Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.10.2018, Az. 30 W (pat) 54/17

30. Senat | REWIS RS 2018, 2704

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "MW ECO TOP" – Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2016 026 947.9

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 18. Oktober 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. von Hartz

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 2 des [X.] vom 13. Februar 2017 und vom 17. Oktober 2017 insoweit aufgehoben, als darin die Anmeldung für die Waren und Dienstleistungen

„[X.] [elektrisch]; [X.]; Asbest; Waren aus Kunststoffen [Halbfabrikate]; Fassadenverkleidungsplatten aus Kunststoff [Halbfabrikate], insbesondere Fassadenverkleidungsplatten aus Schaumstoff; Fassadenverkleidungsplatten aus Kunststoff als Isoliermaterial, insbesondere Fassadenverkleidungsplatten aus Schaumstoff; Fassadenverkleidungsplatten aus Kunststoff [nicht für [X.]], insbesondere Fassadenverkleidungsplatten aus Schaumstoff; Erziehung“

zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

MW [X.] [X.]

3

ist am 19. September 2016 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register unter der Nummer 30 2016 026 947.9 für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

„Klasse 01: chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke, insbesondere Klebeschäume; Klebstoffe auf Polyurethanschaumbasis; [X.]; [X.]; Feuchtigkeitsimprägniermittel;

5

Klasse 02: Farben; Firnisse; Lacke; Anstrichmittel; Holzschutzmittel; Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen; Verdünnungsmittel für sämtliche vorgenannte Waren; [X.], insbesondere [X.] zum Auftragen auf Dämmplatten; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler und Dekorateure; streichfähige Makulatur als Grundierungsmittel; Grundierungsmittel als Anstrichfarbe; Terpentin und andere organische Lösungsmittel als Farbverdünner;

6

Klasse 07: maschinelle Auftragsgeräte für Klebstoffe, Grundiermittel, Farben und andere Beschichtungsmittel; Kompressoren [Maschinen]; Pumpen [Maschinen]; Schleifmaschinen; Fräsen [Maschinen]; Rührgeräte [elektrisch]; [X.]; Werkzeugmaschinen; Maschinen für die Oberflächenbearbeitung;

7

Klasse 08: handbetätigte Werkzeuge; handbetätigte Geräte für die Fassaden- und Dämmtechnik sowie für das Maler- und Stuckateurhandwerk; Messerschmiedewaren; Fräsen [Handwerkzeuge];

8

Klasse 17: Kautschuk, Guttapercha, Gummi, Asbest, Glimmer; Waren aus Kunststoffen [Halbfabrikate]; Fassadenverkleidungsplatten aus Kunststoff [Halbfabrikate], insbesondere Fassadenverkleidungsplatten aus Schaumstoff; Fassadenverkleidungsplatten aus Kunststoff als Isoliermaterial, insbesondere Fassadenverkleidungsplatten aus Schaumstoff; Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; Dämmstoffe; Dämmplatten; Schläuche [nicht aus Metall]; aus [X.] bestehende Wärme-Dämm-Verbundsysteme;

9

Klasse 19: Baumaterialien [nicht aus Metall, soweit in Klasse 19 enthalten]; [X.] für [X.], insbesondere [X.] zum Auftragen auf Dämmplatten, auch als 2-Komponenten-[X.]; Fassadenmörtel; Verputzmittel; Edelputz; Streichputz; Fertigmörtel; [X.]; Baukalk; Estrich; Spachtelmassen und Grundierungsmittel [soweit in Klasse 19 enthalten] für [X.]; Asphalt, [X.] und Bitumen; Spachtelmassen zum Glätten und Ausbessern eines rauen Untergrundes als Verputzmittel; Fassadenverkleidungsplatten aus Kunststoff [nicht für [X.]], insbesondere Fassadenverkleidungsplatten aus Schaumstoff;

Klasse 37: Bauwesen; Reparaturwesen im Bereich der Fassaden- und Dämmtechnik bei Gebäuden; Installationsarbeiten im Bereich der Fassaden- und Dämmtechnik bei Gebäuden; Installation von Fassaden- und Dämmplatten bei Gebäuden sowie Wartungs- und Reparaturarbeiten zur Sanierung von Gebäuden;

Klasse 41: Veranstaltung von Seminaren, Unterricht und Ausbildung in handwerklichen Tätigkeiten; Ausbildung; Erziehung“.

