Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.06.2021, Az. XII ZB 416/19

12. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 5149

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Gegenstand

Vollstreckbarerklärung einer US-amerikanischen Unterhaltsentscheidung: Wahrung der Verteidigungsrechte bei Kenntniserlangung vom laufenden Gerichtsverfahren; Interessenabwägung bei einer nach dem Verfahrensrecht des Ursprungsstaats erfolgten fiktiven Zustellung der Benachrichtigung vom Verfahren; Pflicht zur Einlegung eines nach der Verfahrensordnung des Ursprungsstaats zulässigen Rechtsbehelfs nach Kenntniserlangung


Leitsatz

1. Nach Art. 22 lit. e Nr. i HUÜ 2007 ist nicht auf die formal ordnungsgemäße Zustellung der Benachrichtigung vom Verfahren, sondern auf die tatsächliche Wahrung der Verteidigungsrechte abzustellen. Diese gelten als gewahrt, wenn der Antragsgegner Kenntnis vom laufenden Gerichtsverfahren erlangt hat und deswegen seine Rechte geltend machen konnte (Fortführung von Senatsbeschluss vom 22. Mai 2019 - XII ZB 523/17, FamRZ 2019, 1271).

2. Ob im Fall einer nach dem Verfahrensrecht des Ursprungsstaats erfolgten fiktiven Zustellung der Benachrichtigung vom Verfahren die Verteidigungsrechte des Antragsgegners im Sinne von Art. 22 lit. e Nr. i HUÜ 2007 gewahrt sind, ist im Wege einer Abwägung der schützenswerten Interessen des Antragstellers und des Antragsgegners unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (Fortführung von Senatsbeschluss vom 28. November 2007 - XII ZB 217/05, FamRZ 2008, 390).

3. Der Versagungsgrund des Art. 22 lit. e Nr. i HUÜ 2007 entfällt nicht dadurch, dass der Antragsgegner nach Erlangung der Kenntnis von der ausländischen Entscheidung keinen nach der Verfahrensordnung des Ursprungsstaats zulässigen Rechtsbehelf eingelegt hat (Fortführung von Senatsbeschluss vom 3. April 2019 - XII ZB 311/17, FamRZ 2019, 996).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 8. [X.] des [X.] vom 12. August 2019 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Wert: bis 65.000 €

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Vollstreckbarerklärung einer von einem Gericht in [X.] erlassenen Entscheidung über Kindesunterhalt.

2

Aus der Ehe der Beteiligten sind drei gemeinsame, in den Jahren 1994, 1998 und 2001 geborene Kinder hervorgegangen. Nach der Trennung der Beteiligten im Jahr 2003 verblieb die Antragstellerin mit den Kindern am letzten gemeinsamen Wohnsitz der Familie in [X.]. Der Antragsgegner kehrte später nach [X.] zurück.

3

[X.] sprach das Bezirksgericht des zwanzigsten Gerichtsbezirks in und für [X.], [X.], (im Folgenden: Bezirksgericht) die Ehescheidung aus und verpflichtete den Antragsgegner, an die Antragstellerin für die Kinder einen vorläufigen monatlichen Unterhalt in Höhe von insgesamt 995 $ zu zahlen, wobei es sich die endgültige Festsetzung des Unterhalts einschließlich des Rückstands zu einem späteren [X.]punkt vorbehielt. Der Antragsgegner hatte den Scheidungsantrag unter Angabe einer Wohnanschrift in [X.] gestellt.

4

Auf einen im Jahr 2015 noch im Rahmen des Scheidungsverfahrens gestellten Antrag der Antragstellerin verpflichtete das Bezirksgericht den Antragsgegner in seiner Abwesenheit durch Entscheidung vom 23. Juli 2015 zur Zahlung rückständigen Kindesunterhalts in Höhe von 71.039,85 $ nebst 4,75 % Zinsen und Gerichtskosten. Das Gericht hatte diesen Antrag an die im Scheidungsverfahren ursprünglich angegebene Anschrift des Antragsgegners in [X.] versendet, an der er sich jedoch nicht mehr aufhielt. In den Entscheidungsgründen wird darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner trotz erfolgten [X.] als ordnungsgemäß benachrichtigt anzusehen sei, da eine Partei nach dem dortigen Recht das Gericht und die andere Partei von ihrer gegenwärtigen Anschrift in Kenntnis setzen müsse.

