Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.03.2011, Az. 24 W (pat) 47/10

24. Senat | REWIS RS 2011, 8447

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "SOFT LINE/SOFTLAN" - Warenähnlichkeit von Körperpflegemitteln und Wäscheweichspülmitteln - Prägung durch kennzeichnungsschwachen Bestandteil - klangliche Verwechslungsgefahr - Zulassung der Rechtsbeschwerde


Leitsatz

SOFT LINE/SOFTLAN

1. Körperpflegemittel und Wäscheweichspülmittel weisen Berührungspunkte auf  - und sind deshalb (noch) als ähnlich anzusehen  -, weil letztere nicht nur der Pflege und Erhaltung der Wäsche dienen, sondern auch den zusätzlichen Zweck erfüllen können, die Oberflächenstruktur der Wäsche für das Tragen auf der Haut angenehm zu gestalten (vgl. bereits BPatG, Beschl. vom 27.4.1999, 24 W (pat) 206/97 - Softan/SOFTLAN).

2. Wird in der angegriffenen jüngeren Marke ein kennzeichnungsschwacher (oder gar schutzunfähiger) Bestandteil markenmäßig herausgestellt, so kann er den Gesamteindruck dieser Marke prägen und eine Verwechslungsgefahr mit einer zumindest durchschnittlich kennzeichnungskräftigen älteren Marke begründen (im Anschluss an BGH GRUR 1998, 930 - Fläminger; BPatGE 51, 261 -  printnet/PRINECT).

3. Die Bezeichnungen „SOFT LINE“ und „SOFTLAN“ sind sich phonetisch hochgradig ähnlich, wobei die Annäherung (nur) in dieser einen Wahrnehmungsrichtung bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen (Warenähnlichkeit, normaler Schutzumfang der Widerspruchsmarke) für die Annahme von Verwechslungsgefahr ausreicht (vgl. BGH GRUR 2008, 803 - HEITEC; GRUR 2008, 903 - SIERRA ANTIGUO; BPatGE 52, 50 - Xxero/Zero).

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 846 738

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Paetzold

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 des [X.] vom 14. Dezember 2007 und vom 27. Oktober 2009 aufgehoben.

 Der [X.] 846 738 wird wegen des Widerspruchs aus der Marke [X.] 883 die Schutzerstreckung für das Hoheitsgebiet der [X.] verweigert.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die - zunächst für ein [X.] Unternehmen - unter der Nr. 846 738 am 30. November 2004 für die Waren

2

„3: Shampoos, soaps, cosmetics“

3

international registrierte Marke

Abbildung

4

(farbig; Ursprungsland Polen)

5

erstrebt Schutz in der [X.] nach dem Madrider Markenabkommen.

6

Widerspruch erhoben ist aus der Marke [X.] 883 (angemeldet am 18. März 1975 und eingetragen am 13. Juni 1975)

7

[X.]LAN

8

die für die Waren

9

„Wasch- und Bleichmittel, Spül- und Aufhellungsmittel für Wäsche, [X.]“

eingetragen ist.

Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2006, der beim [X.] ([X.]) am selben Tag eingegangen ist, hat die Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestritten. [X.] hat Unterlagen zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung vorgelegt, u. a. die eidesstattliche Versicherung eines [X.] der [X.] vom 31. August 2006 mit [X.] für „[X.]“ in den Jahren 2001 bis 2005. Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2006, beim [X.] am selben Tag eingegangen, hat die Markeninhaberin ihre Nichtbenutzungseinrede aufrechterhalten und gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] zusätzlich bestritten, dass die Widerspruchsmarke für die eingetragenen Waren innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch benutzt worden ist.

Seitens der Markenstelle für Klasse 3 des [X.] ist der Widerspruch in einem ersten Beschluss vom 14. Dezember 2007 wegen fehlender [X.] zurückgewiesen worden. Eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke sei für „Weichspülmittel“ ausreichend glaubhaft gemacht worden. Diese seien mit den Waren der [X.] - in unterschiedlichem Grade - ähnlich. Der Widerspruchsmarke komme normale Kennzeichnungskraft zu. Jedoch liege keine Zeichenähnlichkeit vor. Der dem Verkehr in der Bedeutung „weiche, sanfte (Produkt-)Linie“ ohne weiteres verständliche und für sämtliche beanspruchten Waren beschreibende Begriff „[X.]“ der jüngeren Marke könne der Widerspruchsmarke nicht selbständig kollisionsbegründend gegenübergestellt werden.

