Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.10.2013, Az. RiZ (R) 2/12

Dienstgericht des Bundes | REWIS RS 2013, 2028

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Gegenstand

Prüfungsverfahren wegen Anfechtung einer Maßnahme der richterlichen Dienstaufsicht: Revisionsgerichtliche Überprüfung der Feststellung und Würdigung des Inhalts einer dienstlichen Beurteilung durch die Tatsachengerichte


Leitsatz

Die Feststellung des Inhalts einer dienstlichen Beurteilung eines Richters und die Würdigung der darin verwendeten Formulierungen ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte und unterliegt im Revisionsverfahren nur einer eingeschränkten Überprüfung.

Tenor

Die Revisionen des Antragstellers und des Antragsgegners gegen das Urteil des Dienstgerichts für [X.] bei dem [X.] vom 3. April 2012 werden zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat ¾, der Antragsgegner ¼ der Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Antragsteller durch Formulierungen in der dienstlichen Beurteilung vom 2. Januar 2009 in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt ist.

2

Der Antragsteller steht seit 1991 im richterlichen Dienst des Antragsgegners. Seit dem 1. März 2000 ist er Vorsitzender einer Kammer am [X.]; vorher war er vor allem am [X.]    tätig.

3

Unter dem 5. Juli 2000 fertigte der damalige Präsident des [X.] eine [X.] für die [X.] vom 1. Januar 1998 bis 29. Februar 2000. Die nachgehende Regelbeurteilung für die [X.] vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2001 wurde mit Urteil des [X.] vom 2. Februar 2006 aufgehoben; die zugelassene Berufung wies das [X.] mit Urteil vom 22. September 2008 zurück.

4

Unter dem 2. Januar 2009 fertigte der jetzige Präsident des [X.] erneut eine dienstliche Beurteilung für den [X.]raum von 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2001, in der hinsichtlich des [X.] vom 1. Januar 1998 bis 29. Februar 2000 auf die [X.] vom 5. Juli 2000 verwiesen wird.

5

Die Beurteilung schließt mit dem Gesamturteil „Er entspricht nicht den Anforderungen“. Im Übrigen hat sie u.a. folgenden Wortlaut:

        

„…    

        

Die Feststellungen, die der Präsident des Sächsischen Landesarbeitsgerichts in jener [X.] getroffen hat, konnte [X.] am [X.]      während des Beurteilungszeitraumes vom 1. März 2000 bis zum 31. Dezember 2001 beim [X.]    weitgehend nicht bestätigen.

        

[X.]     hatte in der [X.] vom 1. März 2000 bis zum 31. Dezember 2000 530 eingegangene Verfahren zu bearbeiten. Er erledigte in diesem [X.]raum 560 Verfahren, davon 39 durch Urteil und 237 durch Vergleich. Im Jahre 2001 hatte [X.]     689 eingehende Verfahren zu bearbeiten. Er erledigte 598 Verfahren, davon 67 durch Urteil und 222 durch Vergleich. Der Bestand erhöhte sich von 186 auf 277 Verfahren zum Ende des Jahres 2001.

        

Herrn T.     s Kammer war nicht mehr belastet als die anderen Kammern des Arbeitsgerichts L.   . Zwar hatte   [X.]       bereitwillig die [X.] für Eingruppierungsfeststellungsklagen gegen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes zu Beginn seiner Tätigkeit beim [X.]     übernommen. Diese Streitigkeiten führten regelmäßig zu einer höheren Zahl von Urteilen. Aus diesem Grunde wurden allerdings alle sogenannten [X.] doppelt gezählt und [X.]      entsprechend entlastet. Dies führte dazu, dass [X.]       im Vergleich zu anderen Kammern die geringsten Eingänge hatte und auch unter Berücksichtigung seiner Fachzuständigkeit nicht überbelastet war.

