Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2013, Az. X ZB 8/12

X. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2924

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X [X.]
vom
11. September 2013
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

[X.]-Inhibitoren
[X.] § 21 Abs. 2 Nr. 1, [X.] § 34 Abs. 4
a)
Dem Patentanmelder ist es grundsätzlich unbenommen, den beanspruchten Schutz nicht auf Ausführungsformen zu beschränken, die in den ursprünglich ein-gereichten Unterlagen ausdrücklich beschrieben werden, sondern gewisse Verall-gemeinerungen vorzunehmen, sofern dies dem berechtigten Anliegen Rechnung trägt, die Erfindung in vollem Umfang zu erfassen.
b)
Ob die Fassung eines Patentanspruchs, die eine Verallgemeinerung enthält, dem Erfordernis einer ausführbaren [X.] genügt, richtet sich danach, ob damit ein Schutz begehrt wird, der nicht über dasjenige hinausgeht, was dem Fachmann unter Berücksichtigung der Beschreibung und der darin enthaltenen Ausführungs-beispiele als allgemeinste Form der technischen Lehre erscheint, durch die das der Erfindung zugrundeliegende Problem gelöst wird.
c)
Einer Umschreibung einer Gruppe von Stoffen nach ihrer Funktion in einem [X.] steht weder entgegen, dass eine solche Fassung des [X.] neben bekannten oder in der Patentschrift offenbarten Stoffen auch die Verwendung von Stoffen umfasst, die erst zukünftig bereitgestellt werden, noch dass die Bereitstellung erfinderische Tätigkeit erfordern kann.
[X.], Beschluss vom 11. September 2013 -
X [X.] -
[X.]

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des Bundesgerichthofs hat am
11. September 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Meier-Beck, die Richter [X.] und [X.], die Richterin Schuster und den Richter Dr.
Deichfuß
beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin
wird der Beschluss des 14.
[X.]s ([X.])
des [X.] vom 13. März 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Pa-tentgericht zurückverwiesen.
-
3
-
Gründe:

A.
Die Rechtsvorgängerin der Patentinhaberin
hat am 25.
April 1996 die Verwendung von Effektoren der [X.] zur Senkung des Blutzucker-spiegels zum Patent angemeldet. Patentanspruch
1 des darauf
erteilten Patents 196
16
486 (Streitpatents) lautet:
"Verwendung von Effektoren der [X.] (DP
IV)-
bzw. DP
IV-analoger Enzymaktivität zur Senkung des Blutzuckerspiegels un-ter die für Hyperglykämie charakteristische Glukosekonzentration im Serum eines Säugerorganismus."
Gegen das Patent sind zwei Einsprüche erhoben worden. Nachdem die [X.] ihre Einsprüche zurückgenommen haben, hat die Einspruchsabteilung des Patentamts das Einspruchsverfahren von Amts wegen fortgesetzt und mit Be-schluss vom 21.
März 2007 das Patent beschränkt aufrechterhalten. Der Anspruch wurde gemäß Hilfsantrag
2 der Patentinhaberin
wie folgt gefasst:
"Orale Verwendung von [X.] oder von [X.] als Inhibitoren der [X.] (DP
IV)-Enzymaktivität zur Senkung des Blutzuckerspiegels unter die für [X.] charakteristische Glukosekonzentration im Serum eines Säuger-Organismus, worin die Verabreichung der [X.] oder von [X.] an Säuger der Verhinderung oder
Milderung von Diabetes mellitus dient."
Gegen diesen Beschluss hat die Patentinhaberin
Beschwerde eingelegt und beantragt, das Patent auf der Grundlage eines neugefassten Hauptantrags, [X.] auf der Basis einer Reihe von [X.] aufrechtzuerhalten. Der Hauptantrag sowie die Hilfsanträge
1aa und 1ac lauten:
1
2
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4
-
Hauptantrag:
Verwendung von Inhibitoren der Dipeptidyl
Peptidase (DP
IV)-Enzymaktivität zur Senkung des Blutzuckerspiegels unter die für Hyperglykämie charakteristi-sche Glukosekonzentration im Serum eines Säuger-Organismus bei Diabetes mellitus.
Hilfsantrag 1aa:
Orale Verwendung
von Inhibitoren der [X.] (DP
IV)-Enzymaktivität zur Senkung des Blutzuckerspiegels unter die für Hyperglykä-mie charakteristische Glukosekonzentration im Serum eines Säuger-Organismus bei Diabetes mellitus, wobei es sich um hochaffine, niedermole-kulare Enzyminhibitoren handelt.
Hilfsantrag 1ac:
Orale Verwendung von Inhibitoren der [X.] (DP
IV)-Enzymaktivität zur Senkung des Blutzuckerspiegels unter die für Hyperglykä-mie charakteristische Glukosekonzentration im Serum eines Säuger-Organismus bei Diabetes mellitus, wobei
es sich bei den [X.] um [X.], [X.], [X.] oder [X.] handelt.
Das Patentgericht hat das Patent mit einem Patentanspruch gemäß Hilfsan-trag
1ac unter Anpassung der Beschreibung und der Zeichnungen aufrechterhalten, im Übrigen hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Patentgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin, mit der sie Auf-hebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an
das Patentgericht erstrebt.
B.
Die kraft Zulassung statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbe-schwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung

