Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 01.05.2020, Az. 1 BvR 1005/20

1. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2020, 2761

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

VERSAMMLUNGEN VERSAMMLUNGSFREIHEIT 1. MAI

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Gegenstand

Ablehnung eines Eilantrags im Verfassungsbeschwerdeverfahren: Verbot einer Versammlung in Braunschweig – mangelnde Darlegungen zur Ausschöpfung fachgerichtlichen Eilrechtsschutzes


Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe

1

Der Antragsteller begehrt im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde einstweiligen Rechtsschutz gegen das Verbot einer Versammlung, die heute, am 1. Mai 2020 von 13 Uhr bis 14:30 Uhr, stattfinden soll. Das Thema der Versammlung lautet: "Der 1. Mai bleibt unser Tag!". Der ursprünglich in Folge des Kooperationsgesprächs vorgesehene Versammlungsort befindet sich auf dem [X.] südlich des Brunnens in [X.] .

2

Mit Verfügung vom 28. April 2020 bestätigte die Stadt [X.] den Eingang der Anzeige der Versammlung und ordnete entsprechend einem geführten Kooperationsgespräch insbesondere infektionsschutzrechtliche Auflagen an. Mit Bescheid vom 30. April 2020, dem Beschwerdeführer am selben Tag um 23:53 Uhr per E-Mail übermittelt, untersagte die Stadt [X.] die Versammlung und hob gleichzeitig den Auflagenbescheid vom 28. April 2020 auf. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer in der Nacht zum 1. Mai 2020 Verfassungsbeschwerde und stellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 [X.]. Er führte u.a. aus, dass in der Nacht beim zuständigen Verwaltungsgericht niemand erreichbar gewesen sei und nicht erkennbar sei, dass dort ein Eildienst existiere. Deshalb sei es angezeigt, sich direkt an das [X.] zu wenden. Weiterer Vortrag des Beschwerdeführers erfolgte im Laufe des Vormittags des 1. Mai 2020 nicht.

3

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

4

1. Nach § 32 Abs. 1 [X.] kann das [X.] im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Eine einstweilige Anordnung darf nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s allerdings dann nicht ergehen, wenn eine Verfassungsbeschwerde von vornherein unzulässig oder unbegründet wäre ([X.] 103, 41 <42>; 111, 147 <152 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 29. Oktober 2013 - 1 BvQ 44/13). Dabei gilt auch in dem [X.] vorgelagerten verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren der Grundsatz der Subsidiarität (vgl. § 90 Abs. 2 [X.]). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt daher nur in Betracht, wenn der Antragsteller bestehende Möglichkeiten, fachgerichtlichen Eilrechtsschutz zu erlangen, ausgeschöpft hat (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 9. Mai 2017 - 1 BvR 943/17 -, Rn. 6; Beschluss der [X.] des [X.] vom 10. April 2017 - 1 BvQ 13/17 -, Rn. 2; Beschluss der [X.] des [X.] vom 24. März 2014 - 1 BvQ 9/14 -, Rn. 2; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 30. März 2009 - 2 BvQ 18/09 -, Rn. 2). Ein Antrag nach § 32 Abs. 1 [X.] ist zudem nur zulässig, wenn das Vorliegen der sich hieraus ergebenden Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung substantiiert dargelegt ist ([X.], Beschlüsse der [X.] des [X.] vom 25. Oktober 2006 - 1 BvQ 30/06 - und vom 17. November 2006 - 1 BvQ 33/06; Beschluss der [X.] des [X.] vom 29. Oktober 2013 - 1 BvQ 44/13). Maßgebend für die Beurteilung ist dabei der Verfahrensstand zum [X.]punkt der Entscheidung über den Antrag auf einstweilige Anordnung ([X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 24. August 2001 - 1 BvQ 35/01; Beschluss der [X.] des [X.] vom 10. März 2010 - 1 BvQ 4/10). Wegen der meist weittragenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren auslöst, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 [X.] ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. [X.] 131, 47 <55>; 132, 195 <232>; stRspr).

5

2. Ausgehend davon kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht.

6

Der Beschwerdeführer hat nicht ausreichend dargelegt, dass er bestehende Möglichkeiten, fachgerichtlichen Eilrechtsschutz zu erlangen, ausgeschöpft hat. Dies ist auch angesichts der zur Verfügung stehenden [X.] zwischen Bekanntgabe des [X.] und der geplanten Versammlung nicht untunlich. So fehlt es hier an der Darlegung, welche Bemühungen der Beschwerdeführer im Laufe des heutigen Vormittags unternommen hat, um beim [X.] Rechtsschutz im Eilverfahren zu erhalten. Der Beschwerdeführer trägt in seiner Verfassungsbeschwerde nur vor, in der Nacht vor Einlegung der Verfassungsbeschwerde (zwischen 23:53 Uhr und 3:24 Uhr) telefonisch niemanden erreicht zu haben und verweist auf das Internetangebot des [X.], das nicht explizit auf einen Eildienst hinweise. Er trägt jedoch nicht vor, ob und ggf. mit welchem Erfolg er dennoch im Laufe des 1. Mai 2020 einen Eilantrag zum Verwaltungsgericht gestellt hat. Zudem geht er nicht darauf ein, dass auch das Internetangebot des [X.] eine Faxnummer für Rechtssachen (Klage- und Eilverfahren) enthält.

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 1005/20

01.05.2020

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 1. Kammer

Ablehnung einstweilige Anordnung

Sachgebiet: BvR

§ 32 Abs 1 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 2 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 01.05.2020, Az. 1 BvR 1005/20 (REWIS RS 2020, 2761)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2761

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