        

[X.]      terminiert zügig. Dass Kündigungsschutzverfahren entsprechend § 61 Absatz 2 ArbGG bevorzugt terminiert werden, lässt sich nicht feststellen. Entsprechend § 54 Absatz 4 ArbGG bestimmt [X.]      einen Kammertermin in der gescheiterten Güteverhandlung. Konkrete Auflagen- und Hinweisbeschlüsse erfolgen bis zu sechs Wochen danach. Entsprechend § 56 Absatz 1 ArbGG bereitet [X.]     die Kammerverhandlungen so vor, dass sie regelmäßig in einer Verhandlung der Entscheidungsreife zugeführt werden können.

        

(…)     

        

Von den 107 Urteilen (einschließlich eines Teilurteils), die [X.]       in den zweiundzwanzig Monaten vom 1. März 2000 bis zum 31. Dezember 2001 verkündete, lagen 18 innerhalb der [X.] des § 60 Absatz 4 bzw. Absatz 1 ArbGG in vollständig abgesetzter Form der Geschäftsstelle vor. In 20 Verfahren bestimmte [X.]      Verkündungstermine. In einigen dieser Verfahren lagen die Entscheidungen entgegen § 60 Absatz 4 Satz 2 ArbGG zum [X.]punkt ihrer Verkündung nicht abgesetzt vor. Seit Beginn der Aufnahme seiner Tätigkeit beim [X.]     stieg die Zahl nicht abgesetzter Urteile schnell an. Bereits am 1. Juni 2000 hatte [X.]       drei Urteile aus dem Monat März 2000 nicht abgesetzt. Im Folgenden werden diejenigen Urteile aufgeführt, die bis zum Ende des übernächsten der Verkündung folgenden Monats nicht abgesetzt worden sind. Insgesamt lagen 89 Urteile nicht innerhalb von drei Wochen nach ihrer Verkündung in abgesetzter Form vor.

        

Am 1. Februar 2001 waren zehn Urteile nicht abgesetzt, deren Verkündungstag bis zu mehr als sieben Monate zurück lag.

        

(…)     

        

Ende Dezember 2001 waren 23 Urteile nicht abgesetzt, deren Verkündungstag bis zu mehr als 14 Monate zurück lag. (…)

        

Obwohl [X.]       [X.] ist, schafft er es in der Regel nicht, seine Urteile innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Fristen abzusetzen. Möglicherweise fehlt Herrn T.       die innere Einstellung oder die erforderliche Selbstdisziplin dazu, oder er ist nicht in der Lage, seine Arbeitsabläufe effektiv - unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben - zu gestalten. Diese ganz erheblichen Verzögerungen sowohl bezüglich der Anzahl nicht abgesetzter Urteile als auch bezüglich der Dauer des Nichtabsetzens mit den damit verbundenen nachteiligen Folgen für die Prozessparteien begründen - auch unter Berücksichtigung der [X.] vom 5. Juli 2000 - Herrn T.     s Nichtverwendbarkeit im [X.]amt. Diese gravierende Fehlleistung des Herrn T.      in einem Kernbereich der zu beurteilenden Tätigkeit gleicht [X.]      nicht durch Leistungen auf anderen Gebieten aus.“

6

Die Beurteilung wurde dem Antragsteller am 3. Februar 2009 eröffnet. Sein hiergegen gerichteter Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2009, zugestellt am 17. September 2009, zurückgewiesen. Mit dem am 12. Oktober 2009 beim [X.] für [X.] eingegangenen Antrag begehrt der Antragsteller die Feststellung der Unzulässigkeit bestimmter Formulierungen in der angegriffenen Beurteilung. Daneben hat er die Beurteilung mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht L.    angefochten.

7

Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, die Beurteilung enthalte unzulässige Maßnahmen der Dienstaufsicht, die ihn in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigten. Die im Antrag bezeichneten Ausführungen des Dienstvorgesetzten zielten auf eine Änderung seines Verhaltens im Kernbereich richterlicher Tätigkeit, die er nicht hinzunehmen bereit sei.