Die Markenstelle für Klasse 2 hat die Anmeldung mit Beschlüssen vom 13. Februar 2017 und vom 17. Oktober 2017, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, teilweise zurückgewiesen. Der angemeldeten Bezeichnung fehle es für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]):

„Klasse 07: maschinelle Auftragsgeräte für Klebstoffe, Grundiermittel, Farben und andere Beschichtungsmittel; Rührgeräte [elektrisch]; [X.]; Maschinen für die Oberflächenbearbeitung;

Klasse 08: handbetätigte Werkzeuge; handbetätigte Geräte für die Fassaden- und Dämmtechnik sowie für das Maler- und Stuckateurhandwerk;

Klasse 17: Asbest, Waren aus Kunststoffen [Halbfabrikate]; Fassadenverkleidungsplatten aus Kunststoff [Halbfabrikate], insbesondere Fassadenverkleidungsplatten aus Schaumstoff; Fassadenverkleidungsplatten aus Kunststoff als Isoliermaterial, insbesondere Fassadenverkleidungsplatten aus Schaumstoff; Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; Dämmstoffe; Dämmplatten; Schläuche [nicht aus Metall]; aus [X.] bestehende Wärme-Dämm-Verbundsysteme;

Klasse 19: Baumaterialien [nicht aus Metall, soweit in Klasse 19 enthalten]; [X.] für [X.], insbesondere [X.] zum Auftragen auf Dämmplatten, auch als 2-Komponenten-[X.]; Verputzmittel; [X.]; Estrich; Spachtelmassen und Grundierungsmittel [soweit in Klasse 19 enthalten] für [X.]; Spachtelmassen zum Glätten und Ausbessern eines rauen Untergrundes als Verputzmittel; Fassadenverkleidungsplatten aus Kunststoff [nicht für [X.]], insbesondere Fassadenverkleidungsplatten aus Schaumstoff;

Klasse 37: Bauwesen; Reparaturwesen im Bereich der Fassaden- und Dämmtechnik bei Gebäuden; Installationsarbeiten im Bereich der Fassaden- und Dämmtechnik bei Gebäuden; Installation von Fassaden- und Dämmplatten bei Gebäuden sowie Wartungs- und Reparaturarbeiten zur Sanierung von Gebäuden;

Klasse 41: Veranstaltung von Seminaren, Unterricht und Ausbildung in handwerklichen Tätigkeiten; Ausbildung; Erziehung.“