5

Das Amtsgericht hat dem Antrag der Antragstellerin, die [X.] vom 23. Juli 2015 mit der Vollstreckungsklausel zu versehen, hinsichtlich des [X.] und der Zinsen entsprochen. Auf die dagegen gerichtete, auf den Einwand fehlender Kenntnis vom [X.] gestützte Beschwerde des Antragsgegners hat das [X.] den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie weiter die Vollstreckbarerklärung erreichen will.

II.

6

Die nach § 46 [X.] zulassungsfrei statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

7

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Vollstreckung des [X.] sei gemäß Art. 22 lit. [X.] des [X.] 2007 zu verweigern, da der Antragsgegner im Verfahren in [X.] weder erschienen noch vertreten worden sei und keine Gelegenheit gehabt habe, gehört zu werden. Das Bezirksgericht habe den Antrag zwar nach dem in [X.] geltenden Verfahrensrecht ordnungsgemäß zugestellt. Allerdings handele es sich dabei um eine fiktive Zustellung, die einer öffentlichen Zustellung nach [X.] Recht vergleichbar sei. Denn bereits im Scheidungsurteil sei das Bezirksgericht davon ausgegangen, dass der Antragsgegner schon damals in [X.] gewohnt habe. Ob sich der Antragsgegner in einem Verfahren der Vollstreckbarerklärung auf die seine Verteidigungsmöglichkeiten beschränkende Ineffektivität einer fiktiven Zustellung berufen könne, sei im Wege einer Abwägung der beiderseitigen Interessen zu beurteilen. Obwohl der Antragsgegner nach der vorläufigen [X.] im [X.] mit einer weiteren [X.] habe rechnen müssen, falle die Abwägung zu Lasten der Antragstellerin aus. Denn diese habe zum [X.]punkt der Einleitung des neuen [X.] die Anschrift des Antragsgegners in [X.] gekannt, sie dem Bezirksgericht aber nicht mitgeteilt.

8

2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.

9

a) Die Vollstreckbarerklärung richtet sich für die von einem Bezirksgericht in [X.] erlassene [X.] nach Art. 19 ff. des [X.] über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen vom 23. November 2007 ([X.] [X.] 2007 - HUÜ 2007), das im Verhältnis zwischen der [X.] und den [X.] seit 1. Januar 2017 in Kraft ist (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Mai 2020 - [X.] 102/20 - FamRZ 2020, 1293 Rn. 5 [X.]).

Auch die Übergangsbestimmungen des Art. 56 Abs. 1 lit. b, Abs. 3 HUÜ 2007 stehen der Anwendung des Übereinkommens nicht entgegen. Die Antragstellerin hat ihren Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung nach dem genannten [X.]punkt des Inkrafttretens gestellt. Sie verfolgt damit zwar vor diesem [X.]punkt fällig gewordene Unterhaltsansprüche, jedoch handelt es sich dabei um Kindesunterhalt für einen [X.]raum, in dem keines der anspruchsberechtigten Kinder das 21. Lebensjahr bereits vollendet hatte.

b) Nach zutreffender Auffassung des [X.] ist die Vollstreckbarerklärung gemäß Art. 23 Abs. 7 lit. a iVm Art. 22 lit. [X.] HUÜ 2007 zu versagen. Hiernach kann die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung in den Fällen, in denen der Antragsgegner im Verfahren im [X.] weder erschienen noch vertreten worden ist, dann verweigert werden, wenn er, sofern das Recht des [X.]s eine Benachrichtigung vom Verfahren vorsieht, nicht ordnungsgemäß vom Verfahren benachrichtigt worden ist und nicht Gelegenheit hatte, gehört zu werden.

