Bundessozialgericht, Urteil vom 02.03.2010, Az. B 12 R 5/09 R

12. Senat | REWIS RS 2010, 8850

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Gegenstand

Sozialversicherung - Beitragsbemessung - Entgeltumwandlung - mündliche Vereinbarung über Gewährung eines Sachbezugs mit Zahlung eines reduzierten Barlohns - Wirksamkeit einer Entgeltumwandlung - Formerfordernis


Leitsatz

Wird statt der bisherigen Vergütung arbeitsrechtlich wirksam die Zahlung eines reduzierten Barlohns sowie die Gewährung eines Sachbezugs vereinbart, so sind entsprechend der vereinbarten Gehaltsumwandlung Gesamtsozialversicherungsbeiträge lediglich hieraus zu erheben, auch wenn die Vereinbarung mündlich getroffen wurde.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Nachzahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen.

2

Die Klägerin, die an keinen Tarifvertrag gebunden war, beschäftigte die beigeladenen Arbeitnehmer, Beigeladene zu 1. bis 13., die bei den beigeladenen Kranken- und Pflegekassen, Beigeladene zu 14. bis 19., versichert waren. In den Arbeitsverträgen war ua geregelt, dass sich die Höhe des Arbeitsentgelts nach dem festgelegten Stundenlohn und den Arbeitsstunden bestimmte. Ein Teil der Arbeitsverträge enthielt eine Bestimmung, wonach Änderungen und Ergänzungen der Schriftform bedurften. Die Klägerin bot ihren Beschäftigten in einer Betriebsmitteilung an, ab August 1998 ein betriebliches Fahrzeug ihrer Wahl gegen eine angemessene Reduzierung der Arbeitsvergütung und Versteuerung der Nutzung zum privaten Gebrauch zu überlassen. Die beigeladenen Arbeitnehmer machten von dieser Möglichkeit Gebrauch. In von einem Mitglied der Geschäftsleitung unterschriebenen Notizen wurden für die jeweiligen Arbeitnehmer schriftlich ua die Art des Fahrzeuges und die Höhe des vom bisherigen Bruttolohn abzuziehenden Nutzungsentgeltes für die private Nutzung der Firmenwagen vermerkt. Dieses Nutzungsentgelt wurde nach den Unterhaltskosten pro Monat zuzüglich eines vom Arbeitgeber zugrunde gelegten Wertverlustes errechnet. Die monatlichen Lohnabrechnungen wiesen danach ua die sich aus den geleisteten Stunden und dem Stundenlohn ergebende monatliche Vergütung sowie als Abzug hiervon das auf der dargestellten Grundlage errechnete Nutzungsentgelt aus. Als zu versteuernden und sozialversicherungspflichtigen Geldwert der privaten Nutzung wiesen die Lohnabrechnungen dagegen entsprechend der Regelung im Einkommensteuerrecht als Wert der Fahrzeugüberlassung 1 % des [X.] des Fahrzeuges sowie für Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsplatz 0,03 % des [X.] pro Kilometer aus und berechnete die zu zahlenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge auf dieser Grundlage. Der steuerrechtlich maßgebende Wert der Nutzungsüberlassung war dabei stets niedriger als der im Rahmen der Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber angenommene Wert.

3

Nach Durchführung einer Betriebsprüfung stellte die Beklagte mit Bescheid vom [X.] fest, dass für den Zeitraum vom 1.1.2000 bis 31.12.2003 26.981,37 [X.] für die beigeladenen Arbeitnehmer nachzuentrichten seien. Das für die [X.] Sozialversicherungsbeiträge zusätzlich zu berücksichtigende Arbeitsentgelt errechnete sie aus der Differenz des sich aus der sog 1 %-Regelung ergebenden Betrages und dem Betrag des [X.] für die Nutzung des Firmenwagens. Zwar habe die Klägerin den privaten Nutzungswert anhand der sog 1 %-Regelung als geldwerten Vorteil verbeitragt, zugleich jedoch den Bruttolohn um einen individuellen Betrag bei jedem Arbeitnehmer gekürzt. Die darin liegende Entgeltumwandlung, die die für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge maßgebende Bemessungsgrundlage verringere, sei nur zulässig, wenn sie arbeitsrechtlich zulässig, schriftlich niedergelegt und auf künftig fällig werdende Entgeltbestandteile gerichtet sei. Individuelle Arbeitsverträge über die Entgeltumwandlung habe die Klägerin nicht vorlegen können. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.9.2005 zurück. Es seien weder bei der Betriebsprüfung noch im Widerspruchsverfahren individuelle Arbeitsverträge vorgelegt worden, aus denen eine zulässige Entgeltumwandlung hervorgehe. Aus den vorlegten Lohnabrechnungen sei außerdem ersichtlich, dass die Voraussetzungen der Entgeltumwandlung nicht erfüllt seien.

