Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.10.2021, Az. 5 AZR 295/20

5. Senat | REWIS RS 2021, 1896

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Gegenstand

Auslegung TV-L (Vergütung von Wegezeiten sowie von im häuslichen Bereich vorgenommenen Umkleide- und Rüstzeiten, Zeitgutschrift für arbeitsfreie gesetzliche Feiertage)


Tenor

[X.] Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 7. Mai 2020 - 10 [X.] 1569/19 - wird zurückgewiesen.

I[X.] Auf die Revision des beklagten [X.] wird das Urteil des [X.] vom 7. Mai 2020 - 10 [X.] 1569/19 - teilweise unter Zurückweisung der Revision des beklagten [X.] im Übrigen im Tenor Ziff. [X.] aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 27. März 2019 - 60 Ca 14121/17 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

a) Es wird festgestellt, dass das beklagte [X.] verpflichtet ist, die vom Kläger seit dem 1. März 2017 zusätzlich im häuslichen Bereich erbrachte Arbeitszeit für das An- und Ablegen der Dienstuniform und das Auf- und Abrüsten mit den persönlichen Ausrüstungsgegenständen im Umfang von insgesamt zehn Minuten an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, zu vergüten.

b) [X.] wird verurteilt, dem für den Kläger geführten [X.] in der Spalte „Zeitkonto“ drei Stunden und 32 Minuten gutzuschreiben.

2. Im Übrigen wird die Berufung des [X.] zurückgewiesen.

II[X.] Von den Kosten des Revisionsverfahrens haben der Kläger 64 % und das beklagte [X.] 36 % zu tragen. Im Übrigen verbleibt es bei den Kostenentscheidungen der Vorinstanzen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der [X.]evision über die Verpflichtung des beklagten [X.], Umkleide-, [X.]üst- und [X.]egezeiten zu vergüten und Zeitgutschriften für arbeitsfreie gesetzliche Feiertage zu gewähren.

2

Der Kläger ist beim beklagten Land als [X.]achpolizist im Zentralen Objektschutz tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet [X.] der TV-L Anwendung. Der Kläger ist als Stammkraft an der [X.], [X.], [X.] eingesetzt.

3

Die Arbeitszeit des [X.] richtet sich seit dem 25. Juni 2015 ua. nach der „Geschäftsanweisung Dir ZA Nr. 3/2015 über die Einführung neuer Arbeitszeitregelungen in der Direktion [X.] ([X.])“ vom 5. Juni 2015. [X.] im [X.] arbeiten danach im Dreischichtsystem von 06:30 Uhr bis 14:45 Uhr (Frühdienst), 14:30 Uhr bis 22:45 Uhr (Spätdienst) und 22:30 Uhr bis 06:45 Uhr (Nachtdienst). Das System sieht eine feste Schichtfolge mit zwei Früh-, zwei Spät- sowie zwei Nachtschichten und anschließend eine [X.]uhezeit von ungefähr 72 Stunden vor, dh. 42 Schichten in neun [X.]ochen. Jede Schicht dauert acht Stunden 15 Minuten, wobei sich die Nachtschicht auf 1,5 Stunden zum Ende des einen und 6,75 Stunden zu [X.]eginn des neuen Tages erstreckt. In einem Siebentageszeitraum fallen Schichtzeiten im Umfang von 49,5 Stunden an.

