Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2019, Az. IX ZB 28/18

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 3662

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2019:120919BIXZB28.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX
ZB
28/18
vom

12. September 2019

in dem Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 63 Abs. 3; [X.] § 11 Abs. 1 Satz 2
Die Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 2 [X.] in der Fassung des Gesetzes vom 15.
Juli 2013 ([X.]) ist von der gesetzlichen Ermächtigung in §
63 Abs. 3, § 65 [X.] gedeckt.

[X.], Beschluss vom 12. September 2019 -
[X.] 28/18 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Dr.
Kayser,
[X.] Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und Röhl

am
12. September 2019
beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten wird der [X.] der 5. Zivilkammer des [X.] vom 16. März 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das
Beschwerdegericht zu-rückverwiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] wird auf

Gründe:

I.

Der Apotheker

Sch.

(fortan: Schuldner) betrieb seit dem 30. September 2016 keine Apotheke mehr, sondern übernahm nur noch beratende Tätigkeiten sowie Urlaubs-
und Krankheitsvertretungen. Unter dem 9.
November 2016 beantragte er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über 1
-

3

-
sein Vermögen. Das Insolvenzgericht bestellte den weiteren Beteiligten am 1.
Dezember 2016 zum vorläufigen Insolvenzverwalter
mit Zustimmungsvorbe-halt. Als solcher befasste sich der weitere Beteiligte unter anderem mit einem Guthaben des Schuldners bei der A.

GmbH (im [X.]: A.

)

. An diesem Guthaben machte die

[X.], ein pharmazeutisches Großhandelsunternehmen, aufgrund eines mit dem Schuldner vereinbarten verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalts an gelieferten Waren Rechte geltend.
Am 1. Februar 2017 eröffnete das Insol-venzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den weiteren Beteiligten zum Insolvenzverwalter.

Dieser beantragt, die Vergütung für seine Tätigkeit als vorläufiger Insol-venzverwalter auf 7.076,73

und seine Auslagen auf 500

festzusetzen, je-weils
zuzüglich
19
v.[X.]
Umsatzsteuer.
Er gibt
die Berechnungsgrundlage mit

an und bezieht dabei das
Guthaben bei der A.

ein. Zuschläge
macht er
in Höhe von insgesamt 40 v.[X.] der Regelvergütung geltend.
Das In-
19

richtete sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten hat keinen Erfolg [X.]. Mit seiner
vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde ver-folgt er seinen Vergütungsantrag weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unbeschränkt statthaft
(§§ 4, 6 Abs. 1, § 21 Abs.
2 Satz 1 Nr. 1, § 64 Abs. 3 Satz 1 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. Das Beschwerdegericht hat die Zulassung mit 2
3
-

4

-
dem Zusatz, die Rechtsbeschwerde werde hinsichtlich der Frage zugelassen, ob die mit [X.] belasteten Vermögensgegenstände in die Be-rechnungsgrundlage einzubeziehen waren, nicht wirksam beschränkt. Bei dem Vergütungsanspruch des Insolvenzverwalters handelt es sich um einen einheit-lichen Anspruch, dessen Höhe sich nach unselbständigen Berechnungsfakto-ren, nämlich
nach
der Berechnungsgrundlage und dem durch Zu-
und Abschlä-ge
erhöhten oder verminderten Regelsatz bestimmt.
Über die [X.] der Vergütung kann grundsätzlich nicht gesondert entschieden wer-den. Deshalb kann auch die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht wirksam auf die Bestimmung der Berechnungsgrundlage beschränkt werden ([X.], [X.] vom 9.
Juni 2016

[X.] 17/15, Z[X.] 2016, 1443 Rn. 4 f).

Die Rechtsbeschwerde
ist auch begründet.