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, das angemeldete Zeichen kombiniere die Buchstabenkombination „MW“ mit den Worten „[X.]“ und „[X.]“. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen werde die Buchstabenkombination „MW“ im Hinblick auf die [X.] Norm [X.] in erster Linie als Abkürzung für den Werkstoff „[X.]“ verstanden. Der [X.] „[X.]“ werde als Kurzform der [X.] Begriffe „economical“ oder „ecological“ vielfach in Wortverbindungen verwendet, um auf eine besondere Wirtschaftlichkeit oder Umweltfreundlichkeit von Produkten hinzuweisen. Dieses Verständnis gelte auch im vorliegenden Fall der Alleinstellung des [X.]s „[X.]“. Der [X.] „[X.]“ sei in nachgestellter Stellung ein bekannter Spitzenstellungshinweis. Insofern werde der angesprochene Verkehr das Anmeldezeichen vorrangig als sachbezogenen Hinweis verstehen. Das Anmeldezeichen weise auf ökonomisch und/oder ökologisch optimierte Angebote höchster Güte mit Bezug zur [X.] hin. An diesem Ergebnis änderten auch nichts die von der Anmelderin vorgetragenen Voreintragungen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Das angemeldete Zeichen zeige – so die Anmelderin – eine begriffliche Unschärfe. Für den hier angesprochenen „Otto-Normalverbraucher“ stelle die Abkürzung „MW“ keine geläufige Abkürzung dar. In den [X.] finde sich kein entsprechender Nachweis. Die Markenstelle belege nicht, dass die [X.] Norm [X.] bereits zum Anmeldezeitpunkt dem „Otto-Normalverbraucher“ bekannt gewesen ist. Ferner werde in dem Anmeldezeichen der Wortbestandteil „[X.]“ nicht in Alleinstellung verwendet, so dass ihm nicht die Bedeutung „ökologisch wertvoll“ zukomme. Hieraus folge aber auch, dass das Anmeldezeichen keinen klaren Bedeutungsinhalt aufweise.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 2 vom 13. Februar 2017 und vom 17. Oktober 2017 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist gemäß § 66 [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie nur im tenorierten Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie nicht begründet; insoweit ist die angemeldete Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen. Die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb zu Recht teilweise zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 und 5 [X.]).

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] GRUR 2012, 610 Rn. 42 – [X.]; [X.], 808 Rn. 66 f. – [X.]; [X.], 932 Rn. 7 – #darferdas?; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]; [X.], 731 Rn. 11 – [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 233 Rn. 45 – Standbeutel; [X.], 229 Rn. 27 – [X.]; [X.], 932 Rn. 7 – #darferdas?). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.], 1143 Rn. 7 – [X.]; GRUR 2012, 1044 Rn. 9 – [X.]). Ebenso ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes – zusammengesetztes – Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 Rn. 53 – [X.]; [X.], 173 Rn. 16 – for you). Eine analysierende Betrachtungsweise ist unzulässig, weil sich aus ihr keine in den Vordergrund drängende, für den Durchschnittsverbraucher ohne weiteres ersichtliche Beschreibung von Waren ergibt ([X.], 564 Rn. 24 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen [X.]e, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.], 376 Rn. 11 – grill meister).

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen [X.]e lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor; [X.], 1143 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2012, 270, 271 Rn. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.], 932 Rn. 8 – #darferdas?; [X.], 850, 854 Rn. 19 – [X.]; [X.], 1050, 1051 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] 2010, 1100 Rn. 23 – [X.]!; [X.], 850 Rn. 28 f. – [X.]).

;

a) Zu den von den beanspruchten Waren und Dienstleistungen angesprochenen [X.]en gehören sowohl der Fachverkehr als auch der Durchschnittsverbraucher, wobei es sich überwiegend um Waren handelt, die mit Bedacht und auch nach fachkundiger Beratung nachgefragt werden. Soweit die Anmelderin der Auffassung ist, lediglich der „Otto-Normalverbraucher“ sei der angesprochene [X.], kann dem nicht beigetreten werden. Es handelt sich bei den beanspruchten Waren und Dienstleistungen um solche, die in erster Linie der Fachverkehr zur Ausübung seiner Tätigkeit benötigt bzw. um Dienstleistungen, die in erster Line den Fachverkehr ansprechen.

b) Das Anmeldezeichen ist ersichtlich aus den drei [X.]en „MW“, „[X.]“ und „[X.]“ gebildet.

aa) Die Buchstabenfolge „MW“ wird – zumindest vom Fachverkehr – als Abkürzung für „[X.]“ verstanden.