[X.] hat Erinnerung eingelegt und weitere Unterlagen zur Glaubhaftmachung einer Benutzung der Widerspruchsmarke, u. a. eine zweite eidesstattliche Versicherung desselben [X.] vom 18. April 2008 mit [X.] für „[X.]“ in den Jahren 2002 bis 2007 vorgelegt.

Am 20. Juni 2008 ist die Übertragung der um Schutz nachsuchenden Marke auf die „[X.]“ in M… im inter- nationalen Register vermerkt worden. Diese ist in das Verfahren eingetreten.

Die Erinnerung ist in einem zweiten Beschluss der Markenstelle vom 27. Oktober 2009 zurückgewiesen worden. Die Erinnerungsprüferin - eine Beamtin des höheren Dienstes - geht zwar von einem erhöhten Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus, ist aber ebenfalls der Auffassung, der in der jüngeren Marke größenmäßig dominante Wortbestandteil „[X.]“ könne seiner beschreibenden Bedeutung wegen der Widerspruchsmarke nicht selbständig gegenübergestellt werden; ein Ausnahmefall liege nicht vor.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Die Widerspruchsmarke, der ein erhöhter Schutzumfang zukomme, werde noch immer umfangreich benutzt und beworben. Sowohl Körperpflegeprodukte als auch Waschmittel (einschließlich [X.]) fänden sich in den Herstellungsprogrammen einer Reihe von Unternehmen. Die angegriffene [X.] werde im Gesamteindruck vom Wortbestandteil „[X.] LINE“ geprägt, der mit „[X.]LAN“ annähernd identisch sei und dem, unbeschadet seiner beschreibenden Bedeutung, eine selbständig kollisionsbegründende Wirkung zukomme.

Der Senat hat zur mündlichen Verhandlung geladen und in einem Zusatz die Widersprechende zur Klarstellung aufgefordert, welches Unternehmen die Widerspruchsmarke in [X.] benutzt und in welchem Verhältnis dieses zur Widersprechenden steht.

[X.] hat unter Bezugnahme auf den von ihr auszugsweise in Kopie vorgelegten (englischsprachigen) Jahresbericht der „[X.]“ für 2008 vorgetragen, die Widerspruchsmarke werde in [X.] von der „[X.]“, einer 100%igen Tochtergesellschaft der „[X.]“, benutzt; letztere wiederum sei eine Tochtergesellschaft der in [X.] ansässigen Widersprechenden.

In der mündlichen Verhandlung am 22. März 2011 hat die Widersprechende ein undatiertes Werbeblatt eingereicht und den Antrag gestellt,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 des [X.]s vom 14. Dezember 2007 und vom 27. Oktober 2009 aufzuheben und der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke [X.] 883 die Schutzerstreckung für das Hoheitsgebiet der [X.] zu verweigern.

Die Markeninhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert und auch an der mündlichen Verhandlung - gemäß vorheriger Ankündigung - nicht teilgenommen.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig und begründet. Der [X.] 846 738 ist der Schutz in der [X.] für sämtliche registrierten Waren zu verweigern (§ 114 Abs. 3 i. V. m. § 43 Abs. 2 Satz 1 [X.]).

1. [X.] hat eine (rechtserhaltende) Benutzung der Widerspruchsmarke, welche die (damalige) Markeninhaberin im patentamtlichen Verfahren in zulässiger Weise bestritten hatte - die sog. [X.] war seit langer Zeit abgelaufen -, glaubhaft gemacht. Bei der - rechtlich gebotenen - zusammenfassenden Betrachtung sämtlicher vorgelegten Glaubhaftmachungsmittel und der sonstigen Angaben zur Benutzung (im Lauf des [X.] zwei eidesstattliche Versicherungen mit ergänzenden Unterlagen zur tatsächlichen Form der Benutzung; im Beschwerdeverfahren Klarstellung zum Verhältnis des benutzenden Unternehmens zu Widersprechenden) spricht die überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Widerspruchsmarke in den beiden nach § 43 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 114 Abs. 1 [X.] maßgeblichen Benutzungszeiträumen (Juni 2000 bis Juni 2005 und März 2006 bis März 2011) für „[X.]“, die mit dem registrierten Warenbegriff „[X.]“ übereinstimmen, in einem ausreichenden Maße benutzt worden ist.

