Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.09.2017, Az. V ZR 103/16

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4516

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:290917UVZR103.16.0

BUN[X.]SGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
V ZR
103/16
Verkündet am:

29. September 2017

Rinke

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 167; GKG § 12 Abs. 1
a)
[X.] ist in der Regel eine Erledigungsfrist von einer Woche zur Einzah-lung des angeforderten [X.] zuzugestehen.
b)
Auch wenn die Gerichtskostenvorschussrechnung dem Anwalt verfahrensfeh-lerfrei zur Vermittlung der Zahlung zugesandt wurde, ist der für die Prüfung der Kostenanforderung und deren Weiterleitung an die [X.] erforderliche [X.] dieser nicht als Zustellungsverzögerung anzulasten (Fortführung von [X.], Urteil vom 10.
Juli 2015 -
V [X.], NJW
2015, 2666).
[X.], Urteil vom 29. September 2017 -
V [X.] -
LG [X.] am Main

[X.]

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 29.
September 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und [X.], [X.]
Göbel und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Kläger wird der Beschluss des [X.]s [X.] am Main, 13. Zivilkammer, vom 14. März 2016 aufge-hoben.

Die Sache wird zur Verhandlung und neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die [X.]en bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Wohnungseigentümerversammlung vom 26. Februar 2015 wurden mehrere Beschlüsse gefasst, u.a. zur Haussanierung. Mit der am 11. März 2015 bei dem Amtsgericht eingegangenen
Anfechtungsklage wenden sich die Kläger gegen diese Beschlüsse. Die Gerichtskostenvorschussrechnung in Höhe von 4.518

ist der
Prozessbevollmächtigten der Kläger am 24. März 2015 zugegangen. Der 1
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-
Vorschuss ist am 23. April 2015 bei der Justizkasse eingegangen
und die Klage am
29. April 2015 den Beklagten zugestellt worden.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Be-rufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Kläger mit der von dem [X.] zugelassenen Revision. Die [X.] beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts haben die Kläger die einmonatige Klageerhebungsfrist
nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG versäumt. Etwas anderes worden, weil der Vorschuss verspätet eingezahlt worden sei. Auch wenn der Zeitraum zwischen der Einreichung der Klage und dem Ablauf der Klageerhe-bungsfrist am 26.
März 2015 sowie das Wochenende vom 28./29. März 2015 unberücksichtigt blieben, stelle die Dauer der Zahlung von 28 Tagen eine er-hebliche Verzögerung dar. Unter Berücksichtigung der kurzen [X.] von einem Tag (§ 675s BGB) hätte es binnen einer Woche möglich sein müssen, den Vorschuss zu zahlen. Dieser Zeitraum sei nicht deshalb zu verlängern, weil die Vorschussforderung an die Prozessbevollmächtigte der Kläger und nicht an diese selbst übersandt worden sei. Das sei nicht verfah-rensfehlerhaft gewesen. Eine § 31 Abs. 1, §
32 Abs. 2 KostVfg Berlin aF ent-sprechende Regelung habe es im Jahr
2015 in [X.] nicht gegeben.

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II.

Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Prü-fung nicht stand. Die Kläger haben die materielle Klageerhebungsfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG gewahrt. Es ist auf den Eingang der Klageschrift bei Gericht abzustellen, da die Klage demnächst im Sinne von § 167 ZPO zugestellt [X.] ist.

1. Im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht aller-die der [X.] zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rah-men halten. Dabei wird eine Zustellungsverzögerung von bis zu 14 Tagen re-gelmäßig hingenommen, um eine Überforderung des [X.] sicher [X.] (vgl. nur [X.], Urteil vom 12. Januar 1996 -
V [X.], NJW 1996, 1060, 1061
-
insoweit nicht in [X.]Z
131, 376 abgedruckt;
[X.], Urteil vom 10. Februar 2011 -
VII ZR 185/07, NJW 2011, 1227 Rn. 8). Dies gilt für sämtliche Fallgruppen, so dass auch für die Einzahlung des [X.] (§ 12 Abs. 1 GKG) bei der Berechnung der noch hinnehmbaren [X.] von 14 Tagen nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, son-dern darauf abgestellt wird, um wie viele Tage sich der ohnehin erforderliche Zeitraum
infolge der Nachlässigkeit des [X.] verzögert hat ([X.], Urteil vom 10. Juli 2015 -
V [X.], NJW 2015, 2666 Rn. 6; Versäumnisurteil vom 25. September 2015 -
V [X.], [X.], 568 Rn.
9; [X.], Urteil vom 10. Februar 2011 -
VII ZR 185/07, NJW 2011, 1227 Rn.
8).