4

Mit Urteil vom [X.] hat das [X.] die Klage abgewiesen. Die in den Lohnabrechnungen für die [X.] in Abzug gebrachten ausgewiesenen Beträge seien beitragspflichtig. Nach wie vor hätten die beigeladenen Arbeitnehmer Anspruch auf die nach dem vereinbarten Stundenlohn und den geleisteten Arbeitsstunden errechnete Vergütung gehabt. Das sich hieraus ergebende Arbeitsentgelt unterläge in vollem Umfang der Beitragspflicht zur Sozialversicherung.

5

Während des Berufungsverfahrens setzte die Beklagte mit Bescheid vom 21.7.2008 die Nachforderung mit lediglich noch 20.648,99 Euro fest. Der reduzierte Betrag ergab sich aus der bisher nicht berücksichtigten, bereits erfolgten Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen auf den geldwerten Vorteil von Fahrten von der Wohnung zur Arbeit mit dem überlassenen Firmenfahrzeug. Mit Urteil vom [X.] hat das L[X.] das Urteil des [X.] Reutlingen sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben. Der Beitragsberechnung sei neben dem Arbeitsentgelt als Sachbezug die Überlassung eines Firmenwagens zur privaten Nutzung zugrunde zu legen. Das Arbeitsentgelt der beigeladenen Arbeitnehmer habe sich aus Barlohn und Sachlohn zusammengesetzt, nachdem die Entgeltvereinbarungen in den bestehenden Arbeitsverträgen für die Zukunft geändert worden seien und anstelle reinen Barlohns eine Kombination aus neu berechneten reduziertem Barlohn und Sachlohn durch Überlassung des Firmenwagens zum privaten Gebrauch getreten sei. Die lediglich mündlich erfolgten Vereinbarungen seien wirksam.

6

Mit der vom L[X.] zugelassenen Revision rügt der beklagte Rentenversicherungsträger sinngemäß die Verletzung des § 14 Abs 1 [X.]B IV. Zwar seien die geänderten Entgeltvereinbarungen arbeitsrechtlich möglicherweise wirksam, beitragsrechtlich jedoch unbeachtlich, weil [X.] durch Verzicht auf Arbeitsentgelt und Vereinbarung der privaten Nutzung eines [X.] schriftlich erfolgen müssten. Aber auch eine mündliche Absprache habe die Klägerin nicht nachweisen können. Weder die vorgelegten Lohnabrechnungen noch die Unterlagen zur Firmenwagenberechnung könnten einen Nachweis erbringen, dass die beigeladenen Arbeitnehmer auf einen ihnen zustehenden Barlohnbestandteil verzichtet und ausgehend von diesem reduzierten Bruttogehalt dann wiederum eine Sachzuwendung mit der Klägerin vereinbart hätten.

7

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des [X.] vom [X.] aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom [X.] sowie die Klage gegen den Bescheid vom 21.7.2008 abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das Urteil des L[X.] für zutreffend.

Der beigeladene Arbeitnehmer zu 6. beantragt,

die Revision der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil ebenfalls für zutreffend.

Die [X.], Beigeladene zu 20., schließt sich der Rechtsauffassung der Beklagten an. Die beigeladenen Arbeitnehmer zu 1. bis 5. und 7. bis 13. sowie die beigeladenen Kranken- und Pflegekassen, Beigeladene zu 14. bis 19., haben sich in der Sache nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das [X.] das die Klage abweisende Urteil des [X.] und die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Zahlung weiterer [X.] von der Klägerin zu verlangen. Die Klägerin hatte für die beigeladenen Arbeitnehmer die Beiträge zutreffend nach den ausgezahlten Barlöhnen und dem Wert der als Sachbezug gewährten privaten Nutzung der Firmenwagen berechnet und abgeführt.