8

Der Antragsteller hat beantragt,

        

festzustellen, dass es sich bei den folgenden Ausführungen in der dienstlichen Beurteilung des Präsidenten des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 02. Januar 2009 um unzulässige Maßnahmen der Dienstaufsicht handelt:

        

-       

Der Bestand erhöhte sich von 186 auf 277 Verfahren zum Ende des Jahres 2001.

        

-       

Dass Kündigungsschutzklagen entsprechend § 61 Absatz 2 ArbGG bevorzugt terminiert werden, lässt sich nicht feststellen.

        

-       

Konkrete Auflagen- und Hinweisbeschlüsse erfolgen bis zu sechs Wochen danach.

        

-       

In 20 Verfahren bestimmte [X.]     Verkündungstermine. In einigen dieser Verfahren lagen die Entscheidungen entgegen § 60 Absatz 4 Satz 2 ArbGG zum [X.]punkt ihrer Verkündung nicht abgesetzt vor.

9

Der Antragsgegner hat die Zurückweisung des Antrags beantragt. Er ist der Auffassung, die Beurteilung gebe lediglich tatsächliche Handlungsweisen des Antragstellers wieder.

Das [X.] für [X.] hat den Antrag für zulässig und teilweise auch für begründet gehalten. Die Passage „Dass Kündigungsschutzklagen entsprechend § 61 Abs. 2 ArbGG bevorzugt terminiert werden, lässt sich nicht feststellen“ sei missverständlich. Sie könne in Verbindung mit den vorherigen Ausführungen so verstanden werden, dass Kündigungsschutzklagen noch zügiger als andere Streitigkeiten zu terminieren seien. Dies betreffe den Kernbereich richterlicher Tätigkeit und nehme mindestens psychologisch Einfluss auf die Reihenfolge der Bearbeitung der Amtsgeschäfte. Bei den übrigen angegriffenen Passagen handele es sich hingegen um bloße Feststellungen, die keine Wertungen oder Weisungen enthielten.

Der Antragsteller verfolgt mit seiner Revision den ursprünglichen Antrag weiter, soweit er ohne Erfolg geblieben ist. Der Antragsgegner erstrebt mit seiner Revision die vollständige Zurückweisung des Antrags.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässigen [X.]evisionen beider Beteiligter sind unbegründet. Die angegriffene Entscheidung hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand.

1. Zutreffend hat das [X.] für [X.] die angefochtene dienstliche Beurteilung ausschließlich daraufhin überprüft, ob sie den Antragsteller in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt. Ob die Beurteilung im Übrigen rechtmäßig ist, hat es nicht zu entscheiden.

a) Nach § 26 Abs. 1 D[X.]iG untersteht der [X.] einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird. Nach § 26 Abs. 2 D[X.]iG umfasst die Dienstaufsicht vorbehaltlich des Absatzes 1 auch die Befugnis, dem [X.] die ordnungswidrige Art der Ausführung eines [X.] vorzuhalten und zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen. Demgemäß sieht § 6 Abs. 1 und 2 Sächs[X.]iG die periodische Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung von [X.]n auf Lebenszeit vor, mit dem Hinweis, dass bei der Beurteilung richterlicher Amtsgeschäfte die sich aus § 26 Abs. 1 und 2 D[X.]iG ergebenden Beschränkungen zu beachten sind und eine Stellungnahme zum Inhalt richterlicher Entscheidungen unzulässig ist.

