EStG VZ 2008, GewStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.12.2015, Az. IV R 4/13 (REWIS RS 2015, 1294)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1294

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