2. Zutreffend lässt
das Berufungsgericht für die Frage, ob die Zustellung demnächst erwirkt worden ist, den Zeitraum von der Einreichung der Klage bis 4
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zum Ablauf der Klageerhebungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG am 26.
März
2015 unberücksichtigt.
Wenn eine Klage -
wie hier -
bereits vor Ablauf einer durch Zustellung zu wahrenden Frist eingereicht worden ist, die Zustel-lung der Klage aber erst nach Ablauf der Frist erfolgt ist, sind bis zum Fristab-lauf eingetretene Versäumnisse nicht in
den Zeitraum der hinnehmbaren [X.] von 14 Tagen
miteinzurechnen (vgl. [X.], Versäumnisurteil vom 25.
September 2015 -
V [X.], [X.], 568 Rn. 11; [X.], Urteil vom 16. Dezember 1987 -
VIII ZR 4/87, [X.]Z 103, 20, 30; Urteil vom 15.
Januar
1992
-
IV ZR 13/91, NJW-RR 1992, 470, 471).

3. Entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts
liegt jedoch
eine den Klägern vorwerfbare Verzögerung von mehr als 14 Tagen
nicht
vor.

a) Nicht zu beanstanden ist
allerdings, dass es den Klägern eine Woche zur Erledigung der Zahlung zugebilligt hat.

Eine [X.] muss den angeforderten [X.] (§ 12 Abs. 1 GKG) innerhalb eines angemessenen Zeitraums einzahlen. Die Auffas-sung des II. Zivilsenats, ihr sei dafür eine Erledigungsfrist von
bis
zu drei Werk-tage zuzugestehen (Urteil vom 25. Oktober 2016 -
[X.], [X.], 294 Rn. 25), teilt der [X.] nicht. Die [X.] muss nicht zwingend an
demselben
Tag tätig werden, an dem bei ihr die Anforderung eingeht. Bei der Bemessung der Frist, innerhalb der die Zahlung zu erfolgen hat, ist zudem
nicht nur auf den für die Überweisung durch die Bank erforderlichen
Zeitraum (§
675s Abs. 1 Satz 1 u. 3 BGB) abzustellen. Es ist vielmehr
auch
die
Zeitspanne zu berück-sichtigen, die die [X.] im Normalfall benötigt, um für eine ausreichende [X.] des Kontos zu sorgen und die Überweisung zu veranlassen. Der [X.] ist
deshalb
in der Regel eine Erledigungsfrist von einer Woche zur Einzahlung 7
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-
6
-
des angeforderten [X.] zuzugestehen. Die Frist
kann sich nach Umständen des Einzelfalls angemessen verlängern, etwa wenn -
wie hier -
der Kostenvorschuss eine beträchtliche Höhe hat (vgl. [X.], Urteil vom 3.
September 2015 -
III ZR 66/14, NJW 2015, 3101 Rn. 19: mehrere Tage) bzw. es mehrere Kostenschuldner gibt und eine interne Abstimmung über die [X.] erforderlich ist. Danach beträgt
sie hier
für die Kläger jedenfalls eine [X.].

Anlass für eine Vorlage an den [X.] für Zivilsachen gemäß §
132 [X.] besteht nicht, weil die Annahme des II. Zivilsenat in dem Urteil vom 25. Oktober 2016 ([X.], [X.], 294
Rn.
25),
die
Erledigungsfrist zur Einzahlung des Kostenvorschusses betrage bis zu
drei Werktage, nicht ent-scheidungserheblich war.
Bei fehlender Entscheidungserheblichkeit ist eine Vorlage an den [X.] für Zivilsachen nicht zulässig (vgl.
[X.], [X.] vom 27. März 2003 -
V [X.], [X.]Z 154, 288, 299 mwN).

b) Rechtsfehlerhaft rechnet das
Berufungsgericht aber die für die Kennt-nisnahme, Bearbeitung und Weiterleitung der Gerichtskostenvorschussrech-nung durch die Prozessbevollmächtigte erforderliche Zeit den Klägern als vor-werfbare Verzögerung zu.

aa) Die Zusendung der Gerichtskostenvorschussrechnung an die Pro-zessbevollmächtigte der Kläger war, wie das Berufungsgericht insoweit zutref-fend erkennt, verfahrensfehlerfrei. Das ergibt sich aus der Vorschrift des § 26 Abs. 6 KostVfg
[X.] vom 16. April 2014 ([X.]. 2014, [X.]), die mit der entsprechenden Regelung der Kostenverfügung des [X.] vom 6. März 2014 ([X.]anzeiger, Beilage 1 vom 7. April 2014 i.d.[X.] vom 10. August 2015, [X.]anzeiger, Beilage 1 vom 25. August 2015) übereinstimmt. Danach soll, sofern der Zahlungspflichtige u.a. von einem Prozessbevollmächtigten vertreten 10
11
12
-
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-
wird, die Kostenanforderung grundsätzlich diesem zur Vermittlung der Zahlung zugesandt werden.

bb) Auch wenn die Gerichtskostenvorschussrechnung dem Anwalt
ver-fahrensfehlerfrei zur Vermittlung der Zahlung zugesandt wurde, ist der für die Prüfung der Kostenanforderung und deren Weiterleitung an die [X.] erforder-liche Zeitaufwand dieser nicht als Zustellungsverzögerung anzulasten.

