Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.06.2018, Az. II ZR 229/16

II. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 7962

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:120618UIIZR229.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM
NAMEN
[X.]S
VOLKES
URTEIL
II ZR 229/16
Verkündet am:
12. Juni 2018
Stoll,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 4
Unterliegt ein die Berufung zurückweisender Beschluss der Anfechtung, muss er, ebenso wie ein Berufungsurteil, erkennen lassen, was der Beru-fungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat.
[X.], Urteil vom 12. Juni 2018 -
II ZR 229/16 -
OLG Celle

[X.]

-
2
-

Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni
2018 durch [X.] als Vorsitzenden, die [X.] Wöstmann
und
Dr.
[X.], die [X.]in B.
Grüneberg sowie
den [X.] V.
Sander

für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird der Beschluss des 16.
Zivilsenats des [X.] vom 30. Juni 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwie-sen.
Die Nichterhebung der Gerichtskosten für das Revisionsverfahren wird angeordnet.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der G.

S.

GmbH (nachstehend Schuldnerin), das am 20.
Oktober
2014 eröffnet wurde. Er nimmt die Beklagte zu
1, eine GmbH,
als 1
-
3
-

Mehrheitsgesellschafterin der Schuldnerin auf erneute
Einzahlung der Stamm-einlage und den [X.] zu 2, den ehemaligen Geschäftsführer der Schuld-nerin und Geschäftsführer der [X.] zu 1, auf Ersatz einer Zahlung aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen
in Anspruch.
Das [X.] hat die [X.] als Gesamtschuldner unter [X.]--klagte zu 1 habe
ihre Einlagepflicht nicht erfüllt, weil die Bareinlage
in einem engen zeitlichen Zusammenhang
wieder zurückgezahlt worden sei. Der [X.] zu 2 schulde den Betrag gemäß § 43 Abs. 3 GmbHG.
Das Berufungsgericht hat
die Berufung der [X.] unter Bezugnahme auf einen zuvor
erteilten Hinweis durch Beschluss zurückgewiesen. Dagegen wenden
sich die [X.]
mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses
und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
[X.] Die Entscheidung des
Berufungsgerichts lässt nicht erkennen, was die [X.] mit ihrem Rechtsmittel erstrebt haben.
1. Ein die Berufung zurückweisender Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz
1 ZPO ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO zu begründen,
soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO enthalten sind. Unterliegt der Zurückweisungsbeschluss der [X.], hat er nach § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO, ebenso
wie das Berufungsurteil nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen 2
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oder Ergänzungen zu enthalten; auch im Übrigen gelten dieselben Inhaltsanfor-derungen
an einen Zurückweisungsbeschluss
wie bei einem Berufungsurteil ([X.], Urteil vom 21. September 2016 -
VIII ZR 188/15, NJW 2016, 3787 Rn. 6). Der Beschluss muss daher, unter Umständen gemeinsam mit den [X.] in
dem Hinweisbeschluss,
zumindest sinngemäß erkennen lassen, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat (vgl. [X.],
Urteil vom 11. Oktober 2012 -
VII ZR 10/11, [X.], 3569 Rn. 6; Urteil vom 11. Mai 2016 -
VIII ZR 209/15, NJW 2016, 2254 Rn. 14; Urteil vom 21.
September
2016 -
VIII
ZR
188/15, NJW
2016, 3787 Rn.
6; Hk-ZPO/Wöstmann,
7. Aufl., § 540 Rn. 3).
2. Diesen Anforderungen genügt der die Berufung der [X.] zu-rückweisende Beschluss des Berufungsgerichts nicht. Dessen Gründe erschöp-fen
sich in einer Bezugnahme auf seinen Hinweisbeschluss vom 9.
Juni
2016. Diese für sich genommen zulässige Bezugnahme war
im vorliegenden Fall aber nicht
ausreichend. Der Hinweisbeschluss teilt weder die Anträge im Berufungs-verfahren mit
noch
lässt er auf andere Weise erkennen, welches Ziel die [X.] mit ihrem Rechtsmittel angestrebt haben. Es kann nur vermutet werden, dass die [X.] die Abweisung der Klage erreichen wollten.
Mit
der
Verurtei-lung des [X.] zu 2 setzt sich
das Berufungsgericht inhaltlich nicht ausei-nander. Nach der Begründung
könnte auch lediglich die Beklagte zu 1 Berufung eingelegt haben.
I[X.] Die Entscheidung des Berufungsgerichts
ist danach ohne Sachprüfung aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die vom Berufungsgericht geteilten
rechtlichen Er-wägungen des [X.]s die Verurteilung der [X.] nicht tragen.

