Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2013, Az. IX ZB 286/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8286

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX
[X.]

vom

7. Februar
2013

in dem
Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

InsVV § 11 Abs. 1 Satz 4
Forderungen, die infolge einer Sicherungszession mit einem Absonderungsrecht wertausschöpfend belastet sind, können auch dann nicht bei der Vergütung des vorläufigen Verwalters in die Berechnungsgrundlage einbezogen werden, wenn die Sicherungsabtretung im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens anfechtbar
ist.
[X.], Beschluss vom 7. Februar 2013 -
IX [X.] -
LG [X.]

[X.]

-

2

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.],
den
Richter
Vill, die Richterin [X.] und [X.]
[X.] und Dr. Pape

am
7. Februar
2013
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7.
Zivilkammer des [X.] vom 17.
Oktober 2011 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 4.648,49

gesetzt.

Gründe:

I.

Der weitere Beteiligte wurde auf Antrag des Schuldners vom 10.
Juni 2010 am gleichen Tag zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungs-vorbehalt über dessen
Vermögen bestellt. Er wurde ermächtigt, Bankguthaben und Forderungen des Schuldners einzuziehen, auch Forderungen, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hatte. Am 14.
Dezember 2010 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zum In-solvenzverwalter bestellt.

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3

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Er begehrt die Festsetzung seiner Vergütung für die Tätigkeit als vorläu-figer Insolvenzverwalter in Höhe von 8.220,38

1.027,55

e-rechnungsgrundlage legt er einen Betrag von 209.303,59

die Rückkaufswerte nebst Überschussbeteiligung zweier Lebensversicherungen in Höhe von 91.083,11

Land [X.] sicherungshalber abgetreten hatte. Die Einbezie-hung begründet er damit, dass die Sicherungsabtretung jeweils der Insolvenz-anfechtung unterliege.

Mit Beschluss vom 1. Juli 2011 hat das Amtsgericht die Vergütung unter Zugrundelegung einer Berechnungsgrundlage ohne den Wert der beiden
Lebensversicherungen in Höhe von 40.139,52

6.356,55

tgesetzt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der vorläufige Insolvenz-verwalter seinen Vergütungsantrag in vollem Umfang weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§
6, 7, 21 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1, §
64 Abs.
3 Satz
1 [X.], §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO, Art.
103
f EG[X.]) und zu-lässig (§
574 Abs.
2, §
575 ZPO). Die Beschwerdeentscheidung des Landge-richts ist am 17.
Oktober 2011 beschlossen und am 25.
Oktober 2011 zur Post gegeben, also vor dem 27.
Oktober 2011 erlassen worden, weshalb für die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde §
7 [X.] aF Anwendung findet ([X.], Beschlüsse vom 10.
Mai 2012 -
IX
ZB 295/11, [X.], 1146 Rn.
5
ff; IX
ZB 296/11, Z[X.] 2012, 1185 Rn.
7).
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3
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4

-

Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet.

1. Das Beschwerdegericht hat gemeint, eine Berücksichtigung des Wer-tes der Lebensversicherungen, an denen infolge der Sicherungsabtretung im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung Absonderungsrechte bestünden, komme gemäß §
11 Abs.
1 Satz
4 InsVV nicht in Betracht, weil der vorläufige Insol-venzverwalter nicht dargelegt habe, dass er sich in erheblichem Umfang mit den Lebensversicherungen befasst habe.
Der Umstand, dass die bestehenden Absonderungsrechte nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß §§ 129
ff [X.] anfechtbar seien, ändere daran nichts, weil mögliche Anfechtungsrechte erst im Zeitpunkt der Eröffnung des
Insolvenzverfahren entstünden.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Insolvenzverwal-ter nach Verfahrenseröffnung auch sicherungszedierte Forderungen gemäß §
166 Abs.
2 [X.] einziehen und verwerten dürfte und einem Absonderungsbe-gehren des Sicherungszessionars zeitlich unbegrenzt die Einrede der [X.] entgegenhalten könne (§
146 Abs.
2 [X.]). Denn der Beschwerdeführer habe nach Verfahrenseröffnung von dieser Befugnis keinen Gebrauch gemacht, und auch vor der Eröffnung die ausgesprochene Einziehungsermächtigung nach §
21 Abs.
2 Satz 1 Nr.
5 [X.] nicht genutzt.

2. Die Ausführungen des [X.] halten rechtlicher Prüfung im Ergebnis stand. Die von den Vorinstanzen zugrunde gelegte [X.] ist nicht zu beanstanden.

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5

-

a) Eine Einbeziehung des Wertes der Lebensversicherungen in die Be-rechnungsgrundlage für die
Vergütung des vorläufigen Verwalters kommt
nach § 11 Abs.
1 Satz
4 InsVV nur dann in Betracht, wenn sich der vorläufige Verwal-ter mit ihnen in erheblichem Umfang befasst hat. Die Lebensversicherungen waren durch die Sicherungsabtretungen wertausschöpfend
mit Absonderungs-rechten gemäß §
51 Nr.
1 [X.] belastet.
Der vorläufige Insolvenzverwalter hat sich mit ihnen nach den Feststellungen des [X.] nicht in erheb-lichem Umfang befasst. Dies wird von der Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel gezogen.