4

Die [X.] müssen den Dienst in angelegter Uniform nebst persönlicher Schutzausrüstung ([X.]) und [X.] Dienstwaffe antreten. Auf der dunklen Oberbekleidung der Uniform ist in weißer Schrift der Schriftzug „[X.]“ aufgebracht. Es ist den [X.] freigestellt, ob sie den [X.]eg zum und vom Dienst in Uniform zurücklegen. Dem Kläger steht an seinem Einsatzort kein Spind zur Verfügung. Der Kläger legt die Uniform nebst [X.] zu Hause an und ab. Die Dienstwaffe ist nach einer Geschäftsanweisung des beklagten [X.] über den Umgang mit Faustfeuerwaffen im streifenfertigen Zustand zu führen. [X.] ist es gestattet, die Dienstwaffe mit nach Hause zu nehmen, sofern dort eine geeignete Aufbewahrungsmöglichkeit besteht. Auf dem [X.]eg zum und vom Dienst ist es den [X.] freigestellt, die Dienstwaffe mit oder ohne Dienstkleidung zu tragen. Ein [X.] ist am Einsatzort für den Kläger nicht vorhanden. Ein solches wird ihm vom beklagten Land in der [X.], [X.] zur Verfügung gestellt. Der Kläger bewahrt die Dienstwaffe zu Hause auf und legt sie dort auch an und ab.

5

An den gesetzlichen Feiertagen 25. Dezember 2017 (1. [X.]eihnachtsfeiertag), 26. Dezember 2017 (2. [X.]eihnachtsfeiertag), 1. Mai 2018 ([X.]) und 10. Mai 2018 ([X.] Himmelfahrt) hatte der Kläger dienstplanmäßig frei. Das beklagte Land hat dem Kläger für diese Tage jeweils Gutschriften von sechs Stunden und elf Minuten auf dem für ihn geführten Arbeitszeitkonto, dem sog. [X.], in der Spalte „Zeitkonto“ eingetragen.

6

Mit seiner Klage hat der Kläger - soweit diese in die [X.]evision gelangt ist - die Feststellung der Vergütungspflicht von Umkleide- und [X.]üstzeiten mit der [X.] und für die von ihm aufgewandte Zeit zum Entnehmen, Laden und Entladen und An- und Ablegen sowie [X.]egschließen der Dienstwaffe sowie für die [X.]egezeiten von seiner [X.]ohnung zu dem ihm zugewiesenen Schutzobjekt, jeweils seit dem 1. Juni 2016 verlangt. Er hat gemeint, das An- und Ablegen der Uniform sowie das [X.]üsten mit der [X.] und Dienstwaffe nehme er nur im Interesse des beklagten [X.] vor, weshalb die dafür erforderlichen Zeiten, ebenso wie die [X.]egezeiten, die von ihm in auffälliger Dienstkleidung unter Mitführen der Dienstwaffe zurückgelegt werden, zu vergütende Arbeitszeit seien. Das beklagte Land habe zudem seinem Arbeitszeitkonto Zeitgutschriften für die arbeitsfreien gesetzlichen Feiertage im Umfang von jeweils 7,07 Stunden gutzuschreiben.

7

Der Kläger hat - soweit für die [X.]evision von [X.]edeutung - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die vom Kläger seit dem 1. Juni 2016 zusätzlich im häuslichen [X.]ereich erbrachte Arbeitszeit für das An- und Ablegen der Dienstuniform und das Auf- und Abrüsten mit den persönlichen Ausrüstungsgegenständen sowie für das Entnehmen, Laden und Anlegen sowie das Ablegen, Entladen und [X.]egschließen der Dienstwaffe im Umfang von insgesamt 14 Minuten an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, zu vergüten,

        

2.    

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die vom Kläger seit dem 1. Juni 2016 zusätzlich erbrachte Arbeitszeit im Umfang von jeweils 15 Minuten je einfacher [X.]egstrecke an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, durch Zurücklegen der [X.]egezeiten in Dienstkleidung unter Mitführung der Dienstwaffe zwischen seiner [X.]ohnung im [X.], [X.] und der [X.] in der [X.], [X.] zu vergüten,

        

3.    

das beklagte Land zu verurteilen, dem für den Kläger geführten [X.] in der Spalte „Zeitkonto“ drei Stunden und 32 Minuten gutzuschreiben.

8

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.