b) Soweit die richterliche Unabhängigkeit durch den Inhalt einer dienstlichen Beurteilung beeinträchtigt wird, ist diese unzulässig. Das ist allerdings nicht schon dann der Fall, wenn darin die richterliche Amtsführung und spezifisch richterliche Fähigkeiten bewertet werden. Das entspricht vielmehr ihrem Zweck. Eine dienstliche Beurteilung verletzt die richterliche Unabhängigkeit nur dann, wenn sie auf eine direkte oder indirekte Weisung hinausläuft, wie der [X.] künftig verfahren oder entscheiden soll. In dieser [X.]ichtung muss die dienstliche Beurteilung eines [X.]s sich auch jeder psychologischen Einflussnahme enthalten. Sie ist unzulässig, wenn die in ihr enthaltene Kritik den [X.] veranlassen könnte, in Zukunft eine andere Verfahrens- oder Sachentscheidung als ohne diese Kritik zu treffen (st. [X.]spr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 4. Juni 2009 - [X.]([X.]) 5/08, [X.]Z 181, 268 [X.]n. 15; Urteil vom 25. September 2002 - [X.]([X.]) 4/01, NJW-[X.][X.] 2003, 492, 493; Urteil vom 10. August 2001 - [X.]([X.]) 5/00, NJW 2002, 359, 360 f.).

c) Zum Schutzbereich der sachlichen richterlichen Unabhängigkeit gehören in erster Linie die eigentliche [X.]echtsfindung und die ihr mittelbar dienenden Sach- und [X.], einschließlich nicht ausdrücklich vorgeschriebener, dem Interesse der [X.]echtsuchenden dienender richterlicher Handlungen, die in einem konkreten Verfahren mit der Aufgabe des [X.]s, [X.]echt zu finden und den [X.]echtsfrieden zu sichern, in Zusammenhang stehen (sog. Kernbereich; st. [X.]spr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 4. Juni 2009 - [X.]([X.]) 5/08, [X.]Z 181, 268 [X.]n. 16 mwN). Sie sind dienstaufsichtlichen Maßnahmen grundsätzlich entzogen, es sei denn, es liegt ein offensichtlicher, jedem Zweifel entrückter Fehlgriff vor ([X.], Urteil vom 14. April 1997 - [X.]([X.]) 1/96, D[X.] 1997, 467, 468). Dementsprechend ist auch die Verhandlungsführung einer Dienstaufsicht weitgehend entzogen ([X.], Urteil vom 22. Februar 2006 - [X.]([X.]) 3/05, [X.], 1674 [X.]n. 21).

d) Hingegen unterliegt die richterliche Amtsführung insoweit der Dienstaufsicht, als es um die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs, die äußere Form der Erledigung eines Dienstgeschäftes oder um solche Fragen geht, die dem Kernbereich der [X.]echtsprechungstätigkeit so weit entrückt sind, dass sie nur noch als zur äußeren Ordnung gehörig angesehen werden können (st. [X.]spr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 4. Juni 2009 - [X.]([X.]) 5/08, [X.]Z 181, 268 [X.]n. 17; Urteil vom 22. Februar 2006 - [X.]([X.]) 3/05, [X.], 1674 [X.]n. 20). So kann etwa der Vorhalt unangemessen langer Urteilsabsetzungsfristen eine zulässige Ausübung von Dienstaufsicht sein ([X.], Urteil vom 27. Januar 1995 - [X.]([X.]) 3/94, D[X.] 1995, 352, 353; Urteil vom 22. März 1985 - [X.]([X.]) 2/84, D[X.] 1985, 394, 395; Urteil vom 31. Januar 1984 - [X.]([X.]) 3/83, [X.]Z 90, 41, 45 f.).

2. Die Feststellung des Inhalts einer dienstlichen Beurteilung und die Würdigung der darin im Einzelfall verwendeten Formulierungen ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte und unterliegt im [X.]evisionsverfahren nur einer eingeschränkten Überprüfung (vgl. § 80 Abs. 1 Satz 1 D[X.]iG i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO). Sofern keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben werden, ist das [X.]evisionsgericht grundsätzlich an die im Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden (st. [X.]spr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 14. Januar 1998 – 11 [X.] 11.96 – [X.]E 106, 115, 123 mwN). Die tatrichterliche Würdigung einer Äußerung oder Erklärung, auch in einer Beurteilung, ist nur darauf zu überprüfen, ob sie gegen anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ob wesentlicher Tatsachenstoff, der für die Auslegung von Bedeutung sein kann, außer Betracht gelassen wurde oder ob sie sonst auf [X.]echtsfehlern beruht (vgl. [X.], Urteil vom 22. Februar 2006 - [X.]([X.]) 3/05, [X.], 1674 [X.]n. 23; Urteil vom 14. April 1997 – [X.]([X.]) 1/96, D[X.] 1997, 467, 469; [X.], Urteil vom 11. Januar 2011 – 1 [X.] 1.10, [X.]E 138, 371 [X.]n. 15).