108 Abs.
1 [X.]).
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5
-
5
-
I.
Das Streitpatent betrifft die Verwendung bestimmter Stoffe zur Senkung des Blutzuckerspiegels in Säugern.
1.
Zur Beeinflussung des krankhaft erhöhten Blutzuckerspiegels (Hypergly-kämie) war es im Stand der Technik bekannt, Insulin zu verabreichen. In der [X.] des Streitpatents wird ausgeführt, die bisher bekannten Verfahren seien mit hohem Materialaufwand, hohen Kosten und oft auch mit einschneidenden Beein-trächtigungen der Lebensqualität der Patienten verbunden. Neuere Verfahren wie die Installation subkutaner [X.] oder die Implantation intakter [X.] Zellen seien technisch aufwendig und risikobehaftet.
Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, ein einfaches, kostengünstiges und den Patienten wenig belastendes Verfahren zur Senkung des Blutzuckerspiegels zur Verfügung zu stellen.
2.
Zur Lösung dieses Problems wird im einzig verbliebenen Anspruch
in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung vorgeschlagen:
1.
Verwendung von Inhibitoren der Enzymaktivität der [X.] IV (DP
IV)
2.
zur Senkung des Blutzuckerspiegels unter die für Hyperglykämie charakteristische Glukosekonzentration im Serum eines Säuger-Organismus
3.
bei Diabetes mellitus
II.
Das Patentgericht hat zur Begründung der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Verwendung gemäß dem Hauptantrag und den [X.]
1a, 1aa und 1ab sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Mit dem einzigen Patentanspruch nach dem Hauptantrag werde die Verwendung von Inhibitoren beansprucht, die nur über ihre Reaktion mit DP
IV, also über funktionelle
Merkmale, charakterisiert würden. Damit sei eine nicht eingrenzbare Vielzahl von Verbindungen gleicher Funktionalität, unab-6
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hängig von ihren tatsächlichen stofflichen Merkmalen, eingeschlossen. Über die Nennung von vier Dipeptidderivaten hinaus erhalte der Fachmann, ein Team, das einen Biochemiker, einen Chemiker mit dem Spezialgebiet organische Chemie und einen Facharzt für Innere Medizin mit dem Spezialgebiet Diabetologie umfasse, [X.] Hinweise darauf, welche Verbindungen er zur Lösung der Aufgabe noch in [X.] ziehen könne. Es sei nicht ersichtlich, was über die vier genannten Verbindun-gen hinaus unter die Bezeichnung "Inhibitor" mit der im Anspruch angegebenen Wir-kung zu subsumieren sei. Um solche Substanzen aufzufinden, sei eine Vielzahl [X.] Versuche erforderlich, für die der Fachmann in der Patentschrift keine An-leitung finde. Damit sei der Gegenstand des Anspruchs nicht ausführbar offenbart. Durch die generalisierende Formulierung über die dem Fachmann in der Gesamtheit der Unterlagen an die Hand gegebene Lösung hinaus sei der beanspruchte [X.] so weit verallgemeinert, dass der erstrebte Patentschutz über den Beitrag der Erfindung zum Stand der Technik hinausginge.
Der Patentspruch gemäß Hauptan-trag verletze auch das Rechtsschutzbedürfnis der Öffentlichkeit, weil für Dritte nicht erkennbar sei, was unter Schutz gestellt werden solle. Ob es sich, wie die Patentin-haberin vortrage, um eine Pioniererfindung handele, könne dahinstehen, weil es für die Ausführbarkeit auf die Wirkstoffe ankomme, die für die im Schutzanspruch
ge-nannte Verwendung eingesetzt werden sollen. Diese müssten ohne Rückgriff auf das Fachwissen des Fachmanns individualisiert bereits in den Erstunterlagen offenbart sein. Denn nicht die Erklärung der Wirkungsweise, dass mit der Inhibierung des En-zyms DP
IV
der Blutzuckerspiegel gesenkt werden könne, sei die Lösung. Diese lie-ge vielmehr darin, die konkreten Mittel
zur Verfügung zu stellen, mit denen der ange-strebte Erfolg erreicht werde. Für die Hilfsanträge
1a, 1aa und 1ab gelte nichts [X.].
III.
Diese Beurteilung hält der
rechtlichen Prüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