(1) Die Buchstabenfolge „MW“ besteht aus zwei Konsonanten, die kein eigenständiges Wort der [X.] oder einer dem angesprochenen Verkehr sonst geläufigen (insbesondere der [X.]) Sprache bilden. Es liegt daher nahe, die angemeldete Buchstabenfolge entweder als willkürliche Buchstabenverbindung ohne inhaltliche Bedeutung oder als Abkürzung zu verstehen (vgl. [X.] 28 W (pat) 512/13). Letzteren fehlt dann die erforderliche Unterscheidungskraft, wenn sie gebräuchliche und für die angesprochenen [X.]e verständliche Abkürzungen beschreibender Angaben darstellen oder es sich um eine Angabe handelt, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. [X.] 2002, 262 – [X.]; [X.], 343, 344 – Buchstabe Z).

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Abkürzungen sprachliche Hilfsmittel darstellen, die nicht ohne weiteres der korrekten vollständigen Wiedergabe der jeweiligen Sachbezeichnung gleichgestellt werden dürfen. Deshalb sind nur solche Abkürzungen schutzunfähig, die ebenso wie die betreffende vollständige Beschaffenheitsangabe beschreibend eingesetzt werden können, weil sie in diesem Sinne gebräuchlich oder zumindest aus sich heraus für die beteiligten [X.]e verständlich sind, wobei es im Einzelfall auch auf die Kenntnisse von Fachleuten ankommen kann ([X.], 30 W (pat) 526/17 – [X.]; [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 8 Rn. 428). Maßgeblich sind die jeweils branchenüblichen Kennzeichnungsgewohnheiten, so dass nicht ohne weiteres nur auf spezielle Fachausdrücke im angemeldeten Waren- und Dienstleistungsverzeichnis abgestellt werden darf (vgl. [X.], 1206 Rn. 13 – [X.]). Für die Annahme einer beschreibenden Bezeichnung reicht ferner der bloße Eintrag in einem Abkürzungslexikon für sich gesehen noch nicht ohne weiteres aus ([X.], 1127 Rn. 13 – [X.]/[X.]solar). Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass sämtliche in derartigen - häufig sehr umfangreichen - Wörterbüchern verzeichneten Abkürzungen dem gängigen Sprachgebrauch entsprechen. Insoweit bedarf es vielmehr weiterer Anhaltspunkte, die im Einzelfall darauf schließen lassen, dass die fragliche Angabe im Verkehr als beschreibende Abkürzung verstanden und deshalb auch als solche verwendet werden kann ([X.], 1127 Rn. 13 – [X.]/[X.]solar).

(2) Ausgehend hiervon stellt die Buchstabenfolge „MW“ für den Fachverkehr eine verständliche Abkürzung dar, die er wie die ausgeschriebene Bezeichnung „[X.]“ verwendet.

Dies ergibt zunächst aus der [X.]n Norm [X.]. Sie hat zum Gegenstand Wärmedämmstoffe für Gebäude. Als Titel wird angeführt: [X.] hergestellte Produkte aus [X.] (MW) – Spezifikation, Ausgabe 2015-04. Als [X.] Norm – Ausgabe April 2015 – ist dem Fachverkehr der [X.] bereits zum Anmeldezeitpunkt am 19. September 2016 bekannt gewesen, zumal eine einschlägige [X.] Norm Grundlage handwerklicher Arbeit ist. Zudem handelt es sich bei der Buchstabenfolge „MW“ um die standardmäßige und dem Fachverkehr geläufige Abkürzung für den Begriff „[X.]“, wie Auszüge aus verschiedenen Fachbüchern zum Thema Wärmeschutz belegen (vgl. Schild/[X.], Wärmeschutz, 2. Aufl. (2013), [X.]: „[X.] (MW) nach [X.] [X.]“; [X.], Energieausweis, [X.], 3. Aufl. (2009), [X.] ff, 107: „[X.] (MW) nach [X.] [X.]“; [X.]/ Oberhaus/ [X.]/Haegele, Wärmedämm-Verbundsysteme, 1. Aufl. (2007), [X.] ff.). Aber auch im Zusammenhang mit dem Thema Schallschutz wird die Buchstabenkombination „MW“ im Sinne von „[X.]“ verwendet (vgl. [X.]/ Oberhaus/ [X.]/Haegele, Wärmedämm-Verbundsysteme, 1. Aufl., [X.]). Insoweit kann festgestellt werden, dass die Abkürzung „MW“ die Kurzbezeichnung für „[X.]“ ist und einen festen Fachterminus darstellt. Ferner wird die Kurzbezeichnung im gleichen Sinne in anderen Buchstabenkombinationen wie „[X.]“ ([X.]-Lamellenplatten) oder „[X.]“ ([X.]-Dämmplatten) verwendet (vgl. [X.]/Oberhaus/[X.]/Haegele, Wärmedämm-Verbundsysteme, 1. Aufl. (2007), S. 59).