aa) Nach Art. 22 lit. [X.] HUÜ 2007 ist - übereinstimmend mit in anderen Regelungen vorgesehenen [X.] aus jüngerer [X.] - nicht auf die formal ordnungsgemäße Zustellung der Benachrichtigung vom Verfahren, sondern auf die tatsächliche Wahrung der Verteidigungsrechte abzustellen. Diese gelten als gewahrt, wenn der Antragsgegner Kenntnis vom laufenden Gerichtsverfahren erlangt hat und deswegen seine Rechte geltend machen konnte (zu Art. 34 Nr. 2 [X.] und Art. 34 Nr. 2 [X.] I-VO bzw. Art. 45 Abs. 1 lit. b [X.] Ia-VO vgl. Senatsbeschluss vom 22. Mai 2019 - [X.] 523/17 - FamRZ 2019, 1271 Rn. 13 f. [X.]). Im Gegensatz zu manchen älteren Übereinkommen (zu Art. 6 [X.] 1973 und Art. 27 Nr. 2 [X.] vgl. Senatsbeschluss vom 28. November 2007 - [X.] 217/05 - [X.], 390 Rn. 31 [X.]) stellt der Wortlaut des Art. 22 lit. [X.] HUÜ 2007 nicht auf eine ordnungsgemäße Zustellung im formalen Sinn ab. Die Vorschrift soll die Möglichkeit der Rechtsverteidigung durch tatsächliche Kenntnisnahme des Antragsgegners sicherstellen (vgl. Borrás/Degeling Explanatory Report on the Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance Rn. 487, veröffentlicht bei [X.]). Allerdings sind schwerwiegende Mängel bei der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig als ein starkes Indiz dafür zu berücksichtigen, dass dem Schuldner im [X.] kein ausreichendes rechtliches Gehör bei der Verfahrenseinleitung gewährt worden ist (zu Art. 34 Nr. 2 [X.] I-VO Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2007 - [X.] 240/05 - [X.], 586 Rn. 27 f.).

bb) Wie der Senat unter anderem zur Vorgängerregelung des Art. 6 des [X.] über die Anerkennung und Vollstreckung von [X.]en vom 2. Oktober 1973 ([X.] 1973) entschieden hat, sind fiktive Zustellungen - wie die öffentliche Zustellung oder die Zustellung durch Übergabe an den Staatsanwalt (remise au parquet) nach [X.] Recht - im Regelfall nicht als ausreichend anzusehen, weil sie dem [X.]n meistens keine effektive Möglichkeit eröffnen, vom Inhalt des zuzustellenden Schriftstücks tatsächlich Kenntnis zu nehmen und sich auf das Verfahren im [X.] einzulassen. Obwohl eine fiktive Zustellung aus diesem Grund vielfach auf eine Fiktion der Kenntnisnahme hinausläuft, kann hierin aber kein generelles Anerkennungshindernis gesehen werden, weil auch im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr nicht derjenige [X.] begünstigt werden soll, der sich der Rechtsprechung im [X.] durch Aufenthalt an einem unbekannten Ort entzieht. Ob sich der [X.] in einem späteren Verfahren der Vollstreckbarerklärung auf die seine Verteidigungsmöglichkeiten beschränkende Ineffizienz der fiktiven Zustellung berufen kann, ist im Wege einer Abwägung der schützenswerten Interessen des [X.] und des [X.]n zu beurteilen (Senatsbeschluss vom 28. November 2007 - [X.] 217/05 - [X.], 390 Rn. 31 [X.]; vgl. auch [X.] Beschluss vom 21. September 2017 - [X.]/16 - [X.], 1324 Rn. 25 zu Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ; Botur FamRZ 2010, 1860, 1864 f. zu Art. 34 Nr. 2 [X.] I-VO).

