Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.03.2018, Az. 26 W (pat) 18/17

26. Senat | REWIS RS 2018, 11761

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "51°" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2012 015 853 – [X.]/16 Lösch

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 22. März 2018 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

51°

3

ist am 20. Februar 2012 angemeldet und am 22. Juni 2012 unter der Nummer 30 2012 015 853 in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden für Waren und Dienstleistungen der Klassen 31, 33 und 35.

4

[X.]m 14. Januar 2016 hat die Beschwerdegegnerin die Löschung dieser Marke mit der Begründung beantragt, diese sei entgegen § 8 [X.]bs. 2 Nr. 1 bis 3 [X.] eingetragen, weil das Markenwort für einen bestimmten Breitengrad stehe und es mittlerweile üblich sei, durch [X.]ngabe des Breitengrades auf ein bestimmtes [X.]nbaugebiet hinzuweisen.

5

Der [X.]ntragsgegner hat am 25. Februar 2016 dem Löschungsantrag, der ihm mit am 27. Januar 2016 abgesandtem Übergabeeinschreiben zugestellt worden ist, widersprochen mit der Begründung, die angegriffene Marke sei in ihrem Sinngehalt abstrakt. Der Durchschnittsverbraucher halte das Markenwort für eine Temperaturangabe, zumal der Zusatz „Breitengrad“ fehle. Ferner wisse er, dass die Bestimmung der geographischen Herkunft [X.] Weine nach Regionen und nicht nach [X.] erfolge. Das [X.] und [X.] Weinbezeichnungsrecht sehe Herkunftsbezeichnungen vor, die entweder aus einer Regionsangabe, einem regionalen Produkthinweis oder einer Lagebezeichnung bestünden.

6

Mit Beschluss vom 30. Januar 2017 hat die Markenabteilung 3.4 des [X.] die angegriffene Marke wegen Freihaltebedürftigkeit und fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 [X.]bs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] teilweise gelöscht, nämlich für die Waren der

7

Klasse 31: Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind;

8

Klasse 33: [X.]lkoholische Getränke (ausgenommen Biere).

9

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Marke erschöpfe sich in der Nennung eines exakt bezifferten Wertes der geographischen Breite mit dem entsprechenden Symbol für die Einheit „Grad“. Der Breitengrad bestimme eine konkrete geographische Region, die auf oder an diesem Breitengrad liege. In Bezug auf die dem beanspruchten Oberbegriff „

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des [X.]ntragsgegners. Er ist der [X.]nsicht, der Verkehr orientiere sich bei der geographischen Herkunft von Weinen an Ländern, Regionen und Lagen, die gesetzlich vorgegeben seien. Für das Verständnis der Marke als Hinweis auf einen bestimmten Breitengrad würden die Voranstellung einer Ordnungszahl und die Nachstellung weiterer Zusätze wie z. B. „nördlicher Breite“ benötigt. Keine der dem angefochtenen Beschluss beigefügten [X.]nlagen zeige das Markenwort in [X.]lleinstellung. Umgangssprachlich werde „51°“ ausschließlich als Temperaturangabe ohne beschreibenden [X.]harakter für die zurückgewiesenen Waren aufgefasst. [X.]uch Fachkreise ordneten dem Markenwort keinen Bedeutungsinhalt zu. Seine Lieferanfrage bei drei renommierten großen Weinhäusern nach 51-Grad-Wein sei ergebnislos geblieben und habe weder zu einem Hersteller noch zu einem Produkt aus den Regionen [X.] oder [X.] geführt. Die Marke weise auch nicht auf das Mostgewicht von Wein hin, das in Grad Oechsle gemessen werde, da es an dem Zusatz „Oechsle“ fehle. Im Übrigen sei ein Mostgewicht von 51° Oechsle von so minderer Qualität, dass der Verkehr keinen Zusammenhang zwischen der Marke und dem beworbenen Wein herstellen werde.

Der Markeninhaber beantragt,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.]s vom 30. Januar 2017aufzuheben und den Löschungsantrag insgesamt zurückzuweisen.