3. Gemessen daran ist die Würdigung der dienstlichen Beurteilung durch das [X.] revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Verfahrensrügen haben die Beteiligten nicht erhoben, sonstige [X.]echtsfehler lässt die Entscheidung des [X.]s nicht erkennen.

a) Die [X.]evision des Antragstellers zeigt [X.]echtsfehler nicht auf, soweit das [X.] den [X.] für unbegründet erachtet hat.

aa) Das [X.] hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Formulierung „Der Bestand erhöhte sich von 186 auf 277 Verfahren zum Ende des Jahres 2001“ den Antragsteller nicht in seiner Unabhängigkeit beeinträchtigt.

Das [X.] hat diese Formulierung dahin gewürdigt, es handele sich um eine bloße Darstellung der tatsächlichen Gegebenheiten ohne Wertung oder Weisung. Das ist nicht zu beanstanden. In der Beurteilung werden zunächst die Eingangszahlen der Kammer in den zu beurteilenden Zeiträumen genannt und dem wird gegenübergestellt, wie viele Verfahren erledigt wurden. Dies ist zulässig (vgl. [X.], Urteil vom 10. August 2001 - [X.]([X.]) 5/00, NJW 2002, 359, 361) und wird vom Antragsteller auch nicht angegriffen. Im Folgenden wird die Belastung der Kammer, die der Antragsteller inne hatte, in ein Verhältnis zur Belastung anderer Kammern am [X.]    gesetzt. Auch hiergegen bestehen keine Bedenken. Die angegriffene Formulierung erspart lediglich dem Leser, selbst zu berechnen, welche Auswirkungen das Verhältnis von Eingangs- und Erledigungszahlen auf den Kammerbestand hatte. Die dafür notwendigen Zahlen enthält die Beurteilung. Ein Eingriff in die Unabhängigkeit des Antragstellers ist mit dieser Darstellung – auch unter Berücksichtigung ihres Kontextes - nicht verbunden. Er wird dadurch nicht zu einer bestimmten Art der Behandlung und Erledigung der eingehenden [X.]echtsstreite veranlasst. Entgegen der Auffassung der [X.]evision durfte das [X.] bei seiner Wertung den Inhalt des Schreibens des Präsidenten des [X.] an das [X.] vom 16. April 2009 außer Betracht lassen. Weder wird in der dienstlichen Beurteilung ein Bezug zu einem solchen Schreiben hergestellt noch enthält diese selbst entsprechende Formulierungen.

bb) Die Annahme des [X.]s, die Formulierung „Konkrete [X.] erfolgen bis zu sechs Wochen danach“ sei nicht geeignet, den Antragsteller in seiner richterlichen Unabhängigkeit zu beeinträchtigen, hält ebenfalls der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