9

Das Arbeitsgericht hat das beklagte Land zu einer Zeitgutschrift auf dem für den Kläger geführten Arbeitszeitkonto im Umfang von drei Stunden und zwei Minuten verurteilt, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das erstinstanzliche Urteil vom 27. März 2019 wurde vom Vorsitzenden der Kammer am 4. September 2019 der Geschäftsstelle übergeben. Dem Prozessbevollmächtigten des [X.] wurde das Urteil am 25. September 2019 zugestellt.

Soweit für die [X.]evision von [X.]edeutung, hat das [X.]arbeitsgericht auf die [X.]erufung des [X.] - unter Zurückweisung der [X.]erufung im Übrigen - eine Vergütungspflicht des beklagten [X.] für das Umkleiden und [X.]üsten im Umfang von insgesamt zehn Minuten sowie für das Entnehmen, Laden und Anlegen der Dienstwaffe im Umfang von insgesamt vier Minuten, jeweils im häuslichen [X.]ereich, seit dem 1. März 2017 für die Tage, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, festgestellt und das beklagte Land verurteilt, dem für den Kläger geführten Arbeitszeitkonto für die gesetzlichen Feiertage am 25. Dezember 2017, 26. Dezember 2017, 1. Mai 2018 und 10. Mai 2018 insgesamt drei Stunden und 32 Minuten gutzuschreiben. Das beklagte Land begehrt mit seiner [X.]evision die Abweisung der Klage auch in [X.]ezug auf die Feststellung der [X.] und die Verurteilung zur Zeitgutschrift. Der Kläger verfolgt mit seiner [X.]evision die Feststellung der Vergütungspflicht der [X.]egezeiten zwischen [X.]ohnsitz und Einsatzort weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des beklagten [X.] ist teilweise begründet. Das [X.]arbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft eine Vergütungspflicht für Rüstzeiten mit der Dienstwaffe im häuslichen [X.]ereich festgestellt, insoweit ist das [X.]erufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Klage abzuweisen. Zu Recht hat es jedoch die Vergütungspflicht der Umkleide- und Rüstzeiten mit der [X.] im häuslichen [X.]ereich festgestellt sowie das beklagte Land zur [X.]gutschrift verurteilt. Die Revision des [X.] ist unbegründet. Es bestehen keine Vergütungspflichten von [X.] zwischen der Wohnung des [X.] und dem Einsatzort. Ansprüche auf Vergütung wegen Umkleidens und [X.] mit der [X.] in der [X.] vor dem 1. März 2017 sind verfallen.

I. Die Revision des beklagten [X.] hat teilweise Erfolg.

1. Die Revision des beklagten [X.] ist zulässig. Nach dem zuletzt gestellten Antrag greift das beklagte Land mit seiner Revision neben der Feststellung der Vergütungspflicht von Umkleide- und Rüstzeiten auch die Verurteilung zur weiteren [X.]gutschrift im Umfang von 30 Minuten an. Das beklagte Land hat sich in der Revisionsbegründung hinreichend mit den Entscheidungsgründen des [X.]erufungsurteils auseinandergesetzt (vgl. zu den Anforderungen [X.] 31. Juli 2018 - 3 [X.] - Rn. 9 mwN). Dies gilt auch in [X.]ezug auf die Gutschrift auf dem für den Kläger geführten Arbeitszeitkonto. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das prozessuale Gebot einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem [X.]erufungsurteil nicht weiter reicht als von dessen Gründen vorgegeben. Vom Rechtsmittelführer kann nicht mehr an [X.]egründung verlangt werden als vom Gericht seinerseits aufgewendet (vgl. [X.] 15. April 2008 - 1 [X.] - Rn. 11, [X.]E 126, 237). Danach musste sich das beklagte Land mit der Verurteilung zur weiteren [X.]gutschrift nicht ausführlicher als geschehen auseinandersetzen. Das [X.]erufungsgericht erstreckt seine [X.]egründung im [X.] an eine andere Kammer des [X.]arbeitsgerichts im Wesentlichen auf die [X.]erechnungsweise der [X.]gutschrift. Diese [X.]erechnung greift das beklagte Land mit der Revision an und verdeutlicht den von ihm angenommenen Rechtsfehler in einer Weise, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs noch hinreichend erkennen lässt.