Zwar hat der [X.] entschieden, dass dann, wenn der Kostenvorschuss unter Missachtung einer landesgesetzlichen Sonderregelung und damit verfah-renswidrig nicht von der [X.] selbst, sondern über deren Anwalt angefordert worden ist, die damit einhergehende Verzögerung nicht der [X.] zuzurechnen (Urteil vom 10. Juli 2015 -
V [X.], NJW 2015, 2666 Rn. 8 zu § 31 Abs. 1, § 32 Abs. 2 KostVfg Berlin aF; Urteil vom 3. Februar 2012 -
V [X.], NJW-RR 2012, 527 Rn. 11 zu § 31 Abs. 1, § 32 Abs. 2 KostVfg NRW aF). Tragend dafür war
aber nicht der Verfahrensfehler, sondern der Umstand, dass die [X.] erst tätig werden muss, wenn die Gerichtskostenvorschussrechnung bei ihr eingeht. Das muss sie auch dann erst, wenn
die Zusendung der Gerichtskos-tenvorschussrechnung
verfahrensfehlerfrei an ihren
Prozessbevollmächtigten erfolgt ist. Richtig ist zwar, dass die [X.] sich dessen
Wissen zurechnen [X.] muss (vgl. [X.],
Urteil vom 16. Dezember 1959 -
IV ZR 206/59, [X.]Z 31, 351, 354; Beschluss vom 11. Mai 2006 -
IX ZR 171/03, [X.], 1029 Rn.
2; Beschluss vom 16. November 2016 -
VII ZR 277/14, [X.] 2017, 147 Rn.
6). Der Prozessbevollmächtigte, dem die Gerichtskostenvorschussrech-nung zugesandt wird, ist aber nur Zahlungsvermittler. Er muss die [X.] entgegennehmen, prüfen und an die [X.] zur Unterrichtung [X.]. Der dafür erforderliche Zeitraum ist im Allgemeinen mit drei Werktagen zu veranschlagen
(vgl. [X.], Beschluss vom 10. Juli 2015 -
V [X.], 13
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8
-
NJW
2015, 2666 Rn. 8). Er führt nicht zu einer
der [X.] zuzurechnenden
[X.], sondern zählt zum
normalen
Ablauf.

c) Danach überschreitet
die den Klägern zuzurechnende Zustellungsver-zögerung den Zeitraum von 14 Tagen nicht. Der mit drei Tagen zu veranschla-gende Zeitraum für die Prüfung und
Weiterleitung der Gerichtskostenvorschuss-rechnung durch den Prozessbevollmächtigten begann wegen der am 26. März 2015 abgelaufenen Klageerhebungsfrist am 27. März 2015 (Freitag) und
endete am 31. März 2015 (Dienstag). Danach wäre eine Einzahlung bzw. Überweisung spätestens am 7. April 2015 zu erwarten gewesen. Es ist aber in Rechnung zu stellen, dass von einer auf die Wahrung ihrer prozessualen Obliegenheiten be-dachten [X.] nicht verlangt werden kann, an Feiertagen für die Einzahlung des Kostenvorschusses Sorge zu tragen ([X.], Urteil vom 10. Juli 2015

V
ZR
154/14, NJW 2015, 2666 Rn. 9; Urteil vom 3.
September 2015

III
ZR
66/14, NJW 2015, 3101 Rn. 19). Daher sind, was das Berufungsgericht übersehen hat, die [X.] vom 3. April 2015 ([X.]) und vom 6.
April 2015 ([X.]) bei der Ermittlung
des für die Einzahlung des [X.] ohnehin erforderlichen Zeitraums herauszurechnen. Danach
war die Einzahlung bzw. Überweisung frühestens am 9. April 2015 zu erwarten. [X.] haben die Kläger den Kostenvorschusses am 23. April 2015 und damit noch innerhalb von 14
Tagen nach diesem Zeitpunkt gezahlt.

III.

Nach allem unterliegt der Beschluss des Berufungsgerichts
der Aufhe-bung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuver-15
16
-
9
-
weisen, damit die für eine Endentscheidung notwendigen Feststellungen getrof-fen werden können (§
563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner

Göbel Haberkamp

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.08.2015 -
91 [X.] 1131/15 (78) -

LG [X.] am Main, Entscheidung vom 14.03.2016 -
2-13 S 158/15 -

Meta

V ZR 103/16

29.09.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.09.2017, Az. V ZR 103/16 (REWIS RS 2017, 4516)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4516

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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