1. Das Beschwerdegericht hat gemeint, das Guthaben des Schuldners bei der A.

sei nur in Höhe der freien Masse nungsgrundlage
einzubeziehen, nicht dagegen in Höhe der im Betrag von bestehenden Absonderungsrechte. Der weitere Beteiligte habe sich mit den [X.] nicht in erheblicher Weise befasst. Die Tätigkeit zur Prüfung der Sicherungsrechte sei
nicht zu berücksichtigen, weil sie dem (endgültigen) Insolvenzverwalter oblegen habe. Ein Grund dafür, dass bereits im Eröffnungsverfahren eine solche Prüfung veranlasst gewesen sei, sei nicht ersichtlich. Aus der so ermitt
für den vorläufigen Insolvenz-verwalter mithin eine Vergütung
von (25 v.[X.] =) Zuerkennung von Zuschlägen auf insgesamt 41,7 v.[X.] zu erhöhen. Für die Be-triebsfortführung und die Sicherung der selbständigen Tätigkeit des Schuldners sei nicht der beantragte Zuschlag von 15 v.[X.], sondern nur ein Zuschlag von 4
5
-

5

-
10
v.[X.] angemessen, der im Blick auf die Erhöhung der Regelvergütung durch die fortführungsbedingte Massemehrung auf 4,7 v.[X.] zu kürzen sei. Für die Fortführung der Buchhaltung/ungeordnete [X.]/Lohnsteuerbescheinigungen/Personal sei statt des beantragten Zuschlags von 10 v.[X.] nur ein Zuschlag von 5 v.[X.] gerechtfertigt. Die Anzahl von 113
Gläubigern
führe zu einem Zuschlag von 7 v.[X.] Die Prüfung von Anfechtungs-ansprüchen rechtfertige hingegen keinen Zuschlag.

2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punk-ten stand.

a) Die Berechnungsgrundlage der [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die

[X.] aufgrund ihres ziehen.

[X.]) Die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters berechnet sich nach dem Vermögen, auf das sich seine Tätigkeit während des [X.] erstreckt (§ 63 Abs. 3 Satz 2
[X.], § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Diesem Vermögen werden nach § 11 Abs. 1 Satz 2 [X.] Vermögensgegenstände, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus-
oder Absonderungsrechte bestehen, [X.], sofern sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem [X.] mit ihnen befasst.

bb) Die Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist von der gesetzlichen Ermächtigung in § 63 Abs. 3, § 65 [X.] gedeckt.

6
7
8
9
10
-

6

-

(1) Nach der früheren Rechtsprechung des [X.] war dies bei der inhaltsgleichen Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 [X.] aF insoweit nicht der Fall, als auch Gegenstände, an denen nach Verfahrenseröffnung Aus-sonderungsrechte bestehen, der Berechnungsgrundlage hinzuzurechnen waren ([X.], Beschluss vom 15. November 2012

[X.], [X.]Z 195, 322), und insoweit, als Gegenstände, die mit einem Absonderungsrecht belastet sind, mit ihrem vollen und nicht nur mit dem freien Wert zu berücksichtigen waren
([X.], Beschluss vom 15. November 2012

[X.], [X.]Z 195, 336; vom 7. Februar 2013

[X.] 286/11, [X.], 472 Rn. 10).
Dies wurde
hinsichtlich der Gegenstände mit Aussonderungsrechten
wesentlich damit begründet, dass schuldnerfremde Gegenstände nicht zur Insolvenzmasse und damit nicht zu dem Vermögen gehörten, nach dem gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 [X.] die Vergü-tung des Insolvenzverwalters zu berechnen sei; gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] habe dies auch für die Vergütung des vorläufigen Verwalters zu gelten ([X.], Beschluss vom 15. November 2012

[X.], [X.]O Rn. 25, 30). [X.] der Behandlung der Absonderungsrechte wurde argumentiert, die be-troffenen Gegenstände zählten zwar zum Vermögen des Schuldners. Das aus § 63 Abs.
1 Satz
2 [X.] und § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 [X.] abzuleitende Über-schussprinzip
gelte aber nicht nur für die Vergütung des Insolvenzverwalters, sondern gemäß §
21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.], § 10 [X.] auch für diejenige des vorläufigen Verwalters; in die Berechnungsgrundlage seiner Vergütung könne deshalb nur einfließen, was Gegenstand der Insolvenzmasse werde oder werden könne und zur Begleichung der Masseverbindlichkeiten zur Verfügung stehe ([X.], Beschluss vom 15. November 2012

[X.], [X.]O Rn. 25 f, 30; vgl. auch Beschluss vom 14. Juli 2016

[X.] 46/14, [X.], 1601 Rn. 11).

