Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.04.2016, Az. 26 W (pat) 64/11

26. Senat | REWIS RS 2016, 12127

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Mangal" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2008 045 003 – [X.]/10 Lösch

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 28. April 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], des Richters [X.] sowie des Richters kraft Auftrags Schödel

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.] vom 20. Juli 2011 aufgehoben, soweit die teilweise Löschung der Marke 30 2008 045 003 für die Dienstleistungen der Klasse 43 „Verpflegung von Gästen innerhalb und außerhalb von Restaurants; Verpflegung von Gästen in Cafés; Catering; Beherbergung von Gästen“ angeordnet worden ist. Der Löschungsantrag des Antragstellers wird auch insoweit zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

3. Die gegenseitigen Kostenanträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 22. November 2010 beim [X.] ([X.]) die Löschung der am 14. Juli 2008 angemeldeten und am 23. Oktober 2008 für die Waren und Dienstleistungen der

2

Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

3

Klasse 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); insbesondere Apfelwein; Branntwein; Cocktails; alkoholhaltige Fruchtextrakte; alkoholische [X.]; Liköre; Spirituosen; Weine;

4

Klasse 43: Verpflegung von Gästen innerhalb und außerhalb von Restaurants; Verpflegung von Gästen in Cafés; Catering; Beherbergung von Gästen

5

eingetragenen Marke 30 2008 045 003

6

[X.]

7

des Antragsgegners beantragt, weil es sich bei dem Wort „[X.]“ um eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibende Angabe handele und die Marke [X.] angemeldet worden sei (§§ 50 Abs. 1 u. 2, 54 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 10 [X.]).

8

Zur Begründung hat der Antragsteller vorgetragen, das türkischsprachige Wort „[X.]“ sei die Bezeichnung für ein Grillgerät und entspreche außerdem den [X.] Begriffen „Imbiss“ bzw. „Grillrestaurant“. Die Anmeldung der angegriffenen Marke durch den Antragsgegner sei [X.] erfolgt, weil dieser die beschreibende Bedeutung der angegriffenen Marke gekannt habe.

9

Der Antragsgegner hat der Löschung der Marke gemäß § 54 Abs. 2 S. 2 [X.] widersprochen.

Die Markenabteilung 3.4 des [X.] hat am 20. Juli 2011 die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen der Klasse 43

„Verpflegung von Gästen innerhalb und außerhalb von Restaurants; Verpflegung von Gästen in Cafés; Catering; Beherbergung von Gästen“

beschlossen und den Löschungsantrag im Übrigen zurückgewiesen. Von einer Kostenauferlegung hat sie abgesehen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der zulässige Löschungsantrag sei im Umfang der Löschungsanordnung begründet, weil der Eintragung der angegriffenen Marke insoweit am Anmeldetag das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegengestanden habe. Bei der angegriffenen Marke handele es sich um eine Angabe, die schon zum [X.]punkt ihrer Eintragung für die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 43 zur Beschreibung der Art der Dienstleistungen bzw. der Ausrichtung des gastronomischen Angebots habe dienen können und zum Ausdruck bringe, dass es sich bei den mit dem Wort „[X.]“ bezeichneten Restaurants und Cafés um solche handele, die vornehmlich [X.] Grillspezialitäten anbieten, bzw. dass es sich bei den so bezeichneten [X.] um die Organisation und Durchführung von [X.]n Grillfesten handele. Das Wort „[X.]“ stamme aus der [X.]n Sprache und werde in diversen [X.] mit „Grill“ übersetzt. In diesem Sinne sei es, wie sich auf Grund verschiedener [X.]eiten ergebe, auch schon deutlich vor dem [X.]punkt der Eintragung der angegriffenen Marke im Inland als Hinweis auf das Grillen [X.]r Spezialitäten verwendet worden. Dabei stehe der Begriff „[X.]“ sowohl für das Grillgerät selbst als auch für den Vorgang des Grillens nach [X.]r Art und bezeichne damit über die reine Zubereitung des Grillguts hinaus auch die Zusammenkunft von Familie und Freunden. Vor diesem Hintergrund sei der Einwand des Antragsgegners, das Wort „[X.]“ habe ursprünglich „[X.]“ bedeutet, markenrechtlich unerheblich. Die Angabe einer besonderen Zubereitungsart charakterisiere eine Verpflegungsdienstleistung auch ihrer Art nach und sei deshalb für die Mitbewerber des Antragsgegners freizuhalten. Dies gelte auch im Hinblick auf [X.], weil Hotels häufig über Restaurants verfügten und auch kombinierte Übernachtungs- und Verpflegungspakete anböten, wobei die Art der Verpflegung oftmals anpreisend herausgestellt werde. Ausweislich des [X.] gebe es auch Hotels, die Grillabende bzw. [X.] Spezialitätenabende veranstalteten. Dass das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] bereits zum Eintragungszeitpunkt vorgelegen habe, ergebe sich u. a. auch aus [X.], die aus der [X.] vor dem [X.] datierten. Für die mit der Eintragung der angegriffenen Marke beanspruchten Waren der Klassen 32 und 33 liege das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dagegen nicht vor, weil es sich bei der Angabe „[X.]“ in den Bedeutungen „Grill“ bzw. „grillen“ nicht um eine Bezeichnung der Eigenschaft dieser Waren handele. Auch die Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehle der angegriffenen Marke für diese Waren nicht, weil die Mehrheit der inländischen Endverbraucher von Getränken sowie der Getränkehersteller und -händler die Bedeutung des Wortes „[X.]“ nicht kenne.

