Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.08.2022, Az. XII ZB 268/19

12. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 4806

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Gegenstand

Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels: Feststellung der Vollstreckbarkeit der Entscheidung im Ursprungsstaat durch das Beschwerdegericht; Ermittlung des ausländischen Rechts von Amts wegen


Leitsatz

1. Wird gegen die erstinstanzliche Entscheidung über einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels Beschwerde eingelegt, hindern die Bestimmungen des HUÜ 2007 das Beschwerdegericht nicht daran, die Vollstreckbarkeit der Entscheidung im Ursprungsstaat im Einzelfall auch ohne Beibringung des von Art. 25 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007 geforderten formalen Nachweises festzustellen.

2. Nach § 293 ZPO hat der Tatrichter ausländisches Recht, das für die Entscheidung eines Rechtsstreits maßgebend ist, von Amts wegen zu ermitteln. Da ausländische Rechtsnormen Rechtssätze und keine Tatsachen sind, finden insoweit die Grundsätze über die Darlegungs- und Beweislast keine Anwendung (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2007 - XII ZB 240/05, FamRZ 2008, 586).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 17. Zivilsenats - [X.] - des [X.] vom 9. Mai 2019 aufgehoben, soweit der Hilfsantrag abgewiesen worden ist.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Die Rechtsbeschwerde betrifft die Vollstreckbarerklärung einer von einem Gericht im US-Bundesstaat [X.] erlassenen Entscheidung über nachehelichen Unterhalt.

2

Die Beteiligten lebten während ihrer Ehe gemeinsam in [X.]. Mit Urteil des Bezirksgerichts des Bundesstaats [X.] im und für den [X.] (im Folgenden: Bezirksgericht) vom 26. September 2014 wurde die Ehe der Beteiligten geschieden und der Antragsgegner zur Zahlung eines monatlichen nachehelichen Unterhalts in Höhe von 4.000 US$ für einen [X.]raum von vier Jahren, danach unbefristet in Höhe von 3.000 US$, verpflichtet. Nach der Scheidung verzog der Antragsgegner nach [X.]. Die Antragstellerin verblieb in [X.] und heiratete im Januar 2018 erneut.

3

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 10. September 2018 dem Antrag der Antragstellerin auf Vollstreckbarerklärung des Urteils vom 26. September 2014 hinsichtlich des Unterhalts für einen [X.]raum ab Mai 2018 stattgegeben.

4

Auf Antrag des Antragsgegners setzte das Bezirksgericht mit rechtskräftigem Urteil vom 2. Oktober 2018 den monatlich zu zahlenden Unterhalt für die [X.] ab Mai 2018 auf 2.200 US$ herab.

5

Auf die gegen die amtsgerichtliche Vollstreckbarerklärung gerichtete, im Wesentlichen auf die zwischenzeitliche Abänderung gestützte Beschwerde des Antragsgegners hat die Antragstellerin ihre Anträge im Beschwerdeverfahren dahin geändert, dass das Urteil vom 26. September 2014 für den [X.]raum ab Mai 2018 in Höhe von nur noch 2.200 US$, hilfsweise das Urteil vom 2. Oktober 2018 für vollstreckbar erklärt wird. Das [X.] hat die Anträge abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Rechtsbeschwerde, mit der sie nur noch die Vollstreckbarerklärung der Entscheidung vom 2. Oktober 2018 erstrebt.

II.

6

Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 46, 57 [X.] zulassungsfrei statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet und führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

7

1. Nach Auffassung des [X.] scheidet eine Vollstreckbarerklärung nach dem [X.] 2007 aus. Die Beschwerde könne auf sämtliche Gründe für die Verweigerung der Anerkennung und Vollstreckung gestützt werden. Während eine Vollstreckbarerklärung der Entscheidung vom 26. September 2014 durch die rechtskräftige Abänderungsentscheidung vom 2. Oktober 2018 gehindert werde, könne auch diese mangels Nachweises der Vollstreckbarkeit im [X.] nicht für vollstreckbar erklärt werden. Soweit nach einem von der Antragstellerin vorgelegten Schreiben ihres [X.] Anwalts die Gerichte in [X.] keine Rechtskraftvermerke ausstellten, werde dies vom Antragsgegner bestritten. Trotz Aufforderung des [X.] habe die Antragstellerin weder eine gerichtliche Bescheinigung für die Vollstreckbarkeit des [X.] noch einen gerichtlichen Nachweis vorgelegt, dass in [X.] rechtskräftige Urteile auch ohne ausdrückliche Vollstreckbarerklärung vollstreckbar seien. Deshalb sei ihr Antrag insgesamt abzuweisen.

