Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2020, Az. IV ZR 275/19

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11504

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:240620UIVZR275.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
IV ZR 275/19
Verkündet am:

24. Juni 2020

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: ja

[X.] § 5a a.[X.]; [X.] § 10a Abs. 1 a.[X.]

Zur Frage, ob § 10a Abs. 1 [X.] a.[X.] i.V.m. Abschnitt [X.]. e) der Anlage Teil [X.] zum [X.] a.[X.] den Versicherer bei einer Zusatzversicherung zu einem ge-sonderten Ausweis der auf sie entfallenden Prämie verpflichtet.

[X.], Urteil vom 24. Juni 2020 -
IV ZR 275/19 -
[X.]

[X.]

-
2
-
[X.]er IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterinnen [X.]r. Brockmöller und [X.]r. Bußmann
auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2020

für Recht erkannt:

[X.]ie Revision des
Klägers
gegen das Urteil des 20. Zivil-senats des [X.]s [X.]
vom 27. September 2019
wird auf seine
Kosten zurückgewiesen.

[X.]er Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

[X.]er
Kläger begehrt
von dem
beklagten Versicherer
Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge und Herausgabe von Nutzungen aus einem kapitalbildenden Lebensversicherungsvertrag
mit eingeschlosse-ner [X.].

[X.]ieser
wurde mit Versicherungsbeginn zum 1. Juni 2002
und einer Laufzeit von zwölf
Jahren nach dem sogenannten [X.] des § 5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: § 5a [X.] a.[X.]) abgeschlossen. Zum Versicherungsende im Jahr 2014 kehrte die Beklagte eine Ablaufleistung in Höhe von 17.530,1
2
-
3
-
vom 22.
Oktober 2015 erklärte der Kläger den Widerspruch gemäß § 5a [X.] a.[X.]

Mit der Klage verlangt er
Rückzahlung aller auf den Vertrag geleis-teten Beiträge nebst Zinsen abzüglich Risikokosten sowie ausgekehrter Ablaufleistung und zuzüglich gezogener Nutzungen, insgesamt 60.140,75

.

[X.]er Kläger
meint,
er
sei im Jahr 2015 noch zum Widerspruch [X.] gewesen, da die Widerspruchsbelehrung unzureichend und die ihm überlassenen Verbraucherinformationen
unvollständig gewesen [X.].

[X.]as [X.] hat die Klage abgewiesen. [X.]ie dagegen gerichte-te Berufung des
Klägers
hat das [X.] zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt er sein
Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

[X.]ie Revision hat keinen Erfolg.

[X.] Nach Auffassung des
Berufungsgerichts hat
der
Kläger dem Zu-standekommen
des
Versicherungsvertrags
nicht binnen der Frist von 14
Tagen nach Überlassung des Versicherungsscheins, der [X.] und der Verbraucherinformationen widersprochen (§
5a
Abs. 1
Satz 1 [X.]
a.[X.]). [X.]er mit Schreiben vom 22. Oktober 2015 erklärte Widerspruch sei [X.] gewesen.

Er sei ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt [X.]. Auch griffen
die vom Kläger mit der Berufung noch erhobenen
Rü-3
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4
-
gen, es hätten Angaben in der ihm überlassenen Verbraucherinformation gefehlt, die nach der Anlage Teil [X.] zum
Versicherungsaufsichtsgesetz in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Fassung (im [X.]: [X.] a.[X.]) erforderlich gewesen seien, nicht durch. [X.]ie erteilte [X.] sei insbesondere nicht deswegen unvollständig, weil die Prämien für die [X.] nicht geson-dert ausgewiesen worden
seien.
[X.]agegen stehe der klare Wortlaut der Regelung, die
einen [X.] nur fordere, wenn mehrere [X.] Versicherungsverträge vorlägen, was bei einer Zusatzversicherung nicht der Fall sei. Eine Pflicht zur gesonderten Ausweisung ergebe sich auch nicht mit Blick auf die europarechtlichen
Vorgaben
in der [X.]ritten
Lebensversicherungsrichtlinie (92/96/[X.]).

