Bundessozialgericht, Beschluss vom 08.02.2017, Az. B 13 R 294/16 B

13. Senat | REWIS RS 2017, 16002

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - erforderliche Darlegungen bei Geltendmachung eines Verfassungsverstoßes


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 10. August 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde an das [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 10.8.2016. Er macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) und formuliert als Rechtsfrage: "Verstößt Art. 6, § 4, Abs. 6, Satz 1 c [X.] gegen Art. 3 GG und Art. 11 GG?".

2

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, denn sie ist nicht formgerecht begründet (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

3

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 [X.] SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtssicherheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt.

4

Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das [X.] diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl Senatsbeschluss vom [X.] - [X.] 3-1500 § 160 [X.]). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des [X.] zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen [X.] noch keine Entscheidung vorliege oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet sei ([X.]/[X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, [X.] Rd[X.]83 mwN).

5

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Insoweit genügt es nicht nur zu behaupten, höchstrichterliche Rechtsprechung des [X.] zur Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage existiere nicht, was sich schon daraus ergebe, dass das Berufungsgericht keine zitiere. Ebenfalls nicht ausreichend ist es, wenn sodann doch eine Entscheidung des [X.] - ohne Benennung des Aktenzeichens - erwähnt und deren Relevanz für die Beantwortung der Rechtsfrage damit abgetan wird, es handele sich um ein "Fehlzitat" des [X.]. Hier wäre zumindest eine Auseinandersetzung damit erforderlich gewesen, warum diese Entscheidung ein "Fehlzitat" sein soll, also die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage nicht beseitigt.

6

Auch mit dem Hinweis auf einen möglichen Grundrechtsverstoß zeigt die Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung nicht hinreichend auf. Wer mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich dabei nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Grundrechte beschränken. Vielmehr muss der Beschwerdeführer unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] und des [X.] zu den gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe der jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des Grundgesetzes im Einzelnen dargelegt werden. Es ist aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten und in unzulässiger Weise verletzt hat (vgl [X.] Beschluss vom [X.]/16 B - Juris RdNr 7 mwN). Eine solche gründliche Erörterung der höchstrichterlichen und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung lässt die Beschwerde vermissen. Sie beschäftigt sich schon nicht mit der vom [X.] zitierten Rechtsprechung des [X.]. Insoweit genügt es nicht darauf zu verweisen, die Rechtsprechung des [X.] zu Art 3 GG werde als bekannt vorausgesetzt und bei Art 11 GG gebe es eine unmittelbare und eine mittelbare Betroffenheit.

7

Unabhängig von den Mängeln bei der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage, gelingt es dem Kläger auch nicht deren Klärungsfähigkeit im vorliegenden Verfahren aufzuzeigen. Der Kläger versäumt es bereits, den Sachverhalt (iS einer Gesamtheit maßgeblicher Umstände) mitzuteilen, der dem Urteil des [X.] zugrunde liegt; seinen Schilderungen können allenfalls Fragmente der entscheidungserheblichen Tatsachen entnommen werden. Eine Sachverhaltsschilderung gehört jedoch zu den Mindestvoraussetzungen der Darlegung bzw der Bezeichnung des [X.]. Es ist nicht Aufgabe des [X.] sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil selbst herauszusuchen (s nur Senatsbeschluss vom 23.7.2007 - [X.]/4 R 381/06 B - Juris RdNr 8 mwN). Ohne Sachverhaltswiedergabe kann das [X.] die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage nicht beurteilen.

8

So liegt der Fall hier. Nach der vom Kläger für verfassungswidrig befundenen Vorschrift des Art 6 § 4 Abs 6 S 1 [X.] und [X.], 3 [X.], werden bei Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz ([X.]), die nach dem 31.12.1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Gebiet der [X.] ohne das Beitrittsgebiet in das Beitrittsgebiet verlegen und bereits vor Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem [X.] haben, für nach dem [X.] anrechenbare Zeiten Entgeltpunkte (Ost) ermittelt; im Falle von [X.] gilt dies nur, sofern am 31.12.1991 Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem [X.] nicht bestand. Dies gilt auch für die Zeiten eines weiteren Rentenbezugs aufgrund neuer Rentenfeststellungen, wenn sich die [X.] ununterbrochen aneinander anschließen. Bei Berechtigten nach [X.] und c, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der [X.] ohne das Beitrittsgebiet verlegen, verbleibt es für Zeiten nach dem [X.] bei den ermittelten Entgeltpunkten (Ost). Dass diese Vorschrift den Fall des [X.] betrifft, vermag der Senat nach den Darlegungen des [X.] nicht zu beurteilen. Denn der Kläger bringt zum Lebenssachverhalt nicht einmal dar, wann er von wo nach wo umgezogen ist. Seinen Ausführungen lässt sich nur entnehmen, dass es sich um einen Umzug von [X.] nach [X.], also von einem Bundesland der [X.] in ein Bundesland im Beitrittsgebiet handeln könnte. Auch ergibt sich aus der Beschwerdebegründung nicht, ob seiner Rentenberechnung anrechenbare Zeiten nach dem [X.] und ggf welche Entgeltpunkte der Berechnung der Höhe seiner Rentenleistung vor und nach dem Umzug zugrunde lagen/liegen.

9

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 [X.] Halbs 2 SGG).

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt nach § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 [X.] und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Meta

B 13 R 294/16 B

08.02.2017

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Dresden, 27. Mai 2014, Az: S 22 R 2031/12, Gerichtsbescheid

Art 6 § 4 Abs 6 S 1 Buchst c FANG, Art 6 § 4 Abs 6 S 2 FANG, Art 6 § 4 Abs 6 S 3 FANG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, Art 3 GG, Art 11 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 08.02.2017, Az. B 13 R 294/16 B (REWIS RS 2017, 16002)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16002

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