8

2. Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Eine Vollstreckbarerklärung des Urteils vom 2. Oktober 2018 kann nicht mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung versagt werden.

9

a) Die Vollstreckbarerklärung dieser Entscheidung richtet sich nach Art. 19 ff. des [X.] über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen vom 23. November 2007 ([X.] 2007 - [X.]; [X.]. 2011 Nr. L 192 [X.]), welches im Verhältnis zwischen der [X.] und den [X.] seit 1. Januar 2017 in [X.] ist (vgl. [X.]sbeschluss vom 27. Mai 2020 - [X.] 102/20 - FamRZ 2020, 1293 Rn. 5 mwN). Der Anwendung des Übereinkommens stehen auch nicht die Übergangsbestimmungen des Art. 56 Abs. 1 lit. b, Abs. 3 [X.] entgegen. Sowohl die Stellung des Antrags auf Anerkennung und Vollstreckung als auch die Fälligkeit der hiermit verfolgten Unterhaltsrückstände liegen nach dem genannten [X.]punkt des Inkrafttretens.

b) Die Rechtsbeschwerde rügt mit Erfolg, dass das Beschwerdegericht die Voraussetzungen einer Vollstreckbarerklärung rechtsfehlerhaft verneint hat.

aa) Im Anwendungsbereich des [X.] setzt die Vollstreckung einer in einem anderen Vertragsstaat ergangenen Entscheidung ein Verfahren der Vollstreckbarerklärung (Exequatur) voraus, das sich für [X.] nach Art. 23 [X.] richtet. Gemäß Art. 20 Abs. 6 [X.] wird eine Entscheidung nur dann anerkannt, wenn sie im [X.] wirksam ist, und nur dann vollstreckt, wenn sie im [X.] vollstreckbar ist. Einem Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung sind der vollständige Wortlaut der Entscheidung und ein Schriftstück mit dem Nachweis der Vollstreckbarkeit im [X.] beizufügen (Art. 25 Abs. 1 lit. a und b [X.]).

bb) Wird gegen die erstinstanzliche Entscheidung über einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung Beschwerde eingelegt, hindern die Bestimmungen des [X.] das Beschwerdegericht allerdings nicht daran, die Vollstreckbarkeit der Entscheidung im [X.] im Einzelfall auch ohne Beibringung des von Art. 25 Abs. 1 lit. b [X.] geforderten formalen Nachweises festzustellen.

(1) Für ein solches Verständnis spricht bereits eine systematische Betrachtung des im [X.] teilweise geregelten Rechtsbehelfsverfahrens. Während im erstinstanzlichen Verfahren weder der Antragsteller noch der Antragsgegner Einwendungen vorbringen können und der Antrag nur aus dem in Art. 22 lit. a [X.] genannten Grund (ordre public) abgelehnt werden kann, kann ein Rechtsmittel auf die in Art. 23 Abs. 7 [X.] genannten Gründe, unter anderem auf die Grundlagen für die Anerkennung und Vollstreckung nach Art. 20 [X.], gestützt werden. Auch wenn für das Rechtsmittelverfahren gleichfalls das in Art. 23 Abs. 11 [X.] genannte Beschleunigungsgebot gilt, ist es durch seine kontradiktorische Ausgestaltung und seine Ausdehnung auf die durch Art. 23 Abs. 7 [X.] erheblich erweiterte Entscheidungsgrundlage vom einseitigen, stärker formalisierten erstinstanzlichen Verfahren deutlich abgesetzt. Dies legt nahe, dass Gerichte der Vertragsstaaten die für die Vollstreckbarerklärung bestehende Grundvoraussetzung der Vollstreckbarkeit im Rechtsmittelzug nicht nur anhand des in Art. 25 Abs. 1 lit. b [X.] bestimmten Nachweiserfordernisses, sondern ergänzend auch in Anwendung des gemäß Art. 23 Abs. 1 [X.] geltenden Prozessrechts des Vollstreckungsstaats feststellen können.