11
-

7

-

(2) Durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfah-rens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15. Juli 2013 ([X.]) wurden die Vorschriften
des § 11 Abs. 1 Satz 1 bis 3 [X.] als § 63 Abs. 3 Satz
1 bis 3 in die [X.] übernommen. Danach wird die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters gesondert vergütet; er erhält in der Regel 25 Prozent der Vergütung des Insolvenzverwalters bezogen auf das Vermögen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. Nach der vom Rechtsausschuss des [X.] zu seiner diesbezüglichen [X.]empfehlung gegebenen Begründung ist die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters isoliert zu betrachten und aus sich heraus zu bewerten. Die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters, so die Begründung,
unterscheide sich strukturell von derjenigen des endgültigen Verwalters. Der eine befasse sich mit der "[X.]"
und sichere diese, der andere verwerte die "[X.]". Die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters könne daher nicht über Zuschläge auf der Grundlage einer "[X.]"
abgegolten werden. Diese, schon bisher geltende Konzeption werde durch § 63 Abs. 3 [X.] klargestellt. Ein strukturbildendes Überschussprinzip könne für die Vergütung des vorläufigen Verwalters der bis-herigen Regelung nicht entnommen werden und liege auch dem künftigen § 63 Abs. 3 [X.] nicht zugrunde (BT-Drucks. 17/13535 S. 31).

(3) Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber dieses Verständnis in seinen Regelungswillen [X.] hat
(vgl. [X.], Beschluss vom 14. Juli 2016, [X.]O Rn. 29). Dann ist die durch das Gesetz vom 15. Juli 2013 neu geschaffene gesetzliche Ermächtigung in § 63 Abs. 3 Satz 2, §
65
[X.] dahin auszulegen, dass zu dem Vermögen, auf das sich die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters während des [X.] erstreckt und nach dem seine Vergütung zu berechnen ist, auch Gegenstände gehören können, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus-
12
-

8

-
oder Absonderungsrechte bestehen
(kritisch HmbKomm-[X.]/Büttner, 7. Aufl., § 11 [X.] Rn.
31, 34).
Da sowohl die Neufassung des § 63 [X.] als auch die-jenige des §
11 [X.] in einem einheitlichen Verfahren vom Gesetzgeber [X.] wurde, ist ferner anzunehmen, dass die Ermächtigungsgrundlage in § 63 Abs. 3 Satz 2 [X.] die Regelung
in § 11 Abs. 1 [X.] nF auch insoweit deckt, als dort in Satz 2 die Einbeziehung von Gegenständen mit Aus-
oder Ab-sonderungsrechten auf Fälle beschränkt ist, in denen sich der vorläufige Insol-venzverwalter mit den Gegenständen in erheblichem Umfang befasst hat ([X.], Z[X.] 2018, 1292).

cc) Die in § 11 Abs. 1 und 2 [X.] bestimmten tatbestandlichen Voraus-setzungen einer Einbeziehung in die Berechnungsgrundlage der Vergütung des weiteren Beteiligten sind entgegen der Ansicht des [X.] auch insoweit erfüllt, als das Guthaben des Schuldners bei der A.

mit
einem Siche-rungsrecht der

[X.] belastet war, das bei Eröffnung des Insolvenzverfah-rens ein Absonderungsrecht begründete.