Das [X.] nimmt an, diese Formulierung sei ausschließlich beschreibend und stelle dar, in welcher Zeitspanne nach einer Güteverhandlung [X.] vom Antragsteller verfasst würden. Weder sei darin die Aufforderung zu sehen, solche Beschlüsse bereits in der Güteverhandlung zu verkünden, noch eine Bewertung dieser Zeitspanne als zu lang. [X.]echtsfehler zeigt die [X.]evision im Hinblick auf diese Auslegung nicht auf. Vielmehr meint sie, in der angegriffenen Formulierung liege eine Missbilligung und ein Verbot, außerhalb der Güteverhandlung [X.] zu erlassen. Dies stellt aber lediglich eine andere Wertung durch den Antragsteller dar, ohne dass er Anhaltspunkte für Auslegungsfehler des [X.]s benennt. Im Übrigen weist die [X.]evision zutreffend darauf hin, dass das Gesetz keine zwingenden, für alle Verfahren gleichermaßen geltenden Vorgaben zum Zeitpunkt des Erlasses entsprechender Beschlüsse macht. Gemäß § 54 Abs. 4 [X.] ist im Fall der gescheiterten Güteverhandlung Termin zur streitigen Verhandlung zu bestimmen, wenn diese sich - wie regelmäßig in der Praxis - nicht unmittelbar anschließt. Eine entsprechende gesetzeskonforme Handhabung wird dem Antragsteller in der Beurteilung ausdrücklich bescheinigt. Die streitige Verhandlung ist nach § 56 Abs. 1 Satz 1 [X.] sodann so vorzubereiten, dass sie möglichst in einem Termin erledigt werden kann. Dabei sollen nach Satz 2 - soweit erforderlich - Auflagen und Hinweise an die Parteien erfolgen. Konkrete Vorgaben zum Zeitpunkt macht die Norm nicht. Hingegen bestimmt § 61a Abs. 3 [X.], dass in [X.]echtsstreitigkeiten über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses im Fall der erfolglosen Güteverhandlung dem Beklagten eine entsprechende Frist zu setzen ist, wenn er noch nicht oder nicht ausreichend auf die Klage erwidert hat. Diese Vorschrift dient der besonderen Beschleunigung von Verfahren über Bestandsstreitigkeiten (GMP/Germelmann, [X.], 8. Aufl., § 61a [X.]n. 8). Ob dem Kläger gleichzeitig eine Frist zur [X.]eplik gesetzt wird, ist nach Absatz 4 in das Ermessen des Vorsitzenden gestellt („kann“). Die Darstellung in der Beurteilung in der vom [X.] vorgenommenen Auslegung entspricht damit der prozessualen Lage nach dem Arbeitsgerichtsgesetz.

cc) Gleiches gilt hinsichtlich der Formulierung „In 20 Verfahren bestimmte [X.]. In einigen dieser Verfahren lagen die Entscheidungen entgegen § 60 Abs. 4 Satz 2 [X.] im Zeitpunkt ihrer Verkündung nicht abgesetzt vor“.

Das [X.] nimmt insoweit an, der erste Satz gebe rein beschreibend wieder, in wie vielen Fällen [X.] gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestimmt worden seien. Auch aus dem Kontext könne eine negative Wertung, die geeignet wäre, auf das Verhalten des Antragstellers Einfluss zu nehmen, nicht entnommen werden. Deshalb komme es auch nicht darauf an, dass die Bestimmung eines [X.]s nicht durch den Vorsitzenden alleine, sondern durch die Kammer erfolge. Damit hat das [X.] alle für die Auslegung relevanten Umstände berücksichtigt. Die [X.]evision stellt dieser Auslegung lediglich ihre Auslegung und Wertung als Missbilligung gegenüber, ohne einen [X.]echtsfehler aufzuzeigen.