(2) Der mit dem [X.] verfolgte Zweck stützt diese Annahme. Das Übereinkommen zielt auf eine Vereinfachung, Beschleunigung und Kosteneffektivität grenzüberschreitender Geltendmachung und Durchsetzung von Unterhaltsforderungen. Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung soll möglichst weitgehend gewährleistet sein (Borrás/Degeling Explanatory Report on the Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance Rn. 428 und 477, veröffentlicht bei [X.]). Vor diesem Hintergrund ist das in Art. 25 Abs. 1 lit. b [X.] bezeichnete Schriftstück in erster Linie als ein im Interesse des Unterhaltsgläubigers eingerichteter Weg der vereinfachten und beschleunigten Durchsetzung seiner Forderung zu verstehen. Im einseitig ausgestalteten Verfahren des ersten Rechtszugs nach Art. 23 [X.] kann der Gläubiger damit - unter Erfüllung der weiteren Antragsvoraussetzungen - zügig die Vollstreckbarkeit im anderen Vertragsstaat erwirken. Kann allerdings die Voraussetzung der Vollstreckbarkeit im kontradiktorischen Beschwerdeverfahren auf andere Weise festgestellt werden, wäre es ein nicht mit der Intention des Übereinkommens zu vereinbarender Formalismus, den Antrag lediglich daran scheitern zu lassen, dass der Gläubiger die Bescheinigung nicht beizubringen vermag.

(3) Im Einklang damit hat der [X.] bereits zum Vertrag zwischen der Bundesrepublik [X.] und dem [X.] über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 20. Juli 1977 ([X.] [X.]) entschieden, dass das Gericht im Beschwerdeverfahren auch ohne Beibringung des von Art. 15 Abs. 1 dieses Vertrags geforderten formalen Nachweises eine Entscheidung zur Zwangsvollstreckung zulassen kann, wenn es sich aufgrund anderweitiger tragfähiger Feststellungen die Überzeugung davon verschafft, dass die Zulassungsvoraussetzungen nach Art. 10 des Vertrags vorliegen ([X.] Beschluss vom 12. Oktober 2017 - [X.] - juris Rn. 12 ff.).

Ferner soll sich der Anerkennungsrichter im Zusammenhang mit Art. 17 des Vorgängerüberkommens des [X.], des [X.] über die Anerkennung und Vollstreckung von [X.] vom 2. Oktober 1973 ([X.]; [X.] [X.]), bereits im erstinstanzlichen Verfahren mit weniger als den in dieser Vorschrift genannten Antragsunterlagen begnügen können (MünchKommFamFG/[X.] 3. Aufl. HUntVÜbk 1973 Art. 17 Rn. 1 mwN; [X.]/Schütze/Hau/Baumann Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen [Stand: Oktober 2021] Band [X.]. 17 [X.] S. 150 mwN). Schon dieses Übereinkommen verfolgte das Ziel, die rechtlichen und verwaltungsmäßigen Hindernisse der Anerkennung und Vollstreckung soweit wie möglich abzubauen ([X.] BT-Drucks. 10/258 S. 40 Rn. 45). Gründe, für das eine weitere Verbesserung der Vollstreckungsmöglichkeiten anstrebende [X.] strengere Nachweisanforderungen im Rechtsmittelzug zu stellen, bestehen nicht.

(4) Dies erhellt schließlich auch ein vergleichender Blick auf die unionsrechtlichen Regelungen über die grenzüberschreitende Vollstreckung.

