Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2015, Az. 2 StR 290/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 17196

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2
StR
290/14

vom
14. Januar 2015
in der Strafsache
gegen

wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 14.
Januar 2015, an
der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Prof. Dr. Fischer,

[X.] am [X.]
Dr. [X.],
Prof. Dr. [X.],
[X.]in am [X.]
Dr. [X.],
[X.] am [X.]
Zeng,

Oberstaatsanwalt beim [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Rechtsanwältin

als Nebenklagevertreterin,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28.
Februar 2014
im
Einzelstrafausspruch zu Fall
II.
5. der Urteilsgründe sowie im [X.] aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen [X.].
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine
andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.
Die weiter gehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen [X.] in fünf Fällen (Fälle
II.
1.
-
4. und 6. der Urteilsgründe) so-wie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern (Fall
II.
5.
der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die dagegen gerichtete und auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1.
Der Schuldspruch hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.
1
2
-
4
-
2.
Der Einzelstrafausspruch zu Fall
II.
5. der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken; im Übrigen weist die Strafzumessung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
a)
Die Zumessung der [X.]n ist rechtsfehlerhaft.
aa)
Die von der [X.] wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern verhängten [X.]n von einem Jahr und sechs Monaten (Fäl-le
II.
1.
-
4. der Urteilsgründe) und einem Jahr (Fall
II.
6.
der Urteilsgründe) be-wegen sich nicht in dem gemäß §
176a Abs.
2 StGB vorgesehenen Strafrah-men von zwei bis 15 Jahren, von dessen Regelwirkung auch die [X.] ausgegangen ist.
bb)
Im Fall
II.
5. der Urteilsgründe, dem ein sexueller Missbrauch eines Kindes zugrunde lag, hat die [X.] eingangs ausgeführt, dass der Straf-rahmen des §
176a Abs.
2 StGB von zwei bis 15 Jahren zugrunde zu legen sei. Abschließend hat sie zwar dargelegt, dass wegen der unter Ziffer
II.
5. festge-stellten Tat von dem Strafrahmen des
§
176 Abs.
1 StGB auszugehen sei, der eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsehe.
Es ist gleichwohl zu besorgen, dass die [X.] bei der Festsetzung der Einzel-strafe zu Fall
II.
5. rechtsfehlerhaft den Strafrahmen des §
176a Abs.
2 StGB zugrunde gelegt oder sich jedenfalls nicht im Klaren darüber war, welcher Straf-rahmen ihr für die Verhängung der [X.] zur Verfügung gestanden hat. Dafür spricht, dass die [X.] auch bei Bemessung der [X.]n in den Fällen
II.
1.
-
4. und II.
6. den von ihr selbst bestimmten Strafrahmen aus dem Auge verloren hat und dass die im
Fall
II.
5.
für den sexuellen Missbrauch verhängte [X.] von vier Jahren in keinem angemessenen Verhältnis zu den in den Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs verhängten Einzelstra-3
4
5
6
-
5
-
fen von einem Jahr und sechs Monaten bzw. einem Jahr steht. Denn während dem Fall
II.
5. die (bloße) Manipulation am Geschlechtsteil des Angeklagten zugrunde lag, betreffen die demgegenüber milder bestraften Fälle
II.
1.
-
4. und II.
6. das Eindringen mit dem Finger bzw. die Vollziehung des [X.], also grundsätzlich schwerere Straftaten. Gleichwohl ist die vergleichsweise hohe Bestrafung im Fall
II.
5. jenseits der in allen Fällen allgemein berücksichtigten strafschärfenden Umstände nicht besonders begründet worden, was aber [X.] gewesen wäre.
b)
Die [X.] hat zwar nach Eingang der Revisionsbegründung, in der insbesondere die rechtsfehlerhafte Strafzumessung im Fall
II.
5. der Urteils-gründe gerügt wird, mit Beschluss vom 28.
Mai 2014 die Urteilsgründe dahin-gehend berichtigt, dass sie in den Fällen
II.
1.
-
4. tatsächlich [X.]n von jeweils zwei (statt einem) Jahren und sechs Monaten, im Fall
II.
5.
eine Einzel-strafe von einem (statt vier) Jahren und im Fall
II.