I[X.] [X.]ie hiergegen gerichtete Revision ist zulässig, insbesondere gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgrund der Zulassung durch das [X.] insgesamt statthaft. Eine Beschränkung der [X.] lässt sich dem Berufungsurteil entgegen der [X.] nicht entnehmen. Soweit das Berufungsgericht in den [X.] ausgeführt hat, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob ein Lebensversicherer gemäß Abschnitt I Nr.
1 Buchst. e)
der Anlage Teil [X.] zum [X.]
a.[X.] gehalten war, im Rahmen der zu erteilenden [X.] die Prämie für eine in die Hauptversicherung einge-schlossene Zusatzversicherung gesondert auszuweisen, liegt darin ledig-lich eine Begründung für die Zulassung der Revision (vgl. Senatsurteil vom 26. September 2018

IV ZR 304/15, [X.], 1367 [juris Rn. 16]).

9
10
-
5
-

II[X.] [X.]as Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
-
6
-

[X.]as Berufungsgericht hat dem
Kläger die geltend gemachten Be-reicherungsansprüche
zu Recht versagt, weil er
im Jahre 2015
den
Wi-derspruch
nach
§
5a Abs. 1 Satz 1
[X.] a.[X.] nicht fristgerecht
erklärt hat.
Unstreitig
wurden ihm
mit Aushändigung des Versicherungsscheins,
die Versicherungsbedingungen sowie die [X.]. Er wurde auch über sein Widerspruchsrecht, wie das Berufungsge-richt rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen festgestellt hat, inhaltlich wie formell ordnungsgemäß belehrt. [X.]ie damit in Gang ge-setzte Widerspruchsfrist von 14 Tagen hat er
nicht gewahrt.

1. [X.]er Beginn der in § 5a
Abs. 1
Satz 1 [X.] a.[X.] bestimmten vier-zehntätigen Widerspruchsfrist gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] a.[X.] setzt zwar unter anderem voraus, dass dem
Versicherungsnehmer
die
[X.]
nach § 10a [X.] a.[X.] vollständig vorliegt. [X.]ie Revi-sion
rügt aber ohne Erfolg, dass
das Berufungsgericht die dem
Kläger erteilte Verbraucherinformation nicht etwa deshalb als unvollständig an-gesehen
hat, weil im Versicherungsschein nur eine Gesamtprämie für die Lebensversicherung mit [X.] ausge-wiesen wurde, ohne den auf die Zusatzversicherung entfallenden Teilbe-trag zu benennen. Einen [X.] der Prämien forderte
Abschnitt
I Nr.
1 Buchst. e)
der
Anlage Teil [X.] zum
[X.] a.[X.]
lediglich dann, wenn das "Versicherungsverhältnis mehrere selbständige [X.] umfassen soll". Eine Lebensversicherung mit [X.]
erfüllt diese Voraussetzung nicht.

a) [X.]ass nach § 10a Abs. 1 [X.] a.[X.] in Verbindung mit der Anlage Teil [X.] keine Verpflichtung zum gesonderten [X.] bestand, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut
der vorgenannten Regelung. [X.]iese knüpft an die Vertragspraxis der Versicherer an, die häufig in einem ein-heitlichen Vertrag Versicherungsschutz gegen unterschiedliche Risiken 11
12
13
-
7
-
gewähren und erst in den 1970er Jahren dazu übergegangen
waren, ei-ne ausdrücklich als "selbständig" bezeichnete Versicherung gegen [X.] anzubieten
(vgl. [X.] 1974, 345). Zuvor hatte nur
die Möglichkeit bestanden, derartigen Versicherungsschutz gemeinsam mit dem Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages zu erlangen (vgl. [X.]
aaO).

Seither wird zwischen einer selbständigen Berufsunfähigkeitsver-sicherung einerseits und einer
(unselbständigen) [X.]
andererseits unterschieden (vgl. hierzu Senatsurteile vom 18.
November 2009 -
IV ZR 134/08, [X.], 375 Rn.
14; vom 28.
März 2001 -
IV ZR 180/00, NJW-RR 2001, 1242 unter II
2
b [juris Rn.
25]; vom 5.
[X.]ezember 1990 -
IV ZR 13/90, VersR
1991, 289 unter III [juris Rn.
19, 23]; vom 5.
Oktober 1988 -
IVa [X.], [X.], 1233 unter 3 [juris Rn.
15
ff.]; [X.], Privatversicherungsrecht 2.
Aufl. Rn.
1107
f.; [X.], Koppelung von [X.], [X.] und Kombination von Versicherungsverträgen 1993 S.
46 f.).
[X.]ie [X.]
zeichnet sich dadurch aus, dass sie mit der Lebensversicherung eine Einheit
bildet
(Senatsurteile vom 18.
November 2009

IV ZR 134/08 aaO Rn.
12; vom 28.
März 2001

IV ZR 180/00 aaO).