Davon abgesehen kämen die Lebensversicherungen als Bestandteil der Berechnungsgrundlage selbst dann nicht in Betracht, wenn sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang mit ihnen befasst hätte. Denn §
11 Abs.
1 Satz
4 InsVV ist insoweit mit der Ermächtigungsgrundlage des §
21 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1, §
63 Abs.
1, §
65 [X.] unvereinbar und nichtig, als er [X.], dass mit [X.] wertausschöpfend belastete Gegen-stände unter der Voraussetzung
erheblicher Befassung bei der [X.] zu berücksichtigen sind ([X.], Beschluss vom 15.
November 2012
-
IX
ZB 130/10, [X.], 30 Rn.
34
ff, [X.] in [X.]Z).

b) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung nach §
166 Abs.
2 [X.] zur Einziehung der siche-rungszedierten Forderungen berechtigt ist und einem Absonderungsbegehren des Sicherungszessionars gemäß §
146 Abs.
2 [X.] zeitlich unbegrenzt die Einrede der Anfechtbarkeit entgegenhalten kann. Dies betrifft die Tätigkeit des endgültigen Verwalters, nicht diejenige des hier zu vergütenden vorläufigen Verwalters.

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Wie der Senat entschieden hat, ist
die mögliche Anfechtbarkeit eines bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehenden Absonderungsrechts für die Berechnungsgrundlage der Vergütung des vorläufigen Verwalters ohne Bedeu-tung, auch soweit damit der Wert der Masse erhöht würde. Mögliche Anfech-tungsansprüche entstehen erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens;
sie müssen vom endgültigen Verwalter erst geltend gemacht und durchgesetzt werden und haben nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückabtretung zur Folge. Der Zessionar der Sicherungsabtretung bleibt Inhaber der Forderung, bis der Anspruch an den Insolvenzverwalter zurückabgetreten worden ist oder in-folge der Verurteilung des [X.] als zurückabgetreten gilt ([X.], Urteil vom 21.
September 2006
-
IX
ZR 235/04, [X.], 2176 Rn.
18; Beschluss vom 18.
Dezember 2008 -
IX
ZB 46/08, Z[X.] 2009, 495 Rn.
9). Deshalb ist auch der Wert des Anfechtungsanspruchs selbst, der erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht, nach ständiger Rechtsprechung des Senats nach geltendem Recht nicht Gegenstand der Berechnungsgrundlage für die Vergü-tung des vorläufigen Verwalters ([X.], Beschluss vom 18.
Dezember 2008, [X.]O Rn. 10 mwN).

Ob und in welchem Umfang das Einziehungsrecht des Verwalters nach §
166 Abs.
2 [X.] die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des (endgülti-gen) Verwalters erhöht, kann dahinstehen. Dieses Einziehungsrecht entsteht erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und kann deshalb nicht die Be-rechnungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Verwalters erhöhen.

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c) Schließlich hat das nach §
21 Abs.
1 Satz
1 Nr.
5 [X.] vom Insolvenz-gericht pauschal angeordnete Einziehungsrecht hinsichtlich der
sicherungshal-ber abgetretenen Forderungen die Berechnungsgrundlage nicht erhöht.

[X.]) Die Berechnungsgrundlage hätte sich allerdings um die Feststel-lungs-
und Verwertungspauschalen
im Sinne des §
171 [X.] erhöht, wenn der vorläufige Verwalter die [X.] Forderungen tatsächlich ein-gezogen hätte. Denn nach § 21 Abs.
2 Satz
1 Nr.
5 Satz
3 [X.] wäre in diesem Fall §
171 [X.] entsprechend anwendbar und
beide
Pauschalen
hätten
für die spätere Insolvenzmasse vereinnahmt werden können. Die Pauschalen oder jedenfalls der Anspruch hierauf wären
in das Vermögen gelangt, auf das sich die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters bezog.
Der vorläufige Verwalter hat jedoch nach den Feststellungen des [X.] von seinem Einzie-hungsrecht -
die Wirksamkeit der pauschalen Anordnung unterstellt
-
keinen Gebrauch gemacht.

[X.]) Ob sich die Berechnungsgrundlage weitergehend hätte erhöhen können, wenn der vorläufige Verwalter die sicherungshalber abgetretenen [X.] aufgrund der Ermächtigung nach §
21 Abs.
2 Satz
1 Nr.
5 [X.] ein-gezogen hätte, kann dahinstehen. Das ist hier nicht entscheidungserheblich. Da er von dem Einziehungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat, bleibt es dabei, dass die durch die Sicherungsabtretung wertausschöpfend belasteten Forde-

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8

-
rungen die Berechnungsgrundlage des vorläufigen Verwalters nicht erhöhen konnten.

Kayser
Vill

[X.]

[X.]
Pape
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.07.2011 -
61 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 17.10.2011 -
7 [X.] -

Meta

IX ZB 286/11

07.02.2013

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2013, Az. IX ZB 286/11 (REWIS RS 2013, 8286)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8286

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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