In diesem Sinne wird die Buchstabenkombination im Anmeldezeitpunkt auch im geschäftlichen Verkehr verwendet, wie nachfolgende Beispiele verdeutlichen:

· „04-HECK L-MW“ ([X.]-Lamellensystem), vgl. www.wall-systems.com

· „[X.] 035“, Produktinformation: „werkmäßig hergestellte [X.] (MW) gem. [X.] [X.]“; www.rockwool.de

· Künstliche Mineralfaserdämmstoffe, Jan. 2011, [X.], und Raumforschung; [X.] ([X.])

· „Profilfüller aus [X.] (MW) „Die [X.]““, www.toka-profil.de.

Soweit die Anmelderin anführt, dass dem angesprochenen Hobbyhandwerker die „Spezialabkürzung“ nicht geläufig sei und deshalb dem Anmeldezeichen kein Schutzhindernis entgegenstehe, bleibt dieser Einwand ohne Erfolg. Angesprochen ist – wie ausgeführt - in erster Linie der Fachverkehr und diesem war die Abkürzung „MW“ für [X.] im Zeitpunkt der Anmeldung bekannt und geläufig.

bb) Wie der Senat bereits in seiner – ebenfalls eine Anmeldung der Anmelderin betreffende – Entscheidung 30 W pat) 511/16 – [X.] ausgeführt hat, sind die [X.]e „[X.]“ und „[X.]“ gebräuchliche Wortbildungselemente, die für sich genommen ohne weiteres die auf der Hand liegende, schlagwortartige Sachaussage vermitteln, dass Waren und Dienstleistungen „ökologisch/ ökonomisch hervorragend/spitzenmäßig“ sind. Dies gilt im Hinblick auf den ökologischen Aspekt auch in Bezug auf die vorliegend beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen. Der ökologische Aspekt hielt in der Baubranche bereits geraume Zeit vor der Markenanmeldung Einzug, wie die der Anmelderin im Vorfeld übersandten Recherchebelege des Senats verdeutlichen. In dem Magazin „Zukunftsletter“ November 2000 wurde unter dem Titel „Revolution der Materie: Das Ende des petrochemischen Zeitalters steht uns bevor“ ausgeführt:

„Natürliche Dämmstoffe halten Einkehr in den Gebäudebau… Im Baugewerbe versuchen derzeit die [X.] mit gezielten Marketingaktivitäten (z. [X.]) den Verbau hochdämmender Lösungen zu befördern“.

Unter dem Titel "Bindemittel definieren [X.] neu", der im [X.] unter www.baulinks.de im [X.] – und somit lange vor dem Anmeldetag – veröffentlicht wurde, wurde ausgeführt, dass die bewährte Technik bei der Herstellung von Glaswolle vorsah, als Bindemittel Verbindungen aus Harnstoff oder Aldehyden zu verwenden. Als Nebeneffekt zähle die Färbung der Fasern dieser Bindemittel. Weiter heißt es:

