Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.07.2023, Az. X ZR 60/21

10. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 5225

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Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des 6. Senats ([X.]) des [X.] vom 1. Juli 2021 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 1 440 676 (Streitpatents), welches am 23. Januar 2004 angemeldet wurde, die Priorität einer [X.] Anmeldung vom 24. Januar 2003 in Anspruch nimmt und eine Hebevorrichtung betrifft. Patentanspruch 1, auf den neun weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet in der [X.]:

[X.] (105) and a lifting arm (103) to which a headed stud is attached for attaching the hoist sling to the lifting arm, wherein the head (20) has a larger diameter than the stud, and wherein the hoist sling comprises an attachment device (100) for attaching the hoist sling to the lifting arm, comprising a plate-shaped part (1) comprising:

- a continuous slot (2a, 2b) situated in a plane of the plate-shaped part (1) comprising a first portion (2a) [X.] (20) will pass, a second portion (2b) [X.] will but the head (20) of the stud will not pass, and a connection portion between the first and second portion, and

- a locking device (6, 7) arranged to the plate-shaped part, characterised in [X.] parallel to the plane of the plate-shaped part, which locking device (6, 7) near a first end comprises a closing member (11) and near a second end comprises an operation member (12) that can be operated for bringing the locking device (6, 7) from a first position, in [X.] (11) at least partially closes off the connection portion, to a second position, in [X.] (11) has been slid out of the connection portion for clearing the connection portion for moving the stud from the second (2b) to the first (2a) portion in the slot, wherein the operation member (12) is situated near a side of the plate-shaped part (1) and wherein the operation member (12) is operable from the side of the plate-shaped part (1).

2

Patentanspruch 11 schützt eine Befestigungsvorrichtung mit entsprechenden Merkmalen, Patentanspruch 12 eine Hebeschlinge mit einer Befestigungsvorrichtung nach Anspruch 11.

3

Die Klägerin hat sich gegen die Ansprüche 1 bis 5, 7, 9, 11 und 12 gewendet und geltend gemacht, der angegriffene Gegenstand sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und mit sechs [X.] verteidigt.

4

Das Patentgericht hat das Streitpatent im beantragten Umfang für nichtig erklärt. Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung verteidigt die Beklagte das Streitpatent mit einem neuen Hauptantrag, zwei neuen [X.], den erstinstanzlichen [X.] 3 bis 5 und ergänzenden Modifizierungen.

Entscheidungsgründe

5

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

6

I. Das Streitpatent betrifft eine Hebevorrichtung.

7

1. Die Beschreibung des Streitpatents führt aus, insbesondere bei Vorrichtungen zum Heben invalider Personen sei es wichtig, dass die [X.] nicht versehentlich geöffnet werden und sich nicht von der Hebevorrichtung lösen könne (Abs. 3).

8

Die internationale Patentanmeldung 97/01319 ([X.]) schlage hierzu einen Bolzen mit einem größeren Kopf, einen schlüssellochartig geformten [X.] und einen hinter dem eingeführten Bolzen hochstehenden, elastischen Abschnitt vor (Abs. 4). Dies sei nicht benutzerfreundlich, weil das elastische Element manuell eingedrückt und ein Teil der Vorrichtung darüber hinwegbewegt werden müsse. Deshalb könne die Befestigung im Notfall nicht schnell und einfach entriegelt werden. Zum anderen könne sich der Bediener beim Versuch, die Befestigung zu lösen, den Finger einklemmen (Abs. 6).

9

2. Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, eine Vorrichtung zur Verfügung zu stellen, die eine sichere Befestigung der [X.] ermöglicht, leicht bedienbar ist und die Gefahr des Einklemmens von Fingern reduziert.

3. Zur Lösung schlägt Patentanspruch 1 in der mit dem zweitinstanzlichen Hauptantrag verteidigten Fassung eine Hebevorrichtung vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung sind hervorgehoben):

1

Hoist device for persons comprising

Hebevorrichtung für Personen mit

1.1

a hoist sling (105) and

einer [X.] (105) und

1.2

a lifting arm (103)

einem [X.] (103),

1.2.1

to which a headed stud is attached for attaching the hoist sling to the lifting arm,

an welchem ein Bolzen mit Kopf (20) zum Anbringen der [X.] (105) an dem [X.] (103) angeordnet ist.