2. Die Revision des beklagten [X.] ist teilweise begründet.

a) Die Revision des beklagten [X.] ist nicht bereits deshalb begründet, weil die [X.]erufung des [X.] unzulässig gewesen wäre. Das [X.]arbeitsgericht ist zu Recht von der Zulässigkeit der [X.]erufung des [X.] ausgegangen. Zwar ist die [X.]erufungsschrift bereits vor Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils des Arbeitsgerichts eingelegt und begründet worden. Dennoch entspricht die [X.]erufungsbegründung den gesetzlichen Anforderungen iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Ausreichend ist die vom Kläger erhobene Rüge der Verletzung der Fünfmonatsfrist, denn das mit Gründen versehene erstinstanzliche Urteil ist erst nach Ablauf von fünf Monaten vom Vorsitzenden der Kammer der Geschäftsstelle übergeben worden. Dies hat der Senat in einem Parallelverfahren entschieden, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen [X.]ezug genommen wird ([X.] 13. Oktober 2021 - 5 [X.] - Rn. 15 - 17). Der vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit demjenigen des vorgenannten Verfahrens.

b) Die Revision des beklagten [X.] ist begründet, soweit sie sich gegen die Feststellung der Vergütungspflicht der [X.] zum Entnehmen, Laden und Anlegen sowie zum Ablegen, Entladen und Wegschließen der Dienstwaffe im häuslichen [X.]ereich wendet. [X.]ei diesen [X.]en handelt es sich im Streitfall nicht um vergütungspflichtige Arbeitszeiten.

aa) Der Antrag auf Feststellung der Vergütungspflicht von Rüstzeiten mit der Dienstwaffe ist in der zuletzt gestellten Fassung nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Dies hat der Senat in einem Parallelverfahren entschieden, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen [X.]ezug genommen wird ([X.] 13. Oktober 2021 - 5 [X.] - Rn. 12). Der vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit demjenigen des vorgenannten Verfahrens.

bb) Die [X.]en des [X.] mit der Dienstwaffe, die der Kläger im häuslichen [X.]ereich vornimmt, sind keine vergütungspflichtigen Arbeitszeiten iSv. § 611 Abs. 1 [X.]G[X.] bzw. seit dem 1. April 2017 iSv. § 611a Abs. 2 [X.]G[X.].

(1) Zur Arbeit eines Wachpolizisten gehört auch das An- und Ablegen sowie das Laden und Entladen der Dienstwaffe, wenn diese Handlungen auf der Weisung des Arbeitgebers beruhen, den Dienst mit [X.] Dienstwaffe anzutreten (vgl. [X.] 31. März 2021 - 5 [X.] - Rn. 45). Nutzt der Arbeitnehmer zur Aufbewahrung der Dienstwaffe die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Möglichkeit eines dienstlichen Waffenschließfachs, zählen zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit auch die innerbetrieblich vorgenommenen Zusammenhangstätigkeiten, die mit dem Auf- und Abrüsten der Dienstwaffe verbunden sind.