Was die Benutzung im Inland (§ 26 Abs. 1 [X.]) und die funktionsgerechte Art der Verwendung (auf den Produktbehältnissen und Verpackungen) anbetrifft, ergeben sich keine Zweifelsfragen. Es kann nach den zuletzt erfolgten Klarstellungen auch nicht ernsthaft in Frage gestellt werden, dass die inländische Benutzung durch das [X.] Tochterunternehmen „[X.]“ mit Zustimmung der Widersprechenden erfolgt und somit dieser zuzurechnen ist (§ 26 Abs. 2 [X.]).

Die Angaben in den beiden vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen des [X.] der „[X.]“, bei dem davon auszugehen ist, dass er mit den tatsächlichen Benutzungsverhältnissen vertraut ist, beziehen sich auf die Jahre 2001 bis 2007. Somit wird der weitaus größte Teil des ersten Benutzungszeitraums und ein (noch) ausreichender Teil des zweiten Benutzungszeitraums abgedeckt. Auch die genannten - beträchtlichen - Jahresumsätze, selbst wenn diese zuletzt eine leicht fallende Tendenz aufweisen, lassen keinen Zweifel an einer kontinuierlichen und vom Umfang her ernsthaften Benutzung aufkommen.

Die durch die ergänzenden Glaubhaftmachungsunterlagen belegte Form der Benutzung - anstelle der registrierten Schreibweise in Großbuchstaben in einer besonderen, aber ohne weiteres lesbaren Normalschrift in leichter Schrägstellung (z. T. mit beschreibenden bzw. bewerbenden Zusätzen wie „ultra“, „Weich und Mild“, „Frühlingsfrisch“, „[X.]“, „[X.]“ usw.) - lässt den kennzeichnenden Charakter der eingetragenen Marke unberührt (§ 26 Abs. 3 Satz 1 [X.]).

2. Entgegen der Auffassung der Markenstelle unterliegen die sich gegenüberstehenden Marken der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 107, § 112, § 114 [X.] (wobei § 42 Abs. 2 Nr. 1 hier noch in der alten, bis zum 30. September 2009 gültigen Fassung anzuwenden ist; vgl. § 165 Abs. 2 [X.] n. F. in entsprechender Anwendung).

Ob [X.] im Sinne dieser Vorschriften vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren und der bei der Auswahl zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. [X.] GRUR 1998, 387 - Sabèl/[X.]; [X.], 343, Nr. 48 - [X.]; BGH [X.], 903, Nr. 10 - [X.]; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren siehe auch [X.] in: [X.]/ [X.], [X.], 9. Aufl., § 9 Rdn. 32, 33).

a) Die gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] auf Seiten der Widersprechenden zu berücksichtigenden Waren „[X.]“ bzw. „[X.]“ sind mit sämtlichen für die [X.] registrierten Erzeugnissen (noch) ähnlich.

Ob diese Beurteilung bezüglich „soaps“ (= Seifen) schon deshalb gilt, weil diese ebenso wie [X.] einem einheitlichen Wasch-, Putz- und Reinigungsmittelmarkt angehören (wie der Senat in seinem Beschluss vom 10. Januar 2004, 24 W (pat) 121/02, [X.] 2004, 497 - [X.]/Rilan, dargelegt hat), kann dahingestellt bleiben. Denn bereits in seinem Beschluss vom 27. April 1999 (24 W (pat) 206/97 - Softan/[X.]LAN) ist der Senat davon ausgegangen, dass [X.] Berührungspunkte zu Körperpflegemitteln haben. [X.] dienen nicht nur zur Pflege und Erhaltung der Wäsche; vielmehr können sie den zusätzlichen Zweck erfüllen, die Oberflächenstruktur der Wäsche für das Tragen auf der Haut angenehm zu gestalten. Der Gesichtspunkt der Hautverträglichkeit ist hier ebenso wie im Bereich der Körperpflegeprodukte von Bedeutung. Somit ist vorliegend ein - wenn auch eher geringer - Grad an Ähnlichkeit von [X.]n zu „Shampoos, soaps“ und auch zu „cosmetics“ - unter letzteren Begriff fallen nicht nur dekorative, sondern auch der Körperpflege dienende Kosmetikprodukte - vorhanden.

b) Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen. Das schließt es indessen nicht aus, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und deshalb eine rechtlich relevante [X.] begründen können (st. Rspr.; vgl. z. B. [X.], 772, Nr. 57 - [X.], m. w. Nachw.).

Vorliegend wird die jüngere Marke durch die größenmäßig hervortretende, zweizeilig angeordnete Wortfolge „[X.] LINE“ geprägt. Von den darunter stehenden Wörtern sind „[X.]“ - auch in dieser Schreibweise - ersichtlich warenbeschreibend (ebenso wie die unten stehende Angabe „Ph 5,5“). Die - offensichtlich polnischsprachigen - Wörter der vorletzten Zeile sind ihrer geringen Größe wegen kaum lesbar und für [X.] Konsumenten, auf die im vorliegenden Fall, in dem es um die Schutzerstreckung der [X.] auf [X.] geht, ausschließlich abzustellen ist, unabhängig von ihrem Sinngehalt nicht für eine Benennung geeignet (ebenso wenig wie die bildlichen Elemente der [X.]).

Die Wortfolge „[X.] LINE“ tritt klanglich, bei naheliegender englischsprachiger Artikulation, in gleicher Weise wie „[X.]“ in Erscheinung; die zweizeilige Anordnung hat keine nennenswerte Auswirkung auf die Aussprache. Die Bezeichnungen „[X.]“ und „[X.]LAN“ sind sich klanglich hochgradig ähnlich, und zwar unabhängig davon, ob die Betonung stärker auf den jeweiligen ersten oder zweiten Silben liegt. Fälle des Sich-Verhörens lassen sich nicht sicher ausschließen.

Dass die dominante Wortfolge „[X.] LINE“ innerhalb der [X.] an sich warenbeschreibend ist (zumindest aber einen beschreibenden Anklang aufweist), kann deren Inhaberin vorliegend nicht zugute kommen. Denn es ist keineswegs ausgeschlossen, einem kennzeichnungsschwachen - oder gar schutzunfähigen - Element in der jüngeren Marke (anders als in der älteren Marke) eine prägende Stellung zuzumessen, wenn gerade dieser Bestandteil - wie hier „[X.] LINE“ - durch die Gestaltung der Gesamtmarke dem Verkehr als das dominierende Element nahegebracht wird (vgl. [X.], 930, 931 f. - Fläminger; [X.] 51, 261, 270 - printnet/PRINECT). Auf die Freihaltebedürftigkeit einer beschreibenden Angabe kann sich derjenige nicht berufen, der - wie hier die Inhaberin der [X.] - eine solche selbst kennzeichenmäßig verwendet ([X.], 930, 931 f. - Fläminger; [X.], 542, 543 - [X.]; vgl. auch [X.] in: [X.]/[X.], a. a. O., § 9 Rdn. 257). Vielmehr ist von [X.] auszugehen, wenn durch die dominante markenmäßige Herausstellung eines kennzeichnungsschwachen (oder schutzunfähigen) Bestandteils eine Kollision mit einer zumindest durchschnittlich kennzeichnungskräftigen älteren Marke herbeigeführt wird (wie im Fall [X.], 930 - Fläminger).

c) Über einen derartigen, mindestens normalen Schutzumfang verfügt die Widerspruchsmarke „[X.]LAN“.

Zwar mag deren Kennzeichnungskraft von Haus aus, d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung, eher schwach sein, weil - bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise (vgl. [X.] in: [X.]/[X.], a. a. O., § 9 Rdn. 103) - die Einzelteile „[X.]“ (englisch = weich) und „LAN“ (Verkürzung der in [X.] Sprachen gebräuchlichen Bezeichnungen „lana“ und [X.]“ für Wolle) einen beschreibenden Anklang enthalten, der auch in der [X.] nicht untergeht; auf die Frage, ob [X.] Durchschnittsverbraucher diese offensichtlich gewollte Anspielung auf die Wirkungsweise der so gekennzeichneten Produkte in jedem Fall erkennen, kommt es nicht an.