1.2.2       

wherein the head (20) has a larger diameter than the stud,

[X.] (20) weist einen größeren Durchmesser auf als der Bolzen.

2

and wherein the hoist sling comprises an attachment device (100) for attaching the hoist sling to the lifting arm, comprising

Die [X.] (105) weist eine Befestigungsvorrichtung (100) zum Anbringen der [X.] (105) an dem [X.] (103) auf, die umfasst:

2a

a plate-shaped part (1) comprising:

einen plattenförmigen Teil (1) mit

2.0

a continuous slot (2a, 2b) situated in a plane of the plate-shaped part (1) comprising:

einem durchgehenden [X.] (2a, 2b) in [X.] des plattenförmigen Teils (1) mit

2.1

a first portion (2a) [X.] (20) will pass,

einem ersten Teilbereich (2a), durch den der Bolzen und sein Kopf (20) durchgeführt werden können,

2.2

a second portion (2b) [X.] will but the head (20) of the stud will not pass,

einem zweiten Teilbereich (2b), durch den der Bolzen, aber nicht der Kopf (20) des Bolzens durchgeführt werden kann,

2.3

and a connection portion between the first and second portion, and

einem [X.] zwischen dem ersten und dem zweiten Teilbereich;

3

a locking device (6, 7)

ein [X.] (6, 7), das

3.1

arranged to the plate-shaped part,

am plattenförmigen Teil (1) angeordnet ist,

3.2

characterised in [X.] parallel to the plane of the plate-shaped part,

parallel zur [X.] des plattenförmigen Teils bewegt werden kann,

3.3

which locking device (6, 7) near a first end comprises a closing member (11) and

in der Nähe des ersten Endes ein Schließmittel (11) und

3.4

near a second end comprises an operation member (12)

in der Nähe eines zweiten Endes ein Betätigungsmittel (12) aufweist.

3.4.1

that can be operated for bringing the locking device (6, 7) from a first position, in [X.] (11) at least partially closes off the connection portion,

Mit dem Betätigungsmittel (12) kann das [X.] (6, 7) bewegt werden von einer ersten Position, in der das Schließmittel (11) zumindest abschnittsweise den [X.] abschließt,

3.4.2

parallel to the plane to a second position, in [X.] (11) has been slid out of the connection portion for clearing the connection portion for moving the stud from the second (2b) to the first (2a) portion in the slot,

parallel zu der [X.] in eine zweite Position, in der das Schließmittel (11) aus dem [X.] herausgeschoben worden ist, um den [X.] freizugeben und den Bolzen vom zweiten (2b) zum ersten Teilbereich (2a) im [X.] zu bewegen.

3.4.3

wherein the operation member (12) is situated near a side of the plate-shaped part (1) and

Das Betätigungsmittel (12) ist in der Nähe einer Seite des plattenförmigen Teils (1) angeordnet und

3.4.4

wherein the operation member (12) is operable from the side of the plate-shaped part (1),

kann von der Seite des plattenförmigen Teils (1) betätigt werden.

4

wherein the attachment device (100) is adapted for a self-locking closing-off of the connection part by the locking device (6, 7), wherein

[X.] (100) ist für einen selbstschließenden Abschluss des [X.]s durch das [X.] (6, 7) eingerichtet, wobei

4.1.1

a) the locking device (6, 7) is rotatably attached to the plate-shaped part (1); and/or

a) das [X.] (6, 7) drehbar am plattenförmigen Teil (1) angeordnet ist und/oder

4.1.2

b) the continuous slot (2a 2b) comprises a closed curve in the form of a keyhole as a boundary so that a movement of the stud in a longitudinal direction of the keyhole within the slot is stopped by said boundary at opposite ends of the slot.

b) der durchgehende [X.] (2a, 2b) eine geschlossene Kurve in Form eines Schlüssellochs als Rand aufweist, so dass eine Bewegung des Bolzens in einer longitudinalen Richtung des Schlüssellochs durch diesen Rand an entgegengesetzten Enden des [X.]es gestoppt wird.

4. Die Patentansprüche 11 und 12 sehen hinsichtlich der Befestigungsvorrichtung entsprechende Merkmale vor und unterliegen deshalb derselben Beurteilung.

5. Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung.

a) Die in [X.] 2 definierte Befestigungsvorrichtung besteht aus zwei Elementen, wie sie auch bei dem vom Streitpatent beschriebenen Stand der Technik eingesetzt werden.

b) Von ausschlaggebender Bedeutung ist das in [X.] 3 spezifizierte [X.].

aa) Ein Ausführungsbeispiel ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 2 dargestellt. Die Figuren 5a bis 5c zeigen schematisch den Bewegungsablauf beim Verriegeln, Figur 6 den Beginn des [X.].

Abbildung

Abbildung

Abbildung

bb) Die in den Merkmalen 3.3 und 3.4 vorgesehene Anordnung eines [X.]s (11) und eines [X.]s (12) in der Nähe von zwei unterschiedlichen Enden des [X.]s ermöglicht eine Ausgestaltung, bei der die zur Betätigung eingesetzten Finger von gefahrenträchtigen Stellen ferngehalten werden können.

Der Formulierung "in der Nähe" (near) ist zu entnehmen, dass beide Mittel nicht unmittelbar an den beiden Enden angeordnet sein müssen. Der damit eröffnete [X.]ielraum wird, wie die [X.] zutreffend geltend macht, nicht allein durch den absoluten oder relativen Abstand bestimmt, sondern durch die genannte Funktion. Das Schließ- und das [X.] sind danach auch dann in der Nähe von zwei unterschiedlichen Enden des [X.]s angeordnet, wenn sie so weit voneinander entfernt sind, dass die Finger von gefahrenträchtigen Stellen ferngehalten werden können.

cc) Nach Merkmal 3.2 und dem gegenüber der erteilten Fassung modifizierten Merkmal 3.4.2 muss die Bewegung zum Öffnen der Verriegelung parallel zur [X.] des plattenförmigen Teils möglich sein.

Damit sind Gestaltungen ausgeschlossen, bei denen das [X.] von der genannten [X.] aus nach oben oder unten bewegt werden muss. Weitere Einzelheiten zur Bewegungsrichtung sind insoweit nicht festgelegt.

dd) Die in den Merkmalen 3.4.3 und 3.4.4 normierten Vorgaben, wonach das [X.] in der Nähe einer Seite des plattenförmigen Teils angeordnet ist und von der Seite des plattenförmigen Teils aus betätigt werden kann, ermöglichen es ebenfalls, die zur Betätigung eingesetzten Finger von gefährlichen Bereichen fernzuhalten.

Der in Merkmal 3.4.3 verwendete Ausdruck "in der Nähe" lässt allerdings gewissen [X.]ielraum hinsichtlich des Abstandes zwischen dem [X.] und der Seitenkante des plattenförmigen Teils. [X.] dazu lässt Merkmal 3.4.4 [X.]ielraum hinsichtlich der Stelle, an der das [X.] betätigt werden kann.

Damit sind auch Ausgestaltungen möglich, bei denen das [X.] in seiner Ausgangs- oder Endstellung oberhalb des plattenförmigen Teils angeordnet ist.

c) Merkmal 4 sieht eine selbstschließende Ausgestaltung des [X.]s vor, und zwar dergestalt, dass in geschlossenem Zustand der [X.] zwischen dem schmaleren und dem breiteren Teilbereich des [X.]es versperrt ist.

II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Sowohl der Gegenstand der erteilten Fassung als auch die mit den [X.] verteidigten Gegenstände seien ausgehend von der [X.] [X.] 36 43 612 ([X.]) naheliegend. [X.] offenbare zwar kein [X.]. Ein [X.] mit den Merkmalen des Streitpatents sei aber in der [X.] Patentanmeldung 2 812 555 ([X.]) und dem US-Patent 3 456 981 ([X.]) vorweggenommen. Der Fachmann, ein Ingenieur des allgemeinen Maschinenbaus mit Kenntnissen im Bereich von [X.] für Personen und zugehörigen Teilen, habe Anlass gehabt, diesen gattungsfremden Stand der Technik hinzuzuziehen.

III. Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Berufungsverfahren stand.