Für die Annahme, dass die Markenanmeldung [X.] i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] erfolgt sei, lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. Der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Antragsteller habe keine Tatsachen vorgetragen, die es nahe legen könnten, dass der Antragsgegner die Eintragung der Marke durch bewusstes Verschweigen ihrer Bedeutung erschlichen habe. Die bloße Behauptung, als [X.]r Mitbürger habe der Antragsgegner Kenntnis von der Bedeutung der angegriffenen Marke gehabt, genüge für den Vorwurf der Markenerschleichung nicht. Es fehle auch an jeglichem verwertbaren Vortrag zum Vorhandensein eines prioritätsälteren schutzwürdigen Besitzstandes und zur Kenntnis des Antragsgegners hiervon sowie zum Vorsatz des Antragsgegners, mit der Marke in einen solchen Besitzstand einzugreifen, um den Antragsteller zu behindern.

Gegen den Beschluss der Markenabteilung wenden sich sowohl der Antragsgegner als auch der Antragsteller mit ihren Beschwerden.

Die Beschwerde des Antragstellers richtet sich gegen die Zurückweisung seines Löschungsantrags, soweit die Markenabteilung eine Bösgläubigkeit des Markeninhabers zum [X.]punkt der Anmeldung der angegriffenen Marke verneint hat, und gegen die Kostenentscheidung. Er trägt vor, dem Antragsgegner, der in [X.] ein eigenes [X.]-Restaurant betreibe, sei sowohl die Bedeutung der angegriffenen Marke als auch ihre Verwendung im Verkehr bekannt gewesen. Das wettbewerblich Verwerfliche sei hier darin zu sehen, dass der Antragsgegner die mit der Eintragung der Marke verbundene Sperrwirkung zweckfremd als [X.]el des [X.] eingesetzt habe, indem er ihn – den Antragsteller – in Kenntnis der Bedeutung des Begriffs „[X.]“ wegen der Benutzung dieser Bezeichnung abgemahnt, zur Abgabe einer strafbewehrten [X.] und Unterlassungserklärung aufgefordert sowie Schadensersatz verlangt habe.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

1. den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.]s vom 20. Juli 2011 aufzuheben, soweit der Löschungsantrag zurückgewiesen worden ist, und das [X.] anzuweisen, die Löschung der Marke 30 2008 045 003 auch für die Waren der Klassen 32 und 33 anzuordnen, den Löschungsantrag auch insoweit zurückzuweisen und dem Antragsgegner die Kosten des patentamtlichen [X.] aufzuerlegen,