Vor diesem Hintergrund geht die ganz herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. [X.], Beschluss vom 7.
Oktober 2019 -
3 U 128/19, n.v.; [X.], Urteil vom 27.
September 2019 -
20 [X.], n.v.;
[X.], [X.], 90, 94; [X.]/[X.], [X.], 429, 431; [X.], [X.] 1994
S. 45, 54; [X.], [X.] des Versicherers und Abschluß des Versicherungsvertrages 1996, S.
104
f.; [X.], [X.]er Informationsschutz des Versicherungsnehmers 2006
S.
125; anders wohl [X.] 1995, 283, 284; zur Nachfolgerege-14
15
-
8
-
lung in §
1 Abs.
1 Nr.
7 [X.]-InfoV vgl. [X.], [X.]er Abschluss von Versicherungsverträgen und die vorvertraglichen Pflichten des [X.] gemäß §§
6 und 7 [X.] 2009 S. 105
f.; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 30. Aufl. §
1
[X.]-InfoV Rn.
9; HK-[X.]/[X.], 3. Aufl. §
1 [X.]-InfoV Rn.
19; BeckOK-[X.]/[X.], §
1 [X.]-InfoV Rn.
15 [Stand: 28.
Februar 2019]) zu Recht davon aus, dass bei einer Lebensversiche-rung mit eingeschlossener [X.] im Ausgangspunkt

das heißt vorbehaltlich einer richtlinienkonformen [X.] des nationalen Rechts -
die Voraussetzungen zweier [X.]r Versicherungsverträge nicht erfüllt sind.

[X.]ass der Gesetzgeber Lebensversicherungen mit eingeschlosse-nen [X.]en von der Pflicht zum Ein-zelausweis der Prämien in der Verbraucherinformation ausnehmen [X.], wird
bestätigt durch einen Vergleich des Gesetzesentwurfs der [X.] vom 4. März 1994 (BT-[X.]rucks.
12/6959 S. 33) mit dem ihm vorausgegangenen Referentenentwurf des [X.].
[X.]er

öffentlich diskutierte (vgl. [X.], [X.]er Referentenentwurf eines [X.]ritten [X.]urchführungsgesetzes/[X.] zum [X.] auf dem Prüfstand
1993 S.
12; [X.], FS E.
Lorenz 1994
S.
45, 54) und als Auslegungsge-sichtspunkt zu berücksichtigende (vgl. hierzu insbesondere BVerwG NVwZ 2016, 1010 Rn.
13; NVwZ 2013, 431 Rn.
35) -
Referentenentwurf enthielt nicht nur eine den
[X.] bei rechtlich selbständigen Versicherungsverträgen betreffende Regelung

10a Abs.
5 Satz
3 [X.]-RefE), sondern sah ausdrücklich auch vor, dass über "die Prämien für eingeschlossene Zusatzversicherungen" zu informieren ist

10a Abs.
1 Nr.
6 [X.]-RefE). Letzteres ist nicht in die endgültige Fassung zum [X.] übernommen
worden.

16
-
9
-

b)
Ob der Entschluss des Gesetzgebers, in Abschnitt [X.]. e) der Anlage Teil [X.] zum
[X.] a.[X.] von einer Pflicht
zum Einzel-ausweis der auf eine Lebens-
und [X.] zu leistenden Prämien abzusehen
und gemäß §
5a Abs.
1 Satz
1, Abs.
2 Satz
1 [X.] a.[X.] einen von dieser Prämienauf-schlüsselung unabhängigen Beginn der Widerspruchsfrist zu bestimmen, im Einklang mit Art. 31 Abs. 1 der [X.]/[X.] des Rates vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts-
und Verwaltungsvor-schriften für die [X.]irektversicherung (Lebensversicherung) sowie zur [X.]/[X.] und 90/619/[X.] ([X.]ritte Richtlinie Le-bensversicherung, ABl. L 360 S. 1)
steht, ist entgegen der Auffassung der Revision nicht entscheidungserheblich. [X.]enn § 10a [X.] a.[X.] i.V.m. Abschnitt [X.]. e)
der Anlage Teil [X.] ist