1. Entgegen der Auffassung der [X.] ist die Beklagte mit der Verteidigung des Streitpatents in den gegenüber der ersten Instanz geänderten Anspruchsfassungen nicht präkludiert.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist die erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachte Verteidigung eines Patents in geänderter Fassung in der Regel gemäß § 116 Abs. 2 [X.] zulässig, wenn sich der neue Antrag von einem bereits in erster Instanz gestellten Antrag nur dadurch unterscheidet, dass einzelne der zur erteilten Fassung hinzutretenden Merkmale gestrichen worden sind. Ausschlaggebend hierfür ist, dass ein solcher Antrag in der Regel aufgrund des Sachverhalts beurteilt werden kann, der bereits in erster Instanz zur Entscheidung anstand und der deshalb gemäß § 117 [X.] und § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch der Berufungsentscheidung zugrunde zu legen ist (Urteil vom 11. August 2020 - [X.], [X.], 1284 Rn. 77 f. - Datenpaketumwandlung).

Der zweitinstanzliche Hauptantrag der Beklagten unterscheidet sich von ihrem erstinstanzlichen Hilfsantrag 1 lediglich durch den Wegfall einzelner Merkmale. Entgegen der Auffassung der [X.] weist der Streitfall keine Besonderheiten auf, die der Berücksichtigung dieses Antrags dennoch entgegenstünden.

Die Frage, ob den gestrichenen Merkmalen wesentliche Bedeutung zukommt, ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn sie zu bejahen ist, steht dies einer Beurteilung des Antrags auf der Grundlage des nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu berücksichtigenden Sachverhalts nicht entgegen.

2. Zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der mit dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 1 verteidigte Gegenstand durch [X.] und [X.] nahegelegt ist. Deshalb kann der zweitinstanzliche Hauptantrag - der weniger Merkmale vorsieht - ebenfalls keinen Erfolg haben.

a) [X.] offenbart eine Hebevorrichtung für Personen mit einer Befestigungsvorrichtung für eine [X.].

[X.] besteht aus einem plattenförmigen Teil mit einem schlüssellochartig geformten [X.] und einem Bolzen, dessen Kopf einen größeren Durchmesser aufweist als sein Hals.

b) Damit sind die [X.]n 1 und 2 offenbart, nicht aber die [X.]n 3 und 4.

Eine Verriegelungsvorrichtung ist in [X.] nicht vorgesehen.

c) Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass eine Verriegelungsvorrichtung nach den [X.]n 3 und 4 ausgehend von [X.] durch [X.] nahegelegt war.

aa) [X.] betrifft eine Vorrichtung zum gemeinsamen Befestigen eines [X.] und eines [X.] für ein Kraftfahrzeug.

Ein Ausführungsbeispiel ist in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 bis 4 dargestellt.

Abbildung

Die beiden Abschnitte (16, 18) des [X.] können mit einem herkömmlichen Gurtschlossmechanismus (24) miteinander verbunden werden. Auf der zu diesem Mechanismus gehörenden [X.] (26) ist ein Verriegelungsstift (32) mit einem vergrößerten Kopf montiert. Am Ende des [X.] (22) ist eine [X.] (34) angebracht. Diese weist eine Aufnahmeöffnung (36) auf, die einen größeren Durchmesser hat als der Kopf des [X.]s (32). Ein [X.] (38) erstreckt sich von der Öffnung (36) weg. Die Breite dieses [X.]es ist kleiner als der Durchmesser des Kopfs des [X.]s (32) (Abs. 4 Z. 1-32).

Angrenzend an die Öffnung (36) sind zwei [X.] (40, 42) schwenkbar an der [X.] (34) angebracht. Sie weisen jeweils einen ausgeschnittenen Abschnitt (44) auf, der so angeordnet ist, dass er sich beim Verschwenken der Elemente zum Hals des [X.]s hin bzw. von diesem weg bewegen kann. Eine Feder (46) spannt die Abschnitte (44) aufeinander zu. Durch Fingerdruck auf dafür vorgesehene Bereiche (48) können die Abschnitte (44) voneinander getrennt werden (Abs. 4 Z. 33-46).

