Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.04.2003, Az. I ZR 291/00

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3446

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:10. April 2003FühringerJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: jaBuchclub-KopplungsangebotUWG § 1Die Werbung mit der unentgeltlichen Überlassung von fünf Büchern für denFall einer zweijährigen Mitgliedschaft in einem Buchclub ist nicht unter [X.] eines übertriebenen [X.] nach § 1 UWG [X.].[X.], Urteil vom 10. April 2003 - [X.]/00 - [X.] LG Hamburg- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 10. April 2003 durch [X.] Dr. Ullmannund [X.], Prof. [X.], [X.] und Dr. Schaffertfür Recht erkannt:Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.], 3. Zivilsenat, vom 16. [X.] aufgehoben.Auf die Berufung der [X.] wird das Urteil des [X.], Kammer 6 für Handelssachen, vom 17. November 1999abgeändert.Die Klage wird abgewiesen.Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die Beklagte betreibt als Buchclub den Einzelhandel mit Büchern, [X.] und [X.]. Sie bot im September 1998 neuen Kunden für den Fall [X.] Mitgliedschaft in ihrem Buchclub fünf Bücher gegen Zahlung von [X.] für [X.] und Verpackung an. In dem mit "[X.]" bezeich-neten Prospekt führte die Beklagte insgesamt 117 Bücher zur Auswahl an, [X.] als Verlagsausgaben zum Preis von 30 DM und darüber ver-kauft wurden. Bestellte der Kunde fünf Bücher und gab er sie nicht binnen zehnTagen zurück, wurde er vereinbarungsgemäß für mindestens zwei Jahre Mit-glied im Buchclub der [X.] und mußte quartalsweise einen Artikel für [X.] 10 DM erwerben.Der Kläger, ein Verein zur Förderung gewerblicher Belange, hat [X.] und die Gewährung des Angebots wegen Verstoßes gegen die Zuga-beverordnung und gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt eines unzulässi-gen Vorspannangebots als wettbewerbswidrig beanstandet.Der Kläger hat zuletzt beantragt,die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,a)neuen Mitgliedern des [X.]Clubs, welche eine [X.] Abnahmeverpflichtung eingehen müssen, die [X.] fünf Büchern, welche als Verlagsausgabe üblicherweise imstationären [X.] zum Preis von je 30 DM und- 4 -mehr verkauft werden, zum Preis von insgesamt 10 DM ("für[X.] und Verpackung") anzukündigen;b)entsprechend der vorstehenden Ankündigung zu verfahren,mithin neuen Mitgliedern fünf Bücher, welche als Verlagsaus-gabe üblicherweise im stationären [X.] zum [X.] je 30 DM und mehr verkauft werden, zum Preis von insge-samt 10 DM ("für [X.] und Verpackung") zu verkaufen.Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, das Angebot dienedem kostenlosen Ausprobieren ihrer Leistungen. Das Publikum erkenne zudem,daß [X.] ein derartiges Angebot durch die [X.] der mindestens zweijährigen Mitgliedschaft finanziere.Das [X.] hat die Beklagte nach dem in erster Instanz ohne dennachstehenden Zusatz gestellten Antrag verurteilt. Das Berufungsgericht [X.] Berufung unter Einfügung des Zusatzes "('für [X.] und Verpackung')" in [X.] zurückgewiesen ([X.] OLG-Rep 2001, 63 = AfP 2001,231).Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Der Kläger [X.], die Revision zurückzuweisen, hilfsweise festzustellen, daß sich [X.] in der Hauptsache erledigt [X.] -Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat die Werbung und das Angebot der [X.]als Verstoß gegen die Zugabeverordnung und unter dem Gesichtspunkt desübertriebenen [X.] als nach § 1 UWG wettbewerbswidrig angesehen. [X.] hat es ausgeführt:Bei dem Angebot der [X.] handele sich um eine Zugabe nach § 1Abs. 1 Satz 1 [X.], weshalb der Kläger die Beklagte nach § 2 Abs. 1[X.] auf Unterlassung in Anspruch nehmen könne.Das Angebot der [X.] stelle sich auch nach § 1 UWG wegen über-triebenen [X.] als wettbewerbswidrig dar. Die unsachliche Beeinflussungfolge aus der erheblichen Attraktivität der angebotenen fünf Bücher, deren übli-cher Verkaufswert bis zu 150 DM und mehr erreiche. Dieser ginge weit überdas hinaus, was der Kunde im Falle eines Beitritts zum Buchclub der [X.]innerhalb der festen Vertragslaufzeit von zwei Jahren an Waren abnehmenmüsse. Es bestehe deshalb die Gefahr, daß für den Verkehr bei der Entschei-dung über den Vertragsschluß nicht das Leistungsangebot der [X.], son-dern der Wunsch, die fünf Bücher zu erhalten, im Vordergrund stehe.I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision [X.]. Sie führen zur Abweisung der Klage.1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht einen Unterlassungsanspruchaus § 1 UWG [X.] 6 -a) Der Kläger macht einen in die Zukunft gerichteten Unterlassungsan-spruch geltend. Ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, ist auch in der [X.] nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht zu be-antworten (vgl. [X.], Urt. v. 25.10.2001 - I ZR 29/99, [X.], 717, 718= [X.], 679 - Vertretung der [X.]; [X.]Z 151, 84, 86 - [X.]; [X.], Urt. v. 13.6.2002 - [X.], [X.], 979, 980= [X.], 1259 - [X.]). Nach Aufhebung der Zugabever-ordnung ist die Rechtslage im Streitfall allein nach § 1 UWG zu beurteilen.b) Die angegriffene Werbung und das beanstandete Verhalten der [X.] stellen sich nicht als wettbewerbswidrig nach § 1 UWG dar.aa) Werden dem Verbraucher für den Fall des Erwerbs einer Ware oderder Inanspruchnahme einer Leistung Vergünstigungen, insbesondere [X.]e, versprochen, liegt darin nicht ohne weiteres ein übertriebenes Anlok-ken, und zwar unabhängig davon, ob zwischen der Hauptleistung und dem [X.] aus Sicht des Verbrauchers ein Funktionszusammenhang besteht odernicht. Vielmehr ist es [X.] grundsätzlich gestattet, verschiedene An-gebote miteinander zu verbinden; dies gilt auch, wenn ein Teil der auf dieseWeise gekoppelten Waren oder Leistungen ohne besonderes Entgelt abgege-ben wird (vgl. [X.]Z 151, 84, 88 - [X.]; [X.], 979, 981- [X.]).Das Berufungsgericht hat ein wettbewerbswidriges übertriebenes Anlok-ken aufgrund des Wertes der angebotenen fünf Bücher angenommen, die [X.] zum Wert der während der festen Vertragslaufzeit der [X.] -im Buchclub der [X.] von zwei Jahren zu beziehenden Waren ungewöhn-lich hoch sei. Der Verbraucher werde dazu neigen, Konkurrenzangebote ande-rer [X.] und die Möglichkeit des [X.] [X.] der Entscheidung, die einmal zugesandten Bücher zu behalten, werde ersich nicht mit der nötigen Sachlichkeit an dem Angebot der [X.] orientie-ren. Dem kann nicht beigetreten werden.Die Anlockwirkung, die von einem attraktiven Angebot ausgeht, istgrundsätzlich nicht wettbewerbswidrig, sondern gewollte Folge des [X.]