1. Im Revisionsverfahren ist über die [X.] gegen den Bescheid vom [X.] und den Widerspruchsbescheid vom 27.9.2005 sowie gegen den während des Berufungsverfahrens erlassenen Bescheid vom 21.7.2008 zu entscheiden. Letzterer änderte den ursprünglichen Bescheid vom [X.] ab und ist gemäß § 96 Abs 1 [X.]G Gegenstand des Verfahrens geworden. Er galt im Berufungsverfahren als mit der Klage angefochten.

2. Verfahrensfehler, die einer Entscheidung des Senates entgegenstehen, liegen nicht vor. Das [X.] hat die betroffenen Arbeitnehmer, deren Kranken- und Pflegekassen sowie die [X.]. Die Beiladungen sind auch nicht aufgehoben worden. Soweit das [X.] im Berufungsverfahren versehentlich einige Beigeladene nicht mehr als Beteiligte geführt hat, sie deshalb nicht zur mündlichen Verhandlung geladen und auch die Urteile nicht zugestellt hat, ist die mangelnde Beteiligung im Berufungsverfahren nicht von Amts wegen, sondern nur auf Rüge zu beachten. Eine solche haben die Beteiligten nach einem Hinweis im Revisionsverfahren und Übersendung von Kopien der im Berufungs- und Revisionsverfahren eingereichten Schriftsätze, des weiteren Bescheides und des Urteils des [X.] nicht erhoben.

3. Die Beklagte war nicht berechtigt, für die beigeladenen Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge nachzuerheben. Zutreffend hatte die Klägerin die [X.] nach den ausgezahlten Barlöhnen und dem Wert der als Sachbezug gewährten Überlassung der Firmenfahrzeuge zur privaten Nutzung errechnet und abgeführt.

In der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung wurde in den Jahren 2000 bis 2003, um die es hier geht, bei versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt (§ 226 Abs 1 Satz 1 [X.] 1 [X.]B V, § 57 Abs 1 [X.]B XI, § 162 [X.] 1 [X.]B VI, § 342 [X.]B III). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs 1 Satz 1 [X.]B IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Auch die Überlassung eines [X.] zur privaten Nutzung an den Arbeitnehmer kann als Sachbezug Arbeitsentgelt iS von § 14 Abs 1 Satz 1 [X.]B IV sein. Wird vom Arbeitgeber ein Teil des [X.] nicht ausgezahlt, sondern stattdessen ein Sachbezug zugewandt, so ist die Verminderung des [X.] sowohl im Steuerrecht als auch im [X.] nur dann beachtlich, wenn wirksam vereinbart wurde, dass auf den [X.] verzichtet und stattdessen ein Sachlohn gewährt wird. Die Entgeltumwandlung unterscheidet sich von einer bloßen Abrede über die Verwendung des laufenden Lohns dadurch, dass die Leistungspflicht des Arbeitgebers für die Zukunft arbeitsvertraglich geändert wird. Die bisherige Schuld des Arbeitgebers, das Arbeitsentgelt zu zahlen, wird zukunftsgerichtet erneuert (noviert) und durch die nunmehr vereinbarten Entgeltmodalitäten ersetzt (vgl B[X.], Urteil vom [X.] KR 10/02 R - B[X.]E 93, 109 = [X.]-5375 § 2 [X.] 1; vgl auch [X.], Beschluss vom [X.]/97 - [X.]E 183, 568 zur [X.], Urteil vom [X.] - [X.]E 220, 478 zur Auszahlung von Urlaubsgeld in Form von Warengutscheinen und Beschluss vom [X.] - [X.]/07 - [X.]/NV 2008, 1482 zum Wahlrecht für eine Deputatsware statt Weihnachtsgeld). Wird für die Zukunft wirksam eine Vereinbarung über eine Umwandlung eines zunächst vereinbarten [X.] in einen Sachbezug getroffen, ist für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge als Entgelt nur noch der verbliebene reduzierte Barlohn und der Wert des [X.] zugrunde zu legen. Liegt dagegen lediglich eine Abrede über die Verwendung des vereinbarten und erarbeiteten [X.] vor, ist für die Beitragserhebung unverändert nur dieser Barlohn zu berücksichtigen.