2. die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen und

3. dem Antragsgegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,

1. den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.]s vom 20. Juli 2011 aufzuheben, soweit die teilweise Löschung der Marke 30 2008 045 003 angeordnet worden ist,

2. die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen,

3. dem Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Teillöschung der angegriffenen Marke mit der Begründung, die Markenabteilung sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die angegriffene Marke die Dienstleistungen der Klasse 43 beschreibe. Er macht geltend, dass das [X.] Wort „[X.]“ lediglich ein Gerät zum Heizen und Warmhalten von Speisen, ähnlich einem Ofen oder Kamin, nicht jedoch die Art oder Beschaffenheit von Verpflegungs- oder [X.] bezeichne. Zur Glaubhaftmachung hierfür bezieht er sich auf ein als Anlage zur Beschwerdebegründung vorgelegtes Gutachten eines bei der Universität [X.] in der Philosophischen Fakultät, Lektorat für [X.], tätigen vereidigten Gutachters. Er verweist ferner auf andere Wörter der [X.]n Sprache, die dem [X.] Begriff „Grill“ entsprächen, sowie auf Entscheidungen des 30. [X.]s des [X.], mit denen die Wortmarken „[X.]“, „[X.]“ sowie „[X.]“ u. a. auch für Verpflegungs- und Catering-Dienstleistungen für eintragungsfähig erachtet worden sind. Zudem bestreitet er, bei Einreichung seiner Markenanmeldung [X.] gewesen zu sein. Ein schutzwürdiger Besitzstand eines Vorbenutzers an der Bezeichnung „[X.]“ sei ihm nicht bekannt gewesen. Auch sei es ihm nicht um die Störung des Besitzstandes von [X.] gegangen. Vielmehr sei er von der Rechtmäßigkeit der Anmeldung ausgegangen, habe diese selbst in Benutzung genommen und sodann lediglich verteidigt.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 18. März 2016 sind die Beteiligten unter Beifügung umfangreicher Recherchebelege (Anlagen 1 bis 5, [X.]. 80 – 95 GA) auf die Rechtsauffassung des [X.]s hingewiesen worden.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Die Marke 30 2008 045 003 „[X.]“ ist für die Dienstleistungen der Klasse 43 „Verpflegung von Gästen innerhalb und außerhalb von Restaurants; Verpflegung von Gästen in Cafés; Catering; Beherbergung von Gästen“ nicht zu löschen, weil ihrer Eintragung für diese Dienstleistungen zum Anmeldezeitpunkt ([X.], 1143, 1144 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten), dem 14. Juli 2008, kein absolutes Schutzhindernis entgegengestanden hat (§ 50 Abs. 1 [X.]). Die angegriffene Marke ist für diese Dienstleistungen nicht entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] eingetragen worden. Auch eine [X.]e Anmeldung der Marke liegt nicht vor.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat dagegen keinen Erfolg, weil die Markenabteilung zu Recht die Löschung der Marke 30 2008 045 003 für die Waren der Klassen 32 und 33 und eine Kostenauferlegung zu Lasten des Antragsgegners abgelehnt hat. Auch für diese Waren ist die angegriffene Marke nicht entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] und auch nicht entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] eingetragen worden.

Für die absoluten Löschungsgründe nach § 50 Abs. 1 [X.] gilt, dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von [X.] zu den jeweils maßgeblichen [X.]punkten zweifelsfrei feststeht. Wird geltend gemacht, die Eintragung habe gegen einen oder mehrere Tatbestände des § 8 Abs. 2 [X.] verstoßen, kann eine Löschung nur erfolgen, wenn das [X.] sowohl im [X.]punkt der Anmeldung der Marke ([X.], 1143, Rdnr. 15 - Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 483, Rdnr. 22 – test; GRUR 2014, 565, Rdnr. 10 - smartbook) bestanden hat als auch - soweit es um die Tatbestände nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 - 9 [X.] geht - im [X.]punkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 [X.]).

Nach diesen Grundsätzen kommt eine Löschung der Streitmarke nicht in Betracht. Es kann nicht festgestellt werden, dass im Anmeldezeitpunkt die geltend gemachten Löschungsgründe der Eignung als beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] oder der fehlenden Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] oder Bösgläubigkeit im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] vorlagen.