(2) Entgegen der Auffassung des [X.]arbeitsgerichts handelt es sich bei der vom Kläger aufgewandten [X.] zum An- und Ablegen, zum Laden und Entladen sowie zum Entnehmen und Wegschließen der Dienstwaffe im häuslichen [X.]ereich nicht um vergütungspflichtige Arbeitszeit. Eine Weisung des beklagten [X.], diese Tätigkeiten zu Hause vorzunehmen, hat das [X.]arbeitsgericht nicht festgestellt. Der Kläger hat sich eigenständig entschieden, von der angebotenen Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Dienstwaffe mit nach Hause zu nehmen und sie dort an- und abzulegen, obwohl ihm in der wohnortnahen Polizeidienststelle in der [X.], [X.] ein dienstliches Waffenschließfach zur Verfügung steht. Das An- und Ablegen der Dienstwaffe zu Hause ist damit nicht ausschließlich [X.] und deshalb nicht vergütungspflichtig (vgl. [X.] 31. März 2021 - 5 [X.] - Rn. 25).

c) Die Revision des beklagten [X.] ist unbegründet, soweit das [X.]arbeitsgericht eine Vergütungspflicht von Umkleide- und Rüstzeiten mit der [X.] im häuslichen [X.]ereich seit dem 1. März 2017 festgestellt und deren Umfang geschätzt hat.

aa) Der Feststellungsantrag ist in der zuletzt gestellten Fassung nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig (vgl. Rn. 17).

bb) Der Antrag auf Feststellung der Vergütungspflicht von Umkleide- und Rüstzeiten mit der [X.] seit dem 1. März 2017 ist begründet. Diese [X.]en sind entgegen der Auffassung des beklagten [X.] als Arbeitszeit nach § 611 Abs. 1 [X.]G[X.] bzw. seit dem 1. April 2017 nach § 611a Abs. 2 [X.]G[X.] vergütungspflichtig.

(1) Auf die Grundsätze zur [X.]eurteilung einer Vergütungspflicht des An- und Ablegens von Dienstkleidung, die der Arbeitnehmer verpflichtend zu tragen hat, wird zur Vermeidung von Wiederholungen [X.]ezug genommen (vgl. hierzu das Parallelverfahren [X.] 13. Oktober 2021 - 5 [X.] - Rn. 19).

(2) Danach ist die für das An- und Ablegen der Uniform und der [X.] im häuslichen [X.]ereich benötigte [X.] ausnahmsweise vergütungspflichtige Arbeitszeit. Der Kläger ist nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts zum Tragen der Uniform und der [X.] aufgrund Weisung des beklagten [X.] verpflichtet (vgl. dazu [X.] 6. September 2017 - 5 [X.] - Rn. 13, [X.]E 160, 167). Dieser Weisung kann der Kläger nur nachkommen, wenn er die Uniform und [X.] im häuslichen [X.]ereich an- und ablegt. Denn nach den weiteren Feststellungen des [X.]arbeitsgerichts steht dem Kläger an seinem Einsatzort kein Spind zur Verfügung. Ohne Aufbewahrungsmöglichkeit der Privat- und Dienstkleidung und der Ausrüstungsgegenstände am Einsatzort besteht keine zumutbare Umkleidemöglichkeit. Damit entscheidet sich der Kläger nicht eigenständig dazu, die Dienstkleidung und [X.] nicht im [X.]etrieb, sondern im häuslichen [X.]ereich an- und abzulegen.

cc) Das [X.]arbeitsgericht hat den zeitlichen Umfang der vergütungspflichtigen Umkleide- und Rüstzeiten mit der [X.] im häuslichen [X.]ereich zutreffend unter Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO ermittelt. Die Angriffe der Revision des beklagten [X.] veranlassen keine andere [X.]ewertung. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidung des [X.] in einem Parallelverfahren [X.]ezug genommen ([X.] 13. Oktober 2021 - 5 [X.] - Rn. 21 ff.). Der vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit demjenigen des vorgenannten Verfahrens.

dd) Der Kläger hat die Ausschlussfrist nach § 37 Abs. 1 TV-L für die erhobenen Ansprüche auf Vergütung der Umkleide- und Rüstzeiten mit der [X.] ab dem 1. März 2017 gewahrt.

(1) Die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L ist aufgrund arbeitsvertraglicher [X.]ezugnahme auf das Arbeitsverhältnis des [X.] anwendbar. Die Klausel ist wirksam einbezogen (vgl. [X.] 13. Oktober 2021 - 5 [X.] - Rn. 29).