Die ursprünglich in den Arbeitsverträgen enthaltene [X.] hatten die Klägerin und die beigeladenen Arbeitnehmer dahin abgeändert, dass neben einem reduzierten Barlohn in Zukunft als Sachbezug ein Firmenfahrzeug zur privaten Nutzung zu überlassen war (dazu unten a). Diese Entgeltumwandlung war wirksam und auch für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge zugrunde zu legen (dazu unten b). Die Klägerin hatte die [X.] in zutreffender Höhe errechnet und abgeführt (dazu unten c).

a. Zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass durch die Abrede der Arbeitsvertragsparteien, in Zukunft den Arbeitnehmern Firmenwagen zur privaten Nutzung bei gleichzeitiger Reduzierung des [X.] zu überlassen, jeweils eine arbeitsvertragliche Entgeltumwandlung erfolgte. Die Wertung, die Klägerin und die beigeladenen Arbeitnehmer hätten in Abänderung des bisherigen Inhalts der Arbeitsverträge für die Zukunft anstatt des bisher geschuldeten [X.] einen nunmehr reduzierten Barlohn sowie einen Sachbezug durch Überlassung von Firmenwagen als vertraglich geschuldete Leistung der Klägerin und nicht nur eine Verwendungsabrede vereinbart, ist im Rahmen der eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (vgl B[X.], Urteil vom 2.9.2004 - B 7 [X.] 78/03 R - B[X.]E 93, 159 = [X.]-4100 § 128 [X.] 3) nicht zu beanstanden. So war dem vom [X.] wiedergegebenen Inhalt der Betriebsmitteilungen zur veränderten Vergütungsstruktur zu entnehmen, dass die bisherige Barvergütung reduziert werden sollte. Der vom [X.] festgestellte Inhalt der von der Geschäftsleitung [X.] und den beigeladenen Arbeitnehmern zur Verfügung gestellten schriftlichen Notizen zur Firmenwagennutzung und den Lohnabrechnungen war zu entnehmen, dass die Arbeitsvertragsparteien neben der Möglichkeit der privaten Firmenwagennutzung auch eine Änderung der Belastung mit Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen bezweckten. Letztere konnte nicht durch eine Verwendungsabrede, sondern nur durch eine Entgeltumwandlung erreicht werden. Dementsprechend sind sowohl die Finanzbehörden als auch ursprünglich die Beklagte von einer vereinbarten Entgeltumwandlung ausgegangen. Zu Recht hat das [X.] aus der Art und Weise der Lohnabrechnungen, die weiterhin einen höheren Barlohn für die Überlassung der Firmenwagen auswiesen, nicht auf die Vereinbarung einer Verwendungsabrede geschlossen. Denn auch in den Lohnabrechnungen ist die Lohnsteuer und sind die Sozialversicherungsbeiträge nach den Grundsätzen der Entgeltumwandlung berechnet worden. Allein aus der Wiedergabe der rechnerischen Ermittlung des geschuldeten [X.] in den Lohnabrechnungen musste deshalb nicht auf eine Verwendungsabrede geschlossen werden. Soweit das Arbeitsentgelt nach einem Stundenlohn bemessen wird, wie es im vorliegenden Fall bei allen beigeladenen Arbeitnehmern der Fall war, und der Monatslohn deshalb regelmäßig unterschiedlich hoch ist, ist ein Ausweis des monatlich zustehenden fiktiven Bruttolohns ohne Entgeltumwandlung in der Lohnabrechnung sogar notwendig, um die Abrechnung überprüfen zu können. Soweit die Beklagte geltend macht, eine mündliche Vereinbarung sei nicht nachgewiesen, wendet sie sich gegen die Beweiswürdigung durch das [X.]. Einen für die Überprüfung durch das Revisionsgericht erheblichen Fehler des [X.] zeigt sie jedoch nicht auf.

b. Die vereinbarte Entgeltumwandlung war arbeitsrechtlich wirksam, wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat. Die Arbeitsvertragsänderung bedurfte insbesondere nicht der Schriftform. Soweit Arbeitsverträge der beigeladenen Arbeitnehmer für deren Änderung - wie hier - die Schriftform vorsehen, kann diese Regelung mündlich abbedungen werden, sofern nicht eine sog doppelte Schriftformklausel vorliegt, die auch die Änderung der Schriftformklausel ihrerseits dem Schriftformerfordernis unterstellt (vgl [X.], Urteil vom [X.] - [X.]E 126, 364 = AP [X.] 35 zu § 307 BGB). Eine solche doppelte Schriftformklausel war nach den Feststellungen des [X.] nicht vereinbart.