Die [X.]ntragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und nimmt zur Begründung auf das gerichtliche Schreiben an die Verfahrensbeteiligten vom 13. Juli 2017 Bezug, in dem unter Beifügung von [X.] ([X.]nlagen 1 bis 4, [X.]. 28 – 52 [X.]) darauf hingewiesen worden ist, dass die angegriffene Marke in dem vom [X.] beschlossenen Umfang für löschungsreif gehalten werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den [X.]kteninhalt Bezug genommen.

II.

51 °“im Umfang des angegriffenen Beschlusstenors bereits zum [X.]nmeldezeitpunkt das auch aktuell bestehende Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 [X.]bs. 2 Nr. 1 [X.] entgegengestanden hat. Die Markenabteilung hat die Streitmarke deshalb insoweit zu Recht gelöscht (§§ 50 [X.]bs. 1 und 2, 54 [X.]).

1. Der am 14. Januar 2016 beim [X.] eingegangene Löschungsantrag ist innerhalb der seit der Eintragung der angegriffenen Marke am 22. Juni 2012 laufenden Zehnjahresfrist gestellt worden (§ 50 [X.]bs. 2 Satz 2 [X.]).

2. Die Unterrichtung über den Löschungsantrag gemäß § 54 [X.]bs. 2 Satz 1 [X.] ist dem Markeninhaber mit Übergabeeinschreiben übersandt worden. Nach § 94 [X.]bs. 1 [X.] i. V. m. § 4 [X.]bs. 2 Satz 2 Verwaltungszustellungsgesetz ([X.]) gilt das Dokument am dritten Tag nach der tatsächlichen [X.]ufgabe zur Post als zugestellt. Die [X.]ufgabe zur Post ist am 27. Januar 2016 erfolgt, so dass die Mitteilung des [X.] seit dem 30. Januar 2016 als zugestellt gilt. Mit seinem am 25. Februar 2016 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz hat er daher fristgerecht innerhalb der Zweimonatsfrist nach Zustellung widersprochen (§ 54 [X.]bs. 2 Satz 2 [X.]). Dies gälte aufgrund des frühzeitigen Widerspruchs selbst dann, wenn man, da der 30. Januar 2016 ein Samstag war, entsprechend § 193 BGB eine Verschiebung des „dritten Tages“ auf den nächsten Werktag, nämlich Montag, den 1. Februar 2016, vornähme, wie es in der neueren Rechtsprechung und Literatur vertreten wird ([X.], 94; [X.], 569, 570 – [X.]; [X.]/[X.]pp/Schlatmann, VwVG, [X.], 10. [X.]ufl., § 4 [X.] [X.]. 6 f.; [X.]/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. [X.]ufl., § 94 [X.] [X.]. 6), so dass die Streitfrage, ob sich die Drei-Tages-Frist nach Kalendertagen oder Werktagen bemisst, vorliegend nicht entschieden werden muss.

3. Für die absoluten Löschungsgründe nach § 50 [X.]bs. 1 [X.] gilt, dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von [X.] zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten zweifelsfrei feststeht. Wird geltend gemacht, die Eintragung habe gegen einen oder mehrere Tatbestände des § 8 [X.]bs. 2 [X.] verstoßen, kann eine Löschung nur erfolgen, wenn das [X.] sowohl im Zeitpunkt der [X.]nmeldung der Marke ([X.], 1143 [X.]. 15 – [X.]us [X.]kten werden Fakten; GRUR 2014, 483 [X.]. 22 – test; GRUR 2014, 565 [X.]. 10 – smartbook) bestanden hat als auch – soweit es um die Tatbestände nach § 8 [X.]bs. 2 Nr. 1 bis 9 [X.] geht – im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht (§ 50 [X.]bs. 2 Satz 1 [X.]).

51 °“ stand bereits zum [X.]nmeldezeitpunkt für die im angefochtenen Beschluss tenorierten Waren das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 [X.]bs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen (§ 50 [X.]bs. 1 [X.]).