Im Rahmen dieser auch bei Art. 22 lit. [X.] HUÜ 2007 gebotenen Abwägung ist auf Seiten des Antragsgegners zu berücksichtigen, ob er die Veranlassung einer fiktiven Zustellung an ihn zu vertreten hat. Eine Anerkennung wird demnach trotz einer fiktiven Zustellung insbesondere dann in Betracht kommen, wenn der Antragsgegner sich einer andersartigen Zustellung mutwillig entzogen oder auf andere Weise seine Unkenntnis vom Verfahren verschuldet hat. Neben einem Vertretenmüssen des Antragsgegners kann jedoch im Einzelfall auch ein vorwerfbares Verhalten des Antragstellers zu berücksichtigen sein, welches bei wertender Betrachtung den Verursachungsbeitrag des Antragsgegners aufwiegen und das Interesse des Antragstellers an wirksamer grenzüberschreitender Unterhaltsvollstreckung (vgl. Art. 1 HUÜ 2007) hinter das Interesse des Antragsgegners an der Wahrung seiner Verteidigungsrechte zurücktreten lassen kann. Hierfür kommen namentlich solche Fälle in Betracht, in denen der Antragsteller während des laufenden Verfahrens im [X.] den tatsächlichen Aufenthalt des Antragsgegners erfährt, er das Gericht jedoch vor Erlass der Säumnisentscheidung nicht hiervon in Kenntnis setzt (vgl. Senatsbeschluss vom 28. November 2007 - [X.] 217/05 - [X.], 390 Rn. 32 ff. [X.]; [X.] Urteil vom 11. Juni 1985 - Rs. 49/84 - Slg. 1985, 1792, 1801 Rn. 31 f. - Debaecker = RiW 1985, 967 zu Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ).

cc) Nach diesen Maßstäben wurden die Verteidigungsrechte des Antragsgegners in dem der [X.] zugrunde liegenden Verfahren nicht in einer Art. 22 lit. [X.] HUÜ 2007 entsprechenden Weise gewahrt. Dabei bedarf es hier keiner Entscheidung, ob die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks an die letzte bekannte Anschrift des Antragsgegners nach den hierfür maßgeblichen (vgl. Senatsbeschluss vom 3. April 2019 - [X.] 311/17 - FamRZ 2019, 996 Rn. 22), vom Beschwerdegericht durch Rechtsgutachten festgestellten Regelungen des Bundesstaats [X.] möglicherweise mangels vorheriger Bemühungen zur Ermittlung seines tatsächlichen Aufenthaltsorts („diligent effort“) nicht ordnungsgemäß war. Denn auch bei Annahme einer formal ordnungsgemäßen Zustellung des Antrags hatte der Antragsgegner im Hinblick auf die hier erfolgte fiktive Zustellung und die weiteren maßgeblichen Umstände keine ausreichende Möglichkeit der Kenntnisnahme.

(1) Zutreffend nimmt das Beschwerdegericht auf der Grundlage seiner insoweit nicht angegriffenen Feststellungen eine fiktive Zustellung im genannten Sinne an. Hiernach war dem Bezirksgericht in [X.] bereits seit dem [X.] bekannt, dass sich der Antragsgegner tatsächlich nicht mehr an seiner letzten - für seine Verfahrensbeteiligung vom Gericht weiterhin verwendeten - Anschrift in [X.] aufhielt. Zudem waren im [X.] vor Erlass der Endentscheidung mehrere gerichtliche Postsendungen in Rücklauf gekommen. Dass der Antragsgegner seine nach dortigem [X.] bestehende Verpflichtung zur Mitteilung einer geänderten Anschrift nicht erfüllt hat, führt zu keiner anderen Einordnung.

(2) Davon ausgehend begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass das Beschwerdegericht im Rahmen der gebotenen Abwägung das Interesse des Antragsgegners an seiner Verteidigung als vorrangig angesehen hat. Denn nach den für den Senat bindenden Feststellungen des angefochtenen Beschlusses hatte er die Beeinträchtigung seiner Möglichkeit der Rechtsverteidigung im Verhältnis der Beteiligten zueinander nicht überwiegend zu vertreten.