Hinsichtlich des zweiten Satzes der angegriffenen Textpassage geht das [X.] rechtsfehlerfrei davon aus, dass eine nach § 26 Abs. 2 D[X.]iG auf Tatsachen bezogene zulässige Wertung vorliegt. Diese bezieht sich auf das Absetzen der Urteile nach den gesetzlichen Vorgaben im Fall der Bestimmung eines [X.]s. § 60 Abs. 4 Satz 2 [X.] bestimmt, dass das Urteil dann, wenn es in einem gesonderten Termin verkündet wird, „bei der Verkündung in vollständiger Form abgefasst sein muss“. Die Vorschrift wird entsprechend ihrem Wortlaut nach allgemeiner Auffassung als zwingend angesehen (B[X.]F/[X.]reutzfeldt, [X.], 5. Aufl., § 60 [X.]n. 12; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 60 [X.]n. 18; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 60 [X.]n. 6; GMP/Germelmann, [X.], 8. Aufl., § 60 [X.]n. 31). Umstritten ist lediglich, ob der [X.] zu verlegen ist, wenn das Urteil zum ursprünglichen Termin nicht vorliegt (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 60 [X.]n. 18; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 60 [X.]n. 6; GMP/Germelmann, [X.], 8. Aufl., § 60 [X.]n. 31), oder ob nach § 60 Abs. 4 Satz 3 und 4 [X.] zu verfahren ist (so B[X.]F/[X.]reutzfeldt, [X.], 5. Aufl., § 60 [X.]n. 12). Im Übrigen betrifft diese Norm nicht den Kernbereich der richterlichen Tätigkeit, sondern nur den „äußeren Ordnungsbereich“. Es geht nicht um den Inhalt der getroffenen Entscheidungen oder die Art ihrer Vorbereitung, sondern um die äußere Form der Erledigung abgeschlossener richterlicher Geschäfte ([X.], Urteil vom 6. Oktober 2011 - [X.]([X.]) 3/10, NJW 2012, 939 [X.]n. 21 = [X.], 391). Eine Verletzung des § 60 Abs. 4 Satz 2 [X.] durfte dem Antragsteller damit vorgehalten werden, ohne dass darin ein unzulässiger Eingriff in seine Unabhängigkeit zu sehen wäre.

b) Die [X.]evision des Antragsgegners ist ebenfalls unbegründet.

Das [X.] hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Formulierung „Dass Kündigungsschutzklagen entsprechend § 61 Absatz 2 [X.] bevorzugt terminiert werden, lässt sich nicht feststellen“ sei geeignet, den Antragsteller in seiner Unabhängigkeit zu beeinträchtigen.

aa) Das [X.] geht davon aus, diese Formulierung könne so verstanden werden, dass in dem beurteilten Zeitraum keine bevorzugte Terminierung von Bestandsstreitigkeiten bei der Festsetzung des Gütetermins erfolgt sei. Es stützt diese Annahme insbesondere auf eine Wertung der Formulierung im Zusammenhang mit dem vorhergehenden Satz, wonach der Antragsteller zügig terminiere. Die angegriffene Passage könne vom [X.] so verstanden werden, dass er trotz insgesamt zügiger Terminierung Kündigungsschutzverfahren generell noch zügiger zu terminieren habe. Damit sei die Formulierung geeignet, den auch im [X.]ahmen des § 61a Abs. 2 [X.] noch bestehenden richterlichen Spielraum in unzulässiger Weise einzuschränken und den Antragsteller anzuhalten, in einer bestimmten, vom Gesetz nicht für alle Fallgestaltungen zwingend vorgegebenen [X.]eihenfolge vorzugehen.

bb) Die [X.]evision des Antragsgegners wendet sich gegen diese Auslegung und vertritt die Auffassung, die angegriffene Formulierung erschöpfe sich ohne jede Wertung oder gar Missbilligung in der Feststellung von Tatsachen. Sie zeigt aber nicht auf, dass die Würdigung des [X.]s, die Formulierung könne im Zusammenhang mit der vorangehenden Feststellung, dass der Antragsteller zügig terminiere, dahin verstanden werden, Kündigungsschutzklagen seien noch zügiger als die anderen Streitigkeiten zu terminieren, auf [X.]echtsfehlern beruht, also gegen anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt oder wesentlichen Tatsachenstoff unberücksichtigt lässt. Solche [X.]echtsfehler sind auch nicht erkennbar.

cc) Die Entscheidung des [X.]s ist auch im Hinblick auf die rechtliche Wertung, die Formulierung könne daher als Einflussnahme auf den Kernbereich richterlicher Tätigkeit verstanden werden und beeinträchtige die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers, frei von [X.]echtsfehlern.