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1. Nach der Rechtsprechung des Senats liegt die für die Erfüllung der [X.] (§ 19 Abs. 1 GmbHG) erforderliche Leistung zur freien Verfügung des
Geschäftsführers (§ 8 Abs. 2 GmbHG) nicht vor, wenn der eingezahlte [X.] umgehend an den [X.] zurückfließt ([X.],
Urteil vom 16. Februar 2009 -
II
ZR 120/07, [X.]Z 180, 38
Rn.
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[X.]; Ur-teil vom 20. Juli 2009 -
II ZR
273/07,
[X.]Z 182, 103 Rn. 11
-
Cash-Pool II).
Aus den Erwägungen
des Berufungsgerichts lässt sich nicht auf einen
Rück-fluss der Einlage an die Beklagte
zu 1 als Inferentin schließen.

Die Umgehung der [X.] setzt zwar keine [X.] zwischen Inferent und Auszahlungsempfänger voraus. Ausreichend, aber auch erforderlich ist bei der Weiterleitung der Einlagemittel an einen [X.], dass der Inferent dadurch in gleicher Weise begünstigt wird wie durch eine unmittelbare Leistung an ihn selbst. [X.] zugute
kommt dem [X.] die Leistung insbesondere, wenn die Zahlung an ein von ihm
beherrschtes Unter-nehmen weitergeleitet wird ([X.], Urteil vom 20.
Juli
2009

II ZR 273/07, [X.]Z 182, 103 Rn. 32 -
Cash-Pool II mwN).
Allein der Umstand, dass der Beklagte zu 2 vom Konto der Schuldnerin, auf welches die Beklagte zu 1 am 1. August 2013 die von ihr übernommene Einlage eingezahlt hatte, am 6. und am 8. Au

ab-gehoben hat, wirkt sich weder unmittelbar noch mittelbar begünstigend auf das Vermögen der [X.] zu 1 aus. Das [X.] hat offengelassen, ob, wie vom Kläger behauptet, die Beklagte zu 1 die Mittel zurückerhalten hat. Das Be-rufungsgericht führt aus, durch die gesellschaftlichen und privaten Verpflichtun-gen sei eine Identität von Zahlendem und Zahlungsempfänger anzunehmen. Das ist auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des [X.]s nicht nachvollziehbar. Rechtsfehlerhaft rechnet das [X.] die Abhebungen des [X.] zu 2 deshalb der [X.] zu 1 zu, weil der Beklagte zu 2
zugleich Geschäftsführer der Schuldnerin und der [X.] zu 1 war. Für die Würdi-9
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gung, dass die Beklagte zu 1
in gleicher Weise begünstigt wurde, wie durch eine unmittelbare Leistung an sie selbst, bedarf es aber der Feststellung über den Verbleib des Geldes.
Insoweit deutet das [X.] verschiedene Mög-lichkeiten an, ohne sich jedoch festzulegen.

2. Sollte das Vermögen der Schuldnerin -
wie der
Kläger behauptet
-
be-reits im Juli 2013, mithin vor der Eintragung
der Schuldnerin
in das Handelsre-gister
am 5. September 2013, aufgezehrt gewesen sein, wird das Berufungsge-richt einer
Einstandspflicht der [X.] zu 1 unter dem Gesichtspunkt der Unterbilanzhaftung
nachzugehen haben
(vgl. [X.], Urteil vom 27. Januar 1997 -
II ZR 123/94, [X.]Z 134, 333, 338 f.).
3. Schließlich wird das Berufungsgericht unter Berücksichtigung der Ein-tragung der Schuldnerin im Handelsregister am 5. September 2013 einen [X.] gegen den [X.] zu 2 nicht auf § 43 Abs. 3 GmbHG stützen [X.], weil von einer der Bestimmung des § 30 GmbHG zuwider geleisteten [X.] aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen erst nach Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister die Rede sein kann. Vor diesem Zeitpunkt entfalten die Regeln des GmbHG zur [X.] keine Wirkung (vgl. [X.], Urteil vom 22. März 2010 -
II ZR 12/08, [X.]Z 185, 44 Rn.
49 -
ADCOCOM; [X.], GmbHG, 3. Aufl., § 30 Rn. 3; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 8. Aufl., § 30 Rn. 3; [X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 21. Aufl.,
§ 30 Rn.
14
Kuntz in [X.], GmbHG, 3. Aufl., § 30 Rn. 4; [X.]/[X.], GmbHG, 3. Aufl., § 30 Rn. 22; Verse in [X.], GmbHG, 12. Aufl., § 30 Rn. 12; MünchKommGmbHG/Ekkenga, 3. Aufl., § 30 Rn. 60 f.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 2. Aufl., § 30 Rn. 17, 27).

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II[X.] Die Entscheidung über die Nichterhebung der Gerichtskosten für das Nichtzulassungsbeschwerde-
und Revisionsverfahren beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG.

[X.]
Wöstmann
[X.]

B. Grüneberg

V. Sander

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.01.2016 -
9 O 14/15 -

OLG Celle, Entscheidung vom 30.06.2016 -
16 U 23/16 -

14

Meta

II ZR 229/16

12.06.2018

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.06.2018, Az. II ZR 229/16 (REWIS RS 2018, 7962)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7962

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II ZR 12/08

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