(1) Dies gilt, anders als die Rechtsbeschwerde meint, allerdings nicht unabhängig von der Frage, ob sich der vorläufige Verwalter in erheblichem [X.] mit der belasteten Forderung des Schuldners befasst hat. Auf diese in § 11 Abs.
1 Satz 2 [X.] normierte Voraussetzung kann nicht mit der Begründung verzichtet werden, sie habe bei nur teilweise belasteten Gegenständen zur Fol-ge, dass eine dem Eröffnungsverfahren fremde Differenzierung zwischen freier und nicht freier Masse erfolgen müsse.
Die Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 2 [X.] sieht eine Unterscheidung zwischen ganz und nur teilweise mit [X.] belasteten Gegenständen nicht vor. Sie ist auch nicht geboten. Hat sich der vorläufige Verwalter mit einem
teilweise belasteten Gegenstand
in erhebli-chem Umfang befasst, zählt nach § 11 Abs. 1 Satz 2 [X.] sein ganzer Wert
13
14
-

9

-
zur Berechnungsgrundlage. Fehlt es an einer solchen Befassung, kann nur der Wert des unbelasteten
Teils
einbezogen
werden. Die Bestimmung dieses Teils ist jedoch nicht dem eröffneten Insolvenzverfahren vorbehalten. Der Streit um den Umfang der
Berechtigung eines Sicherungsnehmers kann
stets, mithin auch während des Eröffnungsverfahrens geklärt werden.

(2) Das
Beschwerdegericht
hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass
das Merkmal einer Befassung in erheblichem Umfang erfüllt
ist, wenn sowohl die auf eine Sicherung gerichtete Tätigkeit des weiteren Beteiligten -
er korres-pondierte mehrfach sowohl mit der A.

als auch mit der

[X.] mit dem Ziel, die Auszahlung eines Teils des Guthabens an die

[X.] vorläufig zu verhindern -
als auch seine umfangreiche Tätigkeit zur
Ermittlung von Bestand und Umfang der von der

[X.] geltend gemachten Rechte in die Beurtei-lung einbezogen werden.
Die Auffassung
des [X.], die zuletzt genannte Tätigkeit dürfe nicht berücksichtigt werden, weil die Klärung der frem-den Rechte grundsätzlich dem Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung vorbehalten
und ein Grund dafür, dass bereits im Eröffnungsverfahren eine ent-sprechende Prüfung veranlasst gewesen sei, nicht ersichtlich sei, trifft jedoch nicht zu. Dabei kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Vo-raussetzungen Tätigkeiten, die nicht zu den Aufgaben eines vorläufigen Verwal-ters gehören, eine erhebliche Befassung im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 [X.] begründen können. Anders als das Beschwerdegericht meint, hat der weitere Beteiligte den Bereich der ihm als vorläufigem Insolvenzverwalter obliegenden Aufgaben nicht verlassen, als er Ermittlungen zum Bestand und zum Umfang der Rechte der

[X.] anstellte
(vgl. [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 11 Rn.
74). Ihm war bei seiner Bestellung vom Insolvenzgericht nach § 22 Abs. 2 [X.] die Aufgabe übertragen worden, durch Überwachung des Schuldners dessen Vermögen zu sichern und zu erhalten. Darüber hinaus war er [X.]
-

10

-
tigt worden, Bankguthaben und sonstige Forderungen des Schuldners einzu-ziehen.
Die von der

[X.] geltend gemachten Rechte konnten nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Absonderungsrecht an dem Guthaben des Schuldners bei der A.

begründen. Schon vor Verfahrenseröffnung konnte die

[X.] aber die Auszahlung des Guthabens in dem Umfang verlangen, in dem es ihr aufgrund ihres Sicherungsrechts zustand. Der weitere Beteiligte seinerseits war wegen des ihm übertragenen [X.] befugt, die Auszahlung insoweit geltend zu machen, als keine Berechtigung der

[X.] oder anderer Dritter bestand. Sowohl die Verhinderung eines unberech-tigten Zugriffs der

[X.] als auch der eigene Forderungseinzug setzten
daher voraus, dass der Umfang der Berechtigung der

[X.] ermittelt wur-de.