worauf die Revisions-erwiderung zu Recht hinweist -
einer von seinem eindeutigen Rege-lungsgehalt abweichenden richtlinienkonformen Auslegung
nicht zugäng-lich (anders [X.] in [X.]/[X.], [X.] 27.
Aufl. §
5a Rn.
32; [X.] in [X.], [X.] 12. Aufl. §
10a Rn.
14; [X.], [X.]er Informationsschutz des Versicherungsnehmers 2006
S.
125; zweifelnd [X.]/[X.], [X.], 429, 431; zur Nachfolgeregelung in §
1 Abs.
1 Nr.
7 [X.]-InfoV vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], 2.
Aufl. §
1 [X.]-InfoV Rn.
23
f.).

aa) [X.]ie Regelung in Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
e)
der Anlage Teil [X.] zu §
10a [X.] a.[X.] ist im Zuge der Umsetzung der vorgenannten [X.] erlassen worden (vgl. BT-[X.]rucks. 12/6959 S.
99). [X.]iese sah
in Art.
31 Abs.
1 i.V.m.
Anhang
II Buchst. A a.10 vor, dass dem Versiche-rungsnehmer vor Abschluss des Versicherungsvertrages Informationen über die "Prämien für jede Leistung, und zwar sowohl Haupt-
als auch Nebenleistungen", zu erteilen sind. Sie
stellte dies
allerdings
unter den Vorbehalt, dass sich derartige
Informationen als "sinnvoll" erweisen.

17
18
-
10
-

bb) In Rechtsprechung und Literatur ist es umstritten, ob Art.
31 Abs.
1 i.V.m. [X.] Buchst. A a.10 [X.]ritte Richtlinie Lebensversiche-rung den [X.] der Prämienteile
fordert, die auf eine Lebens-versicherung einerseits und auf eine
eingeschlossene [X.] andererseits entfallen (bejahend: [X.] in [X.]/[X.], [X.] 27.
Aufl. §
5a Rn.
32; [X.] in [X.], [X.] 12. Aufl. §
10a Rn.
14; MünchKomm-[X.]/[X.], 2.
Aufl. §
1 [X.]-InfoV Rn.
23
f.; [X.], [X.]er Abschluss von Versicherungsverträgen und die vorvertraglichen Pflichten des Versicherers gemäß §§
6 und 7 [X.] 2009 S. 106; [X.], [X.]er Informationsschutz des Versicherungsnehmers 2006 S.
125; siehe auch Schlussantrag der Generalanwältin [X.] vom 12.
Juni 2014 in der Rechtssache [X.]/13, BeckRS 2014, 80995 Rn.
35; [X.],
[X.], 181, 183; im Ergebnis wohl auch [X.], Vertragsschluss nach der [X.]-rungsbinnenmarkt 1995 S.
303; ablehnend: [X.], Beschluss vom 7.
Oktober 2019 -
3 U 128/19, n.v.; [X.], Urteil vom 27.
September 2019 -
20 [X.], n.v.).

cc) [X.]ie Frage nach der Auslegung des [X.] kann hier dahinstehen, weil sie nicht entscheidungserheblich
ist.
Es wäre

worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist

nach [X.] Recht nicht möglich, eine eventuell abweichende Ansicht
des Europäischen Ge-richtshofs, nach der die [X.]ritte Richtlinie Lebensversicherung einen Ein-zelausweis der auf die [X.] entfallen-den [X.] verlangt, im Wege richtlinienkonformer
Auslegung oder Rechtsfortbildung von § 10a [X.] in nationales Recht umzusetzen
(zu dieser Grenze auch Senatsurteil vom 28. Juni 2017

IV ZR 440/14, [X.]Z 215, 126 Rn. 23).