Gemäß Art. 17 Abs. 2 der Verordnung ([X.]) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in [X.] (EuUntVO; [X.]. 2009 Nr. L 7 S. 1) ist eine in einem Mitgliedsstaat, der durch das [X.] Protokoll von 2007 gebunden ist, ergangene Entscheidung, die in diesem Staat vollstreckbar ist, in einem anderen Mitgliedsstaat vollstreckbar, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf. Die Vorlage des unter anderem die Vollstreckbarkeit der Entscheidung bestätigenden Formblatts nach Art. 20 Abs. 1 lit. [X.] wird im Hinblick auf seine durch die Abschaffung des [X.] gesteigerte Bedeutung teilweise als zwingend angesehen ([X.]/Schütze/Hau/[X.]/[X.] Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen [Stand: Oktober 2021] Band I Art. 42 [X.] Ia-VO Rn. 14 mwN; a.A. [X.]/Schütze/Hau/Hilbig Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen [Stand: Oktober 2021] Band [X.]. 20 EuUntVO Rn. 31; [X.]/[X.] ZPO 34. Aufl. Art. 42 EuGVVO Rn. 5 mwN). Nach der bei Erlass des Gesetzes zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen [X.] vom 23. Mai 2011 (Auslandsunterhaltsgesetz - [X.]; [X.] [X.] 898) geäußerten Vorstellung des Gesetzgebers ist das Formblatt in diesen Fällen zusammen mit dem Titel unmittelbare Grundlage der Vollstreckung (BT-Drucks. 17/4887 [X.] und 50).

Ein derart erhöhter Stellenwert ist dem Formblatt indes im herkömmlichen System des [X.] - sei es auch auf völkerrechtlicher Grundlage - nicht beizumessen (vgl. Art. 29 Abs. 1 EuUntVO sowie Art. 55 [X.] I-VO). Denn hier beruht die Vollstreckbarkeit nicht auf einer Wirkungserstreckung der ursprünglichen Entscheidung kraft Gesetzes, sondern auf einer nach gerichtlicher Prüfung auszusprechenden Wirkungsverleihung (vgl. [X.] Internationales Zivilprozessrecht 8. Aufl. Rn. 3100 f.).

(5) [X.] ist nicht gemäß Art. 267 AEUV dem [X.] vorzulegen (vgl. dazu [X.]surteil vom 26. Juni 2013 - [X.]/11 - FamRZ 2013, 1366 Rn. 37 mwN). Denn die Beantwortung der vorstehend behandelten Auslegungsfrage im Zusammenhang mit dem [X.] ist derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt und mithin für eine Verfahrensweise nach Art. 267 Abs. 3 AEUV kein Anlass besteht („acte clair“, vgl. [X.]sbeschluss vom 27. November 2019 - [X.] 311/19 - FamRZ 2020, 272 Rn. 11 mwN).

cc) Die vom [X.] offen gelassene Frage, auf welche Weise die tatsächlichen Voraussetzungen einer Vollstreckbarerklärung im Rechtsmittelzug festzustellen sind, sofern kein Nachweis nach Art. 25 Abs. 1 lit. b [X.] beigebracht wird, ist gemäß Art. 23 Abs. 1 [X.] maßgeblich unter Rückgriff auf das nationale Verfahrensrecht zu beantworten.

(1) Wie der [X.] bereits entschieden hat, ist das vereinfachte Klauselerteilungsverfahren nach dem Auslandsunterhaltsgesetz kraft verfahrensrechtlichen Zusammenhangs [X.] und damit Familienstreitsache ([X.]sbeschluss vom 31. Mai 2017 - [X.] 122/16 - FamRZ 2017, 1705 Rn. 12 mwN). Während das Gericht im erstinstanzlichen Verfahren gemäß § 58 [X.] in der Regel ohne Anhörung des Antragsgegners entscheidet, ist das Verfahren ab dem Beschwerderechtszug kontradiktorisch ausgestaltet (vgl. §§ 43 Abs. 5, 59 a [X.] sowie [X.]sbeschluss vom 31. März 2021 - [X.] 102/20 - FamRZ 2021, 970 Rn. 10 mwN). Das [X.] darf grundsätzlich all diejenigen Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung prüfen, die schon die erste Instanz hätte prüfen dürfen ([X.]sbeschluss vom 12. Dezember 2007 - [X.] 240/05 - FamRZ 2008, 586 Rn. 15 mwN). Mangels entgegenstehender Regelungen richtet sich die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen gemäß §§ 2 [X.], 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. Danach trifft das Gericht die erforderlichen Feststellungen nach freier Überzeugung (§ 286 Abs. 1 ZPO).

