Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.09.2010, Az. B 13 R 173/10 B

13. Senat | REWIS RS 2010, 3490

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - Anforderungen an Beschwerdebegründung - Behauptung der Verfassungswidrigkeit einer Norm - hinreichende Auseinandersetzung mit höchstrichterlicher Rechtsprechung


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 18. März 2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom [X.] hat das [X.] den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf höhere Rente wegen Berufsunfähigkeit unter Berücksichtigung weiterer Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach Maßgabe des [X.] verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim [X.] Beschwerde eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung vom [X.] genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung iS des § 160 Abs 2 [X.] SGG nicht ordnungsgemäß dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

4

Grundsätzlich bedeutsam iS des § 160 Abs 2 [X.] SGG ist eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine derartige Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) und (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) aufzeigen (vgl zum Ganzen [X.] Beschluss vom [X.], [X.]-1500 § 160a [X.] mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

5

           

Der Kläger bezeichnet als grundsätzlich bedeutsam die folgenden Fragen:

        

"Ob den in § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.]. 1 Buchstabe d [X.] sowie § 1 Dienstrechtliches Kriegsfolgen-Abschluß-Gesetz ([X.]) und § 69 Beamtenversorgungsgesetz sowie § 64 Abs. 1 [X.]. 5 SVG genannten ehemals Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes, insbesondere des Militärs, die Aufnahme als Vertriebene nach dem [X.] gefunden haben, eine höhere [X.] jenseits der §§ 15 und 16 [X.] geleistet werden muß, insbesondere dann, wenn auch der frühere Dienstherr Dienstzeiten in höherem Umfange als der der tatsächlichen Beschäftigungszeit zu Grunde gelegt hat?" (1.)

"Ob Zeiten einer Beschäftigung im Sinne der §§ 15 und 16 [X.], die in einem fremden wie auch im bundes[X.] Altersversorgungssystem zu einer höheren Altersversorgung führen entgegen §§ 15 und 16 [X.] ebenfalls zu einer höheren Feststellung einer Beitragszeit oder Beschäftigungszeit im [X.] führen, weil sie auf Grund besonderer körperlicher und/oder geistiger Beanspruchung allgemein in beiden Versorgungssystemen zu einer höheren Versorgung führen?" (2.)

        

"Ob Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die in einem fremden Rentenversorgungssystem anerkannt worden sind und bei entsprechender Berufstätigkeit im [X.] ebenfalls zu einer höheren Altersversorgung geführt hätten jenseits der Anerkennung nach §§ 15 und 16 [X.] berücksichtigt werden müssen, damit dem dem Fremdrentengesetz zu Grunde liegenden Eingliederungsprinzip und dem Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG Genüge getan ist?" (3.)

6

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger Rechtsfragen formuliert hat, die im vorliegenden Verfahren grundsätzlich klärungsfähig (entscheidungserheblich) sind. Hinsichtlich der unter (1.) aufgeworfenen Frage bestehen insoweit aber bereits deshalb Bedenken, weil der Kläger nicht aufgezeigt hat, dass er zu dem von "§ 1 Abs. 1 Satz 1 [X.]. 1 Buchstabe d [X.] sowie § 1 Dienstrechtliches Kriegsfolgen-Abschluß-Gesetz ([X.]) und § 69 Beamtenversorgungsgesetz sowie § 64 Abs. 1 [X.]. 5 SVG" erfassten Personenkreis gehört und vom Anwendungsbereich der genannten Normen erfasst wird. Weiterer Ausführungen zur Klärungsfähigkeit bedarf es jedoch nicht. Denn der Kläger zeigt in seiner Beschwerdebegründung nicht auf, dass sich die Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Fragen nicht schon aus dem Gesetz oder aus höchstrichterlicher Rechtsprechung ergibt, die Rechtsfragen mithin noch nicht geklärt bzw weiterhin klärungsbedürftig sind.

7

Der Kläger erläutert schon nicht, welche Antworten die einschlägigen und nach seinem Vortrag auch vom [X.] herangezogenen Bestimmungen der §§ 15, 16 [X.] über die Anerkennung der streitigen [X.]-Zeiten als Beitrags- und Beschäftigungszeiten - soweit sie über die tatsächlich geleisteten und von der Beklagten als Beschäftigungszeiten gemäß § 16 [X.] anerkannten 21 Jahre und 2 Monate hinausgehen - geben. Soweit der Kläger mit den Formulierungen "jenseits der §§ 15 und 16 [X.]" (1.), "entgegen §§ 15 und 16 [X.]" (2.) und "jenseits der Anerkennung nach §§ 15 und 16 [X.]" (3.) zum Ausdruck bringen möchte, dass die rentenversicherungsrechtliche Berücksichtigung der begehrten Zeiten nach Maßgabe des [X.] (iVm dem [X.]) nicht in Betracht komme, legt er nicht hinreichend dar, warum die gestellten Fragen dennoch klärungsbedürftig sein sollen. Allein der Hinweis, dass die Bestimmungen in § 1 Abs 1 Satz 1 [X.] Buchstabe d des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen ([X.]), § 2 Dienstrechtliches [X.], § 69 Beamtenversorgungsgesetz sowie § 64 Abs 1 [X.] "eine Privilegierung der Dienstzeiten, die Vertriebene als Beamte oder Soldaten im [X.] zurückgelegt haben", beinhalteten ([X.] der Beschwerdebegründung), reicht nicht aus. Denn der Kläger zeigt nicht auf, dass die behaupteten "[X.]" auch für den nach dem [X.] berechtigten Personenkreis die rentenversicherungsrechtliche Berücksichtigung von nicht real zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten in den Herkunftsländern bei der Bemessung der Rente nach dem [X.] zur Folge haben.