„Optimierung durch Weiterentwicklung

Im Zuge der [X.] wurden im vergangenen Jahr [X.]produkte mit anderen Bindemitteltechnologien auf dem [X.]n Markt vorgestellt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in [X.] Bauprodukte möglichst formaldehydfrei sein sollen, gehörte dieser Markt zu den ersten, in denen formaldehydfreie Glaswolle präsentiert wurde. Aber auch auf dem [X.] Markt gibt es aktuell zwei Hersteller bzw. Anbieter formaldehydfreier [X.] ([X.] und [X.]). Bei beiden kommen andere, als die bisher üblichen Bindemittel zum Einsatz. Und obwohl die beiden Hersteller verschiedene Bindemittel verwenden, bleibt ihnen doch gemeinsam, dass diese jeweils frei von Formaldehyd sind.

Unterschiedliche Konzepte, sprich Rezepturen

Während [X.] ein neues, natürliches Bindemittel auf Zuckerbasis verwendet (Stichwort: "[X.]SE-Technology"), kommt bei [X.] ein Acrylbindemittel auf Wasserbasis zum Einsatz, welches mit mehr als zehnjähriger Einsatzerfahrung bei der Dämmung von Gebäuden in den [X.] und [X.] sowohl Praxiskompetenz als auch dauerhafte Funktionssicherheit erwarten lässt. Inwieweit sich das neue Bindemittel auf Zuckerbasis in der Praxis bewähren wird, bleibt dagegen zu beobachten. Gerade bei Verwendung in Außenbauteilen wie Dach oder Fassaden, die gerne von Schädlingen wie Insekten oder Nagern befallen werden, könnte möglicherweise ein zuckerbasiertes Bindemittel für einen Schädlingsbefall weniger hinderlich sein als ein Acrylbindemittel, das Insekten, Bakterien oder auch Schimmelpilzen wohl keinerlei Nährboden bietet.

Bei beiden neuen [X.] sollen weder Emissionen von Formaldehyd auftreten können, noch sind Lösungsmittel, Farbstoffe oder andere flüchtige Bestandteile ([X.]) enthalten, was einen positiven Einfluss auf die Luftqualität in Innenräumen hat. Daneben führen die neuen Bindemitteltechnologien dazu, dass sich die Glaswolle deutlich weicher und angenehmer anfühlt. Hinzu kommt eine wesentlich geringere Staubbildung. In Summe bedeutet dies: eine erheblich reizärmere und zugleich gesundheitsfördernde Verarbeitung.“

Die Artikel verdeutlichen, dass der ökologische Aspekt bereits lange vor dem Anmeldezeitpunkt auch unter der Bezeichnung „Eco“ zumindest dem Fachverkehr geläufig gewesen ist.

cc) In der Gesamtheit wird der Fachverkehr das Anmeldezeichen, wie die Markenstelle zutreffend herausgearbeitet hat, in dem Sinne verstehen, dass Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit [X.] unter ökologischen Gesichtspunkten höchster Güte entsprechen. Die angemeldete Bezeichnung erschöpft sich somit in einer aus sich heraus verständlichen und für den Fachverkehr sofort erfassbaren schlagwortartigen ([X.] über die Bestimmung bzw. den Inhalt der Waren und Dienstleistungen.

Das bloße Aneinanderreihen von beschreibenden Bestandteilen eines Zeichens bleibt im Allgemeinen – wie auch vorliegend – beschreibend, selbst wenn es sich um eine auf die Anmelderin zurückzuführende begriffliche Neuschöpfung handeln sollte (vgl. [X.] GRUR 2004, 680 Rn. 39 – [X.]; [X.], 565 Rn. 21 – [X.]; [X.], 30 W (pat) 511/16 – [X.]). Eine schutzbegründende Änderung, insbesondere in syntaktischer oder semantischer Art, kann dem Anmeldezeichen nicht entnommen werden. Die Anmelderin legt auch nicht dar, inwiefern – zumindest der Fachverkehr – das Anmeldezeichen nicht als beschreibende Sachangabe verstehen sollte. Der Vortrag der Anmelderin beschränkt sich darauf, den „Otto-Normalverbraucher“ als angesprochenen [X.] zu definieren und ihm jedwede Kenntnis zum Thema [X.] als Dämmmaterial abzusprechen. Dies entspricht nicht der von der Markenstelle und dem Senat recherchierten [X.]. Das Anmeldezeichen spezifiziert vielmehr in sinnhafter, werbetypischer Weise Inhalt und Zweck der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen.