Normalerweise steht die [X.] (34) mit der Platte (26) in Eingriff. Hierbei wird der [X.] (32) von der Öffnung (36) aufgenommen und darin durch die [X.] (40, 42) gehalten. Wenn der Schultergurt (22) eine Rückhaltekraft auf den Körper (14) ausübt, wird die [X.] (34) von der [X.] (26) wegbewegt, so dass der [X.] (32) von dem [X.] (38) aufgenommen und von den [X.]n (40, 42) freigegeben wird. Wenn der [X.] die Länge des [X.]es (38) abfährt, bewegt er sich in Anschlag mit dem Ende des [X.]es, um eine nicht nachgiebige Zugverbindung herzustellen. Wenn keine Zugkraft auf den Schultergurt (22) wirkt, können die [X.]n (34, 26) mittels manueller Betätigung der [X.] leicht getrennt werden ([X.]. 4 Z. 47-70).

Das in Figur 4 dargestellte Ausführungsbeispiel weist zusätzlich ein deformierbares Verbrauchselement (expendable element 50) auf, das fest an der [X.] (34) montiert ist und den [X.] (38) überlappt. Dieses Element stellt Mittel zum Absorbieren der kinetischen Energie des Körpers (14) bereit, wenn dieser plötzlich aus der normalen Sitzposition nach vorne verschoben wird. Es kann leicht und einfach ausgetauscht werden, weil es mittels eines Gewindes angebracht ist ([X.]. 4 Z. 71 bis [X.]. 5 Z. 25).

bb) Damit sind, wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, die [X.] 2 und die Merkmale 3 bis 3.4.3 offenbart.

cc) Entgegen der Auffassung der Berufung ist auch Merkmal 3.4.4 offenbart.

Wie die Berufung im Ansatz zutreffend geltend macht, schließen die für die Betätigung vorgesehenen Abschnitte (48) bei dem in Figur 3 dargestellten Ausführungsbeispiel in Ruhestellung allerdings bündig mit der Außenkante der Platte (26) ab, so dass sie zum Öffnen der beiden [X.] (40, 42) oberhalb der Platte (26) verschwenkt werden müssen.

Oben ist bereits dargelegt worden, dass dies einer Verwirklichung von Merkmal 3.4.4 nicht entgegensteht. Nach Merkmal 3.4.3 reicht es aus, dass die [X.] in der Nähe der Seite des plattenförmigen Elements angeordnet sind. Diese Anforderung ist auch dann erfüllt, wenn sich die [X.] an der Oberseite der Platte befinden, sofern sie nur hinreichende Nähe zu deren Seite aufweisen.

Diesen Anforderungen genügt die in [X.] offenbarte Ausgestaltung. Die bündig abschließenden Betätigungselemente befinden sich in denkbar geringem Abstand zu den beiden Seiten der Platte (26) und sind deshalb in deren Nähe angeordnet, wie dies Merkmal 3.4.3 vorsieht. Um sie zu betätigen, muss Druck von der Seite her ausgeübt werden. Dies verwirklicht die Vorgabe aus Merkmal 3.4.4.

dd) Zu Recht macht die Berufung hingegen geltend, dass Merkmal 4 in [X.] nicht unmittelbar und eindeutig offenbart ist.

(1) Wie auch das Patentgericht nicht verkannt hat, wird der Bolzen (32) im Normalbetrieb von den beiden Ausnehmungen (44) der beiden [X.] (40, 42) gehalten.

In diesem Zustand ist der Übergang zwischen dem schmalen und dem breiten Teil des [X.]es (38) nicht durch hinter dem Bolzen in Kontakt stehende [X.] (40, 42) versperrt. Einer Bewegung des Bolzens zurück in den weiteren Bereich des schlüssellochartigen [X.]es steht [X.] der Federn entgegen.

(2) Wie das Patentgericht ebenfalls zutreffend und insoweit unbeanstandet angenommen hat, kann der Bolzen (32) bei einer Zugbelastung des [X.] in den schmalen Teil des [X.]es (38) hineingleiten, und zwar bis zum Anschlag an der Stirnseite des [X.]es.

Zu Beginn dieser Bewegung müssen sich die beiden [X.] (40, 42) ein Stück weit öffnen. Ob sich der Bolzen so weit bewegen kann, dass sich die [X.] hinter ihm schließen und die Verbindung zum breiteren Teil des [X.]es versperren können, ist in [X.] nicht unmittelbar und eindeutig offenbart.