19
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-
11
-

(1) Allerdings besteht die Verpflichtung, innerstaatliches Recht, insbesondere wenn es der Umsetzung einer Richtlinie dient, so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszule-gen, um das in ihr festgelegte Ziel zu erreichen (vgl. [X.] GRUR 2016, 1307 Rn.
32 m.w.N.). [X.]as nationale Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles zu tun, was in seiner [X.] liegt, um die volle Wirksamkeit der fraglichen Richtlinie zu [X.] und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der [X.] verfolgten Ziel im Einklang steht (vgl. [X.] [X.] 2019, 356 Rn.
67
m.w.N.). [X.]er Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten mehr als bloße Auslegung im engeren Sinne entsprechend dem Verständnis in der nationalen Methodenlehre. Er [X.] auch, das nationale Recht, wo dies nötig und nach nationaler
Me-thodenlehre möglich ist, richtlinienkonform fortzubilden (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 -
IV ZR 76/11, [X.]Z 201, 101 Rn.
20 m.w.N.).

(2) Jedoch findet die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des inner-staatlichen Rechts den Inhalt einer Richtlinie heranzuziehen, in den [X.] Rechtsgrundsätzen ihre Schranken und darf nicht als [X.] für eine
Auslegung des nationalen Rechts contra legem dienen ([X.] ZIP 2019, 1802 Rn.
38; [X.] 2019, 356 Rn.
26; [X.], 139 Rn.
25). Eine richtlinienkonforme Auslegung darf nicht dazu führen, dass das Regelungsziel des Gesetzgebers in einem wesentlichen
Punkt [X.] oder verfälscht wird oder dazu, dass einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der norma-tive Gehalt der Norm grundlegend neu bestimmt wird (Senatsurteil vom 28.
Juni 2017

IV
ZR 440/14, [X.]Z 215,
126 Rn.
24; [X.], Urteil vom 5. Oktober 2017

I
ZR 232/16, [X.], 169 Rn.
19). Ob und inwieweit 21
22
-
12
-
das innerstaatliche Recht eine entsprechende richtlinienkonforme Ausle-gung zulässt, beurteilen die innerstaatlichen Gerichte ([X.] NVwZ-RR 2018, 169 Rn.
37; NJW-RR 2016, 1366 Rn.
41; jeweils m.w.N.; siehe auch [X.] EuZW 2019, 242 Rn.
75;
NZA 2014, 193 Rn.
40;
EuZW 2010, 177 Rn.
49).

(3) [X.]ie Voraussetzungen einer vom Wortlaut des
§
10a [X.] a.[X.] i.V.m. Abschnitt
I Nr.
1 Buchst. e)
der Anlage Teil [X.] abweichenden richt-linienkonformen Interpretation sind hiernach im Streitfall
nicht erfüllt.

(a) [X.]er Wortlaut des Abschnitts I Nr.
1 Buchst. e)
der Anlage Teil [X.] zu §
10a [X.] a.[X.] ist eindeutig. [X.]ass
die von der Richtlinie abwei-chende Wortwahl des Gesetzgebers Ausdruck eines eindeutigen Rege-lungswillens ist, bestätigt
der Vergleich mit §
10a Abs.
1 Nr.
6 [X.]-RefE
unter Berücksichtigung der
das Gesetzgebungsverfahren seinerzeit be-gleitenden
[X.]iskussion über die
entsprechenden Vorgaben der Richtlinie (siehe
hierzu [X.],
FS E.
Lorenz 1994, S.
45, 54; [X.], [X.]er Referen-tenentwurf eines [X.]ritten [X.]urchführungsgesetzes/[X.] zum [X.] auf dem Prüfstand
1993
S.
12). Wie oben ausgeführt ist die ursprünglich vorge-sehene Informationspflicht
über die Prämien für eingeschlossene Zu-satzversicherungen vom Gesetzgeber nicht in das Gesetz übernommen worden.
[X.]ie damit klar zum Ausdruck gebrachte Entscheidung des [X.] ist bindend und kann auch nicht im Wege richtlinienkonformer Auslegung oder
Rechtsfortbildung geändert werden
(vgl. zur Grenze auch Senatsurteil vom 28. Juni 2017

IV ZR 440/14, [X.]Z 215, 126 Rn. 24 f. m.w.N.).