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-
7
-
1.
Das Erfordernis einer ausführbaren [X.] der Erfindung steht einer Formulierung des Patentanspruchs, die eine gewisse Verallgemeinerung enthält, nicht generell entgegen.
a)
Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Patentgericht davon aus, dass ein Patent im Einspruchsverfahren zu widerrufen ist, wenn es die Erfindung nicht hinrei-chend offenbart. §
34 Abs.
4 [X.] bestimmt, dass die Erfindung in der [X.] so deutlich und vollständig zu offenbaren ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Nach §
21 Abs.
2 Nr.
1 [X.] ist das Patent im Einspruchsverfahren zu widerru-fen, wenn diesem Erfordernis nicht genügt wird. Das Erfordernis der deutlichen und vollständigen [X.] der Erfindung soll gewährleisten, dass das [X.], das dem Anmelder erteilt wird, dem Umfang der Erfindung entspricht, die er der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt.
Soweit das Patentgericht die Fassung des Anspruchs auch wegen fehlender Klarheit beanstandet hat, füllt dies keinen [X.] aus. Die Beseitigung [X.] Unklarheiten hat im Prüfungsverfahren
zu erfolgen. Die Ausführungen des Patentgerichts hierzu sind im Übrigen nicht zutreffend. Der Umstand, dass als [X.] der [X.] potentiell eine Vielzahl von Stoffen erfasst wird, steht der Klarheit des Anspruchs nicht entgegen.
b)
Grundsätzlich ist es dem Anmelder unbenommen, den beanspruchten Schutz nicht auf Ausführungsformen zu beschränken, die in den ursprünglich einge-reichten Unterlagen ausdrücklich beschrieben werden, sondern gewisse Verallge-meinerungen vorzunehmen. Enthält ein Patentanspruch eine verallgemeinernde Formulierung, kann dies dazu führen, dass sie auch Ausführungsformen umfasst, die in der Beschreibung nicht konkret angesprochen sind. Daraus folgt jedoch nicht [X.], dass die Erfindung
insgesamt oder teilweise
nicht mehr so offenbart
ist, dass der Fachmann sie ausführen kann. Maßgeblich sind vielmehr die Umstände des Ein-zelfalls.
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8
-
Wird Schutz für ein Erzeugnis begehrt, ist der Anmelder grundsätzlich gehal-ten, die Sache durch körperliche Merkmale zu umschreiben. Geht es um den Schutz eines chemischen Stoffes, kann dieser etwa durch seine wissenschaftliche Bezeich-nung oder seine Strukturformel bezeichnet werden. Die Kennzeichnung kann jedoch auch auf andere Weise erfolgen, wenn eine Erfassung der offenbarten Lehre anders nicht möglich oder nicht praktikabel ist.
Entsprechendes gilt für andere Anspruchskategorien. So kann bei einem Pa-tent auf ein chemisches Syntheseverfahren ein bestimmter Verfahrensschritt in Form einer an sich geläufigen, allgemein bezeichneten Reaktion auch dann allgemein [X.] werden, wenn bekannte Möglichkeiten, diese Reaktion auszuführen, ver-sagen, in der Patentschrift aber zumindest ein ausführbarer Weg zur Durchführung der Reaktion nacharbeitbar offenbart ist. Die darin liegende Verallgemeinerung ist zulässig, wenn aus fachlicher Sicht die allgemein bezeichnete Reaktion -
und nicht nur die in der Beschreibung konkret aufgezeigte Reaktion
-
als Bestandteil der [X.] verstanden wird ([X.], Urteil vom 3.
Mai 2001 -
X
ZR
168/97, [X.]Z 147, 306, 317
f. -
Taxol; dazu Meier-Beck, Festschrift
für [X.], 2006, 495, 501). Wollte man den Schutz in einem solchen Fall stets auf die konkret beschriebene Reaktion be-schränken, könnte dies dazu führen, dass das Schutzrecht die Reichweite der Erfin-dung nur unzureichend erfasst.
Dagegen verstößt eine
generalisierende Formulierung
in einem Patentan-spruch gegen das Gebot deutlicher und vollständiger [X.], wenn sie den durch das Patent geschützten Bereich über die erfindungsgemäße, dem Fachmann
in der Beschreibung an die Hand gegebene Lösung hinaus verallgemeinert ([X.], Urteil vom 25.
Februar 2010