(2) Dass auch nach der Konzeption des in den §§ 36 ff., 57 [X.] geregelten [X.] grundsätzlich kein Hindernis besteht, im Beschwerdeverfahren die Voraussetzung der Vollstreckbarkeit im Einzelfall unter Verzicht auf eine vom [X.] ausgestellte Bescheinigung im Sinne des Art. 25 Abs. 1 lit. b [X.] festzustellen, wird durch die Regelung des § 39 [X.] verdeutlicht. Kann der Nachweis für die in § 39 Abs. 1 Satz 1 [X.] bezeichneten besonderen Voraussetzungen durch Urkunden nicht geführt werden, stehen dem Antragsteller gemäß § 39 Abs. 2 Satz 2 [X.] alle Beweismittel offen. Durch diese Regelung soll bereits im Verfahren erster Instanz eine Antragsablehnung für den Fall vermieden werden, dass der Gläubiger einen Urkundennachweis nicht erbringen kann (BT-Drucks. 17/4887 [X.]). Erst recht muss dieser Weg in der hier vorliegenden Fallgestaltung eröffnet sein; der Gesetzgeber hat ein möglichst einfaches und formloses Beschwerdeverfahren bezweckt (BT-Drucks. 17/4887 S. 42 f., 47).

(3) Der Tatrichter hat ausländisches Recht, das für die Entscheidung eines Rechtsstreits maßgebend ist, von Amts wegen zu ermitteln (§ 293 ZPO). Da ausländische Rechtsnormen Rechtssätze und keine Tatsachen sind, finden insoweit die Grundsätze über die Darlegungs- und Beweislast keine Anwendung ([X.]sbeschluss vom 12. Dezember 2007 - [X.] 240/05 - FamRZ 2008, 586 Rn. 37 mwN).

dd) Gemessen an diesen Grundsätzen hält die im angefochtenen Beschluss gegebene Begründung, es fehle im vorliegenden Fall an einem Nachweis der Vollstreckbarkeit des Urteils vom 2. Oktober 2018, den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand.

Das Beschwerdegericht begründet nicht rechtsfehlerfrei, aus welchem Grund es sich unter den hier gegebenen Umständen an der Feststellung der Vollstreckbarkeit der Entscheidung gehindert sieht. Dass die Antragstellerin das in Art. 25 Abs. 1 lit. b [X.] genannte Schriftstück nicht beizubringen vermag, steht anderweitigen tragfähigen Feststellungen grundsätzlich nicht entgegen. Da die Entscheidung vom 2. Oktober 2018 nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten rechtskräftig ist und sie eine Vollstreckbarerklärung des Urteils vom 26. September 2014 ausschließt (vgl. [X.]sbeschluss vom 23. September 2015 - [X.] 234/15 - FamRZ 2015, 2144 Rn. 11 mwN), bedürfte es konkreter Anhaltspunkte für die Annahme, aus ihr könne dennoch nicht vollstreckt werden (vgl. Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 [X.] sowie [X.]sbeschluss vom 12. Dezember 2007 - [X.] 240/05 - FamRZ 2008, 586 Rn. 20). Ob ein Rechtskraftvermerk beigebracht werden kann, ist bei unstreitig gegebener Rechtskraft nicht maßgeblich.

Soweit das Beschwerdegericht offenbar davon ausgeht, dass es nach dem Verfahrensrecht des Bundesstaats [X.] zur Herstellung der Vollstreckbarkeit eines rechtskräftigen Urteils möglicherweise einer zusätzlichen, durch das Bezirksgericht auszusprechenden Vollstreckbarerklärung bedürfe, sind zu dieser Annahme entsprechende - hier nicht vorhandene - Feststellungen notwendig. Sollte in diesem Punkt ein Bedarf für die Aufklärung des ausländischen Rechts bestehen, hätte das Beschwerdegericht von Amts wegen entsprechende Ermittlungen selbst zu veranlassen. Ist dies nicht der Fall, so ist dem Antrag der Antragstellerin zu entsprechen, sofern keine sonstigen Hindernisse entgegenstehen. Nicht aber durfte das Beschwerdegericht eine Vollstreckbarerklärung mit der Begründung verweigern, die Antragstellerin habe keine Bestätigung für den Inhalt des ausländischen Verfahrensrechts vorgelegt. Hierfür ist sie nicht beweispflichtig.