1. Die angegriffene Marke „[X.]“ war zum Anmeldungszeitpunkt weder für die in den Klassen 32 und 33 beanspruchten Waren noch für die in Klasse 43 geschützten Dienstleistungen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Nach diesen Grundsätzen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angegriffene Marke „[X.]“ bei der Anmeldung hinsichtlich der registrierten Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] war.

a) „[X.]“ ist ein [X.]s Substantiv, das nach den Recherchen des [X.] und des [X.]s übersetzt wird mit

- „Grill“ (www.bab.la, Anlage 1 zum angefochtenen Beschluss der Markenabteilung),

- „Feuerherd, [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], Rost“ ([X.], Anlage 2 zum angefochtenen Beschluss der Markenabteilung; www.cafeuni.com.de, Anlage 1 zum Hinweis des [X.]s vom 18. März 2016),

- Holzkohlegrill (www.wikipedia.org, Anlage 2 zum Hinweis des [X.]s vom 18. März 2016).

Während der Antragsteller die Ansicht vertritt, dass „[X.]“ der [X.] Begriff für „Grill“ als Gerät und als entsprechendes ([X.] sei, hat der Antragsgegner einen Auszug aus dem [X.] vorgelegt, wonach das [X.] Wort „Grill“ im [X.]en mit „izgara“ oder „cizbiz“ übersetzt wird (Anlage zum Schriftsatz vom 26. Januar 2011).

Ferner hat er das Gutachten des vereidigten Sachverständigen [X.], Universität zu [X.], Philosophische Fakultät, Lektorat für [X.] (Anlage zu seinem Schriftsatz vom 21. Oktober 2011) eingereicht, wonach das aus dem [X.] stammende Wort „[X.]“ ein ofen- oder kaminähnliches Heizgerät bezeichne, bei dem die Holzkohle außerhalb des Hauses zum Glühen gebracht und anschließend hineingetragen werde. Dabei könne es sich um eine einfache Kupferschüssel oder um Behältnisse aus Messing oder Silber handeln. Ein [X.] werde nicht zum Grillen verwendet, weil die Asche, die als Desinfektions- oder Poliermittel diene, dann nicht mehr verwendet werden und es in der Wohnung zu unerwünschter Geruchsbildung kommen könne. Den [X.] benutze man außer zum Heizen auch zum Kochen von Tee und Kaffee sowie zum Warmhalten der Gerichte. In den letzten Jahren werde der Begriff „[X.]“ zur Bezeichnung von typischen westlichen Grillgeräten benutzt, die eigentlich „Izgara (Grill)“ oder „Izgara ocagi“ ([X.]) hießen. Ein Grill im Sinne eines Restaurants werde mit „Izgara lokantasi“ bezeichnet. In mehreren Lexika werde „[X.]“ mit Holz-[X.] übersetzt.

Obwohl beide Parteien türkeistämmig und offenbar des [X.]en mächtig sind, scheinen sie sich in der Bedeutung des [X.]n Wortes „[X.]“ selbst nicht einig zu sein. Da ein Holzkohlegrill stets über ein (Holz-)[X.] verfügt, kann auf der Grundlage der Recherchen des [X.] und des [X.]s sowie der vom Antragsgegner beigebrachten Unterlagen bei „[X.]“ in der Gesamtschau von der Bedeutung eines mit Holzkohle betriebenen Gerätes zum Garen von Lebensmitteln ausgegangen werden, das mit dem [X.] Begriff für „Grill“ gleichgesetzt werden kann. Keinesfalls aber kann „[X.]“ als Synonym für „Grillrestaurant“ angesehen werden, wie es bei dem [X.] Wort „Grill“ der Fall ist ([X.], Anlage 3 zum Hinweis vom 18. März 2016), weil „Grillrestaurant“ im [X.]en mit „Izgara lokantasi“ (vgl. Gutachten) oder mit „ocakbaşi“ (dict.cc, Anlage 4 zum Hinweis vom 18. März 2016) übersetzt wird.