(b) Sollte der
Gesetzgeber mit
seiner in
Abschnitt I Nr.
1 Buchst. e)
der Anlage Teil [X.] zu §
10a
[X.] a.[X.]
getroffenen Entscheidung hinter den [X.] zurückgeblieben sein
und damit das generelle Ziel (vgl. hierzu BT-[X.]rucks. 12/6959 S.
99)
einer korrekten Richtli-23
24
25
-
13
-
nienumsetzung verfehlt haben, wäre die Regelung angesichts dieses eindeutigen Regelungswillens

anders als bei § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] a.[X.] (vgl. Senatsurteil vom 8.
Mai 2014 -
IV ZR 76/11, [X.]Z 201, 101 Rn.
21
ff.; zur Fristenregelung des § 8 Abs. 5 Satz 4 [X.] a.[X.] Senatsur-teil vom 17. [X.]ezember 2014

IV ZR 260/11, [X.], 224 Rn. 20 ff.) -
nicht planwidrig unvollständig
(vgl. zu diesem Kriterium Senatsurteil vom 28. Juni 2017

IV
ZR 440/14, aaO Rn. 25 f.).

Es bedürfte hier zudem nicht nur
einer teleologischen Reduktion der Norm wie bei § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] a.[X.], sondern es
müsste auch eine sprachliche Neufassung der für den Fristbeginn im Sinne von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.]
a.[X.] maßgeblichen Informationspflicht selbst erfolgen, und dies obwohl die entsprechende Bestimmung nicht allein die [X.] sicherstellen, sondern zu-gleich den Versicherern ein ausreichendes Maß an Rechtssicherheit ge-währleisten soll. Genau dieser Gedanke liegt im Übrigen auch der [X.]ritten Richtlinie Lebensversicherung selbst zugrunde (vgl. zu Art.
31 Abs.
3 [X.]ritte Richtlinie Lebensversicherung [X.] [X.], 702 Rn.
22, 29; [X.], 1011 Rn.
20
f.). [X.]eshalb erlaubt ein Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers für sich genommen nicht eine [X.] Ausdehnung der Pflicht gemäß Abschnitt I Nr.
1 Buchst. e)
der An-lage Teil [X.] zu §
10a [X.]
a.[X.], mit deren Erfüllung nach der eindeutigen gesetzgeberischen Entscheidung der Beginn der Widerspruchsfrist [X.] sein sollte (vgl. hierzu auch [X.], Urteile vom 3.
Juli 2018 -
XI [X.], NJW-RR 2018, 1204 Rn.
14; vom 5. Oktober 2017

I ZR 232/16, [X.], 169 Rn.
20). Ohne Bedeutung für das Lösungsrecht ist es daher auch, ob sich aus §
1 [X.] -
der ohnehin in erster Linie die Angabe des Gesamt-
bzw. Endpreises gewährleisten soll -
eine Pflicht zur Prämienaufschlüsselung ergeben könnte (so S.
39 der Begründung zu §
10a [X.]-RefE; [X.], [X.], 90, 94; [X.], Informationspflich-26
-
14
-
ten des Versicherers und Abschluß des Versicherungsvertrages 1996
S.
104
f.).
-
15
-

2.
[X.]ie Frage, ob das [X.] mit den Lebensversicherungs-richtlinien unvereinbar ist, ist hier
ebenfalls nicht entscheidungserheb-lich. Auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des [X.]s ist es dem ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrten und informierten Kläger nach [X.] und Glauben wegen [X.] Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger [X.]urchfüh-rung des Vertrages
-
über zwölf
Jahre -
auf dessen angebliche [X.] zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten.
[X.]ie jahrelangen Prämienzahlungen haben für den
Kläger erkennbar bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsurteil vom 16. Juli 2014

IV
ZR 73/13, [X.]Z 202, 102 Rn. 32 ff.).

[X.]
[X.]
[X.]

[X.]r. Brockmöller
[X.]r. Bußmann

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.07.2018 -
26 [X.]/18 -

[X.], Entscheidung vom 27.09.2019 -
20 [X.] -

27

Meta

IV ZR 275/19

24.06.2020

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2020, Az. IV ZR 275/19 (REWIS RS 2020, 11504)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11504

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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