Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2003, Az. 2 StR 300/03

2. Strafsenat | REWIS RS 2003, 1187

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[X.] DES [X.]/03vom15. Oktober 2003in der Strafsachegegenund anderewegen Mordes u.a.- 2 -Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 15. [X.], an der teilgenommen haben:[X.] am [X.]. [X.]als Vorsitzender,[X.] am [X.]. h.c. Detter,[X.]in am [X.]. [X.],[X.] am BundesgerichtshofRothfuß und[X.]in am [X.]als beisitzende [X.],[X.] in der Verhandlung,Staatsanwältin bei der Verkündung als Vertreter der [X.]schaft,Rechtsanwalt als amtlich bestellter Vertreter des Nebenklägervertreters für die Nebenklägerin ,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Auf die Revision der Nebenklägerin [X.] wird das Ur-teil des [X.] vom 24. Februar 2003, soweit es [X.] S. betrifft, mit den Feststellungen - mit [X.] derer zum äußeren Tatgeschehen - aufgehoben.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlungund Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, aneine andere Schwurgerichtskammer des [X.].Die weitergehende Revision wird verworfen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat die Angeklagte wegen Anstiftung zum Totschlagund zum Führen einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe zu einer Frei-heitsstrafe von zehn Jahren verurteilt.Die Revision der Nebenklägerin [X.] richtet sich mit derSachrüge dagegen, daß keine Verurteilung wegen Mordes in Mittäterschaft,zumindest aber wegen Anstiftung zum Mord erfolgt ist. Das Rechtsmittel hatweitgehend Erfolg; lediglich die Feststellungen zum äußeren [X.] 4 -Nach den Feststellungen des [X.]s hatte die verheiratete [X.] S. mit dem späteren [X.] ein intimes Verhältnis, das sie im [X.] auf eine neue Beziehung zum Mitangeklagten [X.] beendete. Da [X.] hinnehmen wollte, kamen die beiden Angeklagten überein, daß [X.] den [X.]erschießen solle, wenn dieser die Angeklagte S. nicht freigebe. Am 28. Juli2002 trafen sich [X.] und die beiden Angeklagten zu einer Aussprache, bei der[X.], was S. wußte, einen Revolver versteckt mit sich führte. Die drei hatten - imAuto des [X.] sitzend ([X.] am Steuer, die Angeklagte S. auf dem Beifahrersitz und[X.] hinter dem Fahrer) - ein längeres Streitgespräch. Als [X.] den [X.] aufforderte,das Fahrzeug zu verlassen, zog dieser den mitgeführten Revolver heraus undschoß dem [X.] in den [X.], wobei er dessen Arg- und Wehrlosigkeit [X.] ausnutzte. Das Opfer starb - wie beabsichtigt - an den Folgen des [X.].Das [X.] hat den Mitangeklagten [X.] wegen Mordes (in Tateinheitmit Führen einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe, mit Ausübung dertatsächlichen Gewalt über halbautomatische Selbstladekurzwaffen und mitAusübung der tatsächlichen Gewalt über Schußwaffen) zu einer lebenslangenFreiheitsstrafe verurteilt.Hinsichtlich der Angeklagten S. hat die [X.] die Annahme [X.] verneint und auch eine Verurteilung wegen Anstiftung zum Mordabgelehnt.Beides begegnet rechtlichen Bedenken.1. Die Verneinung von Mittäterschaft der Angeklagten S. hält rechtlicherNachprüfung nicht stand.- 5 -Der Tatrichter hat zwar die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahmeerörtert (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 16. Juli 2003 - 2 StR 68/03). [X.] Betrachtung beruht jedoch auf einem zu engen Verständnis der Be-urteilungsgrundlage. Auch wird seine Annahme, die Angeklagte S. habe [X.] nicht als eigene gewollt, sie habe keinen eigenständigen Tatbeitrag ge-leistet und keine Herrschaft über die konkrete Tatausführung gehabt, von dengetroffenen Feststellungen nicht getragen.Im Rahmen der erforderlichen Gesamtbewertung durfte das [X.]bei der rechtlichen Einordnung der Tatbeiträge der Angeklagten S. nicht aus-schließlich auf die Ausführung der eigentlichen Tötungshandlung und [X.] in dieser konkreten Situation abstellen (vgl. [X.], 435).Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) erfordert - auf der Grundlage gemein-samen Wollens - einen die Tatbestandserfüllung fördernden Beitrag, der sichauf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränken oder ineiner geistigen Mitwirkung liegen kann. Gemeinschaftliche Begehung der Tatsetzt also nicht voraus, daß jeder Mittäter selbst ein gesetzliches Tatbestands-merkmal verwirklicht hat. Hat ein Beteiligter einen wesentlichen Beitrag geleis-tet, so ist er als Mittäter anzusehen, wenn er die Tat als eigene wollte. Das be-deutet eine Einstellung des Mitwirkenden, die seinen Tatbeitrag nicht als bloßeFörderung fremden Tuns erscheinen läßt, sondern als Teil der Tätigkeit aller.Ob er ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen,die von seiner Vorstellung umfaßt sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen.Bedeutsame Anhaltspunkte für eine Beteiligung als Mittäter können sein derGrad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die- 6 -Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft. Diesen [X.] das angefochtene Urteil nicht gerecht.Nach den Feststellungen des [X.]s brachte die Angeklagte S.den [X.] dazu, daß man sich darüber einig wurde, daß [X.] den [X.] erschießensollte. Hieran hatte die S. ein starkes eigenes Interesse, da sie sich durch [X.]erheblich belästigt fühlte. Die Angeklagte S. ging auch auf den Vorschlag des[X.] ein, sich zu treffen, um - je nach Ausgang des Gesprächs - dem [X.] zu er-möglichen, den [X.] zu erschießen. Danach ist die Annahme des [X.]s,die Angeklagte S. habe die Tötung des [X.] nicht als eigene Tat gewollt, nichtnachzuvollziehen. Die Angeklagte S. hatte im übrigen auch insoweit Tatherr-schaft, als sie die Tötung durch den Mitangeklagten [X.] unschwer hätte [X.] können. Auf die [X.] bei der Tatbegehung selbst, auf die [X.] entscheidend abstellt, kommt es nicht ausschlaggebend an.Daß sie vom konkreten Geschehensablauf "unwiderlegbar" überraschtund erschreckt war, wie das [X.] meint, versteht sich - wenn man [X.] beimessen will - ebenfalls nicht von selbst. Diese Einlassung [X.] war nicht ohne weiteres als glaubhaft zugrundezulegen, da [X.], daß [X.] die Schußwaffe zum Töten des [X.] dabei hatte und die Bedin-gung hierfür (nicht Freigeben der Angeklagten S. durch [X.]) eingetreten war.2. Die Verneinung einer Anstiftung zum Mord weist ebenfalls Rechts-fehler auf.Das [X.] hat eine Verurteilung wegen Anstiftung zum [X.], weil der Angeklagten S. nicht nachzuweisen sei, daß die konkrete Be-gehungsweise der Tötung des [X.] abgesprochen gewesen sei. Die [X.] habe sich vielmehr unwiderlegbar und glaubhaft dahingehend eingelassen,- 7 -daß sie von dem Knall erschreckt war und konkret mit dieser Art und Weise [X.] in diesem Moment nicht gerechnet habe.Der Tatrichter hat rechtsfehlerhaft nicht erörtert, ob die Angeklagte [X.] Möglichkeit einer heimtückischen Tatbegehung durch [X.] vorhergesehenund billigend in Kauf genommen hat (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2003 -2 StR 68/03; [X.], 434, 435). Der [X.] muß die [X.] nicht in allen Einzelheiten, sondern nur in ihren Hauptmerkmalen [X.]. In diesem Zusammenhang hätte der Tatrichter darauf eingehen müs-sen, daß der Mitangeklagte [X.] mit Wissen und Wollen der Angeklagten [X.] einen Revolver mit sich führte, um gegebenenfalls den [X.] zu erschießen.Die getroffenen Feststellungen legen nahe, daß auch die Angeklagte [X.] war, daß [X.] grundsätzlich ahnungslos war. Daß die Angeklagte S. zumZeitpunkt der [X.] "konkret mit dieser Art und Weise der Tatbege-hung in diesem Moment nicht gerechnet hatte" ([X.]) - wobei die [X.] ohnehin nach den getroffenen Feststellungen die Einlassung der [X.] nicht ohne nähere Begründung als unwiderlegbar und glaubhaft [X.] durfte - schließt keinesfalls aus, daß sie die - eher naheliegende - Mög-lichkeit einer heimtückischen Tatbegehung durch [X.] vorhergesehen und billi-gend in Kauf genommen hat. Daß sie vom Knall erschreckt war, besagt [X.] nichts über ihre Vorstellung zur Tatausführung.- 8 -Durch die aufgezeigten Rechtsfehler werden die Feststellungen zumäußeren Tatgeschehen nicht berührt und können daher bestehen bleiben.[X.] Detter [X.] Rothfuß Roggenbuck

Meta

2 StR 300/03

15.10.2003

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2003, Az. 2 StR 300/03 (REWIS RS 2003, 1187)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1187

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