Bundessozialgericht, Beschluss vom 14.11.2013, Az. B 9 V 33/13 B

9. Senat | REWIS RS 2013, 1136

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensmangel - Amtsermittlungsgrundsatz - Übergehen eines Beweisantrags - soziales Entschädigungsrecht - Impfschaden - ursächlicher Zusammenhang - Auskunft des Paul-Ehrlich-Instituts - Einwände - Aktualität - Zurückverweisung


Tenor

Auf die Beschwerde des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 10. April 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Mit Urteil vom 10.4.2013 hat das [X.] ([X.]) einen Anspruch des [X.] auf Leistungen nach dem [X.] wegen geltend gemachter Folgen von am 12.7.1995 und 15.10.1996 durchgeführter Schutzimpfungen verneint, weil nicht festgestellt werden könne, dass der Kläger bei den Impfungen eine gesundheitliche Schädigung im Sinne einer unüblichen Impfreaktion erlitten habe, die zu einem globalen Entwicklungsrückstand als Impfschaden geführt habe. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim [X.] (BSG) Beschwerde eingelegt, die er mit dem Vorliegen aller drei in § 160 Abs 2 SGG genannter Zulassungsgründe (grundsätzliche Bedeutung, Divergenz, Verfahrensmangel) begründet.

2

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] ist zulässig. Der von ihm gerügte Verfahrensmangel einer Verletzung der richterlichen Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) durch das [X.] ist iS des § 160a Abs 2 [X.] SGG hinreichend bezeichnet.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist insoweit auch begründet. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt vor, denn das [X.] ist dem Beweisantrag des [X.] auf Einholung eines immunologisch/toxikologischen Gutachtens zur Frage, dass der [X.] mit [X.] des [X.] - insbesondere die reduzierte Gewichtszunahme von 20 bis 30 g pro Woche und die fehlende Kontaktaufnahme des [X.] - wahrscheinlich durch den Impfzusatzstoff Aluminiumhydroxid verursacht wurde, ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt (§ 160 Abs 2 [X.] SGG). Ohne hinreichende Begründung bedeutet ohne hinreichenden Grund. Die Rüge ist begründet, wenn das [X.] sich hätte gedrängt fühlen müssen, den beantragten Beweis zu erheben ([X.] § 160 [X.], 49). Das ist hier der Fall.

4

Das [X.] hat seine Entscheidung maßgebend auf das von ihm selbst eingeholte Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendheilkunde Prof. Dr. Dr. V. gestützt und zur Begründung der Ablehnung des auf den Nachweis der Schädlichkeit des [X.] Aluminiumhydroxid gerichteten Beweisantrages des [X.] ausgeführt, dass es aufgrund der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung, wie sie sich aus der eingeholten Auskunft des [X.] ergebe, nicht von einem Zusammenhang körperlicher Reaktionen auf die Impfung des [X.] ausgehe (Seite 17 Urteilsumdruck). Den Inhalt der genannten, von Prof. Dr. C. erteilten Auskunft - vom 8.10.2008 - hat das [X.] auf Seite 8 des Urteilsumdrucks als solche inhaltlich zusammengefasst wiedergegeben. Ihr gegenüber hatte der Kläger mit Schriftsatz vom 27.12.2008 an das [X.] insbesondere geltend gemacht, sie entspreche nicht dem aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand und beruhe im Übrigen auf methodischen Unzulänglichkeiten der in Bezug genommenen Studien.

5

Diesen nach Dafürhalten des erkennenden Senats beachtlichen Einwänden ist das [X.] nicht nachgegangen und hat insbesondere das [X.] (Prof. Dr. C.) nicht dazu ergänzend befragt. Zudem datiert die Auskunft des [X.], sodass allein angesichts des bis zum Erlass des angefochtenen Urteils am 10.4.2013 abgelaufenen Zeitraums Anlass bestand, deren Aktualität zu überprüfen. Bei dieser Sachlage musste sich das [X.] gedrängt fühlen, dem Beweisantrag des [X.] zu folgen, zumal damit auch eine mögliche Überempfindlichkeit des [X.] gegenüber den bei den streitigen Impfungen verwendeten Zusatzstoffen geklärt werden sollte.

6

Auf der Unterlassung entsprechender Ermittlungen kann das angefochtene Urteil auch beruhen, denn es ist nicht auszuschließen, dass das [X.] nach einer solchen Beweisaufnahme zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung gelangt wäre.

7

Die vom Kläger neben dem vorliegenden Verfahrensmangel geltend gemachten Zulassungsgründe einer grundsätzlichen Bedeutung und einer Divergenz sind nicht in der gemäß § 160a Abs 2 [X.] SGG erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden, sodass eine Zulassung der Revision insoweit nicht in Betracht kommt. Von einer näheren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

8

Da die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 [X.] SGG vorliegen, macht der Senat von dem ihm gemäß § 160a Abs 5 SGG eingeräumten Ermessen zur Verfahrensbeschleunigung Gebrauch und verweist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurück.

9

Das [X.] wird bei Abschluss des wiedereröffneten Berufungsverfahrens über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden haben.

Meta

B 9 V 33/13 B

14.11.2013

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: V

vorgehend SG Mainz, 25. Oktober 2007, Az: S 1 VI 3/02, Urteil

§ 103 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 5 SGG, IfSG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 14.11.2013, Az. B 9 V 33/13 B (REWIS RS 2013, 1136)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1136

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