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 [X.]bs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.], 1198 [X.]. 59 f. – [X.]]; [X.] 2016, 934 [X.]. 9 – [X.]; [X.], 173, 174 [X.]. 15 – for you). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] GRUR 2010, 228 [X.]. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein [X.] begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] 2017, 1262 [X.]. 17 – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] a. a. [X.]. 10 – [X.]; a. a. [X.]. 16 – for you).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die [X.]uffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen [X.]oncord/[X.]; [X.] 2014, 376 [X.]. 11 – [X.]). Durch die Wortwahl „und/oder” wird klargestellt, dass auch einer dieser beiden Verkehrskreise allein von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (vgl. [X.] GRUR 2004, 682 [X.]. 26 – [X.]; [X.] W (pat) 507/17 – [X.]; 24 W (pat) 18/13 – [X.]; 26 W (pat) 550/10 – Responsible Furniture; [X.] 2007, 527, 529 f. – Rapido).

[X.]usgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] GRUR 2004, 674, [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] 2012, 270 [X.]. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.]n Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] a. a. [X.]. 12 – [X.]; GRUR 2014, 872 [X.]. 21 – [X.]). Dabei reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] GRUR 2004, 146 [X.]. 32 – DOUBLEMINT).

Zahlen fehlt nicht von Haus aus jegliche Unterscheidungskraft. Vielmehr ist eine auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen bezogene Einzelfallbetrachtung unter Berücksichtigung der jeweiligen [X.] erforderlich. Nicht unterscheidungskräftig sind Zahlen, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen, z. B. als Preis-, Maß- oder Mengenangaben, eine beschreibende Bedeutung haben ([X.] GRUR 2011, 1035 [X.]. 29 – 1000; [X.] 2002, 970, 971 – Zahl 1). Diese Grundsätze gelten auch für die Kombination von Zahlen mit anderen Zeichen.

b) Diesen [X.]nforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 [X.]bs. 2 Nr. 1 [X.] hat die angegriffene Wortmarke „51°“ bereits zum [X.]nmeldezeitpunkt, dem 20. Februar 2012, nicht genügt, weil zumindest die angesprochenen inländischen [X.] ihm in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 31 und 33 ohne besonderen gedanklichen [X.]ufwand einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt zugeordnet haben, so dass sich das [X.]nmeldezeichen nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen geeignet hat.

aa) Die von den noch verfahrensgegenständlichen Produkten der Klassen 31 und 33 angesprochenen Verkehrskreise sind die Endverbraucher sowie die Fachkreise der Getränke-, Garten- und Landwirtschaftsbranche sowie der Forstwirtschaft.

bb) Die angegriffene Marke setzt sich aus der Zahlenangabe „51“ und dem [X.] „°“ zusammen.

aaa) „51“ ist eine natürliche Zahl.

bbb) Das [X.] „°“ hat u. a. die Bedeutung „Maßeinheit einer gleichmäßig eingeteilten Skala für das mehr oder weniger starke Vorhandensein bestimmter Eigenschaften (z. B. Wärme [der Luft]), besonders Einheit für die Temperaturmessung“ oder bezeichnet in der Geographie und [X.]stronomie den Breiten- oder Längengrad“ (www.duden.de, [X.]nlage 1 zum gerichtlichen Hinweis).

cc) Das aus der Verbindung der Zahl „51“ mit dem [X.] bestehende Markenwort kann mehrere Gesamtbedeutungen haben.

aaa) Es entspricht der Positionsangabe „51 Grad nördlicher Breite“, die auch mit „51. Breitengrad Nord“ bezeichnet wird. Denn wenn die [X.] oder S fehlen, stehen positive Werte für nördliche Breite und negative für südliche Breite. Da bei Ortskoordinaten die Breite stets vor der Länge anzugeben ist, kommt nur der Breitengrad und nicht auch der Längengrad in Betracht. Entgegen der [X.]nsicht des Markeninhabers wird zur schriftlichen Darstellung des Breitengrades auch kein Punktzeichen, also keine Ordnungszahl benötigt (https://de.wikipedia.org/wiki/Geographische_Breite).

bbb) „51°“ kann in verkürzter Weise auch auf eine entsprechende Temperatur hinweisen. Die Einheit dieser physikalischen Größe wird in [X.], [X.] und der [X.] in [X.] (°[X.]) angegeben (https://de.wikipedia.org/wiki/Temperatur).