Nach § 61a Abs. 2 [X.] soll die Güteverhandlung in Bestandsstreitigkeiten innerhalb von zwei Wochen nach Klageerhebung stattfinden. Für andere Verfahren gibt es hingegen keine konkrete Bestimmung darüber, wann die Güteverhandlung zu erfolgen hat. Wieweit die Verpflichtung aus § 61a Abs. 2 [X.] reicht, insbesondere in welchen Fällen hiervon abgewichen werden kann und ob etwa vorsorglich Termine für Bestandsschutzstreitigkeiten freigehalten werden müssen, ist umstritten (vgl. etwa einerseits GMP/Germelmann, [X.], 8. Aufl., § 61a [X.]n. 9 f., andererseits B[X.]F/[X.]reutzfeldt, [X.], 5. Aufl., § 61a [X.]n. 9; zur entgegenstehenden Gerichtspraxis auch [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 61a [X.]n. 5). Bei Vorliegen unabänderlicher Gründe wird eine spätere Durchführung des Gütetermins für zulässig erachtet, beispielsweise wenn die Klage öffentlich zuzustellen, bei Krankheit oder Urlaub des Vorsitzenden keine Vertretung vorhanden oder eine Vielzahl von Bestandsschutzstreitigkeiten zu terminieren ist (vgl. GMP/Germelmann, [X.], 8. Aufl., § 61a [X.]n. 10; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 61a [X.]n. 5; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 61a [X.]n. 5). Deshalb bedarf es im Einzelfall unter Beachtung des § 61a Abs. 2 [X.] der wertenden Entscheidung des [X.]s, wann ein Gütetermin anzusetzen ist. Die Terminierung des einzelnen [X.]echtsstreits und damit die Frage, wann welches Verfahren durch den [X.] erledigt wird, gehört zum Kernbereich der richterlichen Tätigkeit und unterliegt dem Schutz vor Eingriffen im [X.]ahmen der Dienstaufsicht ([X.], Urteil vom 15. November 2007 - [X.]([X.]) 4/07, [X.], 1448 [X.]n. 31 f.). Zwar ist der Dienstvorgesetzte im [X.]ahmen dienstaufsichtlicher Maßnahmen berechtigt, auf eine offensichtlich und zweifelsfrei bestehende [X.]echtslage hinzuweisen ([X.], Urteil vom 15. November 2007 - [X.]([X.]) 4/07, [X.], 1448 [X.]n. 31) oder den [X.] zur unverzögerten Erledigung von [X.]echtsstreitigkeiten anzuhalten, solange damit kein unzulässiger Erledigungsdruck ausgeübt wird ([X.], Urteil vom 8. November 2006 - [X.]([X.]) 2/05, NJW-[X.][X.] 2007, 281 [X.]n. 18). Allerdings darf kein unzulässiger Einfluss auf die [X.]eihenfolge der Bearbeitung der Amtsgeschäfte genommen werden ([X.], Urteil vom 8. November 2006 - [X.]([X.]) 2/05, NJW-[X.][X.] 2007, 281 [X.]n. 18), solange diese nicht durch gesetzliche [X.]egelungen ohne jeden richterlichen Entscheidungsspielraum vorgegeben ist. Eine solche zwingende Vorgabe, in welcher [X.]eihenfolge Güteverhandlungen zu terminieren sind, enthält § 61a Abs. 2 [X.] nicht.

II. [X.] beruht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 D[X.]iG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG).

Bergmann                       Safari [X.]habestari                         Drescher

                  [X.]einfelder                                  Spinner

Meta

RiZ (R) 2/12

14.10.2013

Bundesgerichtshof Dienstgericht des Bundes

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend LG Leipzig, 3. April 2012, Az: 66 DG 20/09

§ 80 Abs 1 S 1 DRiG, § 137 Abs 2 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.10.2013, Az. RiZ (R) 2/12 (REWIS RS 2013, 2028)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2028

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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