Hiernach war für den Antragsgegner zwar bei Abschluss des Scheidungsverfahrens erkennbar, dass das [X.] vor dem Bezirksgericht zu einem späteren [X.]punkt fortgesetzt werden konnte. Zudem war er als Unterhaltsverpflichteter nach dem örtlichen, vom Beschwerdegericht hinreichend aufgeklärten Verfahrensrecht ([X.] Statutes § 742.032 [1]) verpflichtet, unter anderem seine Wohnanschrift amtlich zu hinterlegen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Dass er sich durch das Unterlassen einer solchen Mitteilung dem mehr als sechs Jahre später eingeleiteten [X.] mutwillig entzogen hat, ist hingegen nicht festgestellt und wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht. Demgegenüber hätte die Antragstellerin ohne Weiteres eine Beteiligung des Antragsgegners ermöglichen können, indem sie dem Bezirksgericht die ihr bekannte [X.] Wohnanschrift des Antragsgegners mitgeteilt hätte. Das vom Beschwerdegericht auch insoweit aufgeklärte Verfahrensrecht von [X.] ([X.] Statutes § 742.032 [2]) sieht in Bezug auf die Ermittlung des Aufenthalts des Schuldners ebenfalls eine Mitwirkungspflicht des Unterhaltsgläubigers vor.

dd) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat der Antragsgegner seine Beschwerde gegen die Vollstreckbarerklärung nicht nur auf einen - vom Beschwerdegericht folgerichtig nicht mehr geprüften - Erfüllungseinwand nach Art. 23 Abs. 8 HUÜ 2007, sondern auch auf den Einwand fehlender Kenntnis vom Verfahren gestützt. Diese Rüge ist ihm auch nicht deshalb verwehrt, weil er es etwa versäumt hätte, die [X.] mit einem nach der Verfahrensordnung des Bundesstaats [X.] möglicherweise zulässigen Rechtsbehelf anzufechten. Ob ihm ein solcher zur Verfügung stand oder gegebenenfalls immer noch steht, ist nach Art. 22 lit. [X.] HUÜ 2007 nicht erheblich. Diese Vorschrift sieht im Gegensatz zu anderen, vor allem unionsrechtlich geregelten Anerkennungshindernissen (etwa Art. 24 lit. [X.]; zu Art. 34 Nr. 2 [X.] I-VO vgl. Senatsbeschluss [X.]Z 191, 9 = [X.], 1568 Rn. 22 f.) nach ihrem Wortlaut keine Rechtsbehelfsobliegenheit zulasten des Antragsgegners vor. Gegen ein ungeschriebenes Erfordernis spricht zum einen der systematische Zusammenhang mit Art. 22 lit. [X.] 2007, der für den dort geregelten Fall eine derartige Obliegenheit ausdrücklich festlegt. Zum anderen hat der Senat bereits zu § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO und § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG entschieden, dass selbst eine Möglichkeit, später einen Rechtsbehelf gegen die ergangene Entscheidung einzulegen, der Verteidigung vor deren Erlass prozessual nicht gleichwertig ist, weil dem betreffenden Beteiligten andernfalls eine Tatsacheninstanz genommen würde (vgl. [X.]Z 120, 305 = FamRZ 1993, 311, 313; Senatsbeschluss vom 3. April 2019 - [X.] 311/17 - FamRZ 2019, 996 Rn. 27 [X.]). Diese Erwägung gilt ebenso für Art. 22 lit. [X.] HUÜ 2007.

3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§§ 57, 48 Abs. 2 Satz 2 [X.] iVm § 74 Abs. 7 FamFG).

Dose     

      

[X.]     

      

[X.]

      

Botur     

      

Guhling     

      

Meta

XII ZB 416/19

09.06.2021

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 12. August 2019, Az: 8 UF 128/19

Art 22 Buchst e Nr 1 UhÜbk Haag 2007, Art 23 Abs 7 Buchst a UhÜbk Haag 2007

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.06.2021, Az. XII ZB 416/19 (REWIS RS 2021, 5149)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 1320-1321 NJW 2021, 3601 REWIS RS 2021, 5149

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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