Die Darstellungen in den Figuren 2 bis 4 erlauben insoweit keine eindeutige Schlussfolgerung in die eine oder die andere Richtung. Die Figuren enthalten nur eine schematische Darstellung, die nicht den Schluss zulässt, dass es sich um maßstabsgerechte Zeichnungen handelt. Vor diesem Hintergrund kann aus den dargestellten Abmessungen der [X.], des [X.]es und des Bolzens weder die Schlussfolgerung gezogen werden, dass sich die [X.] hinter dem Bolzen schließen können, noch der Gegenschluss, dass der Bolzen stets von einzelnen Abschnitten der [X.] umgeben ist.

Den Ausführungen in der Beschreibung, wonach es einer manuellen Betätigung der [X.] (40, 42) durch Fingerdruck auf die dafür vorgesehenen Bereiche (48) bedarf, um die beiden zur Vorrichtung gehörigen Platten (26, 34) voneinander zu lösen, nachdem der Bolzen durch Zugkraft aus seiner ursprünglichen Position heraus an das Ende des schmalen [X.]bereichs gezogen worden ist ([X.] S. 4 Z. 64 ff.), lässt sich nicht entnehmen, ob sich der Bolzen bei der Entnahme noch in dem schmalen Endbereich des [X.]es befindet oder wieder in seine Ursprungsposition in den Ausnehmungen der [X.] zurückgekehrt ist. Diese Ausführungen lassen auch nicht erkennen, ob die [X.] den Bolzen freigeben und hinter ihm verriegeln können. Angesichts dessen bleibt unklar, ob die manuelle Betätigung der [X.] lediglich der Freigabe des Bolzens aus den Ausnehmungen in vertikaler Richtung dient oder zusätzlich auch der Freigabe in horizontaler Richtung.

Aus der in der Beschreibung dargestellten Funktion der Verbindung lassen sich keine weitergehenden Schlussfolgerungen ziehen. Grund hierfür ist insbesondere, dass nicht eindeutig erkennbar ist, ob die Zugkräfte, die zu der geschilderten Bewegung des Bolzens führen, während des üblichen Fahrbetriebs oder nur bei ungewöhnlich großen Beschleunigungswerten auftreten. Im zuerst genannten Fall könnte es zu unerwünschten Komforteinbußen führen, wenn der Bolzen nur bei manueller Entriegelung wieder in die Normalposition zurückkehren könnte. Im zweiten Fall könnte eine zusätzliche Verriegelung aus Sicherheitsgründen vorteilhaft erscheinen. Die Erläuterungen zu der in Figur 4 dargestellten Ausführungsform mögen zwar dafür sprechen, dass es dort vorwiegend um Unfallsituationen geht. Ob dasselbe auch für die in Figur 2 dargestellten Grundform ohne verformbares Element (50) gilt, ist der Beschreibung von [X.] aber ebenfalls nicht eindeutig zu entnehmen.

ee) Vor dem aufgezeigten Hintergrund lag eine Selbstverriegelung im Sinne von Merkmal 4 jedoch nahe.

Der Umstand, dass [X.] nicht erkennen lässt, ob sich die [X.]e (40, 42) hinter dem Bolzen (32) schließen können, gab Anlass, die für die Beantwortung dieser Frage maßgeblichen Gesichtspunkte zu identifizieren. Dies führte zu der Erkenntnis, dass beide Ausgestaltungen möglich sind und dass die eine zu einer nur manuell lösbaren Verriegelung, die andere zu einer permanenten Beweglichkeit des Bolzens in beiden Richtungen führt. Ausgehend davon lag es nahe, je nach dem gewünschten Einsatzzweck die eine oder die andere Ausgestaltung zu wählen.

Für eine Hebevorrichtung für Personen bot sich danach eine selbstverriegelnde Ausführung an, weil hier die möglichst sichere Verbindung im Vordergrund steht.

d) Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass ausgehend von [X.] Anlass bestand, auch [X.] in die Betrachtung einzubeziehen, die nicht für [X.] vorgesehen sind.

In welchem Umfang Wissen aus einem anderen oder übergeordneten technischen Gebiet zu berücksichtigen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist, ob vom Fachmann erwartet werden kann, dass er sich für die Lösung eines Problems auch auf einem anderen technischen Gebiet umsieht ([X.], Urteil vom 24. März 2015 - [X.], Rn. 27; vgl. [X.], Urteil vom 29. Juni 2010 - [X.], [X.], 992 Rn. 33 - [X.] II).