6. eine solche von vier (statt einem) Jahr verhängt habe. Die nachträgliche Berichtigung der Urteilsgründe ist jedoch unwirksam.
Nach der Rechtsprechung des [X.] dürfen, sobald ein Ur-teil vollständig verkündet worden ist, nur noch offensichtliche Schreibversehen und offensichtliche Unrichtigkeiten berichtigt werden (st. Rspr.;
[X.], Urteil vom 16.
Juni 1953 -
1
StR
508/52, [X.]St 5, 5, 10; Beschluss vom 28.
Mai 1974
-
4 [X.], [X.]St 25, 333, 336). "Offensichtlich"
im Sinne dieser Recht-sprechung sind aber nur solche Fehler, die sich ohne weiteres aus der Urkunde selbst oder aus solchen Tatsachen ergeben, die für alle Verfahrensbeteiligten klar zu Tage treten und auch nur den entfernten Verdacht einer späteren sach-lichen Änderung ausschließen. Es muss -
auch ohne Berichtigung
-
eindeutig erkennbar sein, was das Gericht tatsächlich gewollt und entschieden hat. Bei 7
8
-
6
-
dieser Prüfung ist ein strenger Maßstab anzulegen, um zu verhindern, dass mit einer Berichtigung eine unzulässige Abänderung des Urteils einhergeht ([X.], Urteil vom 3.
Februar 1959
-
1
StR
644/58, [X.]St 12, 374, 376).
Bei Anlegung dieses strengen Maßstabs fehlt es an einer offensicht-lichen Unrichtigkeit der schriftlichen Urteilsgründe. Dass die [X.] in den
Fällen
II.
1.
-
4. tatsächlich [X.]n von zwei Jahren und sechs Monaten und nicht -
wie in den Urteilsgründen niedergelegt
-
von einem Jahr und sechs Monaten verhängen wollte, ergibt sich weder aus der [X.] selbst noch aus sonstigen offenkundigen Tatsachen. Auch die mögliche
Verwechslung der in den Fällen
II.
5. und II.
6. festgesetzten [X.]n drängt sich nicht derart auf, dass die Gefahr einer unzulässigen nachträglichen Abänderung der [X.] auszuschließen wäre.
Die mündliche Urteilsbegründung, auf die
die [X.] für das von ihr tatsächlich Gewollte und Entschiedene in dem Berichtigungsbeschluss [X.] nimmt, wurde im Hinblick auf die [X.]n weder im Hauptverhand-lungsprotokoll festgehalten noch durch einen der Verfahrensbeteiligten bestä-tigt. Sie findet auch keine Stütze in den schriftlichen Urteilsgründen oder in sonstigen Tatsachen, die den Verdacht einer späteren sachlichen Änderung des Urteils ausschließen könnten. Der Zusammenhang der [X.] deutet vielmehr darauf hin, dass die [X.] -
wie ausge-führt
-
bei der Bemessung der [X.]n den jeweiligen Strafrahmen nicht klar vor Augen hatte. Die Strafzumessung lässt ebenso wenig erkennen, dass die [X.] die [X.]n tatsächlich so -
wie es im Berichtigungsbe-schluss ausgeführt wird
-
gewollt und entschieden hat, denn die Höhe der ver-hängten [X.]n wird weder begründet noch finden sich jenseits allgemei-ner Erwägungen Hinweise dafür, dass und aus welchen Gründen die Straf-9
10
-
7
-
kammer die [X.]n unterschiedlich hoch bemessen hat. Es kann daher nicht ohne vernünftigen Zweifel ausgeschlossen werden, dass die [X.] schon bei der Entscheidung über die Festsetzung der [X.]n Verwechs-lungen oder Missverständnissen unterlegen war.
Da nur eine zulässige und damit wirksame Berichtigung geeignet ist, das schriftliche Urteil abzuändern, war nicht zunächst auf eine förmliche Zustellung des [X.] durch das [X.] hinzuwirken. Unzulässige Änderungen sind für das Revisionsgericht unbeachtlich. Sie führen nicht dazu, dass durch Zustellung des [X.] die [X.] erneut in Gang gesetzt würde ([X.], Urteil vom 14.
November 1990
-
3
StR
310/90, NStZ 1991, 195).
c)
Soweit in den Fällen
II.
1.
-
4. und 6. der Urteilsgründe rechtsfehlerhaft unangemessen milde [X.]n von einem Jahr und sechs Monaten bzw. einem Jahr festgesetzt worden sind, ist der Angeklagte nicht beschwert. Im Fall
II.
5.
kann demgegenüber nicht ausgeschlossen
werden, dass die verhäng-te [X.] ohne die aufgezeigten Rechtsfehler milder ausgefallen wäre.
11
12
-
8
-
3.
Die Aufhebung des Einzelstrafausspruchs im Fall
II.
5. zieht die Auf-hebung des [X.]s nach sich.
Fischer

[X.] [X.]

[X.] Zeng
13

Meta

2 StR 290/14

14.01.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2015, Az. 2 StR 290/14 (REWIS RS 2015, 17196)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 17196

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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