(2) Zutreffend hat das [X.]arbeitsgericht angenommen, dass nach dem 1. März 2017 entstandene Ansprüche des [X.] auf Vergütung der Umkleide- und Rüstzeiten nicht verfallen sind. Diese hat der Kläger mit der am 24. November 2017 zugestellten Klageschrift geltend gemacht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidung des [X.] in einem Parallelverfahren [X.]ezug genommen ([X.] 13. Oktober 2021 - 5 [X.] - Rn. 31 ff.). Der vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit im Grundsatz demjenigen des vorgenannten Verfahrens.

d) Die Revision des beklagten [X.] ist auch unbegründet, soweit das [X.]arbeitsgericht es verurteilt hat, dem für den Kläger geführten [X.] in der Spalte „[X.]konto“ drei Stunden und 32 Minuten gutzuschreiben.

aa) Der Antrag, auf dem für den Kläger geführten Arbeitszeitkonto eine [X.]gutschrift vorzunehmen, ist in der zuletzt gestellten Fassung zulässig. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidung des [X.] in einem Parallelverfahren [X.]ezug genommen ([X.] 13. Oktober 2021 - 5 [X.] - Rn. 37).

bb) Die Klage auf [X.]gutschrift im Umfang von drei Stunden und 32 Minuten ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die Gutschrift nach § 6 Abs. 3 Satz 3 [X.] Das [X.]arbeitsgericht legt seiner [X.]erechnung zutreffend zugrunde, dass für jeden dienstplanmäßig freien Arbeitstag 7,07 Stunden gutzuschreiben sind. Die in der Revision noch streitigen Tage waren gesetzliche Feiertage. Nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen hatte der Kläger an diesen Tagen dienstplanmäßig frei. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidung des [X.] im Parallelverfahren [X.]ezug genommen ([X.] 13. Oktober 2021 - 5 [X.] - Rn. 40 ff.). Der vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit demjenigen des vorgenannten Verfahrens. Von den für die in der Revision noch streitigen vier Tage insgesamt geschuldeten 28,28 Stunden hat das beklagte Land nach den Feststellungen des [X.]arbeitsgerichts durch [X.]gutschrift für den 25. Dezember 2017, 26. Dezember 2017, 1. Mai 2018 und 10. Mai 2018 auf dem für den Kläger geführten Arbeitszeitkonto bereits jeweils sechs Stunden und elf Minuten erfüllt (§ 362 Abs. 1 [X.]G[X.]). Des Weiteren hat das Arbeitsgericht das beklagte Land zu einer [X.]gutschrift von drei Stunden und zwei Minuten verurteilt. Das erstinstanzliche Urteil ist insoweit in Rechtskraft erwachsen. Der Kläger kann damit eine [X.]gutschrift von weiteren 30 Minuten verlangen.

cc) Der Kläger hat die Ausschlussfrist nach § 37 Abs. 1 TV-L für die in der Revision noch streitigen Ansprüche gewahrt. Der Kläger hat diese mit einer dem beklagten Land am 28. Juni 2018 zugestellten [X.] geltend gemacht.

II. Die Revision des [X.] ist unbegründet.

1. Das [X.]arbeitsgericht hat zutreffend die Feststellung einer Vergütungspflicht von Umkleide- und Rüstzeiten mit der [X.] in der [X.] vom 1. Juni 2016 bis zum 28. Februar 2017 abgelehnt. Ansprüche aus dieser [X.] sind nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen.

a) Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L sind Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Nach Satz 2 der Regelung reicht für denselben Sachverhalt die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus. Der Anspruch auf weitere Vergütung ist ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis.