3. Die angegriffene Entscheidung kann aus den genannten Gründen keinen Bestand haben. Eine eigene Sachentscheidung ist dem [X.] verwehrt, weil die Sache noch nicht entscheidungsreif ist. Die angegriffene Entscheidung ist daher im Umfang der Anfechtung aufzuheben, und die Sache ist insoweit an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 1 und 2 FamFG).

Das Beschwerdegericht wird sich unter Beachtung der Rechtsauffassung des [X.]s in tatrichterlicher Verantwortung erneut mit der Frage der Vollstreckbarkeit der Entscheidung im [X.] zu befassen haben. Dabei wird es auch zu prüfen haben, ob tatsächlich Hinweise für die Annahme bestehen, es bedürfe zur Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen des Art. 20 Abs. 6 [X.] nach dem Recht des Bundesstaats [X.] noch einer zusätzlichen Vollstreckbarerklärung des Bezirksgerichts. Zwar hat der Antragsgegner mit [X.] vom 4. April 2019 vorgetragen, eine Vollstreckungsanordnung könne in [X.] nur dann ergehen, wenn der Schuldner dort Vermögen habe und ansässig sei, woran es hier fehle. Damit dürften jedoch die Voraussetzungen einzelner Vollstreckungsmaßnahmen angesprochen sein, welche gemäß Art. 32 Abs. 1 [X.] nach dem Recht des Vollstreckungsstaats erfolgen und im Verfahren der Vollstreckbarerklärung außer Betracht bleiben.

4. Für das weitere Verfahren weist der [X.] darauf hin, dass die Wiederverheiratung der Antragstellerin einer Vollstreckbarerklärung nicht wegen Verstoßes gegen den ordre public (Art. 22 lit. a [X.]) entgegenstehen dürfte. Zwar weicht das Urteil des Bezirksgerichts vom 2. Oktober 2018 insoweit von der [X.] Rechtslage (§ 1586 Abs. 1 BGB) ab, als der nacheheliche Unterhalt für die [X.] nach Wiederverheiratung der Antragstellerin tituliert worden ist. Der Begrenzung der Dauer des nachehelichen Unterhalts bis zur Wiederheirat gemäß § 1586 Abs. 1 BGB kommt indes keine so wesentliche Bedeutung zu, als dass eine auf abweichendem Auslandsrecht beruhende Entscheidung nicht hinnehmbar erscheint. Grundsätzlich soll dann, wenn das ausländische Recht einen nachehelichen Unterhalt nicht kennt oder ihn aus nach [X.] Recht unmaßgeblichen Gründen ablehnt, der ordre public der Anerkennung nicht entgegenstehen ([X.]/[X.] [X.]/[X.] 4. Aufl. Art. 24 [X.]-UntVO Rn. 8 mwN). Ähnliches gilt im Grundsatz, wenn der Unterhalt über die nach [X.] Recht geltenden Grenzen hinaus zugesprochen wird (vgl. auch [X.]sbeschluss vom 17. Juni 2009 - [X.] 82/09 - FamRZ 2009, 1402 Rn. 11 zum rückwirkenden Unterhalt). Hinzu kommt, dass die Antragstellerin nach den Gründen des [X.] vom 2. Oktober 2018 ein gemeinsames Kind der Beteiligten betreute, das noch die Schule besuchte (vgl. auch Schilling [X.] 2015, 59).

5. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§§ 57, 48 Abs. 2 Satz 2 [X.] iVm § 74 Abs. 7 FamFG).

Dose    

        

[X.]    

        

[X.]

        

Botur    

        

Krüger    

        

Meta

XII ZB 268/19

24.08.2022

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Celle, 9. Mai 2019, Az: 17 UF 165/18

Art 25 Abs 1 Buchst b UhÜbk Haag 2007, § 113 Abs 1 S 2 FamFG, § 293 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.08.2022, Az. XII ZB 268/19 (REWIS RS 2022, 4806)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4806 MDR 2023, 21-22 REWIS RS 2022, 4806

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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