Auch § 2 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen vom [X.] ([X.]) stand der Wirksamkeit mündlicher Änderungsabreden nicht entgegen. Es kann offen bleiben, ob nicht bereits die schriftlich niedergelegten Notizen über die Fahrzeugnutzung den Anforderungen dieses Gesetzes an die Aufzeichnung der wesentlichen Vertragsbestandteile entsprachen. Jedenfalls führt ein Verstoß gegen die Pflicht zur Aufzeichnung nicht zur Unwirksamkeit des mündlich Vereinbarten (vgl [X.], Urteil vom 5.11.2003 - 5 [X.] - [X.] 2003-50).

Die mündlich vereinbarte Entgeltumwandlung war auch für die Berechnung der [X.] zu beachten. Die gesetzlichen und insbesondere sozialrechtlichen Vorschriften sehen keine Schriftform für beitragsrechtlich erhebliche Entgeltumwandlungen vor. Ohne gesetzliche Grundlage ist es der Beklagten verwehrt, allein im Hinblick auf mögliche Beweisschwierigkeiten die beitragsrechtliche Berücksichtigung einer arbeitsrechtlich wirksamen Entgeltumwandlung von einem Formerfordernis abhängig zu machen. Soweit die beigeladene [X.] auf die mögliche Verminderung von Rentenansprüchen der Arbeitnehmer bei einer Umwandlung von Barlohn in einen Sachbezug verweist, rechtfertigt auch dies nicht, eine gesetzlich nicht vorgesehene Form für die Entgeltvereinbarung zu fordern. Auch sonst können Regelungen in Arbeitsverträgen über das Arbeitsentgelt Auswirkungen auf zukünftige Rentenansprüche haben, ohne dass deshalb für entsprechende vertragliche Regelungen die Schriftform erforderlich ist, zB wenn Arbeitsentgelte aus anderen Gründen beitragsfrei sind.

c. Gemäß § 17 Abs 1 Satz 1 [X.] 4 [X.]B IV, § 6 Abs 1 Satz 3 Sachbezugsverordnung iVm § 8 Abs 2 Satz 2 und 3 und § 6 Abs 1 [X.] 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) in den im Zeitraum von 2000 bis 2003 geltenden hier anzuwendenden Fassungen war als Wert des [X.] für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge monatlich 1 % sowie für Fahrten zwischen der Wohnung und dem Arbeitsplatz pro Kilometer 0,03 % des Listenpreises der überlassenen Firmenfahrzeuge zugrunde zu legen. Nach den Feststellungen des [X.] hat die Klägerin für die private Nutzung der Firmenwagen die Höhe der [X.] zutreffend errechnet und die Beiträge abgeführt. Die Minderung der Steuer, aber auch die Minderung der Beiträge zur Sozialversicherung durch die "günstige" Bewertung der Nutzungsüberlassung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist Folge der Wertung des Gesetzgebers, der die steuerrechtlichen Folgen einer Überlassung eines Kfz an Arbeitnehmer gesetzlich in besonderer Weise geregelt hat und dabei zulässigerweise eine pauschalierende Regelung getroffen hat. Es sind auch keine Gründe ersichtlich, dass die für das [X.] angeordnete Übernahme der in § 8 EStG getroffenen Regelungen bei [X.] nicht gelten sollte. Wenn im Einkommensteuerrecht die arbeitsrechtlich zulässige Gestaltung der Entgeltvereinbarung maßgebend ist, dann gilt dies vielmehr beitragsrechtlich auch im [X.].

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 154 Abs 2 und Abs 3 VwGO.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe der im Revisionsverfahren noch streitigen Beitragsforderung festzusetzen.

Meta

B 12 R 5/09 R

02.03.2010

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Reutlingen, 22. August 2007, Az: S 8 R 3561/05, Urteil

§ 14 Abs 1 S 1 SGB 4, § 17 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 4 vom 26.06.2001, § 6 Abs 1 S 3 SachBezV 1995 vom 18.12.1998, § 6 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG vom 24.03.1999, § 8 Abs 2 S 2 EStG vom 22.12.1999, § 8 Abs 2 S 3 EStG vom 22.12.1999

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 02.03.2010, Az. B 12 R 5/09 R (REWIS RS 2010, 8850)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8850

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