. Ein wettbewerbswidriger Anlockeffekt kann erst durch das [X.] weiterer Umstände entstehen, die die Vergünstigung als sittenwidrig er-scheinen lassen. Allerdings kann in Einzelfällen von Kopplungsangeboten- insbesondere wenn ein Teil des Angebots unentgeltlich gewährt werden soll -eine so starke Anlockungwirkung ausgehen, daß auch bei einem verständigenVerbraucher ausnahmsweise die Rationalität der Nachfrageentscheidung voll-ständig in den Hintergrund tritt (vgl. [X.], Urt. v. [X.] - I ZR 45/00, [X.], 1000, 1002 = [X.], 1133 - Testbestellung; [X.]Z 151, 84, 89- [X.]; [X.] [X.], 979, 981 - [X.]; [X.]. 30.1.2003 - [X.], [X.], 624, 626 = [X.], 886- [X.] Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungs-gerichts, von einem Angebot von fünf Büchern gehe eine derart starke Anlock-wirkung aus, daß ein verständiger Verbraucher allein wegen des Wertes der- von den Verpackungs- und [X.]kosten abgesehen - unentgeltlichen Leistungseine Nachfrageentscheidung nicht mehr nach sachlichen Gesichtspunktentreffen werde.- 8 -Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung nicht genügend berück-sichtigt, daß die Kunden ihre Entscheidung, von dem Angebot der [X.]Gebrauch zu machen, nach eingehender Durchsicht der Werbebroschüre tref-fen konnten und nach Erhalt der fünf zu Testzwecken übersandten Bücherweitere zehn Tage Zeit hatten, diese zu prüfen und zu entscheiden, ob sie [X.] behalten und Mitglied der [X.] werden wollten oder nicht.Danach bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte, ein verständigerVerbraucher werde sich für die Clubmitgliedschaft ohne nähere Befassung [X.] damit verbundenen Vor- und Nachteilen allein deshalb entscheiden, um diefünf Bücher behalten zu können.bb) Die beanstandete Werbung stellt sich auch nicht deshalb als einmißbräuchliches Kopplungsangebot dar, weil die Beklagte nicht hinreichenddeutlich gemacht hat, welche Verpflichtungen mit der Clubmitgliedschaft [X.] sind.Allerdings ist es wettbewerbswidrig, in der Werbung allein das [X.] unentgeltlicher Teilleistungen oder den günstigen Preis einer Teilleistungherauszustellen, ohne gleichzeitig in klarer Zuordnung leicht erkennbar unddeutlich lesbar auf die Folgekosten hinzuweisen, die sich ergeben, wenn [X.] auf das Angebot eingeht - hier: die Verpflichtungen aus der [X.] im Buchclub der [X.] - (vgl. [X.] [X.], 979, 981 f.- [X.]; vgl. auch [X.], [X.]. v. 27.2.2003 - I ZR 208/02,Umdr. [X.]). Ob die Beklagte die Verkehrskreise über die mit der [X.] 9 -schaft verbundenen Belastungen ausreichend unterrichtet hat, kann [X.] offenbleiben.Ein etwaiger Verstoß hiergegen ist nicht Gegenstand des [X.] des [X.]. Dieser richtet sich gegen die Ankündigung und [X.] der näher bezeichneten Bücher an neue Mitglieder des [X.]. [X.] hat der Kläger das Charakteristische der Verletzungshandlung nicht in [X.] unzureichenden Unterrichtung über die sich aus der Clubmitgliedschaft fürden neuen Kunden ergebenden Belastungen gesehen. Ein etwaiger Verstoßhiergegen wird daher von dem Unterlassungsantrag nicht - auch nicht als Mi-nus - erfaßt (vgl. [X.], Urt. v. 8.10.1998 - I ZR 147/97, [X.], 517, 519;Urt. v. 7.6.2001 - I ZR 157/98, [X.], 287, 288 = [X.], 94- Widerruf der [X.] Das beanstandete Verhalten stellt sich auch nicht wegen eines [X.] gegen § 1 UWG i.V. mit den Bestimmungen über die Preisbindung [X.] als wettbewerbswidrig dar.Der Kläger hat für den Zeitpunkt des angegriffenen Angebots im Sep-tember 1998 nicht dargelegt, daß die Beklagte durch die kostenlose [X.] fünf Büchern im Falle einer festen Clubmitgliedschaft des neuen [X.] verpflichtende