Xa
ZR
100/05, [X.]Z 184, 300, 306
f.

[X.] Zusammensetzung; [X.], Urteil vom 27.
November 2012 -
X
ZR
58/07, [X.]Z 195, 364 Rn.
38 -
Neurale Vorläuferzellen
II;
vgl. auch [X.] Technische Be-schwerdekammer, Entscheidung vom 9.
März 1994 -
T
435/91, [X.]. 1995, 591, Rn.
22.1 -
Reinigungsmittel/[X.]). Unzulässig ist es ferner, eine Sache oder ein Verfahren, auf die sich die Erfindung bezieht, mit Parametern zu kennzeichnen, 16
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18
-
9
-
die nur die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe umschreiben ([X.], Beschluss vom 19.
Juli 1984

X
ZB
18/83, [X.]Z 129, 135
f. -
Acrylfasern).
Nach dieser Maßgabe kann es zulässig sein, im Anspruch verallgemeinernd eine Gruppe von Stoffen aufzuführen, auch wenn nicht sämtliche zu dieser Gruppe gehörenden Stoffe für den erfindungsgemäßen Zweck geeignet sind, sofern der Fachmann die Eignung der einzelnen Stoffe unschwer durch Versuche feststellen kann ([X.], Urteil vom 22.
Dezember 1964 -
Ia
ZR
27/63, [X.] 1965, 473, 475

Dauerwellen; [X.], Beschluss vom 9.
Oktober 1990 -
X
ZB
13/89, [X.]Z
112, 297, 305 -
Polyesterfäden). Keine Bedenken ergeben sich daraus, dass unter einen so gefassten Anspruch auch Substanzen fallen,
die es derzeit noch nicht gibt oder die bislang noch nicht aufgefunden wurden. Sofern durch ihre Verwendung von der Er-findung Gebrauch gemacht wird, ist es unbedenklich, wenn auch Stoffe
erfasst
wer-den, die nicht ohne erfinderisches Bemühen aufgefunden werden können.
c)
Den dargestellten Grundsätzen
entspricht es, dass nach der Rechtspre-chung der [X.]n des [X.] die Wahl eines funktionellen Merkmals zulässig ist, wenn die darin liegende Verallge-meinerung dem berechtigten Anliegen Rechnung trägt, die Erfindung in vollem Um-fang zu erfassen ([X.] Technische Beschwerdekammer, Entscheidung vom 27.
November 1986

T
68/85 Rn.
8.4 -
Synergistische Herbizide/[X.]; vom 27.
Januar 1988 -
T
292/85 Rn.
3.1.2 bis 3.1.5 -
Polypeptide Expression/[X.] I; vom 8.
Mai 1996

T
694/92, [X.]. 1997, 918 -
Modifying plant [X.]/[X.]; s. auch
Lord [X.] in [X.], Urteil vom 31.
Oktober 1996, [X.] 1997, 1, 47 ff., in [X.] Übersetzung [X.]. 1998, 412, 417