8

Zudem ist eine Rechtsfrage auch dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn das [X.] bzw das [X.] diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfragen geben (vgl [X.]sbeschlüsse vom [X.] - [X.] [X.]-1500 § 160 [X.]; vom 31.3.1993 - [X.]-1500 § 146 [X.]). Im Hinblick darauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung der genannten Gerichte zu dieser Problematik substantiiert vorgetragen werden, dass diese zu den aufgeworfenen Fragen noch keine Entscheidung getroffen haben oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgeblichen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden sind (vgl [X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl 2008, [X.] Rd[X.]83 mwN). Eine solche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des [X.] insbesondere zu §§ 15, 16 [X.] fehlt hier. Anlass hierzu hätte aber bereits deshalb bestanden, weil das [X.] sich ua auch auf das Urteil des [X.]s vom 23.4.1992 (13 RJ 9/91 - Juris) stützt. Obwohl der Kläger in seiner Beschwerdebegründung ([X.] oben) auf die entsprechenden Seiten des angefochtenen Urteils verweist ("Seite 8 ff"), beschäftigt er sich nicht mit den Aussagen in dieser Entscheidung und untersucht daher auch nicht, welche Folgerungen sich hieraus für die Beantwortung der gestellten Fragen ergeben. In dem genannten Urteil hat der [X.] entschieden, dass eine Rechtsposition, die im Erwerb [X.] Zeiten "in erhöhter Dauer" liegt, den nach Bundesrecht zurückgelegten Zeiten nicht in vollem Umfang gleichstellt werden kann. Vielmehr sind derartige Zeiten nach § 15 [X.] nur in der tatsächlichen Dauer der ihnen zugrundeliegenden Beschäftigung anzurechnen. Denn bei allen [X.] Versicherungszeiten handelt es sich um real zurückgelegte Zeiten, also um Kalendermonate, die wirklich abgelaufen und mit beitragspflichtigen Beschäftigungen oder diesen rechtlich in verschiedenem Umfang gleichgestellten Ereignissen ausgefüllt sind. Die Berücksichtigung fingierter Zeiten für Grund und Höhe des Rentenanspruchs ist dem [X.] Renten(versicherungs-)recht fremd (Juris Rd[X.] 26). Warum sich aus diesen Ausführungen keine hinreichenden Anhaltspunkte für die mit den Fragestellungen aufgeworfene Problematik der Berücksichtigung von nicht real zurückgelegten (fingierten) (Zusatz-)Zeiten in der ehemaligen [X.] bei der Bemessung der Rente nach dem [X.] iVm dem [X.] entnehmen lassen, erläutert der Kläger nicht.

9

Soweit er mit den gestellten Fragen - insbesondere zu (3.) - die Verfassungsmäßigkeit (Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG) im Hinblick auf das "dem Fremdenrentenrecht zu Grunde liegende Eingliederungsprinzip" problematisiert, fehlt es ebenfalls an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Begründung der Beschwerde darf sich nicht auf die bloße Behauptung einer Ungleichbehandlung beschränken, sondern muss unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergibt (vgl [X.] Beschluss vom 22.8.1975 - [X.]E 40, 158 = [X.] 1500 § 160a [X.]1 S 14; [X.] Beschluss vom 10.10.2007 - B 12 R 24/07 B - Juris Rd[X.] 7). Hieran fehlt es. Der Kläger hat sich nicht mit den Maßstäben der von ihm herangezogenen Prüfungsnorm des Art 3 Abs 1 GG beschäftigt. Er hat auch nicht hinreichend dargelegt, worin er die für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung wesentlichen Sachverhaltsmerkmale erblickt und dass der Gesetzgeber die äußersten Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat. Zudem hätte der Kläger sich in diesem Zusammenhang mit der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] zum Eingliederungsprinzip auseinandersetzen und untersuchen müssen, ob und inwieweit dem [X.] in der hier anzuwendenden Fassung - wie von ihm behauptet - noch das Eingliederungsprinzip zugrunde liegt oder ob nicht durch die bereits seit 1991 einsetzende Gesetzesentwicklung eine Abkehr von diesem Prinzip zu verzeichnen ist (vgl [X.] Beschluss <[X.]> vom [X.] ua - [X.]E 116, 96 = [X.] 4-5050 § 22 [X.] Rd[X.] 2 ff) und welche Folgerungen hieraus möglicherweise zu ziehen sind. Einen entsprechenden substantiierten Vortrag enthält die Beschwerdebegründung aber nicht.

Entsprechendes gilt für die vom Kläger (auf [X.] der Beschwerdebegründung) eher beiläufig geltend gemachte Gehörsverletzung, hinsichtlich derer es bereits an der Darlegung mangelt, inwieweit die angefochtene Entscheidung auf dem angeblichen Verfahrensmangel beruhen kann (§ 160 Abs 2 [X.] 3 SGG).

Soweit der Kläger die Entscheidung des [X.] für "nicht überzeugend" hält und meint, das Berufungsgericht habe die Sache unter Verkennung "verschiedener gesetzlicher Wertungen" falsch entschieden, ist dies für das [X.] unerheblich und rechtfertigt keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl stRspr, zB [X.] Beschluss vom 26.6.1975 - [X.] 1500 § 160a [X.] 7).

Von einer weiteren Begründung sieht der [X.] ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Meta

B 13 R 173/10 B

09.09.2010

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Bremen, 19. Dezember 2006, Az: S 11 RI 117/98

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, Art 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.09.2010, Az. B 13 R 173/10 B (REWIS RS 2010, 3490)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3490

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