Vereinbarungen über die Preisbindung im Buchhandel inwettbewerbsrechtlich relevanter Weise verstoßen hat.Auf das seit dem 1. Oktober 2002 gültige Gesetz über die Preisbindungfür Bücher - Buchpreisbindungsgesetz - (BGBl. I [X.]448) kann der Kläger sei-nen Unterlassungsanspruch nicht stützen. Dieses sieht zwar einen [X.] -sungsanspruch beim Verstoß gegen die Preisbindung für Bücher vor (§ 9Abs. 1 Satz 1, § 3 [X.]). Ob die Beklagte, würde sie das beanstandeteVerhalten unter der Geltung des Buchpreisbindungsgesetzes wiederholen, ge-gen die Bestimmungen dieses Gesetzes verstoßen würde, kann offenbleiben.Es fehlt bereits an der für einen Unterlassungsanspruch erforderlichen Erstbe-gehungsgefahr.Ein auf eine Erstbegehungsgefahr gestützter Unterlassungsanspruch [X.] nur, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor-handen sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft in der näherbezeichneten Weise verhalten. Für die Annahme einer Erstbegehrungsgefahrreicht es nicht aus, daß sich ein Beklagter gegen die Klage verteidigt und dabeidie Auffassung äußert, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, essei denn, seinen Erklärungen ist die Bereitschaft zu entnehmen, sich unmittel-bar oder in naher Zukunft auch in der beanstandeten Weise zu verhalten (vgl.[X.], Urt. v. 31.5.2001 - I ZR 106/99, [X.], 1174, 1175 = [X.] 2001,1076 - Berühmungsaufgabe). Im Streitfall ist nichts dafür ersichtlich, die [X.] werde die Vorschriften des Buchpreisbindungsgesetzes mißachten. [X.], ein Verstoß gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes liege nichtvor, dient nur der Rechtsverteidigung gegenüber der Ansicht des [X.], § 9[X.] trage das Unterlassungsbegehren.3. Mit dem auf Feststellung gerichteten Hilfsantrag, daß sich der [X.] in der Hauptsache erledigt hat, hat die Klage ebenfalls keinen Erfolg.Der in der Revisionsinstanz gestellte Hilfsantrag, festzustellen, daß sichder Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat, ist unzulässig. Ein [X.] kann in der Revisionsinstanz zulässigerweise für den Fall gestelltwerden, daß das [X.] - der in die Zukunft gerichtete Unterlassungs-antrag - wegen eines zwischenzeitlich eingetretenen erledigenden Ereignisses(hier einer Änderung der Gesetzeslage) nicht zugesprochen werden kann([X.], Urt. v. 19.3.1998 - I ZR 264/95, [X.], 1045, 1046 = [X.] 1998,739 - Brennwertkessel). In einem solchen Fall besteht ein Interesse des [X.]daran, festgestellt zu wissen, daß sein Unterlassungsbegehren bis zum [X.] zulässig und begründet war.Im Streitfall sieht der Kläger seinen Unterlassungsantrag unabhängigvom Wegfall der [X.] als begründet an, einmal aus § 1 UWG selbst, zumanderen wegen Verstoßes gegen Regeln der Buchpreisbindung. Sein Hilfsbe-gehren stellt sich demnach als eine in der Revisionsinstanz unzulässige Klage-erweiterung dar. Er möchte damit lediglich sein Kostenrisiko mindern, indem erdie Begründetheit seines Anspruchs zur Zeit der Geltung der [X.] fest-gestellt wissen möchte.- 12 -II[X.] Danach war die Klage mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO ab-zuweisen.Ullmann [X.] Bornkamm Büscher Schaffert

Meta

I ZR 291/00

10.04.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.04.2003, Az. I ZR 291/00 (REWIS RS 2003, 3446)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3446

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