Biogen v. [X.]; ebenso jüngst Lord [X.] in Court of Appeal, Urteil vom 21.
Februar 2013

[2013] EWCA Civ 93 Rn.
94
ff.). Dem steht nicht entgegen, dass eine funktionelle Fassung des Merkmals die Verwendung noch unbekannter Mög-lichkeiten
umfasst, die möglicherweise erst zukünftig bereitgestellt oder erfunden werden,
wenn nur so ein angemessener Schutz gewährt wird ([X.] Technische Be-schwerdekammer, Entscheidung vom 27.
Januar 1988 -
T
292/85 Rn.
3.1.2

Poly-19
20
-
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-
peptide Expression/[X.] I). In einem solchen Fall ist die Erfindung grund-sätzlich bereits dann ausreichend offenbart, wenn sie dem Fachmann mindestens einen Weg zu ihrer Ausführung eindeutig aufzeigt. Das Gebot der deutlichen und vollständigen [X.] erfordert es dagegen nicht, dass die Beschreibung Hin-weise darauf enthält, wie alle denkbaren Varianten der Komponenten, die unter die funktionelle Definition fallen, zu erzielen sind ([X.] Technische Beschwerdekammer, Entscheidung vom 27.
Januar 1988

T
292/85 Rn.
3.1.5 -
Polypeptide Expression/[X.] I). Wollte man eine solche Forderung aufstellen, scheiterte eine verall-gemeinernde Fassung des Anspruchs regelmäßig am Gebot der deutlichen und voll-ständigen [X.].
Ob die Fassung eines Patentanspruchs, die eine Verallgemeinerung enthält, zulässig ist, richtet sich mithin im Einzelfall danach, ob damit ein Schutz begehrt wird, der über dasjenige hinausgeht, was dem Fachmann unter Berücksichtigung der [X.] und der darin enthaltenen Ausführungsbeispiele als allgemeinste Form der technischen Lehre erscheint, durch die das der Erfindung zugrunde liegende Problem gelöst wird
([X.]
Technische Beschwerdekammer, Entscheidung vom 9.
März 1994 -
T
435/91, [X.]. 1995, 591 Rn.
2.2.1