Mit der Bedeutung „Holzkohlegrill“ enthält die angegriffene Marke aber keine Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der eingetragenen Waren oder Dienstleistungen dienen können.

b) Auch wenn mit der Marke angedeutet werden sollte, dass sowohl die Biere und alkoholfreien Getränke in Klasse 32 als auch die alkoholischen Getränke in Klasse 33 gut zu Grillgerichten passen, handelt es sich weder um eine diesen Waren anhaftende Eigenschaft noch um ein sonstiges vergleichbares Warenmerkmal. Denn Angaben mit nur mittelbarem Produktbezug unterfallen nicht dem Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

c) Entgegen der Ansicht der Markenabteilung reicht es für die Annahme der Freihaltebedürftigkeit des Wortes „[X.]“ grundsätzlich nicht aus, dass bei den registrierten Verpflegungsdienstleistungen in Klasse 43 ein ([X.]r) Holzkohlegrill zum Einsatz kommen kann, um ([X.]) Grillspeisen zuzubereiten. Denn dabei handelt es sich weder um eine die Dienstleistungen unmittelbar beschreibende Eigenschaft noch um einen sonstigen unmittelbaren Dienstleistungsbezug, der unter den Begriff der „sonstigen Merkmale“ des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] fallen könnte. Das Wort „[X.]“ spezifiziert nur ein Hilfsmittel oder die Art der im Rahmen der Dienstleistungen angebotenen Speisen, nicht aber das Wesen der Dienstleistungen selbst.

d) Aber auch, wenn man wie die Markenabteilung unter Bezugnahme auf die BPatG-Entscheidung zu „Papaya“ ([X.]. 2007, 156), die ihrerseits auf die [X.]-Entscheidung zu „[X.]“ ([X.], 850, 854 Rdnr. 19 i. V. m. 856 Rdnr. 33) verweist, den engen beschreibenden Bezug nicht nur in § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], sondern auch in § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] verortet (vgl. auch [X.], 272 Rdnr. 14 – [X.]), wozu der [X.] nicht neigt, scheidet ein Freihaltebedürfnis aus.

Das Markenwort „[X.]“ ist zum Anmeldezeitpunkt 2008 trotz des gesteigerten Bekanntheitsgrades [X.]r Produkte und des regen Urlaubsverkehrs in die [X.] allenfalls von einem kleinen, letztlich nicht mehr relevanten Teil des inländischen [X.] Verkehrs in seinem Bedeutungsgehalt verstanden worden, zumal [X.] weder zu den sog. [X.] noch zu den EU-Sprachen gehört. Die von der Markenabteilung vorgelegten Belege reichen nicht aus, ein entsprechendes Verständnis eines erheblichen Teils der inländischen [X.] Verkehrskreise im Jahr der Anmeldung nachzuweisen. Auf den maßgeblichen [X.]raum vor dem 14. Juli 2008 entfallen nur vier Belege: ein Auszug aus einem Buch über Grillmethoden vom 9. Mai 2007 (Anlage 4 zum angefochtenen Beschluss), ein [X.]ogbeitrag vom 20. April 2008 (Anlage 6 zu diesem Beschluss) und ein Hinweis auf die Eröffnung eines Spezialitätengrills in [X.] vom 28. August 2004 (Anlage 10 zu diesem Beschluss), in denen jeweils der „[X.]“ als Grill definiert wird, sowie ein Hinweis auf den Bericht eines [X.]n Senders über eine „[X.] Partisi“, eine [X.] in [X.], vom 13. September 2007 (Anlagen 8 und 11). Weitere Belege aus diesem [X.]raum konnte auch der [X.] nicht ermitteln.

Es kommt aber grundsätzlich auf das Verständnis der inländischen Verkehrskreise zum Anmeldezeitpunkt an. 4,2 Mio. [X.] und türkeistämmige Kunden in [X.] im Jahre 2008 (www.wikipedia.org, Anlage 5 zum Hinweis des [X.]s vom 18. März 2016) stellen keinen objektiv abgrenzbaren Verkehrskreis dar ([X.], 587 Rdnr. 23 - [X.]; GRUR 2013, 752 Rdnr. 32 - [X.]), zumal die Parteien nicht einmal behauptet haben, dass die Verpflegungsdienstleistungen des Antragsgegners nur auf [X.]/türkeistämmige Endkunden ausgerichtet sind oder nur spezielle [X.] Lebensmittel betreffen.