(3) Dem steht nicht entgegen, dass der Senat in einer früheren Entschei-dung ausgeführt hat, der vorläufige Insolvenzverwalter brauche, wenn jemand im Eröffnungsverfahren die Aus-
oder Absonderung begehre, regelmäßig nur darauf hinzuweisen, dass die Klärung dieser Frage nach Verfahrenseröffnung dem Insolvenzverwalter vorbehalten bleiben müsse ([X.], Beschluss vom 14. Dezember 2005

[X.] 256/04, [X.]Z 165, 266, 269). Die Aussage betrifft den Fall, dass ein Aus-
oder Absonderungsrecht, obwohl die Aus-
oder Absonde-rungskraft erst mit der Verfahrenseröffnung entsteht, bereits vor diesem Zeit-punkt geltend gemacht wird. Zugleich stellt die Entscheidung klar, dass sich der vorläufige Insolvenzverwalter mit allen Gegenständen befassen kann (und ge-gebenenfalls muss), die er in dem Vermögen
des Schuldners im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] vorfindet, gleichgültig ob sie dem Schuldner gehören oder ob an ihnen nach Insolvenzeröffnung Aus-
oder Absonderungsrechte be-stehen; sie sind Bestandteil der "[X.]", die er zu sichern und zu erhalten hat. Erreicht eine solche Befassung einen erheblichen Umfang, kann sich der 16
-

11

-
vorläufige Verwalter eine Vergütung verdienen ([X.], Beschluss vom 14. [X.], [X.]O S.
268 ff, allerdings für die Gewährung eines Zuschlags; ähnlich bereits [X.], Beschluss vom 14. Dezember 2000

[X.] 105/00, [X.]Z 146, 165, 173 ff für
die Einbeziehung in die Berechnungsgrundlage). Einer be-sonderen Darlegung, dass die Befassung bereits im Eröffnungsverfahren gebo-ten
war
(so
[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., §
11 Rn. 77), bedarf es nicht. Nimmt der vorläufige Insolvenzverwalter im Eröffnungsverfahren zulässiger-weise Aufgaben wahr, die im eröffneten Verfahren auch dem Insolvenzverwal-ter obliegen, ist dies bei der Bemessung eines Abschlags auf die Vergütung des Insolvenzverwalters nach §
3 Abs. 2 lit. a [X.] zu berücksichtigen.

b) Auch die Bestimmung des [X.] kann keinen Bestand haben. Die Bemessung von Zu-
und Abschlägen ist nach ständiger [X.] grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Sie ist in der Rechts-beschwerdeinstanz nur darauf zu prüfen, ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt ([X.], Beschluss vom 14. Februar 2019 -
[X.] 25/17, [X.], 548 Rn. 14; st. Rspr.).

[X.]) Eine solche Gefahr besteht insoweit, als das Beschwerdegericht ei-nen Zuschlag von 4,7 v.[X.] für "Betriebsfortführung/Sicherung der selbständigen Tätigkeit des Schuldners"
gewährt hat. Der vom Beschwerdegericht angenom-mene Prozentsatz ergibt sich daraus, dass im Wege einer Vergleichsrechnung ermittelt wurde, in welchem Umfang die Betriebsfortführung bereits durch die Massemehrung zu einer Erhöhung der Regelvergütung geführt hat. Diesen Be-trag hat das Beschwerdegericht von dem sonst als angemessen erachteten Zuschlag von 10
v.[X.] abgesetzt. Das entspricht im Grundsatz der [X.]
(vgl. [X.], Beschluss vom 13. November 2008

[X.] 141/07, Z[X.] 2009, 55 Rn. 5 mwN). Die Berechnungsweise des Beschwerde-17
18
-

12

-
gerichts ist jedoch fehlerhaft, weil es den aufgrund der Massemehrung erlang-ten Vorteil in der dadurch bewirkten Erhöhung der Regelvergütung des [X.] sieht. Tatsächlich
erhöht sich die Vergütung des weiteren Betei-ligten aber nur um ein Viertel dieses Betrags, weil er als vorläufiger Insolvenz-verwalter nur 25 v.[X.] der Regelvergütung des Insolvenzverwalters erhält.
Der [X.] von 10 v.[X.] ist in entsprechend geringerem Umfang herabzu-setzen
(vgl. das Berechnungsbeispiel bei [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 11 Rn. 109).

bb) Im Übrigen steht die Entscheidung des [X.] zu den Zuschlägen im Einklang mit den in der Rechtsprechung des [X.] entwickelten Grundsätzen.