Jedoch hat die Widersprechende durch die von ihr vorgelegten (ergänzenden) Unterlagen zur Benutzung ihrer Marke - selbst soweit diese nicht durchweg erkennen lassen, wann sie erschienen sind bzw. auf welchen Zeitraum sie sich beziehen - in einem ausreichenden Maße dargelegt und glaubhaft gemacht, dass es sich bei der Marke „[X.]LAN“ um eine für „[X.]“, jedenfalls im Zeitpunkt der Kollision (d. h. bei Anmeldung der jüngeren Marke) und wohl auch gegenwärtig noch, gut benutzte und im Verkehr bekannte Marke handelt. Von daher hält es der Senat für gerechtfertigt, der Widerspruchsmarke einen mindestens durchschnittlichen Schutzumfang zuzubilligen.

d) Die Aufmerksamkeit des Publikums bei Auswahl und Erwerb von Waren der vorliegenden Art wird nicht einheitlich sein; bei - teils auch preislich gehobenen - kosmetischen Produkten, bei denen die Kundinnen im Allgemeinen markenbewusst sind, eher höher, bei sonstigen, häufig niedrigpreisigen Körperpflegemitteln, um die es vorliegend auf Seiten der jüngeren Marke überwiegend geht (wie Haarshampoo, Seifen, pflegende Kosmetik) ebenso wie bei „[X.]“ dagegen nicht besonders hoch. Von durchweg großer Aufmerksamkeit der beteiligten breiten Verkehrskreise kann jedenfalls nicht ausgegangen werden.

e) Die Gesamtabwägung von noch vorhandener, wenn auch entfernter [X.], mindestens durchschnittlichem Schutzumfang der Widerspruchsmarke, hoher (klanglicher) Zeichenähnlichkeit und im Allgemeinen eher geringer Aufmerksamkeit des Verkehrs ergibt, dass vom Bestehen der Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung der sich gegenüberstehenden Marken auszugehen ist. Dabei ist Grundlage der Entscheidung des Senats, dass - herkömmlicher [X.]r Auffassung und ständiger Praxis entsprechend - bereits eine Annäherung der Marken in einer Wahrnehmungsrichtung, d. h. hier in phonetischer, ausreicht, um eine [X.] zu bejahen (st. Rspr. des [X.]; z. B. [X.], 803, Nr. 21 - [X.]; [X.], 903 Nr. 17 - [X.]; BPatG GRUR 2010, 78 - [X.]/Zero).

3. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 83 Abs. 2 [X.] im Interesse einer Fortbildung des Rechts zugelassen.

4. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gemäß § 71 Abs. 1 [X.]) besteht kein Anlass.

Meta

24 W (pat) 47/10

22.03.2011

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.03.2011, Az. 24 W (pat) 47/10 (REWIS RS 2011, 8447)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8447

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

30 W (pat) 86/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "COMPASSOFT (IR-Marke)/comma soft (Wort-Bild-Marke)" – zur rechtserhaltenden Benutzung – Benennung von Mindestumsätzen reicht …


30 W (pat) 30/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Wolke Sieben (Wort-Bild-Marke)/Wolke 7" – ausgeprägte Kennzeichnungsschwäche – mögliche Dienstleistungsidentität – starke klangliche …


24 W (pat) 31/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Con4Soft/CONSOFT (Wort-Bild-Marke)" – Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit und -identität – zur Kennzeichnungskraft – keine …


25 W (pat) 29/09 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Ice-Gums/SOFT ICE GUMS" – unterstellte rechtserhaltende Benutzung – möglich Warenidentität – zur Kennzeichnungskraft …


24 W (pat) 66/08 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "PEROTEX/PEROX" – zur rechtserhaltenden Benutzung – keine Veränderung des kennzeichnenden Charakters – zur …


Referenzen
Wird zitiert von

30 W (pat) 96/11

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.