b) Ansprüche des [X.] auf Vergütung der Umkleide- und Rüstzeiten mit der [X.] für die [X.] vom 1. Juni 2016 bis zum 28. Februar 2017 sind verfallen. Das außergerichtliche Schreiben des [X.] vom 17. Februar 2017 stellt keine ausreichende Geltendmachung dar.

aa) In [X.]ezug auf die Grundsätze zur [X.]eurteilung einer wirksamen Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen sowie die Fälligkeit der im Streit befindlichen Entgeltbestandteile wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das vom Senat entschiedene Parallelverfahren [X.]ezug genommen (vgl. [X.] 13. Oktober 2021 - 5 [X.] - Rn. 32 sowie Rn. 34).

bb) Danach hat das [X.]arbeitsgericht zu Recht keine rechtzeitige Geltendmachung für Ansprüche vor dem 1. März 2017 angenommen. Es hat zutreffend erkannt, dass das Schreiben vom 17. Februar 2017 nicht geeignet war, Ansprüche iSd. § 37 Abs. 1 TV-L wirksam geltend zu machen. Die Ansprüche sind bezüglich ihrer Höhe sowie des [X.]raums, für den sie verfolgt werden, nicht mit der für den Anspruchsgegner notwendigen Deutlichkeit geltend gemacht worden. Die Angaben zur Höhe sind widersprüchlich, weil es zunächst heißt, der [X.]aufwand für das An- und Ablegen der Uniform sowie der Ausrüstungsgegenstände betrage etwa 90 Minuten, später aber dargelegt wird, die Polizeiangestellten erschienen vor Dienstbeginn und wendeten zwischen 15 und 30 Minuten insbesondere für das Aufrüsten auf. Unabhängig davon wird auch nicht deutlich, für welchen [X.]raum Ansprüche geltend gemacht werden. In dem Schreiben heißt es lediglich, dass diese [X.]en „bislang“ nicht vergütet worden seien. Damit wird dem Zweck der tariflichen Ausschlussfrist nicht genügt. Es lässt nicht erkennen, dass es für den Polizeipräsidenten ohne weiteres ersichtlich war, für welchen [X.]raum der Kläger Vergütung beansprucht.

2. Die Revision des [X.] ist unbegründet, soweit er die Feststellung der Vergütungspflicht von [X.] zwischen Wohnung und Einsatzort begehrt.

a) Der Feststellungsantrag des [X.] ist in der zuletzt gestellten Fassung nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig (vgl. Rn. 17).

b) Der Antrag auf Feststellung der Vergütungspflicht von [X.] ist unbegründet. Die [X.] zwischen Wohnung und Einsatzort sind keine vergütungspflichtigen Arbeitszeiten iSv. § 611 Abs. 1 [X.]G[X.] bzw. seit dem 1. April 2017 iSv. § 611a Abs. 2 [X.]G[X.].

aa) Mit dem eigennützigen Zurücklegen des Weges von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück erbringt der Arbeitnehmer regelmäßig keine Arbeit für den Arbeitgeber ([X.] 31. März 2021 - 5 [X.] - Rn. 40; 22. April 2009 - 5 [X.] - Rn. 15). Die [X.] zählen zur privaten Lebensführung und werden nicht im alleinigen Interesse des Arbeitgebers erbracht (vgl. [X.]/Preis 21. Aufl. [X.]G[X.] § 611a Rn. 513; [X.] ArbR-Hd[X.]/[X.] 19. Aufl. § 45 Rn. 54). Anders kann es jedoch sein, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit außerhalb des [X.]etriebs zu erbringen hat. Ist das wirtschaftliche Ziel der Gesamttätigkeit darauf gerichtet, verschiedene Kunden aufzusuchen - sei es, um dort Dienstleistungen zu erbringen, sei es, um Geschäfte für den Arbeitgeber zu vermitteln oder abzuschließen - gehört das Fahren zur auswärtigen Arbeitsstelle zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten (vgl. [X.] 18. März 2020 - 5 [X.] - Rn. 18 mwN).

bb) Danach sind die [X.] des [X.] von seiner Wohnung zum Einsatzort keine vergütungspflichtigen Arbeitszeiten.