Soweit die angemeldete Zeichenfolge nicht näher erkennen lässt, welche ökologischen Aspekte der [X.] höchster Güte entsprechen und eine Spitzenstellung begründen, kann dem eine schutzbegründende Unbestimmtheit des [X.] nicht entnommen werden. Es entspricht dem Charakter einer Werbeaussage, einen möglichst weiten Bereich warenbezogener Eigenschaften, Vorteile oder Leistungsinhalte schlagwortartig zu erfassen, ohne diese im Einzelnen zu benennen.

c) Im Einzelnen:

aa) Der Fachverkehr wird dem Anmeldezeichen für nachfolgende Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen:

Klasse 17:

Alle vorstehenden Waren sind Dämmstoffe oder Teile davon, die aus [X.] hergestellt sein können, wie vorstehend aufgeführte Nachweise es belegen. Sie können unter ökologischen Gesichtspunkten höchster Güte entsprechen, weil sie z. B. mit Hilfe naturbelassener Bindemittel hergestellt worden sind. Das Anmeldezeichen beschreibt somit lediglich die Waren und deren Güte.

Das Anmeldezeichen dient in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 37 („

bb) Zu den nachfolgenden Waren weist das angemeldete Zeichen einen zumindest engen beschreibenden Bezug auf:

Klasse 07:

Klasse 08:

Diese Waren können zum Einsatz kommen, wenn es um die Verarbeitung von [X.]produkten geht. Dies gilt auch für die Ware „

Aber auch zu den Waren der Klasse 19 („

Nichts anderes gilt für die Ware „

Schließlich kann eine [X.], die ökologisch höchster Güte entspricht, Thema der in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen „

c) Die Anmelderin kann sich zur Ausräumung des [X.] auch nicht auf eine ihrer Meinung nach abweichende Eintragungspraxis berufen. Nach übereinstimmender höchstrichterlicher Rechtsprechung lässt sich aus Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen herleiten, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt (vgl. [X.] GRUR 2009, 667 (Rn. 18) – Bild.t.-Online.de m. w. N.; [X.], 276, Rn. 18 – Institut der Nord[X.] Wirtschaft e.V. m. w. N.; [X.] 2011, 230 – [X.]; [X.] MarkenR 2011, 66 – Freizeit Rätsel Woche).

3. Erfolg hat die Beschwerde in Bezug auf die Waren „

Insoweit besteht kein erkennbarer Bezug zu [X.]. Rührgeräte werden zwar zur Herstellung von [X.] benötigt, werden jedoch – soweit ersichtlich – nicht speziell für die Herstellung und Verarbeitung von [X.] hergestellt. Allein der Umstand, dass Asbest früher auch als Dämmstoff verwendet wurde, reicht nicht aus, um insoweit ein Schutzhindernis annehmen zu können. Soweit Waren aus Kunststoff beschwerdegegenständlich sind, ist festzustellen, dass ein hinreichend enger beschreibender Bezug zur [X.], die lediglich künstlich hergestellt wird, aber nicht zu den Kunststoffen zählt, fehlt.

Die Dienstleistung „

4. Soweit kein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] besteht, steht der angemeldeten Bezeichnung auch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen.

Meta

30 W (pat) 54/17

18.10.2018

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.10.2018, Az. 30 W (pat) 54/17 (REWIS RS 2018, 2704)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 2704

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