(1) Den beantragten Zuschlag für die Prüfung von Anfechtungsansprü-chen hat das Beschwerdegericht mit der Begründung abgelehnt, besondere, über den Normalfall hinausgehende Schwierigkeiten seien nicht dargetan. Dies ist nicht zu beanstanden, zumal der weitere Beteiligte bereits als [X.] mögliche Anfechtungsansprüche geprüft hat und
hierfür gesondert ent-schädigt worden ist
(vgl. dazu [X.], Beschluss vom 29.
April 2004

[X.] 225/03, [X.], 1390, 1391; vom 14. Dezember 2005

[X.] 268/04, [X.], 534, 536).

(2) Gegen die Kürzung des beantragten Zuschlags für "Fortführung der Buchhaltung/ungeordnete Buchhaltung/Lohnsteuerbescheinigungen/Personal"
von 10 v.[X.] der Regelvergütung auf 5 v.[X.] wendet die Rechtsbeschwerde ein, das Beschwerdegericht berücksichtige nicht,
dass nur ein geringer Teil der hier in Rede stehenden Tätigkeit an Dritte vergeben worden sei. Die Kürzung sei ferner deshalb unangemessen, weil das Beschwerdegericht die Aberkennung 19
20
21
-

13

-
eines Zuschlags für die Prüfung von [X.] auch damit [X.] habe, dass die sich aus der ungeordneten Buchhaltung ergebenden Schwierigkeiten durch den hierfür gewährten Zuschlag abgegolten seien. Beide Einwände betreffen die dem Tatrichter obliegende Beurteilung und werfen keine Fragen des anzuwendenden Maßstabs auf.

3. Der Beschluss des [X.] kann danach keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben
und die Sache
an das Beschwerdegericht zurückzu-verweisen
(§ 577 Abs. 4 ZPO). Dieses wird, ausgehend von einer Berech-"Betriebsfortführung/Sicherung der selbständigen Tätigkeit des Schuldners"
anzusetzenden [X.] neu zu berechnen und sodann den angemessenen Gesamtzuschlag neu zu be-stimmen haben. Dabei wird es auch zu prüfen haben, ob die Erhöhung der [X.], die sich aus der Einbeziehung des mit einem Absonderungsrecht belas-teten Guthabens in die Berechnungsgrundlage ergibt, der Korrektur durch einen Abschlag

22
-

14

-
nach §§ 10, 3 Abs. 2 [X.] bedarf (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Juli 2016

[X.] 46/14, [X.], 1601 Rn. 30).

Kayser
Gehrlein
[X.]

Schoppmeyer
Röhl

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.07.2017 -
80 IN 56/16 -

LG [X.], Entscheidung vom 16.03.2018 -
5 [X.] -

Meta

IX ZB 28/18

12.09.2019

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2019, Az. IX ZB 28/18 (REWIS RS 2019, 3662)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 3662

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZB 28/18 (Bundesgerichtshof)

Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters: Gesetzliche Ermächtigung für die Einbeziehung von mit Aus- oder Absonderungsrechten belasteten …


IX ZB 70/14 (Bundesgerichtshof)

Vergütung des vorläufigen Sachwalters: Zu vergütende Tätigkeiten; Berechnungsgrundlage; Höhe der Regelvergütung; Vergütungsfestsetzung; Bemessung von Zu- …


IX ZB 130/10 (Bundesgerichtshof)

Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters: Berücksichtigung des Wertes eines mit Absonderungsrechten belasteten Gegenstands bei der Berechnungsgrundlage


IX ZB 104/05 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 51/19 (Bundesgerichtshof)

Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters: Befassung in erheblichem Umfang mit Vermögensgegenständen mit Aus- oder Absonderungsrechten; Einziehung …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IX ZB 28/18

IX ZB 17/15

IX ZB 88/09

IX ZB 130/10

IX ZB 286/11

IX ZB 46/14

IX ZB 25/17

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.