ccc) Die angemeldete [X.] kann sich auch auf das Mostgewicht von 51° Oechsle beziehen, das einen Qualitätswein bestimmter [X.]nbaugebiete ([X.].[X.]) auszeichnet ([X.]nlagenkonvolut 2 zum gerichtlichen Hinweis). Im [X.]n Weinbau wird das Mostgewicht, das spezifische Gewicht von Traubenmost als Indikator des zu erwartenden [X.]lkoholgehalts, üblicherweise in der nach ihrem Erfinder [X.] benannten Maßeinheit „Grad Oechsle“ angegeben, die „°Oechsle“ oder „°Oe“ abgekürzt wird (https://de.wikipedia.org/wiki/Grad_Oechsle). Das Mostgewicht ist das wichtigste Kriterium für die Einteilung der Weine in die verschiedenen Qualitätsklassen ([X.], Wein, 2005, S. 206 u. S. 294, [X.]nlage 1 zum gerichtlichen Hinweis).

dd) [X.]llerdings kommt vorliegend nur die Positionsangabe als Gesamtbedeutung des Markenwortes in Betracht, weil sie als einzige ohne weitere Zusätze wie „[X.]elsius“ oder „[X.]“ bzw. „Oechsle“ oder „Oe“ eindeutig ist. Solche Ergänzungen dürfen auch nicht hinzugedacht werden, weil sie das Markenwort verändern, das ausschließlich in seiner Gesamtheit Gegenstand der Registereintragung ist (vgl. [X.] 2011, 65 [X.]. 10 – Buchstabe T mit Strich).

ee) In Bezug auf die noch verfahrensgegenständlichen Waren der Klasse 31 „

aaa) Nahezu alle Weinanbaugebiete der Welt liegen in den gemäßigten Klimazonen zwischen dem 30/32. und 50/51. Breitengrad, die durchschnittliche [X.] zwischen 10 °[X.] und 20 °[X.] aufweisen. Die nördlichsten Weinberge [X.]s befinden sich an der Grenze, nämlich zwischen dem 50. und 51. Breitengrad. Damit ist der 51. Breitengrad die nördlichste Region [X.]s für [X.] ([X.], Die neue [X.] [X.], 2001, S. 21; [X.], Das [X.], 2. [X.]ufl. 2003, S. 109 und [X.]nlagenkonvolut 2 zum gerichtlichen Hinweis, [X.]nlage 1 zum angefochtenen Beschluss), zu der beispielweise die [X.]nbaugebiete „[X.]“ und das [X.] zwischen [X.] und [X.] in [X.] gehören, die mit ihrer exponierten Lage häufig gezielt werben ([X.]nlagen 2 bis 7 zum angefochtenen Beschluss). Soweit vereinzelt bedingt durch den Klimawandel inzwischen im Inland noch weiter nördlich Wein angebaut wird, erfolgt dies stets unter Hinweis auf den dazugehörigen Breitengrad ([X.]nlagenkonvolut 3 zum gerichtlichen Hinweis, [X.]nlage 12 zum angefochtenen Beschluss). Da sich der Weinanbau auf der südlichen Erdhalbkugel auf die Regionen zwischen dem 28./30. und 40/42. Breitengrad beschränkt und der 51. Breitengrad Süd etwa durch die Südspitze [X.] verläuft, wo das raue, auch im [X.] kühle Klima einen Weinanbau nicht zulässt, kann es sich aus Sicht des Fachverkehrs auch aus diesem Grund ohne die Zusätze „nördlicher Breite“ oder „Nord“ nur um eine [X.]ngabe auf der nördlichen Erdhalbkugel handeln ([X.], Das [X.], 2. [X.]ufl. 2003, S. 109 und [X.]nlagen 8 und 9 zum angefochtenen Beschluss).

bbb) Das [X.]nmeldezeichen erschöpft sich somit in der im Vordergrund stehenden beschreibenden [X.]ngabe, dass Weintrauben, Weinreben und Wein aus einer geographischen Region [X.]s stammen, die auf oder an dem 51. Grad nördlicher Breite liegt. [X.]ngesichts einer betroffenen Fläche von etwa 60.000 km² verbindet der Verkehr mit einer solchen [X.]ngabe erfahrungsgemäß keinen Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen, weil mehrere Hersteller in demselben Gebiet tätig sein können.

