Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2015, Az. I ZB 61/13

I. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 7256

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 61/13
vom

30. Juli
2015

in der Rechtsbeschwerdesache

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Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 30. Juli 2015 durch [X.] Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff,
die Richterin Dr.
Schwonke
und den Richter Feddersen

beschlossen:

Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 23.
Oktober 2014 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhö-rungsrüge hat in der Sache keinen Erfolg.

[X.] Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten ei-nes gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Ent-scheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht ([X.] 86, 133, 144; [X.], NJW-RR 2004, 1710, 1712). Auf einen Gesichtspunkt, mit dem ein gewissen-hafter
und kundiger [X.] nicht zu rechnen braucht, darf das [X.] ohne vorherigen Hinweis oder Erörterung mit den Parteien nicht abstellen ([X.] 86, 133, 144; [X.] 98, 218, 263).
Das Gericht ist nach Art.
103 Abs.
1 GG allerdings grundsätzlich nicht verpflichtet, vor einer Entscheidung auf 1
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seine Rechtsauffassung hinzuweisen ([X.] 74, 1, 6; 84, 188, 190). Die [X.] hat auch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ihrem Vorbringen befasst ([X.], Beschluss vom 3.
April 2014 -
I
ZR 237/12, [X.] 2014, 343 Rn. 2 -
BAVARIA; Beschluss vom 18.
Dezember 2014 -
I
ZR 228/12,
juris Rn. 2).

I[X.] Der Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist durch den Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2014 nicht verletzt.

1. Die Anhörungsrüge rügt als überraschend die Auffassung des Senats, die Annahme der Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Farbmarke im Jahr
2009 könne ausnahmsweise auf den Tag der Anmeldung im Jahr 1996 zurück-bezogen
werden. Die Anhörungsrüge wendet sich mit derselben Begründung gegen die Annahme des Senats, es komme für die Bejahung der kennzeichen-mäßigen Verwendung einer Farbe nicht auf besondere Werbemaßnahmen an, die sich gerade auf die Wahrnehmung der Farbe als Marke beziehen. [X.] wertet die Anhörungsrüge die Feststellung des Senates als gehörswidrige Überraschungsentscheidung, dass die gelbe Farbe der Markeninhaberin nicht durch herkömmliche Herkunftshinweise in den Hintergrund gedrängt wird.

2. Der Senatsbeschluss vom 23.
Oktober 2014 stellt keine gehörswidrige Überraschungsentscheidung dar.

a) In der von der Rechtsbeschwerde angegriffenen Entscheidung hat das [X.] sich mit diesen
zentralen Rechtsfragen des Verfahrens befasst. Es hat angenommen, zwar werde eine auf den Anmeldetag rückbezo-gene Feststellung der Verkehrsdurchsetzung abgelehnt, wenn die Durchset-zung erst mehrere Jahre nach der Anmeldung nachgewiesen werde. Allerdings 3
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seien auch Fallgestaltungen denkbar, in denen konkrete Anhaltspunkte rückbli-ckende Schätzungen für die Vergangenheit ermöglichten. So liege es im [X.]; die in dem demoskopischen Gutachten von 2009 festgestellte Bekanntheit habe auch im Zeitpunkt der Anmeldung im Jahr 1996 bereits bestanden. Zwar setze die Verkehrsdurchsetzung voraus, dass die Farbe isoliert für sich als Marke dem Publikum in der Wahrnehmung näher gebracht worden sei. Es [X.] jedoch die Besonderheiten in dem jeweiligen Warengebiet zu [X.]. Das Warensegment der Wörterbücher zeichne sich durch besondere Kennzeichnungsgewohnheiten aus. Das angesprochene Publikum sei bei
[X.] an die gleichzeitige Verwendung mehrerer Zeichen ge-wöhnt und könne die Farbe als selbständige Marke erkennen. In dieser [X.] könne keine isolierte markenmäßige Benutzung der Farbe Gelb verlangt werden.

b) Ein kundiger [X.] musste im [X.] zu diesen Rechtsfragen Stellung nehmen. Die Anhörungsrüge macht nicht geltend, dass die Antragstellerin hierzu vor der Entscheidung durch den Senat keine Gelegenheit gehabt hätte. Sie verweist vielmehr darauf, dass die Antrag-stellerin sowohl in der Rechtsbeschwerdebegründung als auch in der Replik auf die Beschwerdeerwiderung zur rückbezogenen Feststellung der [X.] vorgetragen
habe. Sie weist weiter darauf hin, dass sie in der Rechtsbeschwerdebegründung auf den von ihr für eine markenmäßige Ver-wendung des angegriffenen gelben Farbtons für notwendig gehaltenen Hinweis in Werbemaßnahmen auf die Bedeutung der Farbe als Marke hingewiesen
ha-be.
Soweit es um die Auffassung des Senates geht, dass
die gelbe Farbe der Markeninhaberin nicht durch herkömmliche Herkunftshinweise in den Hinter-grund gedrängt wird, wendet sich die Anhörungsrüge dagegen, dass sie sich zu dieser Auffassung nicht "nochmals" habe äußern können. Schon aus diesem Grund ist die Anhörungsrüge unbegründet.
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c) Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Gelegenheit gehabt, zu diesen Rechtsfragen Stellung zu nehmen. Der Senats-vorsitzende hat sie im Übrigen bei der Einführung in den Sach-
und Streitstand in der mündlichen Verhandlung angesprochen. Die Verfahrensbeteiligten haben im [X.] daran Gelegenheit erhalten, sich hierzu zu äußern und haben hiervon Gebrauch gemacht.

d) Der Umstand, dass der Senat im Hinblick auf die von der Anhörungs-rüge angesprochenen Rechtsfragen die Rechtsauffassung des Bundespatent-gerichts bestätigt hat, stellt vor diesem Hintergrund keine den Anspruch der [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzende Überraschungsent-scheidung dar. Dass das Rechtsmittelgericht einzelne Elemente der [X.] der angefochtenen Entscheidung oder deren Begründung insgesamt bil-ligt, ist ein Umstand, mit dem ein rechtskundiger [X.] immer rech-nen muss. Im Ergebnis macht die Anhörungsrüge geltend, der Senat sei ihrer

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Rechtsauffassung zu den genannten Rechtsfragen zu Unrecht nicht gefolgt. Mit diesem Anliegen kann sie im [X.] keinen Erfolg haben, das nicht dazu dient, die Senatsentscheidung nochmals inhaltlich zur Überprüfung zu stellen.

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Schwonke
Feddersen
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 05.08.2013 -
29 W(pat) 90/12 -

Meta

I ZB 61/13

30.07.2015

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2015, Az. I ZB 61/13 (REWIS RS 2015, 7256)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7256

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