Reinigungsmittel/[X.]; vom 8.
Mai 1996 -
T
694/92,
[X.]. 1997, 918 Rn.
5 -
Modifying plant [X.]/[X.]; Meier-Beck, Festschrift für [X.], 2006, 495, 502).
2.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze kann die angefochtene Entscheidung des Patentgerichts keinen Bestand haben.
Der Patentanspruch
nach dem Hauptantrag enthält ein funktionelles Merkmal. [X.] wird nicht lediglich die Verwendung eines bestimmten Stoffes oder einer Mehrzahl von konkret bezeichneten Stoffen zur Senkung des Blutzuckerspiegels bei Diabetes mellitus, sondern die Verwendung sämtlicher Stoffe, die als Inhibitoren der [X.] IV (DP
IV) wirken. Entgegen der Auffassung des Patentgerichts und der [X.] 3.3.02 des [X.], die mit ähnlicher Begründung das [X.] Patent 896 538 widerrufen hat, ist diese 21
22
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Fassung des Anspruchs nicht schon deshalb wegen unzureichender [X.] zu beanstanden.
Zwar trifft es zu, dass diese Anspruchsfassung nicht nur die in der [X.] konkret bezeichneten Dipeptidderivate erfasst, sondern sämtliche Inhibitoren der [X.]. Das genügt jedoch, wie ausgeführt, für sich genommen nicht, um eine unzureichende [X.] zu begründen. Der Sachverhalt, der der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde zugrunde zu legen ist, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Fassung des Patentanspruchs
nach dem Hauptantrag über das hinausgeht, was der Fachmann der Patentschrift als allgemeinste Form der be-schriebenen technischen Lehre entnimmt.
a)
Nach der Patentschrift betrifft die Erfindung ein einfaches Verfahren zur Senkung der [X.]. Das technische Problem wird dahin [X.], ein kostengünstiges und einfaches Verfahren zur Senkung des [X.] bereitzustellen. Dieses Problem soll durch die Gabe von Inhibitoren der [X.] gelöst werden. Nach den Angaben in der Beschreibung liegt dem [X.] zugrunde: Die Aufnahme von Nahrung und der damit einhergehende Anstieg des Blutzuckerspiegels führt zur Ausschüttung
bestimmter [X.], die als [X.]-42
und [X.]-36
bezeichnet werden. Diese [X.] bewirken die Erhöhung der Sekre-tion von Insulin und reduzieren zugleich die Sekretion von [X.], einem Peptid-hormon, das die Erhöhung des Blutzuckerspiegels bewirkt.
Sie stellen damit beim gesunden Menschen sicher, dass es nicht zu überhöhten Blutzuckerwerten kommt. Dieser Mechanismus kann durch eine Erkrankung, etwa bei Diabetes mellitus, ge-stört sein, jedoch behält [X.]-36 auch bei Diabetes-Typ-II-Patienten die Fähigkeit, die [X.] zu erhöhen und die [X.]-Sekretion zu vermindern.
Die Stabilität der genannten endogenen [X.] wird durch die Aktivität des Enzyms [X.]
beeinträchtigt. Die Gabe eines Inhibitors unterdrückt oder vermindert die Aktivität dieses Enzyms und führt damit zu einer erhöhten endo-24
25
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12
-
genen Stabilität der genannten [X.]. Das wiederum führt zu einem erhöhten [X.] und damit letztlich zur Absenkung des überhöhten Blutzuckerspiegels.
b)
Mangels gegenteiliger Feststellungen im angefochtenen Beschluss
ist für die Prüfung im Rahmen der Rechtsbeschwerde das tatsächliche Vorbringen der Pa-tentinhaberin
zur Reichweite der in der Patentschrift beschriebenen Erfindung zu [X.], von dem
im Wesentlichen auch das Patentgericht bei der Beurteilung der Patentfähigkeit des Gegenstands des [X.] ausgegangen ist.
Danach war im Prioritätszeitpunkt die Bedeutung der genannten endogenen [X.] für den Blutzuckerspiegel und die Beeinträchtigung ihrer Stabilität durch die [X.] bekannt. Die Bemühungen, diesen Mechanismus zu therapeu-tischen Zwecken zu beeinflussen, gingen jedoch in andere Richtungen, etwa dahin, dem Patienten solche [X.] zusätzlich (exogen) zuzuführen, oder auch dahin, Analoge zu diesen [X.]n zu suchen, die durch DP
IV nicht beeinflusst werden. Der gezielte Einsatz von Inhibitoren der [X.]
war an sich bekannt, jedoch nur für andere therapeutische Zwecke.
Zur medikamentösen Behandlung von Diabetes
Typ II waren nur andere Wirkstoffklassen (Insulin, Sulfonylharnstoffe, Bigu-anide sowie Kombinationen dieser Stoffe)
verbreitet.
Legt man den Vortrag der Pa-tentinhaberin
zugrunde, liegt die technische Lehre des Patents nicht allein darin, ganz bestimmte, in der Beschreibung des Patents konkret benannte Stoffe über eine Beeinflussung der [X.] zur Senkung des krankhaft überhöhten [X.] einzusetzen, sondern -
verallgemeinernd
-
darin, hierfür Inhibitoren der [X.] einzusetzen.
Weiter ist danach davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung be-reits eine Reihe von Inhibitoren der [X.] bekannt war, wenn diese auch bis dahin ausschließlich für andere Zwecke eingesetzt wurden. Auf welche Weise der Fachmann ermitteln konnte, ob ein solcher Inhibitor sich auch zu der vor-geschlagenen Verwendung eignete, ist in der Patentschrift ([X.], [X.] 40
ff.) beschrie-27
28
29
-
13
-
ben. Dass die danach anzustellenden Versuche mit einem unzumutbaren Aufwand verbunden wären, ist nicht festgestellt.
3.
Der angefochtene Beschluss ist demnach aufzuheben.

Eine mündliche Verhandlung hat der [X.] nicht für notwendig erachtet (§
107 Abs.
1 [X.]).
Meier-Beck
Bacher
[X.]

Schuster
Deichfuß
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 13.03.2012 -
14 W(pat) 7/07 -

30
31

Meta

X ZB 8/12

11.09.2013

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2013, Az. X ZB 8/12 (REWIS RS 2013, 2924)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2924

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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