Im Streitfall bestand Anlass, bei der Weiterentwicklung von [X.] für [X.] auch [X.] Kfz-Sicherheitsgurte in Betracht zu ziehen, weil sowohl die Gurte als auch deren Befestigung im Wesentlichen dieselbe Funktion erfüllen.

Die sich ausgehend von [X.] ergebende Aufgabe, die [X.] möglichst sicher mit dem Gegenstück zu verbinden, stellt sich nicht nur bei [X.], sondern grundsätzlich bei jeder Vorrichtung, in der ein gurtartiges Teil, das große Kräfte aufnehmen muss, sicher, aber lösbar mit einem Gegenstück verbunden werden muss. Ausgehend davon bestand Anlass, unabhängig vom konkreten Einsatzzweck nach Verbindungen zu suchen, die diesen Anforderungen genügen.

Zu den [X.], deren Heranziehung danach nahelag, gehört [X.] schon deshalb, weil es ebenfalls um die Sicherung von Personen geht. Das in [X.] offenbarte Gurtsystem mag angesichts der seit langem üblichen Dreipunkt-Automatik-Gurte am [X.] des Streitpatents veraltet gewesen sein. Dennoch war [X.] weiterhin relevant, weil [X.] ein Haltesystem vergleichbarer Art zeigt.

Dass in [X.] die Verbindung zwischen Schulter- und Beckengurt im Mittelpunkt steht und eine spezielle Ausführung mit zusätzlicher Energieabsorption bevorzugt wird, steht einer Kombination mit [X.] nicht entgegen. Insoweit handelt es sich erkennbar um abgrenzbare zusätzliche Funktionen, deren Verwirklichung nicht zwingend ist und die keinen zwingenden Zusammenhang mit der ausgehend von [X.] im Mittelpunkt des Interesses stehenden Ausgestaltung der Befestigungsvorrichtung aufweisen.

3. Hinsichtlich der Hilfsanträge ergibt sich keine abweichende Beurteilung.

a) Hilfsantrag 1 führt zu keiner erheblichen Beschränkung des geschützten Gegenstands.

aa) Nach Hilfsantrag 1 soll [X.] 4 um folgendes (schon im erstinstanzlichen Hilfsantrag 1 vorgesehene) Merkmal ergänzt werden:

4.1       

so that the locking device (6, 7) is urged further into the first position, [X.], by a pressure of the stud that is situated in the second portion, in the direction of the first portion of the slot

so dass das [X.] (6, 7) durch einen Druck des Bolzens, der in dem zweiten Teilbereich angeordnet ist, in Richtung des ersten Teilbereichs des [X.]es mehr in die erste Position gedrängt wird, welche die Schließposition ist

bb) Damit wird die in Merkmal 4 vorgesehene [X.] näher charakterisiert.

Auch mit dieser Konkretisierung ist die Funktion aus den oben angeführten Gründen durch [X.] nahegelegt. Die oben wiedergegebenen Figuren der [X.] zeigen ungeachtet der nur schematischen Darstellung eine Ausformung der [X.], die Merkmal 4.1 verwirklicht.

b) Die nach Hilfsantrag 2 vorgesehene Ergänzung hat das Patentgericht zutreffend als durch [X.] offenbart angesehen.

Nach Hilfsantrag 2 soll das [X.] permanent an dem plattenförmigen Teil befestigt sein. Dies kann, wie die Berufung unter Bezugnahme auf die Beschreibung zutreffend ausführt, auch mittels einer Schraubverbindung geschehen.

Eine Schraubverbindung ist nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Patentgerichts in [X.] in Figur 2 offenbart. Unabhängig davon kommt der Frage, ob das [X.] permanent oder nur vorübergehend befestigt ist, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Maßgeblich ist, ob die Verbindung die bei Belastung auftretenden Kräfte aufnehmen kann. Insoweit bietet eine permanente Verbindung für sich gesehen keine Vorteile.

c) Der mit Hilfsantrag 3 verteidigte Gegenstand ist ebenfalls nicht patentfähig.

aa) Nach Hilfsantrag 3 soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 2 um folgende Merkmale ergänzt werden:

4.1a        

wherein the locking device (6, 7) is adapted for giving way from the first position to a stud which moves in [X.] (2a) to the second (2b) portion so that the attachment device can be attached without the operation member having to be operated.