Allerdings kann bei fremdsprachigen [X.] dennoch ein Freihaltebedürfnis dann angenommen werden, wenn sie sowohl im Im- und Export als auch - wegen der Üblichkeit mehrsprachiger Sachhinweise auf Waren, Ankündigungen und dergleichen - beim inländischen Absatz von Waren zur ungehinderten beschreibenden Verwendung benötigt werden (vgl. [X.], 517 - [X.]; 1992, 515 - [X.]). Dies ist unter Berücksichtigung der Warengattung, des Ausmaßes der Außenhandelsbeziehungen und des Sachbezugs der Bezeichnung zu beurteilen, wobei auch die quantitative Wahrscheinlichkeit des beschreibenden Gebrauchs zu berücksichtigen ist ([X.], 370, 371 - [X.]; [X.], 286 - [X.] STAVBY).

Zunächst ist dazu anzuführen, dass das [X.] Wort „[X.]“ selbst für die türkischsprachigen Verkehrskreise in [X.], wie bereits dargelegt, offensichtlich keinen eindeutigen Begriffsinhalt aufweist. Hinzu kommt, dass dieses Markenwort für die registrierten Verpflegungsdienstleistungen nicht glatt beschreibend ist. Ferner handelt es sich hier nicht um Waren, die dem Im- und Export unterliegen, sondern um ausschließlich im Inland zu erbringende Dienstleistungen. Es fehlt daher an der wirtschaftlichen Notwendigkeit einer beschreibenden Verwendung dieses Markenwortes im Inland für die registrierten Verpflegungsdienstleistungen.

e) Bei den [X.] fehlt es schon am engen beschreibenden Bezug, weil bei ihrer Erbringung ein Holzkohlegrill keine Verwendung findet.

2. Im Hinblick darauf, dass dem überwiegenden Teil des [X.] Verkehrs der Sinngehalt des Begriffs „[X.]“ zum Anmeldezeitpunkt unbekannt war, kann der angegriffenen Marke auch nicht jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abgesprochen werden.

Die Mehrheit der inländischen Verkehrskreise versteht den Sinngehalt des Markenwortes „[X.]“ nicht, sondern betrachtet die Angabe als Phantasiebezeichnung, so dass die Unterscheidungskraft zu bejahen ist.

3. Da schon nicht festgestellt werden kann, dass der Streitmarke im Anmeldezeitpunkt Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] entgegengestanden haben, kommt es in der Sache nicht mehr darauf an, ob im [X.]punkt der Entscheidung über den Löschungsantrag [X.]se bestehen.

4. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Marke [X.] angemeldet worden ist (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.]).

Nach der Rechtsprechung des [X.] ist von der Böswilligkeit des Anmelders im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt. Eine böswillige Markenanmeldung kommt danach in Betracht, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der [X.] in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen, oder dass der [X.] die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als [X.]el des [X.] einsetzt (vgl. [X.] GRUR 2016, 380 Rdnr. 17 – [X.]; [X.], 780 Rdnr. 13 – [X.]). Als [X.] kann danach eine Markenanmeldung zu beurteilen sein, die der Anmelder allein zu dem Zweck vorgenommen hat, den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern, ohne die Benutzung der Marke zu beabsichtigen (vgl. [X.], [X.], 763 Rdnr. 44 - [X.][X.]; [X.] a. a. O. – [X.]).

Bei Anwendung sämtlicher vorgenannter Grundsätze kann die Markenanmeldung der Antragsgegnerin nicht als [X.] eingestuft werden.