ccc) Da Weintrauben und Weinreben von den Waren der Klasse 31 „land- garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind“ umfasst sind und Wein zu den Produkten der Klasse 33 „[X.]lkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“ gehört, ist die angegriffene Marke für diese Oberbegriffe zu löschen. Einer Eintragung als Marke für mit einem weiten Oberbegriff bezeichnete Waren stehen [X.]se schon dann entgegen, wenn sie hinsichtlich einzelner unter den Oberbegriff fallender Waren vorliegen ([X.] 2015, 1012 [X.]. 44 – Nivea-[X.]au; GRUR 2002, 262, 262 – [X.][X.]).

ddd) Die Behauptung, eine Lieferanfrage bei drei renommierten großen Weinhäusern nach 51-Grad-Wein sei ergebnislos geblieben und habe weder zu einem Hersteller noch zu einem Produkt aus den Regionen [X.] oder [X.] geführt, hat der Markeninhaber weder durch konkrete Bezeichnung der angefragten Unternehmen substantiiert noch belegt. [X.]ber selbst wenn sein Vortrag zuträfe, reichten diese geringe [X.]nzahl der Befragten allein nicht aus, um die Nachweise des [X.] und des Senats für das Verständnis der Fachkreise in Frage zu stellen.

eee) [X.]bgesehen davon, dass nach der Recherche des Senats auch schon vor dem [X.]nmeldezeitpunkt und 2016 auf Weinetiketten deren Herkunft in Ortskoordinaten angegeben worden ist ([X.]nlage 4 zum gerichtlichen Hinweis und [X.]nlage 10b zum angefochtenen Beschluss), sind seit der Liberalisierung des Weinbezeichnungsrechts im Jahre 2003 zusätzliche Herkunftsangaben auf dem Etikett nicht mehr verboten.

c) [X.] der fehlenden Unterscheidungskraft ist auch zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt nicht entfallen.

Die Weinanbaugebiete auf oder am 51. Breitengrad Nord werben immer noch mit dieser außergewöhnlichen geographischen Lage ihrer Weingüter (http://www.schloss-wackerbarth.de/deutsch/erlebnisweingut/zahlen-und-fakten/index.html: http://www.saale-unstrut-wein.com/Probierpakete/[X.]-Wein-Probierpaket-Breitengrad-51::1208.html; http://www.faz.net/aktuell/stil/essen-trinken/saale-unstrut-das-noerdlichste-[X.]-Weinanbaugebiet-15280125.html). In der Mittel[X.]n Zeitung ist am 7. [X.]pril 2016 unter dem Titel „[X.] – ,[X.]llerhand‘ als gelungene gemeinsame Mischung in der Flasche“ über eine Kostprobe des fünften gemeinsamen Wein-Jahrgangs der inzwischen gut bekannten sogenannten [X.] berichtet worden, von denen sich vor fünf Jahren acht Winzer der Weinregion [X.] zum Verein [X.] zusammengeschlossen hatten und dem mittlerweile noch sechs weitere Weingüter angehören (https://www.mz-web.de/burgenlandkreis/breitengrad-winzer--allerhand--als-gelungene-gemeinsame-mischung-in-der-flasche-23845268).

5. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 [X.]bs. 2 Nr. 1 [X.] vorliegt, kann dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen zum [X.]nmeldezeitpunkt darüber hinaus gemäß § 8 [X.]bs. 2 Nr. 2 [X.] für die fraglichen Waren freihaltungsbedürftig gewesen ist und dieses Schutzhindernis noch fortbesteht.

[X.] 

Für eine [X.]uferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] gibt weder die Sach- und Rechtslage noch das Verhalten der Beteiligten [X.]nlass.

Meta

26 W (pat) 18/17

22.03.2018

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.03.2018, Az. 26 W (pat) 18/17 (REWIS RS 2018, 11761)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11761

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