Das [X.] (6, 7) ist angepasst, einen Bolzen, welcher sich im [X.] vom ersten Teilbereich (2a) in den zweiten Teilbereich bewegt, aus der ersten Position freizugeben, so dass die Befestigungsvorrichtung befestigt werden kann, ohne dass das Betätigungsmittel betätigt werden muss.

4.1b

wherein the attachment device (100) comprises means (9) for biassing the locking device (6, 7) to the first position,

[X.] (100) weist Mittel zum Vorspannen des [X.]s (6, 7) zu der ersten Position auf.

bb) Entgegen der Auffassung der Berufung ist Merkmal 4.1a schon dann verwirklicht, wenn das [X.] bei der in diesem Merkmal vorgesehenen Bewegung des Bolzens nicht betätigt werden muss. Es schadet mithin nicht, wenn eine Betätigung in einem vorangehenden Schritt erforderlich ist.

cc) Vor diesem Hintergrund sind die Merkmale 4.1a und 4.1b in [X.] offenbart.

Wie auch die Berufung nicht verkennt, kann sich der Bolzen bei der in [X.] offenbarten Vorrichtung vom weiteren in den engeren Bereich des [X.]es bewegen, ohne dass das [X.] betätigt werden muss. Dies reicht zur [X.] von Merkmal 4.1a aus. Ob dieses beim Aufstecken des [X.]s auf die Grundplatte betätigt werden muss, ist demgegenüber unerheblich.

d) Für Hilfsantrag 4 gilt nichts anderes.

aa) Nach Hilfsantrag 4 soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 3 wie folgt ergänzt werden:

4.1c       

and the operation member (12) is operable from the side of the plate-shaped part (1) for sliding the closing member (11) towards said side and is situated at an [X.] (2b) of the slot,

Das Betätigungsmittel (12) ist von der Seite des plattenförmigen Teils (1) aus betätigbar, um das Schließmittel (11) auf diese Seite zu verschieben, und bei einem dem zweiten Teilbereich (2b) des [X.]es gegenüberliegenden Ende des plattenförmigen Teils angeordnet.

bb) Eine solche Ausgestaltung ist, wie das Patentgericht zutreffend und unangegriffen ausgeführt hat, in [X.] offenbart.

e) Zu Recht hat das Patentgericht auch den mit Hilfsantrag 5 verteidigten Gegenstand als nicht patentfähig angesehen.

aa) Nach Hilfsantrag 5 soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 4 wie folgt ergänzt werden:

4.1d       

and the ends of the plate-shaped part (1) that lie in the extension of the slot (2a, 2b) [X.] (3) through which the hoist sling can be attached.

Die Enden des plattenförmigen Teils (1), die in der Verlängerung des [X.]es (2a, 2b) liegen, sind mit Öffnungen (3) versehen, durch die die [X.] befestigt werden kann.

bb) Ob sich aus der Pluralform "Öffnungen" zwingend ergibt, dass das plattenförmige Teil an beiden Enden mit Öffnungen für die Befestigung der [X.] versehen sein muss, oder ob es sich insoweit um einen generischen Plural handelt, kann offenbleiben. Eine Ausgestaltung mit zwei gegenüberliegenden Öffnungen ist bereits in [X.] offenbart.

4. Die in den [X.] der zweiten und dritten Stufe vorgesehene Streichung einzelner Merkmale aus den [X.] 1 bis 5 vermag nicht zur Bejahung der Patentfähigkeit zu führen.

5. Der weitere Hilfsantrag ist für den Fall gestellt, dass sich nur einzelne Patentansprüche als nicht rechtsbeständig erweisen. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 [X.] und § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]     

  

Hoffmann     

  

Deichfuß

  

Rombach     

  

Rensen     

  

Meta

X ZR 60/21

18.07.2023

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BPatG München, 1. Juli 2021, Az: 6 Ni 3/20 (EP), Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.07.2023, Az. X ZR 60/21 (REWIS RS 2023, 5225)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5225


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 6 Ni 3/20 (EP)

Bundespatentgericht, 6 Ni 3/20 (EP), 01.07.2021.


Az. X ZR 60/21

Bundesgerichtshof, X ZR 60/21, 18.07.2023.


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