Bundessozialgericht, Beschluss vom 04.02.2019, Az. B 8 SO 21/18 BH

8. Senat | REWIS RS 2019, 10709

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Prozesskostenhilfe - hinreichende Erfolgsaussicht - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör - Entscheidung des Sozialgerichts durch Gerichtsbescheid - Übertragung der Berufung auf den Berichterstatter - fehlende Anhörung der Beteiligten - Möglichkeit der Rückübertragung - Wiederaufnahmeverfahren - Unzulässigkeit der Berufung - Unterschreitung des Beschwerdewertes


Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 20. September 2018 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt die Wiederaufnahme des vor dem Sozialgericht ([X.]) [X.] geführten Verfahrens (Az: [X.] SO 2315/14).

2

Die Klägerin bezieht neben ihrer Rente laufend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherung) nach dem [X.] - ([X.]) und wandte sich im og Klageverfahren ursprünglich gegen die Anrechnung der Rentenerhöhung für Juli 2013 in Höhe von 16,41 Euro im Monat Juli 2013 mit der Begründung, die Rentenzahlung fließe ihr erst am Monatsende zu, während die - geringeren - Grundsicherungsleistungen zum Monatsbeginn gezahlt würden; dadurch entstehe eine Zahlungslücke. Der Beklagte hat während des gerichtlichen Verfahrens den geltend gemachten Betrag "aus prozessökonomischen Gründen" gezahlt, die Klägerin auf einer Entscheidung des Gerichts bestanden. Das [X.] [X.] hat die als Fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführte Klage abgewiesen (Urteil vom 31.8.2015); die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat das [X.] ([X.]) [X.]-Brandenburg zurückgewiesen (Beschluss vom 3.11.2015).

3

Im Juni 2017 (Schreiben vom [X.]) hat die Klägerin beim [X.] beantragt, das Urteil des [X.] vom 31.8.2015 für nichtig zu erklären. Die Entscheidung sei unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zustande gekommen und die falsche Rechtsauffassung des Richters habe dazu geführt, dass er [X.] gewesen sei. Die Klage ist ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des [X.] vom 30.11.2017; Urteil des [X.] vom [X.]). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das [X.] ua ausgeführt, die Berufung, die das [X.] nicht zugelassen habe, sei unzulässig. Auch im Fall der [X.] bestimme sich der Wert des [X.] nach dem des ursprünglichen Klageverfahrens, hier also 16,41 Euro. Die nicht statthafte Berufung könne auch nicht in eine Nichtzulassungsbeschwerde umgedeutet werden.

4

Die Klägerin beantragt die Gewährung von Prozesskostenhilfe ([X.]) zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.].

5

II. Der Antrag auf Bewilligung von [X.] ist nicht begründet. [X.] ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <[X.]G> iVm § 114 Zivilprozessordnung ). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. [X.] Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 [X.]G abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 [X.]G) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 [X.] 1 [X.]G), das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (B[X.]), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] ([X.]) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G). Von diesen Zulassungsgründen kann nach Aktenlage unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin keiner mit Erfolg im Beschwerdeverfahren, verbunden auch mit einem möglichen Erfolg in der Hauptsache (vgl dazu nur B[X.] SozR 4-1500 § 73a [X.] mwN) geltend gemacht werden.

6

Anhaltspunkte dafür, dass der Zulassungsgrund der Divergenz mit Erfolg gerügt werden könnte, bestehen nicht.

7

Vor der Übertragung der Sache auf den Einzelrichter (§ 153 Abs 5 [X.]G) ist die Klägerin zwar nicht angehört worden, worin ein Verfahrensmangel (Verstoß gegen das rechtliche Gehör) liegen kann. Doch führt diese Gehörsverletzung - anders als in den Fällen des § 153 Abs 4 [X.]G (B[X.] SozR 4-1500 § 153 [X.] Rd[X.] 17; B[X.] SozR 3-1500 § 153 [X.]; B[X.] Urteil vom 8.11.2001 - [X.]1 [X.] 37/01 R; B[X.] Beschluss vom 17.11.2015 - [X.] KR 65/15 B) oder § 158 Satz 2 [X.]G (B[X.] SozR 4-1500 § 158 [X.]; B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.]4 [X.]/08 B - juris Rd[X.]) - nicht zu einer fehlerhaften Besetzung der Richterbank und damit auch nicht zu einem absoluten Revisionsgrund nach § 202 [X.]G iVm § 547 [X.] 1 ZPO. Denn die Sache kann durch Beschluss des Senats auf den Senat zurückübertragen werden, wenn sich erst nach der Übertragung auf den Berichterstatter wegen einer wesentlichen Änderung der Prozesslage erweist, dass die Sache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist oder grundsätzliche Bedeutung hat. Im vorliegenden Verfahren kann aber dahingestellt bleiben, ob eine solche wesentliche Änderung der Prozesslage eingetreten ist und die Sache daher an den Senat hätte zurückübertragen werden müssen (vgl dazu nur B[X.] SozR 4-1500 § 153 [X.] 16 Rd[X.] 17 mwN). Denn die im Termin zur mündlichen Verhandlung anwesende Klägerin hat eine entsprechende Rüge nicht erhoben, sodass ein insoweit unterstellter Gehörsverstoß geheilt wäre (BVerwGE 110, 40); außerdem wäre angesichts der Unzulässigkeit der Berufung (dazu gleich) ohnedies eine erfolgreiche Rüge wegen der fehlenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache ausgeschlossen.

8

Schon kein Verfahrensmangel (Prozessurteil statt Sachurteil) ist darin zu sehen, dass das [X.] die Berufung als unzulässig verworfen hat. Denn zutreffend ist es davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Zulässigkeit der Berufung in einem Wiederaufnahmeverfahren im Rahmen des § 144 Abs 1 [X.] 1 [X.]G der Wert des ursprünglichen, im Verfahren [X.] SO 2315/14 streitgegenständlichen Begehrens zugrunde zu legen ist (so bereits zur Zulässigkeit im Fall einer Untätigkeitsklage B[X.] SozR 4-1500 § 144 [X.] 7; zur [X.] in jurisPK-[X.]G, § 144 Rd[X.]9; vgl auch [X.] in [X.]/[X.], ZPO, 39. Aufl 2018, Vorbemerkung vor §§ 578, 579 ZPO Rd[X.] 7), hier also 16,41 Euro und damit weniger als die Mindestbeschwer von 750 Euro. Deshalb stellen sich insoweit auch keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung. Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zu Wiederaufnahme- und Restitutionsklagen im Übrigen, die ein Rechtsanwalt im vorliegenden Verfahren mit Erfolg geltend machen kann, sind ebenfalls nicht erkennbar.

9

Mit der Ablehnung von [X.] entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der [X.] (§ 73a Abs 1 [X.]G iVm § 121 Abs 1 ZPO).

Meta

B 8 SO 21/18 BH

04.02.2019

Bundessozialgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Berlin, 30. November 2017, Az: S 50 SO 1403/17 WA, Gerichtsbescheid

§ 73a Abs 1 S 1 SGG, § 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 62 SGG, § 105 Abs 1 S 1 SGG, § 105 Abs 2 S 1 SGG, § 153 Abs 5 SGG, § 179 Abs 1 SGG, § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG, § 202 S 1 SGG, § 114 Abs 1 S 1 ZPO, § 547 Nr 1 ZPO, § 578 ZPO, §§ 578ff ZPO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 04.02.2019, Az. B 8 SO 21/18 BH (REWIS RS 2019, 10709)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 10709

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