(1) In Abgrenzung zu einem Außendienstmitarbeiter oder Monteur, bei dem Teil der geschuldeten Tätigkeit die Fahrt zum Kunden ist, stellt sich beim Kläger das Zurücklegen des Weges zum [X.] nicht als notwendiger [X.]estandteil der [X.]ewachungstätigkeit dar (vgl. [X.] 31. März 2021 - 5 [X.] - Rn. 20; zweifelnd [X.]ayreuther NZA 2021, 745, 747). In [X.]ezug auf den Arbeitsweg hat der Arbeitgeber auch kein Direktionsrecht (vgl. MHd[X.] ArbR/[X.] 5. Aufl. § 60 Rn. 18). Der Weg von zu Hause zur Arbeitsstelle ist eigennützig, weil der Kläger seine Arbeitsleistung am Ort der geschuldeten Leistung anbieten muss. Im Streitfall ist das der Ort, an dem das [X.] liegt. Dies gilt auch, soweit der Kläger geltend macht, er habe die Wegstrecken in besonders auffälliger Dienstuniform nebst [X.] zurückgelegt. Der Weg zur Arbeit bleibt dennoch privat (vgl. [X.] 31. März 2021 - 5 [X.] - Rn. 42).

(2) Aus dem Mitführen der Dienstwaffe auf dem Weg zur Arbeit folgt kein anderes Ergebnis. Das Mitführen einer Dienstwaffe ist zwar notwendiger [X.]estandteil der Tätigkeit eines Wachpolizisten, doch setzen [X.]efugnisse zur Nutzung der Dienstwaffe erst mit [X.]eginn der [X.]ewachungstätigkeit ein. Aus den [X.], auf die sich der Kläger beruft, ergibt sich nicht Gegenteiliges. In [X.]ezug auf die Pflicht, sich selbst in den Dienst zu versetzen, ist zwischen Polizeibeamten und Wachpolizisten in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis zu unterscheiden. Nur Polizeibeamte können und müssen sich ggf. selbst in den Dienst versetzen. Außerhalb seines Einsatzes stehen dem Kläger als angestelltem Wachpolizisten nur die „Jedermann-Rechte“ zu. Eine möglicherweise andere Erwartungshaltung von [X.]ürgern an [X.] vermag daran nichts zu ändern. Soweit der Kläger Einschränkungen aufgrund des Tragens der Dienstwaffe auf dem Arbeitsweg unterliegt, führen diese nicht zu einer Vergütungspflicht der [X.], denn der Weg zur Arbeit bleibt dennoch privat. Entgegen der Auffassung des beklagten [X.] dient die Dienstwaffe auch nicht dem Eigenschutz des [X.] auf seinem privaten Arbeitsweg. Eine solche Annahme ist fernliegend, denn für angestellte Wachpolizisten besteht kein höheres Interesse am Eigenschutz als für andere Arbeitnehmer, die keine Dienstwaffe tragen (vgl. [X.] 31. März 2021 - 5 [X.] - Rn. 44).

III. [X.] folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    [X.]    

        

    [X.]ubach    

        

    Volk    

        

        

        

    Jungbluth    

        

    Zorn    

                 

Meta

5 AZR 295/20

13.10.2021

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 27. März 2019, Az: 60 Ca 14121/17, Urteil

§ 611 Abs 1 BGB, § 611a Abs 2 BGB, § 287 Abs 2 ZPO, § 37 Abs 1 TV-L, § 6 Abs 3 S 3 TV-L

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.10.2021, Az. 5 AZR 295/20 (REWIS RS 2021, 1896)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1896 NJW 2022, 2060 REWIS RS 2021, 1896

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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12 Sa 350/21

12 Sa 351/21

12 Sa 352/21

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