Die Behauptung, der Inhaber der angegriffenen Marke habe als [X.]r Mitbürger Kenntnis von der beschreibenden Bedeutung gehabt und den Antragsteller, der unter der Bezeichnung „[X.] Holzkohlegrill“ einen Gewerbebetrieb führt, wegen der widerrechtlichen Benutzung der Bezeichnung „[X.]“ abgemahnt, also die Abgabe einer strafbewehrten [X.] und Unterlassungserklärung sowie Schadensersatz eingefordert, begründet noch keine Böswilligkeit.

Im Hinblick auf die zur Frage der Freihaltebedürftigkeit dargestellten Erwägungen lag entweder gar keine beschreibende Angabe vor oder es war zumindest die Freihaltebedürftigkeit zweifelhaft. Der bloße Umstand, dass der Antragsgegner aus seiner Marke gegen Dritte, die eine ihrer Ansicht nach identische oder ähnliche Bezeichnung verwenden, vorgeht, liegt in der Natur des Markenrechts und kann für sich genommen keinesfalls als Indiz für unlautere Absichten gewertet werden. Dies umso weniger, als der Antragsteller selbst vorgetragen hat, die angegriffene Marke werde vom Antragsgegner zur Kennzeichnung des von ihm und einem Partner betriebenen Grillrestaurants „[X.] Restaurant“ in [X.] verwendet. Denn ein derartiger Markeneinsatz im geschäftlichen Verkehr spricht für das Vorliegen eines eigenen schutzwürdigen Interesses an der Erlangung des Markenschutzes zum Anmeldezeitpunkt und gegen die Absicht, die mit der Eintragung der Marke entstehenden Verbietungsrechte zweckfremd als [X.]el des [X.] einzusetzen. Bei objektiver Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falles liegen daher keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Markenanmeldung nicht in erster Linie zur Förderung der eigenen wirtschaftlichen Betätigung, sondern zur unlauteren Behinderung Dritter dienen sollte (vgl. hierzu [X.], [X.]. 2009, S. 329, Rdnr. 37 – Goldhase; [X.], [X.], 917, Rdnr. 20 – Eros).

5. Die Kostenentscheidung der Markenabteilung des [X.] zu den Kosten des [X.] ist nicht zu beanstanden.

Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung im patentamtlichen Löschungsverfahren ist § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.], wonach das [X.] die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen kann, wenn dies der Billigkeit entspricht. § 63 Abs. 1 Satz 3 [X.] geht im Grundsatz davon aus, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Für ein Abweichen von diesem Grundsatz bedarf es stets besonderer Umstände ([X.] GRUR 1972, 600, 601 – [X.]). Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten [X.] aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht und dadurch dem [X.] vermeidbare Kosten aufbürdet (vgl. [X.] W (pat) 40/12 - mcpeople/[X.]; [X.] 12, 238, 240 - [X.]/[X.]). Dabei ist stets ein strenger Maßstab anzulegen, der dem Umstand Rechnung trägt, dass die Kostentragung aus Billigkeitsgründen nur ausnahmsweise bei einem sorgfaltswidrigen Verhalten in Betracht kommt. Demnach ist auch der Verfahrensausgang in der Hauptsache für sich genommen kein Grund, einem Beteiligten Kosten aufzuerlegen ([X.] GRUR 1972, 600, 601 – [X.]).

Solche besonderen Umstände sind im Löschungsverfahren gegeben, wenn der Markeninhaber trotz einer ersichtlich begründeten Löschungsaufforderung an einer gemäß § 8 [X.] schutzunfähigen Marke festhält und damit den Löschungsantrag provoziert, wenn der Löschungsantrag auf Gründe gestützt wird, für die es weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur auch nur ansatzweise Gründe gibt oder wenn eine [X.]e Markenanmeldung vorliegt.

Keiner der vorgenannten besonderen Umstände ist hier gegeben.

6. Eine Kostenauferlegung gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] kommt aus den gleichen Gründen auch für das Beschwerdeverfahren nicht in Betracht.

Meta

26 W (pat) 64/11

28.04.2016

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.04.2016, Az. 26 W (pat) 64/11 (REWIS RS 2016, 12127)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12127

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

29 W (pat) 41/18

29 W (pat) 548/17

30 W (pat) 534/17

25 W (pat) 509/19

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